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Aller guten Dinge sind Drei: Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisungen und Unterweisungen

Die Ermittlung von Gefährdungen und Belastungen bei der Arbeit sowie die Information der Beschäftigten darüber und die zu treffenden Schutzmaßnahmen sind die Grundlagen eines systematischen Arbeitsschutzes. Die Erstveröffentlichung dieses Beitrags erfolgte im BG RCI-Magazin, Ausgabe 3/2023 auf den Seiten 14/15.

Authors/Autoren: Dr. Harald Wellhäußer, Dr. Imke Birkenstock, Dr. Holger Weychardt, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Heidelberg

Mit dem Arbeitsschutzgesetz begann im Jahr 1996 für den systematischen Arbeitsschutz eine neue Zeit. Das zentrale Element ist seitdem die Gefährdungsbeurteilung. Unklar war damals allerdings, wie die Forderungen der §§ 5 und 6 am besten in der Praxis umgesetzt werden könnten. Der Gesetzgeber ließ hier vieles offen, um den unterschiedlichen Anforderungen unterschiedlicher Branchen gerecht zu werden.

Das System

Die damalige BG Chemie entwickelte dann keine branchen- oder tätigkeitspezifischen Checklisten, sondern ein System zur branchenübergreifenden Klassifikation und Ermittlung von Gefährdungen und Belastungen auf Basis von Gefährdungs- und Belastungsfaktoren.

Bereits im Jahr 1997 wurde dieses System als Gefährdungskatalog in Form des Merkblatts A 017 erstmalig veröffentlicht. Von Anfang an beinhaltete das System auch die Organisation des Arbeitsschutzes. Es machte durch deren prominente Positionierung deutlich, dass Betriebsanweisungen und Unterweisungen elementare Bestandteile des systematischen Arbeitsschutzes sind. Die Gefährdungsbeurteilung ist ein Werkzeug für Führungskräfte und kann nur in Verbindung mit Betriebsanweisungen und Unterweisungen erfolgreich sein (Bild 1).

Fig. 1. The risk assessment can only be successful in conjunction with operating instructions and instructions. // Bild 1. Die Gefährdungsbeurteilung kann nur in Verbindung mit Betriebsanweisungen und Unterweisungen ­erfolgreich sein. Source/Quelle: BG RCI

Denn die Erkenntnisse aus der Gefährdungsbeurteilung müssen den Beschäftigten in Form von Wissen und Anweisungen vermittelt werden. Nach der Fusion zur Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) wurde dieses System in der beschriebenen Logik kontinuierlich weiterentwickelt.

Gefährdungsbeurteilungen

Fig. 2. The catalogue of hazards in leaflet A 017 enables the systematic recording of significant hazards and stresses in the company. // Bild 2. Der Gefährdungskatalog aus dem Merkblatt A 017 ermöglicht die systematische Erfassung wesentlicher Gefährdungen und Belastungen im Unternehmen. Source/Quelle: BG RCI

Der Gefährdungskatalog des Merkblatts A 017 ist durch seine auf grundlegenden Gefährdungs- und Belastungsfaktoren basierende Struktur in allen Branchen einsetzbar (Bild 2). Er ermöglicht eine systematische und vollständige Erfassung von Gefährdungen und Belastungen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten (Bild 3). Zudem gibt der Katalog umfangreiche Hilfestellungen durch Beispiele für Schutzmaßnahmen sowie durch Verweise auf die zugehörigen Regelwerke. Das System erfüllt dabei alle Anforderungen der erst sehr viel später veröffentlichten „Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation“ der „Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie“ (GDA).

Fig. 3. A system with many dimensions. // Bild 3. Ein System mit vielen Dimensionen. Source/Quelle: BG RCI

Im Lauf der Jahre zeigte sich, dass ein solcher universeller Katalog den Bedürfnissen der facettenreichen Arbeitswelt besser gerecht wird als rein tätigkeitsspezifische Checklisten. Denn diese beinhalten immer die Gefahr, dass Vollständigkeit suggeriert wird und damit wesentliche Aspekte übersehen werden könnten. Wohl auch aufgrund ihrer universellen Anwendbarkeit werden das System der BG RCI und der Gefährdungskatalog heute auch von vielen anderen UV-Trägern und in nahezu allen Branchen sprichwörtlich von „A“ wie Abfallwirtschaft bis „Z“ wie Zuchthaus eingesetzt. Große Energie- und Technologiekonzerne nutzen das System genauso wie Kommunen, Landkreise, Handelsbetriebe und natürlich die Mitgliedsbetriebe der BG RCI.

Im Lauf der Jahre wurden bei der BG RCI mit der K-Reihe ergänzende Kataloge für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt. Ferner wurden und werden weitere Merkblätter zu spezifischen Themen, wie z. B. psychischen Belastungen (A 019) und Laboratorien (T 034), entwickelt. Diese bauen auf dem allgemeinen Gefährdungskatalog nach A 017 auf und konkretisieren dessen Inhalte.

Selbstverständlich stehen passende Software-Tools zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung mit GefDok light, GefDok KMU und GefDok Pro für jede Unternehmensgröße zur Verfügung.

Betriebsanweisungen

Betriebsanweisungen stellen sicher, dass den Beschäftigten sicherheitsrelevante Informationen immer in Schriftform am Arbeitsplatz zugänglich sind. Der Gefährdungskatalog des Merkblatts A 017 widmet der Thematik den kompletten Abschnitt 1.2 und weist zusätzlich an allen relevanten Stellen, wie z. B. bei Gefahrstoffen, ergänzend auf die Notwendigkeit von Betriebsanweisungen hin.

Der Katalog wird von weiteren Medien der BG RCI flankiert:

  • Die Broschüre A 010 „Betriebsanweisungen für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“ enthält wertvolle grundsätzliche Hinweise, u. a. auch zur Thematik der Gruppenbetriebsanweisungen.
  • Mit Hilfe des Gefahrstoffportals „GisChem“ lassen sich hochwertige Betriebsanweisungsvorlagen für unzählige Gefahrstoffe erstellen.
  • Im Downloadcenter der BG RCI findet sich eine Vielzahl von Musterbetriebsanweisungen für Arbeitsmittel und ­Maschinen.

Unterweisungen

Mit Unterweisungen sollen Führungskräfte den Beschäftigten Erkenntnisse aus der Gefährdungsbeurteilung vermitteln und Anweisungen zum sicheren Arbeiten geben. Aus nahezu jeder Gefährdung resultiert ein solcher Unterweisungsbedarf. Um die Unterweisenden mit Themenvorschlägen und Inhalten zu unterstützen, wurde von der BG RCI das Merkblatt A 026 „Gefährdungsorientiertes Unterweisen – Medien- und Gestaltungsvorschläge nach Gefährdungsfaktoren“ entwickelt. Auch dieses Medium basiert auf dem System der BG RCI und liefert zu jedem Faktor des Gefährdungskatalogs des A 017 eine Vielzahl von Unterweisungsvorschlägen.

Unterweisungen werden immer dann lebendig und glaubhaft, wenn sie Beispiele beinhalten. Der Ordner „Aus Arbeitsunfällen lernen“ beinhaltet aufwendig didaktisch aufbereitete Unfallbeispiele in gedruckter und elektronischer Form, gegliedert nach der Struktur des Gefährdungskatalogs des A 017.

Fallbeispiele der häufigsten Berufskrankheiten finden sich im Ordner „Aus Berufskrankheiten lernen“, der ebenfalls nach dem System des A 017 strukturiert wurde. Enthalten sind aufwendig aufbereitete Beispiele für die häufigsten Berufskrankheiten. Sie stellen jeweils ähnlich einer Zeitmaschine das komplette Erwerbsleben sowie die Folgen der Erkrankung für Beruf und Privatleben dar.

Fazit

Die BG RCI unterstützt beim systematischen Arbeits- und Gesundheitsschutz durch aufeinander aufbauende Medien mit einer einheitlichen und logischen Basisstruktur. Ausgangspunkt hierfür ist jeweils der Gefährdungskatalog des Merkblatts A 017, der regelmäßig vom Arbeitskreis Gefährdungsbeurteilung unter Beteiligung aller Fachbereiche der BG RCI aktualisiert wird. So steht den Betrieben ein hochwertiges und bei sachgerechter Anwendung rechtssicheres System zur Verfügung.

Die genannten und zahlreiche weitere Medien sowie Software-Anwendungen stehen über den Auswahlassistenten (awa.bgrci.de) zum Abruf bzw. Download bereit.

Authors/Autoren: Dr. Harald Wellhäußer, Dr. Imke Birkenstock, Dr. Holger Weychardt, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Heidelberg
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