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Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislauf­wirt­schaft – eine neue Vorlesung an der Technischen Universität Clausthal

Laut der Ernst & Young-Rangliste 2024 der größten Geschäfts­risiken und -chancen im Bergbau und in der Metallindustrie gehören die Rekrutierung und Bindung von Talenten sowie digitale Technologien und Innovationen in Richtung Bergbau 4.0 zu den zehn größten Herausforderungen für den Bergbau. Was die erste Herausforderung betrifft, so führt die Branche mehrere Initiativen durch, um jüngere Arbeitskräfte besser anzusprechen und attraktivere Arbeitsplätze zu schaffen. Zweitens spielt nicht nur die Branche eine wichtige Rolle, sondern auch die Aktualisierung der Lehrpläne für Bergbauingenieure, um Inhalte im Zusammenhang mit Digitalisierung und Innovation einzubeziehen und die Hochschulausbildung für Bergbauingenieure auf die aktuellen und künftigen Bedürfnisse der Branche abzustimmen. Dadurch wird auch sichergestellt, dass die Absolventen nicht nur technisch versiert, sondern auch in der Lage sind, die Komplexität der Implementierung und Optimierung neuer Technologien im Bergbausektor zu bewältigen. Aus diesem Grund hat der Masterstudiengang Bergbauingenieurwesen an der Technischen Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld, den Kurs „Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft“ in seine Lehrpläne integriert.

Authors/Autoren: Sandra Nowosad M. Sc., Abteilung für Maschinelle Betriebsmittel und Verfahren im Bergbau unter Tage, Prof. Dr. Benjamin Leiding, Institute for Software and Systems Engineering (ISSE), Prof. Dr. Oliver Langefeld, Abteilung für Maschinelle Betriebs­mittel und Verfahren im Bergbau unter Tage, Technische Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld

1  Ausgangslage und Nachfrage

In der heutigen Zeit durchläuft die Bergbauindustrie eine transformative Entwicklung in einem noch nie dagewesenen Tempo, die von den Faktoren angetrieben wird, die zusammengenommen die Ära des Bergbaus 4.0 definieren. Von der Zunahme datengesteuerter Technologien bis hin zur Notwendigkeit und Nachfrage der Einhaltung von Umwelt-, Sozial- und Governance (Environment, Social, Governance – ESG)-Überlegungen sind die Kräfte, die den heutigen Bergbau prägen, vielfältig und facettenreich. Bergbau 4.0 schließlich nutzt modernste Technologien, um die Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit im Bergbau zu verbessern. Im Mittelpunkt dieser Revolution steht die Integration und Anpassung neuer Technologien, die zu einem Paradigmenwechsel in der Bergbaupraxis führen. Die Einführung neuer Technologien hat sich auch auf die traditionellen Fähigkeiten der Bergleute ausgewirkt und erfordert ein tieferes Verständnis von Informationssystemen, Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Fähigkeiten, die von einer jüngeren, im digitalen Zeitalter geborenen Belegschaft erbracht werden könnten. Die Digitale Transformation (DT) erfordert Bergbauingenieure, Elektro-, Mechatronik-, Software- und affine Disziplinen. Leider steht die Branche vor der enormen Herausforderung, eine jüngere Generation zu gewinnen, die weniger bis gar nicht an der Rohstoffgewinnung interessiert ist. Der Handlungsbedarf wird dabei durch eine alternde aktive Belegschaft, die sich auf dem Weg in den Ruhestand befindet, und die Prognose einer steigenden Nachfrage nach kritischen Mineralien in den kommenden Jahren noch verstärkt. Eine kürzlich von der Technischen Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld, durchgeführte Umfrage unter 50 Geschäftsführern und Managern in der Metallindustrie und damit verbundenen Unternehmen ergab, dass die Integration neuer Perspektiven durch jüngere Fachkräfte die betriebliche Effizienz und Innovation in ihren Unternehmen deutlich verbessert hat. Die Branchenführer, die an der Umfrage teilnahmen, äußerten sich begeistert über die Anpassungsfähigkeit und den Eifer jüngerer Mitarbeiter, nachhaltige und umweltbewusste Praktiken zu übernehmen, die mit den sich entwickelnden Prioritäten der Branche übereinstimmen. Darüber hinaus zeigt eine umfassende Analyse der Lehrpläne der zehn besten Universitäten für Bergbauingenieurwesen gemäß dem QS World University Ranking 2023 der letzten vier Jahre eine zwingende Verlagerung hin zur Integration von Spitzentechnologien in Studiengänge für Bergbauingenieurwesen (1). In Anerkennung der transformativen Auswirkungen des digitalen Zeitalters auf die Bergbauindustrie haben vier der zehn besten Universitäten ihre Lehrpläne proaktiv angepasst, um angehende Bergbauingenieure mit den erforderlichen Fähigkeiten für das Zeitalter des Bergbaus 4.0 auszustatten, indem sie Lehrveranstaltungen in den Bereichen Datenanalyse, Big Data, Internet der Dinge (Internet of Things – IoT), Automatisierung und Robotik integrieren. Darüber hinaus deckt die Verlagerung auf neue Themen in den Lehrplänen für Bergbauingenieure nicht nur die DT im Bergbau ab, sondern entspricht auch der Nummer eins der Ernst & Young Top Business Risk and Opportunities in Mining and Metals 2024: ESG. Sechs der zehn führenden Universitäten haben Lehrveranstaltungen zu den Themen Haldenmanagement, Wassermanagement, Umweltthemen, Nachhaltigkeit im Bergbau und Stabilität von Felshängen integriert, die mit den ESG-Faktoren übereinstimmen, die 2024 von Investoren am stärksten geprüft werden (Bild 1).

Fig. 1. Which are the ESG factors facing the most scrutiny from investors in 2024? – E&Y Survey results (2). // Bild 1. Welche ESG-Faktoren werden im Jahr 2024 von den Investoren am meisten beachtet? – Ergebnisse der E&Y-Umfrage (2).

Fig. 2. Target goals of the Internet of Things and Digitalization for the Circular Economy course. // Bild 2. Zielsetzung des Studiengangs Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft. Source/Quelle: TUC

Die Beherrschung dieser aufkommenden Themen ist für künftige Bergbauexperten unerlässlich, um sich in der sich entwickelnden Landschaft effektiv zurechtzufinden. Dieser Trend unterstreicht das Engagement der führenden Bergbauingenieurschulen, Absolventen auszubilden, die nicht nur mit den traditionellen Bergbaugrundsätzen vertraut sind, sondern auch das Potential innovativer Technologien zu nutzen wissen, um sicherzustellen, dass sie bei der Gestaltung der nachhaltigen und technologisch fortschrittlichen Zukunft der Branche eine Vorreiterrolle spielen. Aus diesem Grund hat der Masterstudiengang Bergbauingenieurwesen an der TUC den Kurs „Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft“ in seine Lehrpläne integriert, der vier Ziele verfolgt. Das erste Hauptziel der Zusammenarbeit, wie in Bild 2 dargestellt, bestand darin, digitale und innovative Komponenten in den Lehrplan zu integrieren, um die Studierenden darauf vorzubereiten, zur laufenden Transformation der Industrie beizutragen. Das zweite Ziel war die Bewältigung der technologischen Herausforderungen, die für eine erfolgreiche Entwicklung des DT für den Bergbau erforderlich sind, die Förderung eines ganzheitlichen Verständnisses von Technologie und deren Umsetzung sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen zukünftigen Bergbauingenieuren. Das dritte Ziel war die Verbesserung und Förderung der technologischen Kompetenz von Masterstudenten der Bergbautechnik, indem sie mit den Begriffen, Definitionen und Elementen von Spitzentechnologien vertraut gemacht werden, um sicherzustellen, dass sie gut vorbereitet sind, um die Fortschritte in diesem Bereich bei ihrem Eintritt in das Berufsleben zu nutzen und zu ihnen beizutragen. Das vierte Ziel schließlich war die Förderung von Zusammenarbeit und Partnerschaften durch die interdisziplinären Eigenschaften der Dozenten und Studierenden sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit mit Industriepartnern durch Gastvorträge und praktische Aktivitäten wie Programmierworkshops. Der Kurs schloss seine zweite Auflage am Ende des Sommersemesters 2023 ab und bereitet sich auf seine dritte Auflage im Sommersemester 2024 vor.

2  Ansatz und Umfang des Studiengangs

Der Kurs „Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft“ wird vom Lehrstuhl Software Services of the Circular Economy des Instituts für Software- und Systemtechnik (ISSE) unter der Leitung von Prof. Benjamin Leiding als ein digital unterstützter Kurs in Abstimmung mit dem Institut für Bergbau, Abteilung für Maschinelle Betriebsmittel und Verfahren im Bergbau unter Tage, an der TUC durchgeführt. Es handelt sich um eine Vorlesung im zweiten Semester des Masterstudiengangs Mining Engineering an der TUC (Bild 3).

Fig. 3. Module overview of the Mining Engineering Master program at CUT. // Bild 3. Modulübersicht des Masterstudiengangs Bergbauingenieurwesen an der TUC. Source/Quelle: TUC

Fig. 4. Lecture and exercise topics. // Bild 4. Vorlesungs- und Übungsthemen. Source/Quelle: TUC

Der Kurs umfasst zehn Vorlesungen und sieben Übungen zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit IoT, Technologie, Kreislaufwirtschaft und IoT im Bergbau, ergänzt durch zwei Coding-Workshops, wie in Bild 4 dargestellt. Alle Lehrmaterialien werden kontinuierlich aktualisiert und sind unter einer CC-BY-SA-4.0-Lizenz in einem Github-Repository verfügbar. Durch die Teilnahme an dieser Vorlesung können die Studierenden etwas über die Kreislaufwirtschaft im Zusammenhang mit dem IoT, die Technologien, die das IoT ermöglichen, und seine industriellen Anwendungen lernen. Eine wichtige Aktualisierung der ersten Ausgabe dieser Vorlesung war die Integration der beiden Vorlesungen „IoT im Bergbau“, L08 und L09. In L08 werden das Konzept der zukünftigen digitalen Bergwerke, die spezifischen Anwendungen des IoT in der Bergbauindustrie entlang der gesamten Wertschöpfungskette und die Parameter, die das Rückgrat des IoT im Bergbau bilden, wie Kommunikationssysteme, Datenverarbeitung und damit verbundene Technologien, vorgestellt. Später, in L09, werden spezifische Beispiele durch die Benennung eines Bereichs für industrielle Gastredner vorgestellt. Im Sommersemester 2023 konnte die TUC mit der Teilnahme eines deutschen Bergbauunternehmens und eines Originalmaschinenherstellers (OEM) rechnen, welche die Themen IoT im Bergbau und Automatisierung im Bergbau ansprechen. Schließlich stellte L09 auch Beispiele der Kreislaufwirtschaft im Bergbau vor. In Anbetracht des dynamischen Charakters der Vorlesung wurde ein Feedback-Mechanismus eingeführt, der sich aus einer Zufriedenheitsbewertung mit Fokusgruppen unter Beteiligung der Studierenden und Feedback-Runden mit den Dozenten zusammensetzt, um die Effektivität des Kurses kontinuierlich anzusprechen und zu bewerten. Dabei war der Input der Studierenden notwendig, um Anpassungen zur Verbesserung der gesamten Lernerfahrung zu definieren.

Die allgemeine Resonanz seitens der Studierenden, die an jeder Ausgabe teilgenommen haben, war positiv und bestätigte den Erfolg der Umsetzung. Die Studierenden haben insbesondere die Implementierung der IoT-Mining-Sitzungen und die angeleiteten Inhalte im Zusammenhang mit DT seitens des ISSE begrüßt. Darüber hinaus haben die Dozenten in den Coding-Workshops die Motivation, die Lernbereitschaft und den praktischen Ansatz der Bergbauingenieurstudenten hervorgehoben.

3  Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vorlesung mit dem Titel „Internet der Dinge und Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft“ an der TUC eine unterstützende Ressource im Kontext von Bergbau 4.0 darstellt und eine dynamische Plattform für die Verbreitung von Wissen und die Förderung von Fachwissen im Bergbausektor bietet. Dieser Kurs bietet einen umfassenden Überblick über die Landschaft der digitalen Technologien und ihre Anwendung im Bergbau, wobei wichtige neue Themen wie IoT, Datenanalyse und nachhaltige Praktiken behandelt werden.

Er stellt sicher, dass die Studierenden ein Verständnis dafür entwickeln, wie Spitzentechnologien die traditionellen Bergbaupraktiken umgestalten. Darüber hinaus bezieht die Vorlesung die Teilnehmer aktiv in die praktische Umsetzung ein, indem er Live-Vorlesungen, Fallstudien und Übungen anbietet und durch Workshops einen praxisnahen Lernansatz fördert.

Alle Lehrmaterialien sind unter einer CC-BY-SA-4.0-Lizenz in einem Github-Repository verfügbar, das über diesen Link https://github.com/ETCE-LAB/teaching-material/tree/master/IoT-and-Digitalization-for-the-Circular-Economy oder den QR-Code zugänglich ist:

Führt Ihr Unternehmen Technologie- und Innovationsimplementierungen im Bergbau durch und sind Sie daran interessiert, als Gastredner an der dritten Ausgabe teilzunehmen? Bitte kontaktieren Sie einen der Autoren für weitere Informationen.

References / Quellenverzeichnis

References / Quellenverzeichnis

(1) QS Top Universities. QS World University Rankings by Subject 2023: Mineral & Mining Engineering. Accessed December 1, 2023. www.topuniversities.com/university-subject-rankings/mineral-mining-engineering?page=0

(2) EY. Top 10 business risks and opportunities for mining and metals in 2024. Accessed December 1, 2023. www.ey.com/en_gl/mining-metals/risks-opportunities

Authors/Autoren: Sandra Nowosad M. Sc., Abteilung für Maschinelle Betriebsmittel und Verfahren im Bergbau unter Tage, Prof. Dr. Benjamin Leiding, Institute for Software and Systems Engineering (ISSE), Prof. Dr. Oliver Langefeld, Abteilung für Maschinelle Betriebs­mittel und Verfahren im Bergbau unter Tage, Technische Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld
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