Rezension – Exploratory Potential Methods in Geothermal Power Generation.

Willi Freeden und Helga Nutz: Exploratory Potential Methods in Geothermal Power Generation. A Survey on Innovative Gravimetry and Magnetometry. 207 Seiten, Birkhäuser, 106,99 € (Buch) bzw. eBook 89,99 €, ISBN 978-3-031-54411-8 (Buch), ISBN 978.3-031-54412-5 (eBook).
In den meisten europäischen Ländern und auch in Deutschland wurden bisher als Standardmethode für die Exploration seismische Verfahren eingesetzt. Die Entwicklung von Gravimetern höherer Messgenauigkeit und in der Geomathematik die Mollifier-Auswertemethoden haben dazu geführt, dass auch schwächere Anomalien entdeckt werden können und so die hohen Kosten der seismischen Methode nicht mehr anfallen. Die für die Energiewende wichtige Geothermie kann so effektiver erschlossen werden. Der Erfolg dieser Explorationstechnik beruht darauf, dass in der Praxis für die Nutzung von gravimetrischen und magnetometrischen Messergebnissen die zu bestimmenden geologischen Strukturen sich von den umgebenden deutlich durch Dichteunterschiede unterscheiden lassen, wie z. B. bei einem Salzstock oder einer Erzlagerstätte. Wegen der signifikant verbesserten Messgenauigkeit und der Anwendung der neuen geomathematischen Methoden ist es möglich, auch schwächere Dichteunterschiede zu entdecken und zu modellieren. Als wesentlich für dieses Buch kann seine Brückenfunktion bezeichnet werden. Es spannt den Bogen vom Geoingenieurwesen, der Geodäsie, über die Geophysik zur Geomathematik sowie Geologie und zurück.
Die auf der Erdoberfläche durchgeführten Messungen müssen durch die anzuwendenden mathematischen Methoden eine „downward continuation“ ermöglichen, durch die ein „ill posed problem“ entsteht, weil in diesem Gebiet innerhalb des Erdkörpers Daten nicht verfügbar sind. Zur Lösung dieses inversen Gravimetrie-Problems werden zwei methodisch unterschiedliche Ansätze genutzt. Zum einen die Mollifier-Newton-Wavelet Inversion, ein diskretes Inversionsverfahren, das aus Gravitationsdaten ein Untergrundmodell erstellt, und dabei bereits bekannte Informationen über das Explorationsgebiet einbezieht, welche die Unwägbarkeiten durch die mathematisch bedingte Situation der „Schlechtgestelltheit“ des Gravimetrie-Problems reduzieren bzw. überwinden soll. Die Mollifier-Newton-Waveletfunktionen mit ihren kugelförmigen Trägern werden dabei als Bestandteile eines nichtlinearen Gleichungssystems genutzt, um aus den auf der Oberfläche verfügbaren Gravitationsanomalien ein Dichtemodell lokal im Innern zu erzeugen. Diese Methodik wird als diskreter Ausdruck verstanden, der die bereits bekannten kontinuierlichen Mollifier-Newton-Waveletzugänge in Kombination mit einer neuen „Smoothing-Idee“ benutzt. Zum anderen die Mollifier-Newton-Spline Inversion, die im Wesentlichen ein diskretes nichtlineares Minimierungsproblem ist und in der Anwendung des Newton-Potentialoperators auf den durch den Newtonkern erzeugte Kernfunktion besteht.
Die Geomathematik nimmt in diesem Buch eine Schlüsselstellung ein, zumal die gut verständliche Darstellung der benutzten Methoden den Kern des Buchs ausmachen. Es wird ein Einblick in den aktuellen Stand der gravimetrischen Multiskalenforschung vermittelt und größtenteils im Testgebiet Saarland aber auch im Testgebiet des bayerischen Molasse-Beckens bei Traunreut nachgewiesen, dass jetzt die Gravimetrie und die Magnetometrie auf einfach zugängliche und somit rechenbare Dekorrelationsmodelle reduziert werden können und es möglich ist, Potentialmethoden in der Exploration anzuwenden. Diese neue Explorationstechnik, die aus der Verbindung von Mess- und Modellierungstechniken resultiert, ist daher bestens für die Exploration der Geothermie geeignet, weil gezeigt werden konnte, dass eine Verbesserung des Kosten/Risiko-Verhältnisses erreicht werden kann, wenn geeignete geomathematische Lösungsmethoden unter der Voraussetzung geeigneter Daten angewandt werden.
Bertold Witte, Institut für Geodäsie und Geoinformation, Universität Bonn




