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Interview mit den neuen Vize-Präsidenten der ISSA Mining

ImZuge der Vollversammlung der Bergbausektion der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (ISSA Mining) am 11. September 2017 in Bangkok/Thailand, wählten die Delegierten einstimmig Vic Pakalnis und Leigh McMaster zu ihren neuen Vize-Präsidenten für die Regionen Nordamerika und Afrika. Peter Schrandt von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen, befragte die beiden zu ihren Werdegängen und ihren Vorstellungen für die Zukunft.

Autor: Peter Schrandt, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen

Vic Pakalnis wurde zum neuen Vizepräsident der ISSA-Mining für die Region Nordamerika gewählt. Foto: BG RCI

Leigh McMaster ist neuer Vizepräsident der ISSA-Mining für Afrika. Foto: BG RCI

Ich beglückwünsche Sie ganz herzlich zu Ihren neuen Positionen als Vize-Präsidenten der ISSA Mining! Bitte erzählen Sie ein bisschen über sich.

Vic Pakalnis: Ich wurde am 29. Juni 1950 in einem Örtchen namens Malartic in der Provinz Québec in Kanada geboren. Die Gegend ist bis heute ein Zentrum des Goldbergbaus. Mein Vater und mein Bruder waren beide Bergbauingenieure. Ich habe schließlich auch Bergbau – Bachelor und Master – studiert, nämlich an der McGill-University in Montreal. Ich habe dann in verschiedenen Betrieben gearbeitet in British Columbia, Québec und Ontario. Drei Jahre lang habe ich bei Kerr Addison Exploration gearbeitet, mich bei der Iron Ore Company of Canada mit Böschungssicherheit befasst und war schließlich Leiter der Abteilung für Geotechnik bei Falconbridge Nickle Mines. Dann zog es mich ins Arbeitsministerium, wo ich den Arbeitsbereich für Arbeitssicherheit leitete und Regional Director für Ottawa war. Ich versuchte mich in der Lehre: Ich habe an der Queen’s University über die Einrichtung von Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften referiert und war schließlich Kinross-Professor für Bergbau und Nachhaltigkeit und dozierte neben der Einführung in den Bergbau auch über die betriebliche Umsetzung von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz für die höheren Semester. Im Juli 2012 wurde ich zum Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden der MIRARCO Mining Innovation, Sudbury/Kanada, gewählt. Im Jahr 2016 wurde ich außerdem zum Vizepräsidenten der Mining Innovation and Technology (LMIT), einer Einrichtung der Laurentian University, gewählt. Mein Sohn Peter lebt in Ottawa und ich versuche immer noch, ihn irgendwie für den Bergbau zu gewinnen. Zu meinen Hobbys zählen Philosophie, Bergbaugeschichte, Scotch und Reisen.

Leigh McMaster: Ich bin ein stolzer Vertreter der Generation Y und wurde Anfang der 1980er in Johannesburg/Südafrika geboren. Nachdem ich im Jahr 2008 mein Vordiplom an der Universität in Pretoria abgeschlossen hatte, habe ich die ersten vier Jahre im Bereich Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Risiko-Management verbracht. Diese Zeit hat mich sehr geprägt und das Thema fasziniert. Ich habe mich speziell auf dem Gebiet der Arbeitspsychologie weitergebildet, weshalb ich mich heute umso mehr mit dem Faktor Mensch im Arbeitsschutz befasse.

In welcher Weise haben Sie in Ihrem täglichen Berufsleben mit Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu tun?

Leigh McMaster: Ich arbeite für die South African Chamber of Mines (südafrikanische Bergbaukammer), die unter ihrem Dach im Wesentlichen die Bergbaubetriebe des Landes vereint. Ihr sind 71 Unternehmen angeschlossen, die zusammen über 90 % der gesamten südafrikanischen Rohstoffproduktion ausmachen. In verschiedensten Bereichen setzen qualifizierte Vertreter der Kammer einheitliche Regelungen für die Unternehmen der Branche durch oder organisieren unternehmensübergreifende Projekte.

Meine Rolle als Verhaltensspezialist ist es, die Projekte der Kammer im Bereich Personalführung zu betreuen, zu steuern und bei Fragen sowie der Gestaltung von Maßnahmen in Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu unterstützen. In einigen der aktuellen Projekte geht es ganz konkret um neue, innovative Ansätze zur Schaffung eines nachhaltigen Schemas zur Umsetzung der Arbeitsschutzmaßnahmen durch Führungspersonal. Mit dem Menschen im Mittelpunkt dieser Gedanken dürfte dies die derzeitige Situation in der Branche wesentlich verbessern.

Vic Pakalnis: Das Ziel von MIRARCO ist es, Rohstoffe sicher und nachhaltig abzubauen. Damit ist klar, dass die Sicherheit immer an erster Stelle steht. Dank unserer intensiven Forschung ist unser Wissen sehr gefragt. Wir haben die Regierung beraten und bieten einen Kurs zum Thema Risikomanagement in der rohstoffgewinnenden Industrie an. Ein Teil unserer Forschung befasste sich beispielsweise mit der Minderung der Gefahren durch Dieselabgase.

Die LMIT verfügt über ein Forschungszentrum für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Dort werden mit neuartigen Methoden die psychischen Belastungen am bergbaulichen Arbeitsplatz analysiert. MIRARCO-Laurentian arbeitet zudem seit kurzem auch mit der Northeastern University in Shenyang/China zusammen, um grenzüberschreitend ein neues Zentrum für den Untertagebergbau einzurichten, wobei dem Thema Sicherheit im Tiefbau natürlich eine wesentliche Rolle zukommt.

Sie sind nun beide bereits seit Jahren mit der Arbeit der ISSA Mining vertraut und konnten die Entwicklung und Verbreitung von VISION ZERO und ihren 7 Goldenen Regeln mitverfolgen. Welche Erfahrungen haben Sie in Ihren jeweiligen Regionen gesammelt? Wie kamen die Konzepte in der Industrie an?

Vic Pakalnis: Während der letzten Konferenz der ISSA Mining vergangenen September in Thailand habe ich erläutert, wie das Konzept in Kanada zu großen Erfolgen geführt hat. Es ist eben nicht bloß ein Traum, sondern tatsächlich realisierbar. Und in vielen Betrieben und Rechtsbereichen ist es inzwischen real umgesetzt worden. In Ontario etwa – mit über 40 Bergwerken die größte bergrechtliche Verwaltungszone in Kanada – gab es im gesamten Jahr 2016 keinen einzigen Arbeitsunfall mit tödlichem Ausgang. Das zeigt, dass das Konzept mit Erfolg umgesetzt werden kann. Auch wenn natürlich die Umstände in jedem Land eine andere Herangehensweise erfordern, so ist die Umsetzung mit ISSA Mining dank flexibler Strukturen in jedem Fall möglich. Außerdem: Bergbau ist ein globales Geschäft und was in der einen Ecke der Welt passiert, geht gleichermaßen alle an. Nehmen wir das Beispiel aus Chile, wo vor wenigen Jahren 33 Bergleute gerettet werden mussten. Die ganze Welt hat dabei zugesehen – mehr als bei der Mondlandung. Gut, vermutlich sind es jetzt auch mehr Menschen mit einem TV-Anschluss als noch damals. Dennoch, die Welt blickte auf Chile.

Leigh McMaster: Was VISION ZERO betrifft, steckt Afrika im Grunde immer noch in seinen Kinderschuhen. Dennoch gibt es inzwischen einige Organisationen und Projekte, die mit dem Konzept bestens vertraut sind. Deren Aufgabe ist es nun, ihre Erfahrungen mit anderen Einrichtungen und Betrieben in Afrika zu teilen und so VISION ZERO zu verbreiten.

Das Programm VISION ZERO mit seinen 7 Goldenen Regeln ist inzwischen für alle Industriezweige und international verfügbar. Über diese Ausweitung informierte die ISSA auf der Konferenz in Singapur, was durch die anwesenden Arbeitssicherheitsexperten mit großer Begeisterung aufgenommen wurde. Was erhoffen Sie sich von dieser Ausweitung – allgemein und speziell für Ihre Region?

Vic Pakalnis: Was die Bergbausektion der ISSA erarbeitet hat, wurde von der ISSA übernommen und auf alle Bereiche der Indus-trie ausgeweitet. Diesen Schritt zu tun war mutig, aber ich denke, es wird sich auszahlen. Wir wissen alle, wie komplex das Thema Arbeitsschutz im Bergbau ist, und wenn VISION ZERO dort funktioniert, dann wird es sicher auch in anderen Bereichen zum gewünschten Erfolg führen. Ein paar Vertreter aus dem Gesundheitswesen baten mich, ihnen vom Thema Sicherheit im Bergbau zu berichten. Während jeder angehende Bergmann in seiner Ausbildung über Arbeitssicherheit unterrichtet wird, ist davon in den Ausbildungen in der Krankenpflege und Medizin keine Rede. In Ontario liegt die Quote für verletzungsbedingte Fehlzeiten im Gesundheits-wesen aber doppelt so hoch wie im Bergbau, weshalb der Bergbau durchaus als inspirierendes Vorbild herangezogen werden kann. Ich habe ihnen vom typischen Arbeitsumfeld eines Bergmanns erzählt und so konnten wir schnell feststellen, dass viele Maßnahmen genauso gut im Gesundheitswesen umzusetzen seien.

Leigh McMaster: Ich sehe ein großes Potential im Austausch zwischen den verschiedenen Industriezweigen, insbesondere wenn die Gefährdungsprofile vergleichbar sind. Die Zeit, in der jeder für sich an einer Lösung arbeitet, ist in unserer vernetzten Welt längst aus der Mode. Afrika ist ein Markt mit rasantem Wachstum und enormem Potential. Da steht es außer Frage, dass ein gesundes Wachstum die besten Methoden aus der internationalen Rohstoffbranche zur Verbesserung der Arbeitssicherheit erfordert.

Das Interview führte Peter Schrandt, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen 

 

 

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