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Sicher und standfest

Silos finden sich in fast allen Unternehmen der Baustoffindustrie. Sie werden zur Bevorratung von Rohstoffen, Zwischen- und Endprodukten, als Doseure oder Verladesilos eingesetzt. Um ihren sicheren Betrieb zu gewährleisten, müssen sie fachgerecht instandgehalten werden.

Autor: Dipl.-Ing. Martin Böttcher, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen

Silos im Sinne der DGUV-Regel 113-004 „Behälter, Silos und enge Räume“ sind

  • Behälter und enge Räume,
  • allseits oder überwiegend von festen Wandungen umgebene sowie
  • luftaustauscharme Bereiche,
  • in denen aufgrund ihrer räumlichen Enge oder der in ihnen befindlichen bzw. eingebrachten Stoffe, Zubereitungen, Verunreinigungen oder Einrichtungen besondere Gefährdungen bestehen oder entstehen können, die über das üblicherweise an Arbeitsplätzen herrschende Gefahrenpotential deutlich hinausgehen.

Gefährdungen

Im Lauf ihrer Nutzung verschleißen Silos (Bild 1) und ihre Austragseinrichtungen in Abhängigkeit von den abrasiven, d. h. schleifenden/reibenden, Eigenschaften des gelagerten Materials unterschiedlich schnell. Hierunter kann die Dichtigkeit der Silowandungen ebenso leiden wie die Standfestigkeit des Silobauwerks.

Bild 1. Silobehälter einer Transportbetonanlage. Foto: Böttcher, BG RCI

Die Standsicherheit wird auch durch Witterungseinflüsse wie Wind, Schnee oder stehende Feuchtigkeit beeinflusst. Äußere Einflüsse wie etwas das Anfahren der Stützen, das Erzeugen von Unterdruck im Inneren der Behälter beim Materialabzug oder Überdruck beim Befüllen können ebenfalls dazu führen, dass das Silo nicht mehr standfest ist.

Weitere Gefährdungen können sich aus der Funktionstüchtigkeit der zum Betrieb des Silos benötigten Anbauteile ergeben. Zu nennen sind hier insbesondere Überfüllsicherungen, Füllstandanzeiger, Explosionsschutzklappen, Entlüftungseinrichtungen bzw. Filterelemente. Erschreckenderweise gibt es in der Praxis auch Beispiele für die Einschränkung der Standfestigkeit von Siloanlagen, bei denen tragende Teile der Konstruktion aus Platzmangel oder anderen Gründen entfernt und nicht wieder angebracht wurden.

Regelmäßige Überprüfung

Um den sicheren Betrieb des Silos gewährleisten zu können, müssen die gesamte Konstruktion und deren Anbauteile regelgerecht instandgehalten werden. Das Baurecht definiert ortsfeste Siloanlagen als Konstruktionen mit ruhendem Kontakt zum Untergrund, also Bauwerke. Bauliche Anlagen sind so instandzuhalten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden. Seit jeher trägt daher der/die Eigentümer/in bzw. Verfügungsberechtigte die Verantwortung für die ordnungsgemäße Instandhaltung, also die Wartung, Überprüfung und ggf. Instandsetzung sowie die Verantwortung für die Verkehrssicherheit der baulichen Anlage.

Die regelmäßige Überprüfung sorgt dafür, dass während der gesamten Lebensdauer der Siloanlage die tragende Konstruktion standsicher ist bzw. dass rechtzeitig erkannt wird, wann Ertüchtigungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Tragfähigkeit erforderlich sind.
Ein mögliches abgestuftes Vorgehen bei der Überprüfung der Standsicherheit besteht aus

  • der Begehung durch den/die Eigentümer/in bzw. Verfügungsberechtigte/n,
  • der Sichtkontrolle durch eine fachkundige Person und
  • der eingehenden Überprüfung durch eine besonders fachkundige Person.

Die Begehung umfasst hierbei die Besichtigung des Bauwerks auf offensichtliche Schäden. Bei den tragenden Bauteilen wie Stützen, Wänden, Dach- und Deckenträgern und -bindern sind dies vor allem Verformungen, Schiefstellungen, Risse, Durchfeuchtungen, Ausblühungen und Korrosion (Bilder 2, 3).

Bild 2, 3. Durch Korrosion und Abrieb geschädigte Silowandung und -stützen. Fotos: Böttcher, BG RCI

Über die Besichtigung des Zustands der tragenden Konstruktion hinaus empfiehlt es sich darauf zu achten, ob andere schädigende Einflüsse auf die Standsicherheit vorliegen, etwa von außen eindringende Feuchtigkeit, schadhafte Entwässerung oder unzuträgliche klimatische Bedingungen im Gebäudeinnern.

Gleichzeitig ist es empfehlenswert, bei diesen Besichtigungen die Funktionstüchtigkeit der Anbauteile der Siloanlagen, wie z. B. Vollmelder, Druckschalter, Quetschventile, Abluftfilter sowie Über- und Unterdrucksicherungen, zu prüfen (Bild 4).

Bild 4. Vollmelder und Druckschalter auf einem Silodach. Foto: Böttcher, BG RCI

Die Begehung dient in der Regel der Kontrolle zwischen den Überprüfungen durch fachkundige Personen. Werden Schäden festgestellt, wird dem Eigentümer/Verfügungsberechtigten empfohlen – sofern er nicht selbst fachkundig ist – eine fachkundige bzw. besonders fachkundige Person hinzuzuziehen.

Fachkundige Personen sind z. B. Bauingenieure und Architekten, die mindestens fünf Jahre Tätigkeit mit der Aufstellung von Standsicherheitsnachweisen, mit technischer Bauleitung und mit vergleichbaren Tätigkeiten, davon mindestens drei Jahre mit der Aufstellung von Standsicherheitsnachweisen, belegen können. Sie sollen Erfahrung mit vergleichbaren Konstruktionen nachweisen können.

Besonders fachkundige Personen sind vornehmlich Bauingenieure, die mindestens zehn Jahre Tätigkeit mit der Aufstellung von Standsicherheitsnachweisen, mit technischer Bauleitung und mit vergleichbaren Tätigkeiten, davon mindestens fünf Jahre mit der Aufstellung von Standsicherheitsnachweisen und mindestens ein Jahr mit technischer Bauleitung, belegen können.

Bild 5. Besichtigung des Siloinneren durch Einfahren. Foto: Böttcher, BG RCI

Sichtkontrollen durch eine fachkundige Person können – soweit vertretbar – ohne Verwendung von Hilfsmitteln als intensive, erweiterte Begehung beispielsweise von einem Bautechniker/Bauingenieur durchgeführt werden. Werden Schäden festgestellt, welche die Standsicherheit beeinträchtigen können, empfiehlt es sich, in Zweifelsfällen eine besonders fachkundige Person hinzuzuziehen.

Bei der eingehenden Überprüfung werden durch eine besonders fachkundige Person im Regelfall alle maßgeblichen, auch die schwer zugänglichen, Bauwerksteile handnah auf Schäden überprüft (Bild 5). Dabei können auch stichprobenartige Materialuntersuchungen notwendig werden. Die Überprüfung kann sich auch – insbesondere, wenn die besonders fachkundige Person die Tragkonstruktion kennt – auf Stichproben beschränken.

Näheres zur Durchführung der Überprüfung findet sich u. a. in den „Hinweisen für die Überprüfung der Standsicherheit von baulichen Anlagen durch den Eigentümer/Verfügungsberechtigten“ der Bauministerkonferenz Konferenz der für den Städtebau, Bau und Wohnungswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder (ARGEBAU), Fassung September 2006. Zur Bemessung der Prüfintervalle liefert die VDI Richtlinie 6200 „Standsicherheit von Bauwerken – Regelmäßige Überprüfung“ nützliche Hinweise. In Anlehnung an diese empfehlen Experten für die in der Baustoffindustrie üblichen Anlagengrößen Prüfungen wie in Tabelle 1 angegeben.

Tabelle 1. Empfohlene Prüfungen für die in der Baustoffindustrie üblichen Anlagengrößen.

Autor: Dipl.-Ing. Martin Böttcher, Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen
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