Home » Reallabor Nivelstein – Nachhaltige Strukturen für eine zukunftsfähige Rohstoffversorgung

Reallabor Nivelstein – Nachhaltige Strukturen für eine zukunftsfähige Rohstoffversorgung

Eine sichere und nachhaltige Versorgung der Gesellschaft mit den notwendigen Rohstoffen zählt zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. Dabei steht die Rohstoffgewinnung selbst vor Herausforderungen mit hoher Komplexität. Beispielsweise zählen hierzu der Trend zur generellen Abnahme derWertstoffgehalte vieler Lagerstätten, steigende Anforderungen an die Klimaneutralität der Rohstoffgewinnung und rapide sowie teils schnelllebige Entwicklungen digitaler Technologien. Um dieser Komplexität zu begegnen, rücken zunehmend interdisziplinäre Lösungsansätze und die Integration und Einbeziehung verschiedener Akteure in den Fokus. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen verfügen in der Regel nicht über eigene Forschungs- und Innovationsabteilungen, um den steigenden Anforderungen mit eigenen Ressourcen begegnen zu können. Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen hingegen fehlt häufig meist der Zugang zu Betrieben im unmittelbaren Umfeld und zu aktiven Produktionsprozessen, um Technologien und Lösungsansätze unter relevanten Bedingungen zu entwickeln und zu evaluieren. Im Reallabor Nivelstein entsteht aktuell in Zusammenarbeit zwischen der Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche GmbH und der RWTH Aachen University eine Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsinfrastruktur, in der Lösungen für eine zukunftsfähige Rohstoffversorgung in einem realen Umfeld erforscht, entwickelt und getestet werden können.

Authors/Autoren: Sebastian Graszk, M.Sc., Pablo Muñoz Sánchez, M.Sc., Institute for Advanced Mining Technologies (AMT), Samuel Viola, M.Sc., Lehr- und Forschungsgebiet Aufbereitung mineralischer Rohstoffe (AMR), Wan Li, M.Sc., Lehrstuhl für Informations- und Automatisierungssysteme für die Prozess- und Werkstofftechnik (PLT), Univ.-Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Clausen, Institute for Advanced Mining Technologies (AMT), RWTH Aachen University, Aachen

1  Forschung und Entwicklung für eine zukunftsfähige Rohstoffversorgung

Deutschland ist ein rohstoffreiches Land mit einer Vielzahl hochwertiger primärer Lagerstätten und ist bei einigen Rohstoffen Selbstversorger. (1) Darüber hinaus verfügt Deutschland über eine ausgeprägte Bergbauzulieferindustrie, die in vielen Bereichen weltweit gefragte Produkte entwickelt und produziert. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen existiert im Bereich der Rohstoffgewinnung eine einzigartige Bündelung von Kompetenzen, resultierend aus einer regionalen Konzentration von führenden Institutionen und Unternehmen, die gleichermaßen exzellente Forschung, Ausbildung, Innovationen und Technologieführerschaft in einer technologieoffenen und innovationsfördernden Umgebung umfassen. (2) Die sichere und nachhaltige Versorgung der Gesellschaft mit Rohstoffen steht jedoch heute vor Herausforderungen mit hoher Komplexität. Beispielsweise zählen hierzu  der Trend zur Abnahme des Wertmineralgehalts vieler Lagerstätten, steigende Anforderungen an die Klimaneutralität der Rohstoffgewinnung und rapide sowie teils schnelllebige Entwicklungen digitaler Technologien.

Um dieser Komplexität zu begegnen rücken zunehmend interdisziplinäre Lösungsansätze und die Integration und Einbeziehung verschiedener Akteure in den Fokus. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) verfügen in der Regel nicht über eigene Forschungs- und Innovationsabteilungen, um den steigenden Anforderungen mit eigenen Ressourcen begegnen zu können. Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen hingegen fehlt häufig der Zugang zu Betrieben im räumlichen Umfeld und zu aktiven Produktionsprozessen, um Technologien und Lösungsansätze unter relevanten Bedingungen zu entwickeln und zu evaluieren. Als Gründe hierfür sind sowohl der unterschiedliche Maßstab von Labor- im Vergleich zu Realprozessen, als auch die herausfordernden rauen Umgebungsbedingungen und hohen Sicherheitsanforderungen bei den sich stetig weiterentwickelnden Prozessen im Umfeld der Rohstoffgewinnung und -aufbereitung anzuführen.

Um auch in Zukunft eine bedarfsgerechte Rohstoffförderung bei gleichzeitiger Ressourcenschonung hiesiger Lagerstätten mit Aspekten wie nachhaltigem Flächen-, Wasser- und Energiemanagement sowie einer Qualitätsoptimierung der geförderten und aufbereiteten Produkte vereinbaren zu können, bedarf es neuartiger Technologien und Lösungsansätze. Durch die Kooperation von Akteuren aus den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Forschung sowie Industrie können technologische Innovationen entstehen und Potentiale genutzt werden. Kooperationen zwischen Bildungseinrichtungen, Forschung und Industrie haben sich in der Vergangenheit nicht selten als Herausforderung dargestellt. Unterschiedliche Zielsetzungen und Arbeitsweisen, das Fehlen einer gemeinsamen Basis zur Zusammenarbeit – aus inhaltlicher und infrastruktureller Sicht – sowie häufig komplizierte und langwierige Wege zur öffentlichen Förderung von Forschungsvorhaben, werden häufig als Hemmnis für eine effektive und kooperative Forschung und Entwicklung genannt.

Dementgegen steht ein großes Potential, welches kooperative und gemeinschaftliche Forschungs- und Entwicklungsvorhaben für alle Beteiligten bieten kann. In der Idealvorstellung eröffnen Industriebetriebe den Forschungseinrichtungen Einblicke in aktuelle Problemstellungen und den Stand der jeweils eingesetzten Technik. Im unmittelbaren Austausch hierzu stellen diese Industriebetriebe wichtige Lehr- und Testfelder dar, und als natürliche Konsequenz ermöglichen die Forschungseinrichtungen wiederum den Industriebetrieben Zugang zu aktuellen und zukünftigen Entwicklungen und bilden hochqualifizierte Absolventen praxisnah aus. Die skizzierte Zusammenarbeit erfordert als Basis eine vertrauensvolle, enge und langfristig ausgerichtete Kooperation. Einen ersten Ansatz zum Aufbau solcher neuartigen Kooperationsstrukturen stellt das Reallabor Nivelstein dar. Das Kooperationsvorhaben zwischen der Nivelsteiner Sandwerke und Sandsteinbrüche GmbH (NSW), Herzogenrath, und der RWTH Aachen University, Aachen, vertreten durch das Institute for Advanced Mining Technologies (AMT, geleitet durch Univ.-Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Clausen) und dem Lehr- und Forschungsgebiet Aufbereitung Mineralischer Rohstoffe (AMR , geleitet durch Univ.-Prof. Dr.-Ing. Hermann Wotruba) hat das Ziel, einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit der heimischen Rohstoffversorgung zu leisten (3).

Beim Reallabor Nivelstein handelt es sich um eine gemeinsame Forschungsinfrastruktur zweier Institute der RWTH Aachen auf dem Betriebsgelände der NSW, welche im folgenden Abschnitt näher beschrieben wird. Für den Betrieb des Reallabors Nivelstein spielen die Vernetzung relevanter Akteure, das Einbeziehen zukünftiger Schlüsseltechnogien und die Interdisziplinarität der Lösungsstrategien eine zentrale Rolle (Bild 1).

Fig. 1. By holistically linking important key components, the potential of digitalization can be sustainably exploited. // Bild 1. Durch eine ganz-heitliche Vernetzung wichtiger Schlüsselkomponenten kann das Potential der Digitalisierung nachhaltig genutzt werden. Source/Quelle: RWTH Aachen

Die NSW ist ein innovatives mittelständisches Familienunternehmen und Produzent von Quarzsand-, Sand- und Kiesprodukten von höchster Qualität. Darüber hinaus befindet sich auf den Flächen des ehemaligen Abbaus eine der größten Photovoltaikanlagen Nordrhein-Westfalens. Das AMT ist auf die Erforschung und Technologieentwicklung im Bereich der Automatisierung und Digitalisierung von Maschinen und Prozessen im untertätigen und übertägigen Bergbau spezialisiert und zeichnet sich durch die Kombination von Grundlagenforschung und angewandter industrienaher Forschung und Lehre aus. Das AMR ist die bundesweit einzige Hochschuleinrichtung, die sich schwerpunktmäßig mit dem Gebiet der Aufbereitung mineralischer Rohstoffe befasst. Neben technisch-wirtschaftlichen Aspekten stellt die Umweltverträglichkeit der Verfahren einen wichtigen Forschungsschwerpunkt dar. Durch die enge Zusammenarbeit der beiden Forschungsinstitute konnten in der Vergangenheit bereits mehrfach hervorragende Forschungsergebnisse erzielt werden. Ein Beispiel dieser Zusammenarbeit wurde zuletzt mit dem Deutschen Rohstoffeffizienzpreis 2020 ausgezeichnet.

2  Reallabor Nivelstein

Reallabore im Allgemeinen gelten als Testräume für Innovation und Regulierung und machen es möglich, unter realen Bedingungen innovative Technologien und Geschäftsmodelle zu erproben, die im allgemeinen Rechtsrahmen noch an Grenzen stoßen. (4) Der Arbeitsweise von Reallaboren wird ein transdisziplinärer und zudem transformativer Anspruch zugrunde gelegt, der nicht selten neben Akteuren der Wissenschaft und Praxis auch die Zivilgesellschaft einbezieht. (5) Der Relevanz und Vielfältigkeit von Reallaboren zufolge, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) ein Handbuch zur Zweckfindung, dem Aufbau, dem rechtlichen Rahmen und vielen weiteren Aspekten veröffentlicht. (6) Mindestens so wichtig wie klare gesetzliche Rahmenbedingungen und die wirtschaftliche Umsetzbarkeit und Förderung eines Reallabors ist die Zusammenstellung relevanter Kernpartner sowie die Entwicklung einer gemeinsamen Zielvorstellung und einer daraus resultierenden strategischen Roadmap.

Im Reallabor Nivelstein stehen die Erforschung und Entwicklung von neuartigen Prozessen und Produkten für eine nachhaltige Rohstoffgewinnung und -aufbereitung im Zentrum der Aktivitäten. Physisch umfasst das Reallabor eine Forschungshalle sowie die Nutzung der Infrastruktur des realen Gewinnungsbetriebs mit dem Ziel,

  • Forschung und Industrie miteinander zu verbinden und zu verzahnen,
  • kooperative Forschungsvorhaben durchzuführen,
  • eine kompetenzorientierte Hochschullehre sowie die Verbindung von theoretischen Inhalten mit praktischer Relevanz in der Lehre sowie
  • den Technologie- und Wissenstransfer zu unterstützen.

Auf Basis der Kooperation stellen die NSW die Forschungshalle auf ihrem Betriebsgelände zur Verfügung, welche durch mehrere RWTH-Institute auf Basis RWTH-interner Fördermittel aus der Exzellenzinitiative ausgestattet werden konnte (7). An diesem sogenannten Exploratoy Research Space (ERS)-Projekt war neben dem AMT und dem AMR auch der Lehrstuhl für Informations- und Automatisierungssysteme für die Prozess- und Werkstofftechnik (vormals PLT, geleitet durch Univ.-Prof. Dr.-Ing. Tobias Kleinert) beteiligt. Die Forschungshalle verfügt über einen Technikumsbereich im Erdgeschoss und einen angrenzenden Co-Working Space im Obergeschoss. Im Technikum können modulare Pilotanlagen mit Prozessgliedern der Rohstoffgewinnung und -aufbereitung errichtet werden. Der Co-Working Space (Bild 2) bietet mit seinen sechs offenen Arbeitsplätzen, einem Pausen- sowie Besprechungsbereich sowohl regelmäßigen Forschungstätigkeiten als auch Workshops und Lehrveranstaltungen die notwendige Grundausstattung. In den vergangenen Monaten konnten eine moderne IT-Infrastruktur sowie die Basisausstattung für das Büro, den Werkstatt- sowie Laborbereich errichtet werden, sodass das Reallabor Nivelstein nahezu arbeitsfähig ist und bereits erste Veranstaltungen und Projekttreffen ausgerichtet werden konnten.

Fig. 2. Co-working space on the upper floor of the research facility. // Bild 2. Co-Working Space im Obergeschoss der Forschungshalle. Source/Quelle: AMT

Inhaltlich und thematisch bieten sich im Reallabor ideale Möglichkeiten, um grundlegende Forschungsansätze für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung zu erforschen und weiterzuentwickeln. Hierbei handelt es sich im Kern um

  • die Entwicklung autonomer Systeme für die Gewinnung von primären Rohstoffen,
  • die Entwicklung ressourcen- und energieeffizienter Systeme sowie
  • die Entwicklung klimaneutraler Systeme, Produkte und Dienstleistungen.

Aus Sicht des AMTs bietet das Reallabor Nivelstein – neben vielen weiteren Aspekten – die Möglichkeit in einem geschützten „Experimentierraum“ den besonderen Herausforderungen bergbaulicher Automatisierungs- und Digitalisierungsthemen zu begegnen. Diese Herausforderungen, welche für jedes Bergwerk weltweit ähnlich anzunehmen, jedoch individuell zu bewerten sind, werden in Bild 3 zusammengefasst.

Fig. 3. Challenges for automation and digitalization in the raw materials industry. // Bild 3. Herausforderungen für die Automatisierung und Digitalisierung in der Rohstoffindustrie. Source/Quelle: AMT

Der Automatisierung und Digitalisierung im Bereich der Rohstoffindustrie stehen zumeist eine oder mehrere der vorgenannten Herausforderungen entgegen. Vielen dieser Herausforderungen kann im Reallabor Nivelstein in iterativen Prozessen und mit neuartigen Methoden in einer Umgebung mit positiver Fehlerkultur begegnet werden. So stellt sich beispielsweise die Frage, mit welcher Technologie das 1,5 Mio. m2 große, derzeit weitestgehend unvernetzte Betriebsgelände digital erschlossen werden kann oder wie die Daten auf den mobilen und stationären Maschinen und Anlagen verschiedener Hersteller nutzbar gemacht werden können. Darüber hinaus können aber auch neue Ansätze der Verfolgung von Materialflüssen- und -qualitäten oder Kartierungs- und Navigationslösungen für die Weiterentwicklung des autonomen Fahrens auf Basis neuartiger Sensortechnologien und Algorithmen entwickelt und erprobt werden.

Nicht zuletzt bietet die umfassende Ausstattung der Forschungshalle und die unmittelbare Anbindung an die Produktionsprozesse eine Möglichkeit, an konkreten Problemstellungen, insbesondere kleiner und mittelständischer Bergwerksbetreiber und Maschinenzulieferer, die bislang eher selten an Forschungs- und Innovationsvorhaben beteiligt waren, zu arbeiten. Mit der Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten unterschiedlichster Art kann darüber hinaus ein wesentlicher Beitrag zur Innovationsfähigkeit jener Unternehmen geleistet werden, die in besonderem Maße negativ vom Strukturwandel betroffen sein könnten.

Aus aufbereitungstechnischer Perspektive bietet das Reallabor Nivelstein für das AMR eine hervorragende Basis, um Forschungsvorhaben im Pilotmaßstab durchzuführen. In der Forschungshalle des Reallabors können sowohl Zerkleinerungs-, Klassier- oder Sortierprozesse oder eine beliebige Kombination der drei Prozessarten im Pilotmaßstab realisiert und kontinuierlich betrieben werden. Damit wird zum einen eine Option geschaffen, um Laborergebnisse mit größeren Probenmengen zu validieren, zum anderen können mit entsprechender sensortechnischer Ausstattung über größere Zeiträume Prozessdaten erfasst werden, um mögliche Automatisierungspotentiale im Aufbereitungsbereich zu identifizieren oder die Entwicklung von Prozessmodellen zu unterstützen. Dies bezieht sich selbstverständlich nicht ausschließlich auf die Prozesse der konventionellen Sand- und Kiesproduktion, sondern auch auf neuartige Verfahren der sensorgestützten Sortierung jedweder Aufbereitungsprozesse mineralischer Primär- und Sekundärrohstoffe.

Für das PLT bietet das Reallabor eine Plattform für die Entwicklung und Erprobung neuartiger Automatisierungs- und Digitalisierungskonzepte sowie KI-basierter Ansätze für die Rohstoffgewinnung und -aufbereitung aus systemtechnischen Perspektiven. Als Grundlage dafür werden standardisierte und untereinander kompatible Metadaten-, Daten- und Informationsmodelle entwickelt (8). So können darauf basierend Möglichkeiten zur organisierten und systematischen Erfassung, Integration und Speicherung von Daten aus verschiedenen Quellen, z. B. Produktionsanlagen, Softwaresystemen und separat installierten Sensoren, erforscht werden, damit eine automatische Datenverarbeitung für anschließende Datenauswertung möglich wird. Darüber hinaus ist die Frage, welche Funktionen und Komponenten ein autonomes System zur Rohstoffgewinnung und -aufbereitung mindestens enthalten soll, ein nicht zu vernachlässigendes Forschungsthema. Dies ist ein notwendiger erster Schritt in der Systementwicklung.

Für die Beteiligten der RWTH ist insbesondere die Möglichkeit kurzer Entwicklungs- und Iterationszyklen in Kombination mit der unmittelbaren Interdisziplinarität der beteiligten Fachbereiche und der enge Bezug zur Rohstoffproduktion besonders wertvoll. Das Reallabor Nivelstein eröffnet durch die geschaffene Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur methodisch innovative Arten der Kooperation mit Möglichkeiten zur Wertschöpfung durch und für alle Beteiligten.

3  Nächste Schritte im Reallabor Nivelstein

Neben einer sensorgestützten selektiven Gewinnung eines autonom agierenden Saugbaggers oder bedarfsgerecht gesteuerten und aus PV-Eigenleistung gespeisten Sandtrocknung sind bereits zahlreiche konkrete Forschungsfragen der Kooperationspartner sowie weiterer potentieller Partner gemeinsam identifiziert worden. Über die Potentiale hinaus, die sich aus einer Vernetzung der Prozesse ergeben, bestehen vielfältige Möglichkeiten für die Optimierung der Prozesskette. Für die Integration von erneuerbaren Energien in die energieintensiven Prozesse der Rohstoffgewinnung sind die Partner aktuell an mehreren sich in der Begutachtungsphase befindlichen Kooperationsskizzen beteiligt.

Fig. 4. Part of the NSW site, view from the co-working space. In the background, a PV plant as a sustainable post mining use case. // Bild 4. Ein Teil des Betriebsgeländes der NSW, Ausblick aus dem Co-Working-Space. Im Hintergrund eine PV-Anlage als nachhaltige Bergbaufolgenutzung. Photo/Foto: AMT

Neben diesem thematischen Start und dem erfolgreichen Abschluss des RWTH-internen Projekts zur Herstellung der Arbeitsfähigkeit des Reallabors, beginnt – wenngleich gehemmt durch die anhaltende Corona-Pandemie – auch die Hochschullehre mit ersten Schritten im Reallabor (Bild 4). Einige der oben skizzierten fachlichen Schwerpunkte des Reallabors werden aktuell in Form studentischer Abschlussarbeiten erarbeitet. Darüber hinaus dient der Standort Nivelstein als ein Positivbeispiel für einen nachhaltigen Abbau mineralischer Rohstoffe und dessen Folgenutzung als Fallbeispiel in einer Erstsemesterveranstaltung des Studiengangs Nachhaltige Rohstoff- und Energieversorgung (NREV) an der RWTH und ist im Rahmen dessen das Ziel einer Studierendenexkursion.

Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass die aus den Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen sollen, die Relevanz des Standorts (Nivelstein –> Herzogenrath –> Aachen –> Nordrhein-Westfalen –> Deutschland) in der Forschungslandschaft im Bereich der nachhaltigen Rohstoffgewinnung und -aufbereitung langfristig zu sichern. Durch Synergien der oben genannten Aspekte können geplante Ausgründungen gezielt unterstützt werden. Dies ermöglicht dem Standort Nivelstein, die Implementierung einer positiven Gründungskultur innerhalb der Region aktiv zu fördern.

In diesem Jahr soll der Regelbetrieb von Forschung und Entwicklung im Reallabor Nivelstein aufgenommen werden, welcher durch die kooperative Bearbeitung von Forschungsprojekten, Anfertigung von Abschlussarbeiten, Veranstaltung von Workshops und Abhaltung von Lehrveranstaltungen sowie zahlreiche weitere Formate realisiert werden soll. Ebenfalls soll in diesem Jahr das bestehende Netzwerk des Reallabors Nivelstein erweitert werden. Dafür sind die Projektbeteiligten auf der Suche nach innovativen und interessierten Forschungs- und Innovationspartnern.

4  Zusammenfassung

Im Reallabor Nivelstein entsteht aktuell in Zusammenarbeit zwischen der NSW und der RWTH eine Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsinfrastruktur, in der Lösungen für eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit – einer sicheren und nachhaltigen Rohstoffversorgung – in einem realen Umfeld erforscht, entwickelt und getestet werden können. Eine Besonderheit stellt dabei der kooperative und offene Ansatz dar, der es Industrie- und Forschungspartnern ermöglicht, gemeinsam neuartige Technologien und Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen zu entwickeln und zu erproben.

Sollte dieser Beitrag Interesse an einer potentiellen Zusammenarbeit im Reallabor Nivelstein geweckt haben, so besteht die Möglichkeit sich mit dem Hauptautor Sebastian Graszk in Verbindung zu setzen (sgraszk[at]amt.rwth-aachen.de).

References/Quellenverzeichnis

References/Quellenverzeichnis

(1) Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Deutschland – Rohstoffsituation 2018. Hannover, 2019.

(2) VDMA Mining: Konjunkturbericht 2020. Frankfurt am Main, 2021.

(3) Aachener Nachrichten: Pilotanlage zu Qualitätsverbesserung und Ressourceneffizienz, Herzogenrath, 2018.

(4) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Neue Räume, um Innovationen zu erproben – Konzept für ein Reallabore-Gesetz. Berlin, 2021.

(5) Beecroft, R.; Trenks, H.; Rhodius, R.; Benighaus, C.; Parodi, O.: Reallabore als Rahmen transformativer und transdisziplinärer Forschung: Ziele und Designprinzipien. In: Transdisziplinär und transformativ forschen. Braunschweig, 2018, S. 75 – 100.

(6) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Freiräume für Innovationen – Das Handbuch für Reallabore. Berlin, 2019.

(7) R. A. Exploratory Research Space (ERS): Prep for Innovation: Reallabor Nivelstein. 2020. (Online). Available: https://www9.rwth-aachen.de/awca/c.asp?id=cvid. (Zugriff am 25.11.2021).

(8) Wahlster, W.; Winterhalter, C.: Deutsche Normungsroadmap Künstliche Intelligenz. DIN/DKE, Berlin, 2020.

Authors/Autoren: Sebastian Graszk, M.Sc., Pablo Muñoz Sánchez, M.Sc., Institute for Advanced Mining Technologies (AMT), Samuel Viola, M.Sc., Lehr- und Forschungsgebiet Aufbereitung mineralischer Rohstoffe (AMR), Wan Li, M.Sc., Lehrstuhl für Informations- und Automatisierungssysteme für die Prozess- und Werkstofftechnik (PLT), Univ.-Prof. Dr.-Ing. Elisabeth Clausen, Institute for Advanced Mining Technologies (AMT), RWTH Aachen University, Aachen
Online_Abonnement