Einführung
Der Grubenwasseranstieg im oberkarbonischen ehemaligen Bergbaugebiet des Ruhrreviers ist ein Multi-Milliarden Euro-Großprojekt, das von der RAG Aktiengesellschaft, Essen, geleitet wird. Die Finanzierung dieser sogenannten Ewigkeitsaufgaben im Rahmen des Grubenwassermanagements, d. h. größtenteils Pumpkosten, Poldermaßnahmen und Wasseraufbereitung/-sanierung wird durch die RAG-Stiftung, Essen, und Ihr Vermögen sichergestellt (Bild 1).
Deutsche Steinkohlenreviere umfassen die Bergbauregionen an der Saar und des Ruhrgebiets sowie die isolierte geologische Struktur des Bergwerks Ibbenbüren. Die Forschung hier bezieht sich größtenteils auf die Vorgänge im Ruhrgebiet, das den bergbaulich am stärksten ausgeschöpften und geprägten Raum inmitten von Stadtgebieten und einer Einwohnerzahl von 5 Mio. Menschen darstellt. Der ungefähr 150 Jahre industriell betriebene Steinkohlenbergbau an der Ruhr endete mit der Beendigung der Subventionen Ende 2018. Vorher wurde die Bergbauregion an der Saar durch seismische Ereignisse während des Abbaus im Jahr 2012 beendet. Daher befindet sich seit 2019 der deutsche Steinkohlenbergbau offiziell in seiner Nachbergbauphase (1). Die Abkehr von der Kohle spätestens bis 2038 ist Teil einer langjährigen Strategie, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Die Forschung, die mit der wissenschaftlichen Begleitung der langzeitlichen Grubenwasseranstiege in den deutschen Steinkohlenrevieren assoziiert ist, kann als Vorzeigemodell in diesem notwendigen Rahmen des Klimawandels für andere Regionen und Arten des Bergbaus in der Welt gelten. Sich die Erfahrung aus den Grubenwassermanagement- und Anstiegsszenarien in unterschiedlichen Phasen in Polen, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Spanien zunutze zu machen (2), wurde hier inte-griert, um die erlernten Eigenheiten auf den deutschen Steinkohlenbergbau zu übertragen (3). Ein wichtiger Punkt ist hier, dass die Strategie für den Grubenwasseranstieg der RAG einen strikt kontrollierten Anstieg vorsieht im Vergleich zu damaligen, unkontrollierten Anstiegen als europäische Beispiele aus dem Vereinigten Königreich oder Frankreich.
Grubenwasserbeschaffenheit
Gombert et al. (2) haben die gemittelten Minima und Maxima an Konzentration von gelösten Inhaltstoffen im Grubenwasser aus den europäischen Steinkohlenrevieren zusammengefasst und Sulfat und Eisen als Hauptbestandteile sowie Arsen, Chrom und Zink als wichtige Nebenbestandteile identifiziert. Chloride (Cl) wurden nur in hohen Konzentrationen in Grubenwässern aus Deutschland, Polen und dem Vereinigten Königreich gefunden. Allerdings muss die Lösungsfracht an Metallen aus der bislang noch nicht infiltrierten, unsaturierten Zone oberhalb des Grubenwasserstands ebenfalls für eine exakte Vorhersage für zukünftige Einleitungen von Grubenwasser herangezogen werden. Die ersten Einleitungen von Grubenwasser in die Vorflut innerhalb des Grubenwasseranstiegs nach dieser ersten Flutung der unsaturierten Zone wird in Fachkreisen „First Flush“-Event genannt (4). Dieser Effekt verhält sich in den kommenden Jahren nach einem Kurvenverlauf eines exponentiellen Verfalls nach dem ersten Auslauf in die Vorflut. Um diese Effekte beweisen und nachvollziehen zu können, sind ein kontinuierliches Monitoring vor, während und nach dem Anstiegsverlauf sowie ein dazugehöriges Baseline-Konzept unerlässlich, um den Einfluss der Hydrochemie auf die Flussrate und die Qualität des Grubenwassers beim ersten Einleiten der Wässer und darüber hinaus in Relation zu einem definierten Grubenwasseranstiegsniveau zu prognostizieren (5). Insbesondere der Einfluss der Sulfidoxidation und die bessere In-situ-Beprobung von Grubenwässern in untertägigen Schächten und durch Lotungs-/Entgasungsleitungen sind wichtige Aspekte, um die Hydrochemie der Grubenwässer besser vorhersagen zu können. Grubenwässer aus dem Steinkohlenbergbau sind generell reich an Sulfat und Eisen aus der Sulfidoxidation (6). Oft besitzen diese Grubenwässer auch eine hohe Leitfähigkeit von über 100 mS/cm oder sind sogar hochsalinare Lösungen reich an Chloriden aufgrund langer Wasser/Gesteins-Wechselwirkungen mit dem Umgebungsgestein oder angrenzender Evaporitsequenzen.
Viele Studien inklusive der von Gombert et al. (2) auf europäische Steinkohlenreviere sowie eine globale Sichtweise unterschiedlicher Grubenwässer von Wolkersdorfer und Mugova (7) haben den Einfluss der Grubenwässer und deren Management auf Oberflächenwässer und Vorfluter zusammengefasst. In Abhängigkeit des Ausmaßes der Sulfidoxidation und der Pufferkapazität von gelöstem Hydrogenkarbonat im Grubenwasser haben Wolkersdorfer und Mugova (7) über diskrete pH-Werte aus Grubenbauen in Kohleabbauen berichtet, die in einem Bereich von pH = 3,0 bis pH = 7,5 lagen. Gombert et al. (2) berichteten von einer Grundgesamtheit von 2.500 Wasseranalysen aus Einleitungen innerhalb europäischer Steinkohlenreviere, die höher als pH = 6,0 mit einem Mittelwert von pH = 6,5 lagen. PH-Werte sind wichtig im Zusammenhang mit dem Potential der Mobilisierung von Übergangsmetallen. Eine potentielle Gefahr der Kontamination mit toxischen Übergangsmetallen besteht dabei bei sauren pH-Werten < 5,6, weil die Löslichkeit der Kationen dieser Übergangsmetalle (z. B. Pb, Zn, Al und Cd) steigt. Die Parameter, die in diesem Kapitel genannt wurden, stellen die Hauptcharakteristika von Grubenwässern dar.
Das vorgeschlagene Grubenwasserkonzept der RAG im Ruhrrevier sieht einen stufenweisen Anstieg der jetzigen Grubenwasserstände in den einzelnen Provinzen auf ein Niveau von – 600 m NHN vor (8). Das Ziel ist es, in dieser Teufe verbundene Grubenwasserprovinzen immer noch hydraulisch isoliert zu belassen und das Hauptaugenmerk auf den Schutz der Trinkwasserreservoire, die sich größtenteils in den oberkretazischen Halterner Sanden befinden, sowie bewirtschaftete tiefere Aquifere zu legen.
Dabei werden die momentan 13 vorhandenen Wasserhaltungsstandorte sukzessive auf sechs Hauptwasserthaltungs-standorte und mehrere vorgehaltene Standorte umgebaut. Diese werden ca. 70 Mio. m3/a Grubenwasser in die Vorfluter Rhein, Lippe und Ruhr leiten, wobei zukünftig die Emscher frei von Einleitungen bleiben wird (Bild 2). Damit bezweckt man eine höhere Verdünnungsrate der zentralen Grubenwässer durch die enorme Wasserfracht des Rheins im Vergleich zu den Flüssen Ruhr, Lippe und Emscher.
Grubenwasserstände
Das Grubenwasseranstiegsniveau bezüglich dessen Grubenwasserspiegel, die potentiometrische Oberfläche, ist derzeit auf einen endgültigen vertikalen Abstand zu den Trinkwasserreservoiren von 150 m gesetzt. Allerdings wurde final ein wirklich nach nachhaltigen, ökologischen sowie ökonomischen Gesichtspunkten optimiertes Grubenwasseranstiegsniveau bislang nicht im Detail festgelegt. Diese Aufgabe ist Teil der Ziele des Forums Bergbau und Wasser (FBW), eine Stiftung, die sich aus Experten in der Hydrogeologie zusammensetzt. Diese Stiftung begleitet die Grubenwasseranstiege in den deutschen Steinkohlenrevieren seit 2017. Die Forschung, die hier präsentiert wird, wurde innerhalb dieses Zeitraums im FBW betrieben.
Die jetzige Situation der Grubenwasserstände im ehemaligen Abbaugebiet innerhalb des Ruhrreviers, das ca. 4.400 km2 umfasst, ist als sehr heterogen zu bezeichnen. Östliche Wasserprovinzen der ehemaligen Bergwerke Königsborn und Westfalen, die geologisch und hydraulisch von großen Störungssystemen isoliert und nicht Teil der zentralen Wasserhaltung sind, besitzen mittlerweile Grubenwasserstände in Oberflächennähe mit größtenteils equilibrierten Wasserständen in der Umgebung. Im Gegensatz dazu besitzen Bergwerke aus den zentralen oder nördlichen Wasserprovinzen der zuletzt geschlossenen Bergwerke im Ruhrgebiet Grubenwasserstände im Niveau um – 1.000 m NHN (Bild 3).
In Abhängigkeit von rechtlichen Gegebenheiten werden diese Grubenwasserstände mit großen Tauchmotorpumpen an den Wasserhaltungsstandorten gehalten. An momentan drei Wasserhaltungsstandorten im Ruhrrevier, dem Wasserhaltungsstandort an der Ruhr Heinrich, dem Bergwerk Auguste Victoria (geschlossen Ende 2015) und dem Bergwerk Prosper–Haniel (geschlossen Ende 2018), sind Multi-Sensor-Grubenwassersonden, konstruiert durch das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, installiert worden. Diese Grubenwassersonden sind Teil des diskreten Monitoring-Konzepts, um das hydraulische Potential, hydrochemische Daten (pH, EC, ORP) sowie gelöste Gase von tieferen Solen während des Grubenwasseranstiegs zu erfassen (9, 10).
Risikomanagement
Um das Risiko einer Kontamination für die Hydrosphäre zu minimieren und den Grubenwasseranstiegsverlauf verlässlich vorhersagen zu können, sind „conformance“ und „containment“ als oberste Ziele des Risikomanagements während der aktiven Anstiegsphase stets zu kontrollieren. Im Jahr 2019 haben die Bergbehörde und die Abteilung Bergbau und Energie der Bezirksregierung in Arnsberg, Nordrhein-Westfalen, ein integrales Monitoringkonzept entwickelt, das sich in drei Hauptbereiche gliedert: 1. Wasser, 2. Ausgasung von Grubengas und 3. Bodenbewegungen (Vernässung/Bodenhebung). Induzierte Erderschütterungen als mögliche Konsequenz der Grubenwasseranstiegsphase sind als Aspekt des integrativen Monitoringkonzepts ebenfalls aufgenommen worden und werden zur Zeit im EU-Projekt „FloodRisk“ untersucht. Die wissenschaftliche Arbeit hier ist Bestandteil der Hydrodynamik und der Hydrogeochemie als Ergänzung zum Ressort „Wasser“ der integralen Monitoring-Initiative.
Als Teil der Forschungsaktivitäten innerhalb der Stiftung FBW wurde ein risikobasiertes Modell für das sogenannte Measurement, Monitoring and Verification (MMV) eines aktiven Grubenwasser-Monitoring-Plans mit dem Schwerpunkt der Hydrogeochemie des Grubenwassers aufgesetzt (11). Die Bow-Tie-Methode wurde vom FBW als Methode zur Identifikation der Monitoring-Aspekte benutzt (Bild 4).
Diese Methode ist auf die Arbeit von Reason (12) zurückzuführen, der sich mit menschlichen Fehlern beschäftigte und ein „nicht gewolltes Event“ so visuell herausarbeiten konnte. Es wurde in der Vergangenheit dazu benutzt, um Produktionssicherheitsprozesse zu optimieren. Die Methode baut auf einem Risikomangement auf, in dem sogenannte Safeguards identifiziert und aufgeführt werden. Diese greifen im Fall von Prävention oder Abschwächung von Konsequenzen, die sich aus dem sogenannten Top Event ergeben. Je mehr Safeguards gefunden und angewendet werden, desto effektiver kann das MMV-Verfahren bei einem ungewollten Event eingesetzt werden. Im ganzen sind fünf Elemente im Bow-Tie Schema aufgeführt. Dabei bildet das Top Event den Knoten der Fliege (Bow-Tie), die Gefahren und Konsequenzen bilden die zwei Seiten der Fliege. In Bezug auf Grubenwasseranstiegsprozesse haben Heitfeld et al. (13) diese Art gemeinsam mit den niederländischen Behörden benutzt, um Risiken im Zusammenhang mit Bodenhebungen während des Anstiegs im Limburger Revier zu bewältigen. Der Risikomanagementprozess ist soweit als ein iterativer Prozess zu verstehen, der permanent erneuert und angepasst werden muss, sobald ein Top Event eingetreten ist. Das Natürliche-Tracer-Tool agiert hierbei als Präventivmaßnahme, weil es kleinste Veränderungen in der Hydrochemie der beprobten Wässer aufdeckt, die als Alarm angezeigt werden, sobald der sogenannte Baseline-Wert überschritten wurde. Es kann auch als korrigierende Maßnahme eingesetzt werden in seiner Rolle als „geochemisches Auge“, um die Auswirkungen eines Top Events zu verringern, falls die räumliche Beprobungsdichte angemessen ist.
Dieser Artikel beschreibt das hydrogeochemische Monitoring als einen wichtigen Pfeiler eines integrierten MMV-Plans. Der wissenschaftliche Ansatz besteht dabei aus einer Kombination von Literaturdaten mit Qualitätskontrolle kombiniert mit einem kontinuierlichen Datensatz von eigenen hydrogeochemischen Analysen seit 2016 und enthält mehr als 750 Datenpunkte. Quellen der Literaturdaten, die hier präsentiert werden, setzen sich aus den Publikationen von Wedewardt (14), Michel et al. (15) und Puchelt (16) zusammen. Eine detailgetreue Sicht auf die Herkunft und die Verfolgung der unterschiedlichen Wasserkörper innerhalb der Grubenbaue und des Deckgebirges ist aufgrund des stark eingeschränkten Zugangs zur Tiefe notwendig. Frühere Schächte wurden verfüllt und plombiert als Teil der gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Abschlussbetriebsplans. Grubenwasserströme werden eng beprobt und frühere Anstiegsverläufe wie auch deren Prognose sind eng mit dem MMV-Plan verknüpft. Während der Grubenwasseranstieg das Deckgebirge erreicht, wird versucht, die Interaktion mit den regionalen Aquiferen und Formationswässern der überlagernden Oberkreide-Sedimente zu minimieren. Grubenwässer können während des Anstiegs maskiert oder vermischt werden. Die schlechtesten Annahmen wären sogenannte falsch positive Alarme während des Monitorings von Wässern, die dem Grubenwasser zwar ähneln, aber reine Formationswässer mit vergleichbaren Inhaltsstoffen sind.
Allgemeine Grubenwasserchemie
Oberkarbonische Grubenwässer des früheren Ruhrreviers, also Grundwässer, die in Kontakt mit den untertägigen Grubenbauen gekommen sind, werden charakterisiert durch hohe Salinitäten sowie hohen Konzentrationen an Sulfat und Eisen-Spezies, die aus der Sulfidoxidation innerhalb der Gruben resultieren. Ein wichtiges Anliegen bei der Untersuchung von tiefen, salinaren Fluidkörpern ist es, die Herkunft der Salinität herauszufinden. Solen, das sind natriumchloridreiche, basale Wässer, können unterschiedlicher Herkunft sein (17). Zwei Hauptprozesse, die zu Solen führen, sind
(a) Evaporation von eingeschlossenem oder infiltrierendem Meerwasser und
(b) Auflösung von Salzmineralen im Untergrund, in erster Linie Halit (NaCl).
Die anfängliche Meerwasserzusammensetzung, im engeren Sinn konnates Wasser, kann nach dem Einschluss durch Diagenese, Wasser/Gesteins-Wechselwirkungen, mikrobielle Interaktionen und durch Mischungen mit anderen Grundwässern nachträglich verändert werden. Dieser Ansatz berichtet von ersten Daten, um Fluide, die durch diese Prozesse verändert wurden, zu unterscheiden. In Bezug auf die höheren Chlorid-Werte im Grubenwasser, müssen zechsteinbasierte Solen und Mischungen von oberkretazischen Solen, die bereits oberkarbonische Grubenwässer infiltriert haben, identifiziert und weiter verfolgt werden. Die Emscher-Formation ist ein Hauptaquitard in der Region. Diese Formation besteht aus organisch reichen, mergeligen Tonsteinen, die reich an Sulfaten und Eisenmineralen sind, die ebenfalls aus der Sulfidoxidation stammen – ähnlich wie der Prozess in den Kohleflözen. Das Tracer-Toolset hat die Zielsetzung, erhöhte Konzentrationen von gelöstem Sulfat und Eisen entweder eindeutig dem Grubenwasser oder der Mischung von Formationswässern aus der Emscher-Formation mit Grubenwässern zuzuordnen. Wir berichten von einem ersten Beispiel, den regionalen, salinaren Grundwasserleiter aus dem Cenomanium-Turonium (CT), der sich oberhalb der oberkarbonischen Grubenwässer befindet, von diesen mittels Bromid zu Chlorid-Verhältnis, molarem Natrium zu Chlorid-Verhältnis und „Wasserisotopen“, das sind δ2H und δ18O, zu unterscheiden.
Regionale Geologie des Ruhrgebiets
Das ehemalige Kohleabbaugebiet an der Ruhr befindet sich im schwach metamorphen, gefalteten paläozoischen Grundgebirge oberkarbonischen Alters, das auch als Rheinisches Massiv bezeichnet wird (18). Oberkarbonische Siliziklastika mit Einschaltungen von Kohleflözen (Namur bis Westphal A-C) bilden das Umgebungsgestein des ehemaligen Bergbaugebiets. Das gefaltete Oberkarbon fällt schwach nach Norden ein. Es ist diskordant überdeckt von mesozoischen Sedimenten des Münsterländer Beckens, die größtenteils aus oberkretazischen Mergeln und Karbonaten bestehen (19) (Bild 5).
Beide geologischen Provinzen beinhalten natriumchloridhalitige basale Grundwässer mit elektrischen Leitfähigkeiten bis zu 200.000 µS/cm. Im Münsterland infiltirert die Sole Schichten des Cenomaniums und Turoniums und bildet einen regionalen Aquifer, der sich von der nördlichen Grenze des Beckens bis hin zur südlichen Grenze zum paläozoischen Grundgebirge, auch bekannt als Haarstrang, erstreckt (21). Zahlreiche balneologische Betriebe/Bäder und ehemalige Salinen befinden sich in dieser Region und nutzen diese Sole seit dem Mittelalter. Bis zu 1.500 m mächtige mergelige Schichten der Emscher-Formation, Mittleres Coniacium bis Mittleres Santonium, wurden oberhalb der CT-Karbonatsequenz abgelagert. Die Emscher-Formation besteht aus homogenen, grauen bis hin zu dunkelgrauen, feingeschichteten bis dünnbankigen und in Teilen organisch-reichen (Typ II) Mergeln. Hydrogeologisch ist die Emscher-Formation ein Aquitard, aber die obersten Bereiche der Formation beinhalten einen lokal im Ruhr-gebiet auftretenden Kluftgrundwasserleiter. Eingeschlossen von Aquitarden ist der CT-Aquifer gespannt. Evaporitablagerungen im Gebiet werden repräsentiert durch permische (Zechstein) und triassische (Oberer Buntsandstein, Röt Fm.) Salinare. Sie wurden am nördlichen Rand des Münsterländer Beckens sowie auch am westlichen Rand bis hinunter an den Niederrhein abgelagert (Bild 6).
Die Obersantonische Haltern-Formation, inklusive der Recklinghäuser Sandmergel überlagern die Emscher-Formation und sind ein bedeutender Trinkwasserspeicher der Region. Es ist prognostiziert, dass während der Hauptgrubenwasseranstiegsphase Grubenwässer das Deckgebirge infiltrieren werden und sich mit dem CT-Salinar mischen und danach weiter im Porennetzwerk entlang von Störungsbahnen der Emscher-Formation aufsteigen werden. Als Grundvoraussetzung während dieses Prozesses muss sichergestellt sein, dass die Haltern-Formation als Trinkwasserspeicher frei von Grubenwasser bleibt.
Grubenwasser-Hydrochemie-Studie
In Gänze wurden 750 separate Datenpunkte aus hydrogeochemischen Analysen in der Periode 2017 bis 2021 sowie aus Literaturdaten zusammengetragen. Oberkarbonische Grubenwässer, CT-Aquiferproben sowie Coniacium-Santonium Emscher-Formationswässer wurden bei dieser Bewertung voneinander unterschieden (22). Datenpunkte decken das gesamte Ruhrgebiet ab und erweitern sich bis ins Münsterländer Becken, indem die Wässer aus den balneologischen Anlagen analysiert wurden (Bild 7).
Hydrogeochemische Analysen der Hauptkationen und -anionen inklusive der Spurenelemente wurden von einem zertifiziertem Labor nach DIN ISO 11885- und DIN 10304-1-Protokollen analysiert. Stabile Isotope des Sauerstoffs und Wasserstoffs wurden mittels eines optischen CRDS-Analysators 2130i der Fa. Picarro analysiert. Standardabweichungen betrugen 0,06 ‰ für δ18O and 0,48 ‰ für δ2H.
Grubenwässer an ihren Einleitstellen sind meist charakterisiert durch die Ablagerungen von Eisenoxiden- und Eisenoxyhydroxiden, wie hier am Beispiel der Einleitstelle des Wasserhaltungsstandorts Carolinenglück dargestellt, oder wurden im Fall der Einleitstelle der Wasserhaltung Robert Müser mit Peroxiden behandelt, die natürlichen, elementaren Schwefel bilden und somit das Wasser milchig einfärben (Bild 8).
Stabile Wasserisotope, δ2H und δ18O, unterscheiden den CT salinaren Aquifer von den oberkarbonischen Grubenwässern (Bild 9).
Der gezeigte Trend der CT-Wässer deckt auf, dass es sich hierbei um meteorische Wässer handelt, die durch das Deckgebirge perkolierten. Im Gegensatz dazu folgen die oberkarbonischen Grubenwässer diesem Trend nur teilweise. Proben aus tieferen Bergwerkssolen zeigen einen Trend hin zu deutlich erhöhten δ18O-Werten, die eine Konsequenz einer intensiven Wasser-Gesteins-Wechselwirkung sind.
Die Herkunft der Salinität wurde abgeleitet, indem die molaren Konzentrationen von Natriumkationen und Chloridanionen dargestellt wurden (Bild 10). Der Trend des molaren Verhältnisses beider Spezies (Na vs. Cl) zeigt für Meerwasserevaporation ein Verhältnis von 0,86, während das molare Verhältnis für die Auflösung von Halit im Falle der CT-Wässer Eins ergibt.
Als letzter Graph wurde Bromid gegen Chlorid-Konzentrationen als Log-Log-Graph aufgetragen, um zu testen, ob dieses Verhältnis sich als natürlicher Tracer eignen würde. In Bild 11 sind Grubenwässer durch Chlorid vs. Bromid-Verhältnisse von 1.450 < x < 450 charakterisiert. Diese mittleren Werte werden flankiert hin zu niedrigeren Werten repräsentiert durch Formationswässer der Emscher-Formation und hin zu höheren Werten durch die CT-Wässer des regionalen Aquifers.
Eine erste Datenüberprüfung hat die Nützlichkeit eines detaillierten Screenings der Hydrochemie gezeigt. Spurenelemente wie Bromid leisten signifikant einen Beitrag zu einem robusten Monitoring-Plan und Risikomanagement. Wenn diese Daten mit weiteren natürlichen hydrochemischen Tracern verschnitten werden, können sie tiefere Einsichten in die repräsentative Hydrochemie einzelner Wasserprovinzen im Ruhrgebiet geben und somit auch Mischungen mit Anrainer-Wasserprovinzen ermöglichen, um das Grubenwassermanagement zu optimieren. In Zukunft ist das Ziel, die hydrochemischen Analysen auszuweiten und mehr Tracer zu identifizieren, die sich als nützlich für das Risikomanagement erweisen.
References / Quellenverzeichnis
References / Quellenverzeichnis
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