1 Motivation
Eine sichere Versorgung mit mineralischen Rohstoffen stellt eine wesentliche Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand Deutschlands dar und basiert auf den drei Versorgungssäulen heimische Rohstoffgewinnung, Importe und Recycling. Ohne eine sichere Versorgung mit den für die Energie- und Mobilitätswende benötigten Rohstoffen sind die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung im Bereich Energie und Verkehr nicht zu erreichen. Im Jahr 2018 wurden etwa 550 Mio. t an Sanden, Kiesen und Natursteinen in rd. 2.700 zumeist mittelständischen und kleinen bis hin zu teilweisen Kleinstbetrieben gewonnen. Die Betriebe der Rohstoffgewinnung zählen ihrerseits zu den energieintensiven Industrien und die höchsten prozessbedingten Emissionen in Deutschland entfallen auf die Bereiche Keramik, Steine und Erden. Die heimische Rohstoffgewinnung muss demzufolge nicht nur als Rohstofflieferant, sondern gleichermaßen, um als Industriezweig zukünftig CO2-neutral zu werden und wettbewerbsfähig bleiben zu können, Teil der Dekarbonisierungsstrategie sein. Heutzutage entfällt ein wesentlicher Teil des Energieeinsatzes auf den innerbetrieblichen, zumeist mittels mobiler dieselbetriebener Fahrzeuge realisierten Transport. Für die Zukunft des Bergbaus lassen sich unterschiedliche Trends festhalten. Diese setzen sich zusammen aus der Elektrifizierung, der Digitalisierung sowie einer zunehmenden Automatisierung und Autonomisierung von Gewinnungssystemen. (1,7)
Insbesondere die Elektrifizierung steht in engem Zusammenhang mit einem damit einhergehenden gesteigerten betrieblichen Energiebedarf (2). Erhöhte politische, soziale und ökologische Anforderungen verstärken diesen Trend, indem auch im Rahmen der Rohstoffgewinnung die CO2-Emissionen reduziert werden sollen (3). Dekarbonisierung und ESG-Konformität werden zudem in Betracht gezogen, um Zugang zu Finanzmitteln zu regulieren, und sind der Schlüssel zur Erteilung der „Social License to Operate“. Der aktuellen Studienlage zur Folge ist davon auszugehen, dass viele Dekarbonisierungslösungen bereits innerhalb dieses Jahrzehnts wirtschaftlich sein werden. (4) Der Einsatz von heutzutage zumeist eingesetzten dieselbetriebenen Maschinen für den Lade- und Transportprozess im Rahmen der Rohstoffgewinnung kann je nach Betrieb bis zu 50 % des Gesamtenergieverbrauchs ausmachen (5).
Der Austausch dieselbetriebener Transportmaschinen durch CO2-ärmere Alternativen ist daher eine derjenigen Maßnahmen, die für die Emissionsreduktion ergriffen werden. Nach aktuellem Stand der Forschung stellen batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) derzeit eine Möglichkeit sowohl für den Über- als auch für den Untertageeinsatz dar (6). Die Integration dieser batterieelektrischen Transportmaschinen in der Rohstoffgewinnung ist auch mit Veränderungen in Hinblick auf die Ladeinfrastruktur, das Energiebedarfsmanagement und die Prozessstabilität verbunden. Ebenfalls gilt es, die Prozesse neu zu überdenken sowie die Energieangebotsseite im Rahmen der Prozessgestaltung zu betrachten und zu berücksichtigen.
Wenn es gelingt, die bestehenden und zukünftig neu zu errichtenden Betriebe auf einen (batterie-)elektrischen Betrieb umzustellen, was nicht nur bedeutet, die eingesetzte Maschinentechnik auszutauschen, sondern vielmehr die betrieblichen Prozesse und die Infrastruktur auf die geänderten prozess- und energiebedingten Rahmenbedingungen anzupassen, kann ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele Deutschlands geleistet werden. Gleichermaßen lassen sich die Erkenntnisse, Ansätze und Technologien auf andere bergbauliche Transportprozesse mit ebenso herausfordernden Bedingungen übertragen, die durch eine dynamische Veränderlichkeit der einzelnen Prozessschritte charakterisiert sind, die ihrerseits wiederum eine hohe Abhängigkeit und komplexe wechselseitige Wirkungszusammenhänge aufweisen. (1, 7)
Genau hier setzt das Projekt „ELMAR“ an und legt die Grundlagen für den Einsatz von elektrischen, autonomen mobilen Schwerlasttransportmaschinen in der Rohstoffgewinnung.
2 Forschungsprojekt: Integration und Demonstration des Einsatzes von elektrischen Schwerlasttransportmaschinen in der Rohstoffgewinnung (ELMAR)
ELMAR ist ein durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördertes Forschungsprojekt mit einer Laufzeit von drei Jahren (Ende: Juli 2025) mit einem Fördervolumen von ca. 6 Mio. € und einem Gesamtvolumen von rd. 11 Mio. €. Ziel des Projekts ist die Elektrifizierung des innerbetrieblichen Transports in der Rohstoffgewinnung auf der Grundlage von batterieelektrischen und autonomen Transportfahrzeugen. Unter besonderer Berücksichtigung des Erhalts der Prozesssicherheit in der Produktion und der Gewährleistung der elektrischen Versorgungssicherheit sowie deren Kopplung an erneuerbare Energiequellen, entwickelt das Forschungsprojekt Lösungsansätze, welche in drei repräsentativen Anwendungsszenarien demonstriert und validiert werden. Der ganzheitliche Ansatz von der Produktions- und Energiebedarfs- bis hin zur Energieversorgungsseite ermöglicht die angestrebte Optimierung beider Seiten.
2.1 Allgemeine Informationen
Das Projektkonsortium setzt sich aus insgesamt elf Partnern zusammen, welche Fachexpertise aus komplementären Fachbereichen aufweisen und in Bild 1 aufgeführt werden.
Das Institute for Advanced Mining Technologies (AMT) der RWTH Aachen University, Aachen, ist Koordinator des Gesamtprojekts und erforscht im Rahmen des Projekts die Auswirkungen der Elektrifizierung auf Rohstoffgewinnungsbetriebe, um hieraus die Entwicklung zweier Schlüsseltechnologien zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich zum einen um die Entwicklung eines bergbaulichen Energiemodells und einer optimierten Abbauplanung zur Verbrauchsprognose und betrieblichen Optimierung. Des Weiteren entwickelt das AMT im Rahmen von ELMAR ein Transformationskonzept für die Elektrifizierung von Rohstoffgewinnungsbetrieben. Das AMT ist verantwortlich für die Implementierung der Transportlösung im Reallabor Nivelstein als einer der Use Cases.
Die Volvo Group ist als OEM mit insgesamt drei Konzernabteilungen am Projekt ELMAR beteiligt. Diese sind Volvo Autonomous Solutions (VAS), Volvo Construction Equipment und Volvo Trucks. Im Projekt sind diese Geschäftsbereiche insbesondere für die Bereitstellung und Weiterentwicklung der Transportmulden sowie für das Site Design verantwortlich.
Als Softwareunternehmen sowie digitaler Dienstleister ist die PSI AG mit zwei Geschäftsbereichen (Erneuerbare Energie und FLS) Teil des Konsortiums. Die Expertise aus der Optimierung von Energie- und Materialflüssen fließen in die in diesem Vorhaben geplante Entwicklung einer Cloud-basierten Plattform zur integralen Echtzeitsteuerung und -optimierung für die klimaneutrale Rohstoffförderung ein.
Weiterhin sind von Betreiberseite drei Unternehmen beteiligt. Die Mineral Baustoff GmbH als Teil des STRABAG SE-Konzerns hat sich eine nachhaltige und umweltfreundliche Rohstoffgewinnung sowie ein effizientes Rohstoffmanagement zum Ziel gesetzt. Im Rahmen dieses Projekts agiert dieser Partner als Betreiber des Use Case „Eigenrieden“.
Die Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche GmbH ist als assoziierter Partner beteiligt. Das Unternehmen ist ein mittelständisches, traditionsverbundenes und zukunftsorientiertes Unternehmen der Sand- und Kiesindustrie in der Städteregion Aachen, das bereits seit 1904 als Familienbetrieb aktiv ist. In enger Zusammenarbeit mit dem AMT unterstützt das Unternehmen das Forschungsvorhaben durch die Bereitstellung der benötigten Betriebsbereiche für die Umsetzung des elektrifizierten Transportprozesses im Reallabor Nivelstein im zweiten Use Case „Nivelstein“.
Die in Deutschland tätige Knauf Gips KG ist spezialisiert auf Systeme für Trockenbau und Boden, Putz und Fassade. Naturgips und -anhydrit sind dabei ein wichtiger Rohstoff, der in mehreren Rohsteinbetrieben sowohl unter- als auch übertägig gewonnen wird. Knauf als Partner beteiligt sich als Betreiber des dritten Use Case „Altertheimer Mulde“ an diesem Forschungsprojekt.
Als weiterer Partner aus dem Bereich der akademischen Forschung ist das Institut für Stromrichtertechnik und elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH beteiligt. Für den Forschungsbereich elektrische Speichertechnologie und Energieversorgung entwickelt das ISEA verschiedene Modelle für ein Lademanagement von elektrischen Bergbaumaschinen sowie eine optimierte Ladesteuerung.
Im Rahmen seiner Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten arbeitet die TITUS Research GmbH an der Integration und Designoptimierung von missionsspezifischen Sensoren und Aktoren. TITUS ist als Partner mit Aufgaben der luftgestützten Prozessautomatisierung und Digitalisierung beteiligt.
2.2 Ziele des Forschungsprojekts
Zur Erreichung der Ziele des Gesamtvorhabens werden im Projekt folgende Schwerpunkte bearbeitet:
- Konzeptionierung, Planung und Vorbereitung der Use Cases.
- Validierung der Prototypenfahrzeuge und schrittweise Demonstration eines elektrifizierten und integrierten Transportprozesses.
- Aufbau einer Cloud-basierten Service-Plattform zur Verknüpfung der energetischen Verbrauchs- und Versorgungsseite mit digitalen Zwillingen und Prozessdaten im KI-basierten Entscheidungsmodell zur aktiven Steuerung.
- Entwicklung eines bergbaulichen Energiemodells und einer optimierten Abbauplanung zur Verbrauchsprognose und betrieblichen Optimierung.
- Aufbau eines Energieversorgungsmodells zur Optimierung und Entkopplung der lokalen Energieversorgung.
- Optimierung und Auslegung der energetischen Kopplung von Gewinnungsbetrieb und (lokaler) Energieerzeugung samt Speichersystemen.
- Entwicklung einer luftgestützten Erfassung und Digitalisierung von Betriebsdaten.
- Entwicklung eines Transformationskonzepts für Rohstoffgewinnungsbetriebe zur Definition von Anforderungen, Soll-Zuständen, Umsetzungsszenarien und betriebsübergreifender Übertragung der Ergebnisse.
- Umsetzung der Erkenntnisse für das Greenfield-Projekt „Altertheimer Mulde“.
Die technologische Grundlage des Forschungsprojekts bilden die von VAS entwickelten batterieelektrischen und autonomen Transportmulden mit der Typenkennzeichnung TA15 (Bild 2).
Neuartig an diesem System ist neben der vollen Autonomie der Ansatz des Schnellladens auf Basis eines konduktiven Ladekonzepts. Die TA15 verfügen über eine Nutzlast von 15 t. Der Ansatz von Volvo im Rahmen des TARA-Systems ist es, einen wirtschaftlichen Transport durch die Kombination aus autonomem Fahren, Schnellladesystem sowie höherer Fahrzeuganzahl zu ermöglichen. Die Wahl eines Schnellladesystems ermöglicht die Nutzung einer kleineren Batteriekapazität, da die Transportmulden in regelmäßigen Zeitintervallen konduktiv elektrisch geladen werden. Hierdurch muss nicht unnötig viel Batteriemasse transportiert werden. (8) Die Einbindung dieses innovativen Transportsystems soll im Rahmen von realen Anwendungsszenarien im Rahmen der im Projekt eingeplanten Use Cases demonstriert werden.
2.3 Use Cases
Im Rahmen von ELMAR werden in zwei Pilotbetrieben jeweils mehrere TA15 integriert und ihr Einsatz demonstriert. Hierbei handelt es sich zum einen um den Kalksteinbruch „Eigenrieden“ der Mineral GmbH sowie zum anderen um das Quarzsandwerk „Nivelstein“ der Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche GmbH. Des Weiteren fungiert das in Planung befindliche untertägige Gipsbergwerk „Altertheimer Mulde“ von Knauf als Greenfield Use Case zur weiteren Nutzung und Verwertung der vorherigen Ergebnisse aus den vorangehenden Use Cases.
In Eigenrieden werden insgesamt bis zu drei TA15-Mulden schrittweise in den Forschungsbetrieb gehen, da die Einführung elektrisch betriebener und autonom fahrender Mulden zur Rohstoffförderung im Steinbruch ein Kernelement auf dem Weg zur CO2-Reduktion ist. Zum Nachhaltigkeitsplan für den Steinbruch zählen auch die perspektivische Umstellung auf klimaneutrale Kraftstoffe für Baumaschinen und die Nutzung von Photovoltaik (PV). Der Kalksteinsteinbruch Eigenrieden gehört seit 2009 zum Verbund von STRABAG. Der Steinbruch verfügt in den Schichten des unteren Muschelkalks aktuell über ein Vorkommen von ca. 6 Mio. t Gestein. Die jährliche Produktionsmenge an Baustoffgemischen und Splitt liegt bei rd. 220.000 t. (9)
Als assoziierter Partner des Forschungsprojekts stellen die Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche Teile des Werks Nivelstein zur Verfügung. Die Umsetzung erfolgt schließlich im Rahmen des Reallabors durch das AMT und stellt den zweiten Use Case für das Forschungsprojekt ELMAR dar, in welchem der TA15-Betrieb für den innerbetrieblichen Transport geplant ist. Bestandteil beider Use Cases werden neben einem 5G-Netzwerk für den Betrieb der Transportmulden ebenfalls ein lokaler Batteriespeicher für ein optimales Energiemanagement sein.
Das in der Nähe von Würzburg geplante untertägige Gipsbergwerk „Altertheimer Mulde“ von Knauf ist der dritte Use Case. Die Erkenntnisse aus dem Projekt ELMAR sollen die Planungen hinsichtlich einer kompletten Elektrifizierung des untertägigen Betriebs unterstützen. Hervorzuheben ist der Status als Greenfield-Projekt. Alle Planungen beziehen bereits von Anfang an die Möglichkeiten einer elektrifizierten Fahrzeugflotte und einer an die elektrische Last angepassten Betriebsführung ein. Bild 3 gibt eine Übersicht über die drei Use Cases.
2.4 Forschungsziele AMT
Diese sind:
- Entwicklung eines bergbaulichen Energiemodells und einer optimierten Abbauplanung zur Verbrauchsprognose und betrieblichen Optimierung.
- Entwicklung eines Transformationskonzepts für Rohstoffgewinnungsbetriebe zur Definition von Anforderungen, Soll-Zuständen, Umsetzungsszenarien und betriebsübergreifender Übertragung der Erkenntnisse im Rahmen der Elektrifizierung.
3 Entwicklung eines bergbaulichen Energiemodells und optimierter Abbauplanung
Dieses Teilziel verfolgt einen Ansatz auf Basis der Berücksichtigung und Modellierung relevanter energetischer Parameter für die Abbauplanung und Produktionssteuerung. Dazu gehören die Energieerzeugung vor Ort, beispielweise durch PV-Anlagen, eine Energiespeicherung durch lokale Batteriespeichersysteme, die Optimierung des Energieverbrauchs von Fahrzeugen sowie Produktionsziele und -beschränkungen. Diese energetischen Einflussfaktoren werden mit Hilfe dieses Teilziels in der täglichen Produktionssteuerung und kurzfristigen Planung, aber auch in der mittel- und langfristigen Planung berücksichtigt. Dieser Ansatz eines energetisch optimierten operativen Abbauplans kann dann auf den taktischen oder strategischen Abbauplan übertragen werden. Mit der geometrischen Ausweitung eines Bergbaubetriebs steigt z. B. durch die Verlängerung der Fahrwege auch entsprechend der Energiebedarf im Transport, was insbesondere für die Prozesssicherheit batterieelektrischer Transportfahrzeuge eine erhebliche Herausforderung darstellen kann. Mit Hilfe der zu entwickelnden energieoptimierten und modellbasierten Abbauplanung wird es möglich sein, Emissionen zu reduzieren und ein nachhaltiges sowie effizientes Energiemanagement in der Rohstoffgewinnung zu erreichen.
Die Grundlage für dieses Teilziel des AMT bilden die Datenerfassung und Modellierung des Transportsystems. Hierbei werden den Transportprozess abbildende Modellierungen erstellt und anschließend eine geeignete energieoptimierte Abbauplanung entwickelt. Im Rahmen der Kopplung von Modellierungen und Simulationen können die Optimierungsergebnisse wieder in die Modelle integriert werden. Diese Modelle werden dann zur Validierung in den Use Case-Betrieben getestet und iterativ an den realen Prozess angepasst. Auf diese Weise wird es möglich, verschiedene Szenarien und alternative Produktionsweisen in einer realen Anwendungsumgebung zu testen.
Die betrachteten Komponenten des zu entwickelnden Energiemodells sind:
- Energetische Eigenschaften der Fahrzeuge: Die Kenntnis des Leistungsbedarfs und der Energieverbrauchsmuster der Fahrzeuge ist entscheidend für die genaue Bewertung und Modellierung ihrer energetischen Leistung.
- Geometrische und energetische Merkmale der Strecken: Die geometrischen Aspekte der Strecken, einschließlich ihrer Länge, Steigungen, Rollwiderstand und Krümmung, spielen eine wichtige Rolle für den Energieverbrauch während des Transports. Die Einbeziehung solcher Informationen, zusammen mit den energetischen Eigenschaften wie Streckenparametern und Verkehrsmustern, ermöglicht eine genauere Modellierung des Energiebedarfs der jeweiligen Transportstrecken.
- Massenfluss des transportierten Materials: Die Quantifizierung und Integration dieser Informationen in das Energiemodell ermöglicht eine umfassende Analyse des Energiebedarfs im Zusammenhang mit dem Transportprozess.
Das nachfolgend beschriebene Transformationskonzept sowie der hier dargestellte energetisch optimierte Abbauplan sind eng miteinander verknüpft und beeinflussen sich gegenseitig. Bestimmte Modelle, wie z. B. das Energiemodell des Fahrzeugs, werden gemeinsam genutzt, und die Ergebnisse des kurzfristigen Plans können für die Optimierung mittelfristiger Entscheidungen verwendet werden, z. B. für den Standort der Ladeinfrastruktur.
Die Ergebnisse der Prognose des spezifischen Energiebedarfs der Transportfahrzeuge können darüber hinaus für die Planung der Netzkapazität sowie die Integrationspotentiale erneuerbarer Energiequellen weiterverarbeitet werden. Aufbauend darauf können somit auch die Energieressourcen optimiert werden, indem Möglichkeiten zur Lastverschiebung und Nachfragereduzierung ermittelt sowie die Erzeugung von Energie außerhalb der Spitzenzeiten oder von Überverfügbarkeiten erneuerbarer Energien berücksichtigt werden.
Insgesamt ermöglicht ein derartiges Energieverbrauchsmodell einen effizienten Gewinnungsbetrieb, die Integration erneuerbarer Energien sowie eine Unterstützung der Infrastrukturplanung. Darüber hinaus wird die Nutzung von Energieressourcen optimiert und schließlich das Treffen fundierter und datengestützter Entscheidungen über die Einführung von batteriebetriebenen Transportfahrzeugen erleichtert.
4 Entwicklung eines Transformationskonzepts für Rohstoffgewinnungsbetriebe
Die Entwicklung eines Transformationskonzepts hat das Ziel, auf Grundlage der Use Cases des Projekts ELMAR eine systematische und modulare Methodik für die Umstellung konventioneller Betriebsmodelle hin zu einem elektrifizierten Transport in der Rohstoffgewinnung zu realisieren.
Die Elektrifizierung geht weit über den bloßen Austausch von Verbrennungsmotoren durch elektrische Antriebssysteme hinaus. Hervorzuheben ist dabei, dass neben den Änderungen von Maschinenkonstellationen gleichermaßen weitere betriebliche Bereiche wie die Betriebsgeometrie, betriebliche Energiezustände sowie die lokale Infrastruktur berücksichtigt werden müssen. Die Notwendigkeit dieses Transformationskonzepts leitet sich aus der komplexen Problemstellung der Betriebs- und Prozesstransformation sowie den nur schwer abschätzbaren Auswirkungen der Elektrifizierung ab.
Aus diesen Auswirkungen lassen sich wiederum verschiedene Betrachtungsfelder ableiten, welche in jeder Phase der Transformation berücksichtigt werden müssen. Hierzu zählen insbesondere die Betriebsgeometrie basierend auf den Eigenschaften der Lagerstätte sowie dem daraus bedingten Betriebs- und Streckendesign. Zudem stellen die Ladezeiten der batterieelektrischen Fahrzeuge ein neues und entscheidendes Element in der Betrachtung des Transportprozesses dar. Des Weiteren sind die zur Verfügung stehenden Betriebsmittel, insbesondere die elektrifizierten Maschinen, die technologische Grundlage des Konzepts. Begleitet werden diese Technologien durch eine neuartige Infrastruktur, welche in die Betriebe integriert und eingebunden werden muss, um den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Technologie gerecht zu werden. Hierzu gehören neben der Infrastruktur für das elektrische Laden ebenfalls die Kommunikations- und Überwachungsinfrastruktur. Für eine erfolgreiche Transformation müssen diese Betrachtungsfelder in Einklang gebracht werden.
Für die Transformation von einem dieselbetriebenen zu einem elektrifizierten Transportbetrieb werden im Rahmen des Transformationskonzepts vier unterschiedliche Phasen betrachtet. Diese sind:
- Analysephase,
- Planungsphase,
- Umsetzungsphase und
- Evaluierungsphase.
Im Rahmen des Projekts werden deshalb zu Beginn die Anforderungen der Rohstoffgewinnungsbetriebe an elektrische Transportmaschinen in der Analysephase durchleuchtet, Zielsetzung sowie Schwerpunkte des Elektrifizierungsvorhabens definiert und spezifische Maßnahmen für die Elektrifizierung abgeleitet. Anschließend erfolgt die Planung des elektrifizierten Transports für den jeweiligen Betrieb im Rahmen der Planungsphase. An die Umsetzung der Maßnahmen schließt sich eine Untersuchung der Auswirkungen einer Elektrifizierung auf die Transformation von Rohstoffgewinnungsbetrieben am Beispiel der Use Cases Nivelstein und Eigenrieden in der Umsetzungsphase an. Im Rahmen der Evaluierungsphase erfolgt dann die Bewertung der Ergebnisse und das Ableiten allgemeiner Handlungsempfehlungen aus den Erkenntnissen der beiden Use Cases des Projekts für die Elektrifizierung von Rohstoffgewinnungsbetrieben. Es besteht das Ziel, dass sich die Erkenntnisse und Methodik auch auf weitere Rohstoffgewinnungsbetriebe übertragen lassen.
Mit Hilfe der entwickelten systematischen Methodik dieses Transformationskonzepts soll zukünftig die Elektrifizierung von Rohstoffgewinnungsbetrieben nachvollziehbar, erleichtert und stärker vorangetrieben werden. Auf diese Weise wird es möglich, dass die Rohstoffgewinnung an der Erfüllung der Klimaziele von EU und Bundesregierung partizipieren kann.
5 Zusammenfassung
Im Rahmen des Forschungsprojekts ELMAR werden neben der Demonstration und Integration des elektrischen und autonomen Transports insbesondere die Auswirkungen der Elektrifizierung auf die betriebliche und mittelfristige Planung bei der Rohstoffgewinnung untersucht. Zudem wird eine Methodik entwickelt, welche die Transformation von Rohstoffgewinnungsbetrieben von fossilen zu elektrifizierten Transporttechnologien begleitet.
Das Projektkonsortium besteht aus den folgenden elf Partnern aus Industrie und Forschung:
- AMT,
- Volvo Autonomous Solutions,
- Volvo Construction Equipment,
- Volvo Trucks,
- PSI AG Geschäftsbereich Erneuerbare Energie,
- PSI AG Geschäftsbereich FLS,
- Mineral Baustoff GmbH,
- Knauf Gips KG,
- ISEA,
- TITUS Research GmbH und
- Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche GmbH (assoziiert).
Ziel des ELMAR-Projekts ist die Integration und Demonstration eines batterieelektrischen und autonomen Transports in der Rohstoffgewinnung. Dies erfolgt unter besonderer Berücksichtigung des Erhalts der Prozesssicherheit in der Produktion und der Gewährleistung der elektrischen Versorgungssicherheit sowie deren Kopplung an die lokale Energieerzeugung mit Hilfe erneuerbarer Energiequellen. Integraler Bestandteil hierbei ist die Berücksichtigung planerischer Aspekte. Hierzu zählen die Abbauplanung und -steuerung sowie die mittelfristige Betriebsplanung für eine Transformation der Transportmaschinen. Das AMT wird in diesem Zuge eine energetisch optimierte Abbauplanung sowie ein Transformationskonzept für Rohstoffgewinnungsbetriebe entwickeln, um die Herausforderungen und Chancen der Elektrifizierung zu untersuchen und Lösungsansätze für eine Integration von elektrifizierten Transportmaschinen in Betriebe der Rohstoffgewinnung zu finden.
Im Rahmen der energetisch optimierten Abbauplanung wird durch die Modellierung des Energieverbrauchs von Transportmaschinen die Einbeziehung einer energetischen Optimierung bereits in der Planungsphase ermöglicht. Dies führt wiederum zu einer Erleichterung der Integration von batteriebetriebenen Transportmaschinen in den Gewinnungsprozess. Durch eine Abschätzung des Energiebedarfs auf Basis verschiedener Parameter, wie z. B. Transportentfernungen, Ladekapazitäten und Geländebedingungen, kann das entwickelte Modell unterschiedliche Möglichkeiten zur Minimierung des Energieverbrauchs und zur Optimierung der Transportstrecken aufzeigen. Diese Erkenntnisse sollen somit eine effizientere Planung und Zuteilung von betrieblichen Ressourcen ermöglichen.
Die Entwicklung eines Transformationskonzepts hat die Erarbeitung einer Methodik zum Ziel, welche das gesamte methodische Vorgehen im Zuge der Transformation von der Analyse über die Planung und Umsetzung bis zur Evaluation beinhaltet. Im Projekt werden elementare Faktoren und Kriterien der Transformation erarbeitet, welche durch die Erkenntnisse aus der praxisnahen Durchführung von Elektrifizierungsvorhaben gewonnen werden. Diese Erkenntnisse werden innerhalb der Methodik des Transformationskonzepts final für die Formulierung von über den Einzelfall hinausgehenden Handlungsempfehlungen verwendet, um die Chancen und Herausforderungen der Elektrifizierung von Transportmaschinen sichtbar zu machen.
Mit diesen Forschungszielen wird ein wichtiger Beitrag für das Verständnis der Auswirkungen einer Elektrifizierung der Rohstoffgewinnung auf Basis innovativer Technologien ermöglicht. Zeitgleich bildet eine erfolgreiche Elektrifizierung die Grundlage für die Sicherung der klimaneutralen Zukunftsfähigkeit dieser Branche.
Förderung
Das Projekt ELMAR läuft bis Ende Juli 2025 und wird gefördert seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) nach der Förderrichtlinie „Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität“ mit rd. 6 Mio. € bei einem Gesamtvolumen des Projekts von ca. 11 Mio. €. Das Projekt wird unter der Projektfördernummer FKZ 01MV22001* gefördert.
References / Quellenverzeichnis
References / Quellenverzeichnis
(1) BMWi (2021): Rohstoffe Bergbau, Recycling, Ressourceneffizienz – wichtig für Wohlstand und Arbeitsplätze (bmwi.de).
(2) Clausen, E.; Sörensen, A.; Uth, F.; Mitra, R.; Schwarze, B.; Lehnen, F. (2020): Assessment of the effects of global digitalization trends on sustainability in mining. Aachen, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
(3) Ertugrul,N.; Kani, A. P.; Davies, M.; Sbarbaro, D.; Moran, L. (2020): Status of Mine Electrification and Future Potentials. IEEE.
(4) Legge, H.; Müller-Falcke, C.; Nauclér, T.; Östgren, E. (2021): Creating the zero-carbon mine. Online available: https://www.mckinsey.com/industries/metals-and-mining/our-insights/creating-the-zero-carbon-mine
(5) Sahoo, L. K.; Bandyopadhyay, S.; Banerjee, R. (2014): Benchmarking energy consumption for dump trucks in mines. Applied Energy, Bd. 113, pp 1382–1396.
(6) Makarova, I.; Mavlyautdinova, G.; Mavrin, V.; Makarov, D.; Barinov, A. (2023): Improving the Environmental Friendliness of the Mining Complex Through Alternative Fuel for Mine Dump Trucks. Transportation Research Procedia, Bd. 68, pp 755–760.
(7) BMWi (2019): Die Rohstoffstrategie der Bundesregierung (bmwi.de).