Home » Arbeitsschutz im Bergbau und die Berücksichtigung in der Hochschulausbildung

Arbeitsschutz im Bergbau und die Berücksichtigung in der Hochschulausbildung

Die Verantwortung des Bergbaus gegenüber allen Akteuren, sowohl den Mitarbeitenden als auch der Gesellschaft, setzt die Sicherheit als oberste Priorität. Gleichzeitig führt ein unsicheres Arbeiten zu einer Erhöhung der wirtschaftlichen Risiken, da Unfälle zu schwerwiegenderen Konsequenzen auch wirtschaftlicher Natur führen. Daher ist es besonders wichtig, dass Mitarbeitende auf allen Ebenen mit einer sicherheitsbewussten Handlungs- und Denkweise ihren Tätigkeiten nachgehen. Die Grundlage hierfür muss durch die Ingenieurausbildung gelegt werden. Der vorliegende Artikel zeigt daher auf Basis der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes auf, wie dies sowohl thematisch als auch konzeptionell in die moderne Hochschulausbildung integriert werden kann und somit die Grundlage für sichere Bergwerke der Zukunft gelegt wird.

Authors/Autoren: Dr.-Ing. Alexander Hutwalker, Angela Binder M. Sc., Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau, TU Clausthal, Clausthal-Zellerfeld

1  Einleitung

Das Ziel einer universitären Ausbildung ist es, junge Menschen mit den erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen für ihr Berufsleben auszustatten. Unabhängig vom jeweiligen Fachbereich bedeutet dies, dass bei der Erstellung der Curricula bereits die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich berücksichtigt werden muss, um die Anforderungen des Arbeitsmarkts zu decken. Nur auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass die Absolventen die Hochschulen mit einem Kompetenzprofil verlassen, welches den Erwartungen der Unternehmen und des Arbeitsmarkts entspricht. Hierbei muss betrachtet werden, dass ein*e Studierende*r, der*die aktuell (2021) ein Hochschulstudium beginnt, bis 2065 oder länger im Berufsleben stehen wird.

Die Zukunft lässt sich nicht sicher vorhersagen, und so ist bei der Erstellung der Curricula stets eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die Relevanz einzelner Veranstaltungen gegeben. Diese lässt sich bei intensiver Beobachtung des Arbeitsmarkts in Abhängigkeit der jeweiligen Fachgebiete jedoch soweit reduzieren, dass die Absolvent*innen die Universitäten gut vorbereitet für den Berufseinstieg verlassen. Um für den Bereich der Primärrohstoffgewinnung eine Aussage zu treffen, sind zunächst die Rahmenbedingungen für zukünftige Rohstoffprojekte abzuschätzen, um daraus Anforderungen abzuleiten.

Werden diese betrachtet, kann festgestellt werden, dass zukünftig tiefere Lagerstätten in abgelegeneren Gebieten abgebaut werden, da die oberflächennahen Lagerstätten in der Nähe von bewohnten Gebieten endlich sind. Außerdem wird die durchschnittliche Größe der Grubengebäude zunehmen, sowohl bei neuen als auch durch fortschreitenden Abbau bei aktuell bereits bestehenden Betrieben. Unabhängig von den durch die Lagerstätte gegebenen Randbedingungen haben die rasante technische Entwicklung in Bereichen wie Sensorik, Datenverarbeitung und Kommunikation einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung in der Rohstoffindustrie. Darüber hinaus führen ein steigendes Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit und darauf aufbauend eine verstärkte Fokussierung auf die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung (Corporate Social Responsibility – CSR) einen starken Einfluss auf alle Abläufe und Entscheidungsprozesse.

Diese Veröffentlichung beschäftigt sich mit den Fragen, was diese Entwicklungen für den Bereich Arbeitsschutz im Bergbau bedeuten, und damit in welcher Form dies in die Curricula im Bereich der Bergbaustudiengänge eingebunden sein kann, um die Arbeitsmarktanforderungen abzudecken. Dazu wird zunächst definiert, was im Rahmen der Veröffentlichung unter dem Begriff Arbeitsschutz verstanden wird, wie der Stand der Einbindung im Bereich der Rohstoffgewinnung ist und worauf dieser basiert. In Bezug auf die Themen und die Einbindung in den Ausbildungsrahmen wird die Umsetzung des Themas in der akademischen Lehre aufgezeigt. Hierzu werden Beispiele der Bergbaustudiengänge der Technischen Universität (TU) Claus-thal, Clausthal-Zellerfeld, sowie das Projekt SafeMine – gefördert durch die EU im Rahmen von EIT RawMaterials – herangezogen.

2  Die Rolle der Hochschulausbildung

Zunächst einmal werden die Bereiche definiert, welche unter dem Begriff Arbeitsschutz zu verstehen sind. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) versteht unter Arbeitsschutz alle Maßnahmen, „die Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gewährleisten und verbessern“ (1). Eine ähnliche Formulierung findet sich im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) (2) § 1, welches jedoch keine Anwendung findet auf Betriebe, die dem Bundesberggesetz (BBergG) (3) unterliegen. Dieses verfügt über eigene Formulierungen zum Arbeitsschutz, und verpflichtet unter § 61(1) Unternehmer dazu, „die erforderlichen Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um Beschäftigte und Dritte vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Sachgüter zu schützen“ (2). Weitere Detaillierungen sind in den Verordnungen zu finden, welche das BBergG konkretisieren. Auch international sind ähnliche Anforderungen an Betriebe gestellt. Beispielsweise in den USA fordert der „Occupational Safety and Heath Act of 1970“ (OSH Act) unter Abschnitt 5(a(1)) Arbeitgeber auf, ihren Angestellten Arbeiten und Arbeitsplätze zu geben, welche frei von erkennbaren Gefahren für Leben oder schwere physische Verletzungen sind (4). Zusammenfassend kann an dieser Stelle festgestellt werden, dass Maßnahmen zum Erhalt von Leben und Gesundheit der Arbeiter in den Bereich Arbeitsschutz fallen. Weiterhin zeigt diese Kurzdarstellung rechtlicher Situationen, dass die Arbeitgeber für die Einhaltung der Arbeitsschutzmaßnahmen verantwortlich sind. Es gilt jedoch auch, dass sowohl national als auch international die Arbeitnehmer entsprechend zur Einhaltung der Arbeitsschutzmaßnahmen verpflichtet sind.

Um eine von einer Tätigkeit oder Umgebung ausgehende Gefährdung von Leben oder Gesundheit einschätzen zu können, muss eine intensive Kenntnis über die Vorgänge dabei oder darin vorliegen. Hieraus folgt, dass nur Personen, die in dem entsprechenden Fachbereich qualifiziert sind, die Gefahren einschätzen und Arbeitsschutzmaßnahmen ableiten können. Dieses setzt dabei wiederum die Kenntnis von geeigneten Maßnahmen und das Verständnis von Wirkzusammenhängen voraus. In Bergbaubetrieben sind somit die Identifikation von potentiellen Gefahren, insbesondere bei neuen Verfahren und Technologien, die Gefährdungsbeurteilung von Tätigkeiten in Zusammenhang damit sowie die Erarbeitung geeigneter Arbeitsschutzmaßnahmen Aufgabe qualifizierter Bergbauingenieure.

Die Qualifikation schafft die bergbauliche Ausbildung, für die es gilt, die zukunftsrelevanten Themen zu identifizieren und sie effektiv in Studienangeboten umzusetzen. Im Folgenden sollen daher zunächst die Themenbereiche beschrieben und eingeordnet werden, während ein zweiter anschließender Bereich sich mit der Einbindung in den Ausbildungsrahmen beschäftigt.

2.1  Verortung der Themenbereiche

Die Rohstoffgewinnung ist der systematische Abbau von wertigen Gebirgsbereichen durch Menschen unter Zuhilfenahme von Maschinen. Somit kann es als Zusammenwirken von Mensch/Organisation, Gebirge und Maschinen beschrieben werden. In diesem Zusammenwirken kann es durch die Missleitung von Energie zu Gefährdungen kommen, sodass Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz die Risikominimierung anstreben. Übergeordnetes Ziel ist hierbei, jeden Arbeitsunfall sowie jede Schädigung zu vermeiden, wobei jedoch unter Berücksichtigung der Umsetzbarkeit (ALARP-Konzept) Maßnahmen definiert werden (5, 6, 7).

Nach der Vorgehensweise der Gefährdungsbeurteilung können hierzu zwei Angriffspunkte definiert werden: die Senkung der Auftretenswahrscheinlichkeit bzw. der Auswirkung. Hierbei sind sowohl starke Auswirkungen in kurzer Zeit wie durch Unfälle als auch Auswirkungen von Langzeitexpositionen und Spätfolgen von Kurzzeitexpositionen zu berücksichtigen. Beispiele hierfür sind Berufskrankheiten wie Lungenschädigung durch Stäube (Pneumokoniosen). Maßnahmen zur Minimierung der Risiken lassen sich nach Anwendungshierarchie unterteilen, wie in Bild 1 zu sehen. Hierbei sind technische Maßnahmen grundsätzlich den organisatorischen und persönlichen Maßnahmen vorzuziehen (T-O-P-Prinzip).

Fig. 1. Hierarchy of controls after (8). // Bild 1. Anwendungshierarchien der Maßnahmen nach (8).

In Bezug auf die Themen des bergbaulichen Curriculums können die Maßnahmen in einzelnen Lehrbereichen verortet werden, die wiederum nach dem Zusammenwirken der Bereiche Gebirge, Maschine sowie Mensch zu ordnen sind. Als Grundlage für die Maßnahmendefinition ist eine geowissenschaftliche Ausbildung notwendig, die das Gefährdungspotential durch die Charakteristik des Gebirges einschätzen lässt. Die Kontrolle der Auswirkungen ist Bestandteil der Gebirgsmechanik, welche durch technische Planung die Standsicherheit gewährleistet. Neben der Auflast des Gebirges sind Stäube, Gase und Wärme aus dem Gebirge ein Gefährdungspotential, welches durch wettertechnische (technisch/organisatorisch) Maßnahmen reguliert wird. Eine weitere Quelle aller drei Faktoren sind Maschinen. Hierbei ist das Ziel der Maschinentechnik jedoch in einer höheren Hierarchiestufe zu verorten: Die Gestaltung sowie Auswahl der Maschinen strebt eine technische Risikominimierung durch Beseitigung, Substitution, bzw. Abkapselung an, welche durch die technische Planung ergänzt wird. Vertieft wird diese Planung durch situationsbedingte Verfahrens-auswahl sowie organisatorische Gestaltung mit Methoden der Bergbauplanung, welche in Richtung des Managements durch die Bergwirtschaftslehre ergänzt werden. Um die organisatorischen und persönlichen Maßnahmen, die häufig zur Redundanz im betrieblichen Alltag eingesetzt werden, korrekt zu wählen und deren Wirkung einzuschätzen, ergänzen Spezialvorlesungen zum Thema Arbeitssicherheit das Curriculum.

Gleichzeitig ist der Lebenszyklus einer bergbaulichen Aktivität zu berücksichtigen. Die Vorbergbauphase ist bereits durch die Planung beschrieben. Die spezielle Charakteristik der seigeren Grubenräume und deren Erstellung erfordert eine besondere Berücksichtigung der Gefährdungen und Maßnahmen im Rahmen des Schachtbaus. Die Langzeitsicherheit wird durch Maßnahmen zur Beseitigung und Abkapselung in Veranstaltungen zu Schließung und Nachbergbau adressiert. Maßgebliche überfachliche Unterstützung der Arbeitssicherheit wird einerseits durch die grundlegenden Themen der Ingenieursgrundlagen, des Rechts und der Wirtschaftslehre und andererseits durch die Einbindung von Querschnittsthemen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit erreicht.

Die Kenntnis der spezifischen Fachbereiche führt jedoch nur eingeschränkt zu einer beruflichen Handlungsfähigkeit. Daher gilt es, durch die Einbindungen in den Ausbildungsrahmen sowie die Kompetenzorientierung in den Themen die Studierenden zu qualifizieren.

2.2  Einbindung in den Ausbildungsrahmen

Spätestens seit dem Beginn des Bolognaprozesses (9) ist es Ziel der akademischen Ausbildung, für eine berufliche Tätigkeit und den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, sodass es gilt, die Kompetenzen zur Einschätzung von Gefährdungen und Ableiten von Maßnahmen für die Prozesse zu entwickeln. Die Maßgabe für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren, führt jedoch auch zu der Herausforderung, dass die Absolventen für ihre Arbeitsplätze der Zukunft ausgebildet werden. Da es schwierig abzusehen ist, welche Technologien in den nächsten 40 Jahren entwickelt und eingesetzt werden, gilt es, die Fähigkeiten der Studierenden zu entwickeln, die auch unter den zukünftigen Bedingungen angewendet werden können und noch viel mehr Technologien und Methoden zu entwickeln, welche die Rohstoffversorgung sicherer und damit nachhaltiger gestalten. Hierbei gilt es natürlich auf Basis des Qualifikationsziels, die Fähigkeiten auf Basis des spezifischen Berufsbilds abzustufen, sodass in der deutschen akademischen Ausbildung nach Bachelor, Master und Promotion unterschieden wird.

Diese Maßgaben stellen in der aktuellen Hochschulausbildung ein angestrebtes Ziel, aber nicht den aktuellen Stand dar. Historisch geprägt zielt die Ausbildung häufig immer noch auf eine Vermittlung von Inhalten und weniger auf die Bildung von Kompetenzen. Jedoch sind große Veränderungen auch im Bereich der Sicherheit zu erkennen. Curricula, welche stark auf den technischen Bereich fokussiert waren, werden zunehmend durch Themenkomplexe der Sicherheit ergänzt. Die betriebliche Praxis, die durch die Präventionsarbeit der Berufsgenossenschaften unterstützt wird, aus Unfällen und Beinaheunfällen zu lernen, erhielt zunächst Einzug in den Betrieben und wurde später durch Austausch und Kooperationen in die akademische Ausbildung getragen. In den USA beispielsweise führte die Einführung des MINER Act (10) zu einer Verstärkung des Themas in den Curricula der Programme, sodass spezifische Kurse angeboten werden. Den aktuellen Stand für die USA stellen Kriterien der Akkreditierungsagentur ABET dar, welche die Einbindung der Themen „health and safety“ ins Curriculum fordern (11). Neben dieser generellen Einbindung sind außerdem Studiengänge eingeführt worden, die sich dem Thema mit voller Breite widmen, die Einführung eines Graduate Certificate in Mining Occupational Safety and Health an der University of Arizona stellt ein Beispiel hierfür dar (12). Ähnliche Treiber, die zu einer Änderung der Studieninhalte führen, sind neben den Änderungen der rechtlichen Grundlagen, wie beispielsweise den Arbeitsplatzgrenzwerten in Europa, die Verstärkung der CSR, die von der Berufsgenossenschaft 2015 aufgerufene VISION ZERO (6) sowie die Einführung der Mining Principles des International Council on Mining & Metals (ICMM) (5).

Die aufgeführten Beispiele zeigen die Möglichkeiten, das Thema Sicherheit in die Ausbildung zu integrieren. Auf Basis der Analogie zum Komplex der Nachhaltigkeit, welche wie die Sicherheit ein Querschnittthema darstellt, lassen sich die Strategien zur Integration in bergbauliche Curricula übertragen, sodass nach (13) vier Ansätze unterschieden werden können:

I. Abdeckung von Aspekten in bestehenden Kursen,
II. spezielle Kurse,
III. Einflechtung in reguläre Kurse und
IV. Vertiefungsmöglichkeiten.

Zwei spezifische Aspekte der Qualifikationsstufen (Bachelor, Master, Aufbaustudium, Promotion) sind maßgeblich für die Auswahl eines Ansatzes für die Gestaltung bergbaulicher Lehrveranstaltungen: die Rahmenbedingungen der Lehre sowie das Berufsbild der Absolvent*innen. Im folgenden Abschnitt wird die Auswahl für die verschiedenen Stufen dargestellt, welche auch in Bild 2 zusammengefasst ist.

Fig. 2. Influences on the course design based on qualification stages. // Bild 2. Qualifikationsstufen in Bezug auf Einflüsse der Lehrveranstaltungsgestaltung.

2.2.1 Bachelorstudium

Das Bachelorstudium qualifiziert für eine berufliche Tätigkeit in Rohstoffbetrieben, sodass das Ziel des Studiums sein muss, die Studierenden zu befähigen, anhand des Kennens und Erkennens von Gefährdungen verantwortlich im betrieblichen Umfeld zu handeln. Daher ist im Curriculum die Basis für Gefährdungsbeurteilung durch einen speziellen Kurs (vgl. II) zu legen. Gleichzeitig stellen die fachspezifischen Inhalte des Studiums lediglich einen Teil dar, da die ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen im Studium gelegt werden. Daher liegt ein besonderes Augenmerk auf der effektiven Integration der Sicherheitsaspekte. Alle anderen bergbaulichen Veranstaltungen sollten die Sicherheitsaspekte einflechten (vgl. III), da einerseits die notwendige Mentalität effektiver entwickelt werden kann und andererseits der Umfang der fachspezifischen Lehrveranstaltungen begrenzt ist. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass aktuell häufiger Sicherheit bereichsweise adressiert (vgl. I) und nicht konzeptionell in die Lehrveranstaltungen eingebunden wird.

2.2.2 Masterstudium

Aufbauend auf den Kompetenzen des Bachelorstudiums qualifiziert das Masterstudium zur Analyse, Bewertung und Schaffung von ingenieurtechnischen Lösungen in den verschiedensten Ausprägungen der Rohstoffindustrie. Konkrete Beispiele hierfür sind die Erstellung von Gefährdungsbeurteilung und die Umsetzung und Planung resultierender Maßnahmen nach dem T-O-P-Prinzip auch in der Planungsphase bergbaulicher Unternehmungen sowie in der Planung von Maschinen und Betriebsmitteln. Ziel ist es, die Sicherheit zur Motivation im Handeln zu machen, wozu in zunehmendem Maß auch die Einbindung von Digitalisierung und Software beiträgt. Der Rahmen zur Integration ist in Masterstudiengängen größer, da die fachspezifischen Inhalte im Curriculum überwiegen. Trotzdem ist eine konzeptionelle Integration (vgl. III) in die Kurse anzustreben, um auf die ganzheitliche inhaltliche Vernetzung sowie ein tieferes Verständnis der Wirkzusammenhänge abzuzielen. Zusätzlich bieten Kurse zu sicherheitsspezifischen Themen wie das Grubenrettungswesen oder Ausbautechnik die Möglichkeiten zur stärkeren Auseinandersetzung mit den Inhalten (vgl. II). Durch individuelle Wahlfächer, freiwillige Zusatzfächer sowie der Ausrichtung von Studien- und Masterarbeiten kann es zu einer individuellen Vertiefung im Bereich der Sicherheit bereits im Masterstudium kommen (vgl. IV).

2.2.3 Promotion

Die Promotion stellt die dritte Stufe des Qualifikationsrahmens dar und bezieht sich auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem spezifischen Forschungsgebiet. Ziel ist der Nachweis der eigenständigen Forschungsfähigkeit und die maßgebliche gesellschaftliche Entwicklung durch neue Erkenntnisse und Ansätze (14). Zur Erreichung dieses Ziels werden jedoch selten strukturierte Promotionsprogramme angeboten. In Deutschland beruht im Fachbereich Bergbau der Qualifikationsnachweis auf der Dokumentation der eigenen Forschungstätigkeit im Rahmen einer (kumulativen) Dissertationsschrift. Der Prozess der Forschungstätigkeit und Qualifikation kann hierbei durch individuelle Kurse ergänzt werden. Weltweit sind strukturierte Promotionsprogramme zwar weiter verbreitet als in Deutschland, jedoch bestehen international keine Programme für den Bereich Arbeitssicherheit im Bergbau. Gleichzeitig wird ein Bedarf für spezifische Weiterbildungsangebote auch auf dieser Ebene von internationalen Führungskräften identifiziert (15).

Zur Entwicklung von Angeboten sind wie auf allen anderen Ebenen die Bedürfnisse der Zielgruppe und die angestrebten Lernergebnisse zu berücksichtigen. Da die bearbeiteten Forschungsthemen sehr spezifisch sind, sind die Angebote kleinteilig anzulegen, sodass sie modular und individuell zu Programmen zusammengefügt werden können. Somit sind Mehrtagesworkshops mit Vor- und Nachbereitungssequenzen zur Vertiefung des Themas (vgl. IV) passend.

Da Arbeitssicherheit ein Querschnittsthema ist, können Themen inhaltlich so gewählt werden, dass sie für Promovierende verschiedener Forschungsrichtungen förderlich sind, sodass eine ausreichende Lerngruppe entsteht. Diese ist auch für die Entwicklungen der Kompetenzen notwendig. Hierbei soll das Veranstaltungsdesign genug Raum für die individuelle Entwicklung der Lernenden bieten, der für die Anwendung im eigenen Themenfeld sowie die Reflektion des eigenen Prozesses genutzt wird. Gleichzeitig kann die Vorstellung und Diskussion der eigenen Ansätze in der Gruppe einzelne Ansätze weiterentwickeln und gleichzeitig für die Diskussionsteilnehmenden neue Ansätze und Ideen liefern. Diese Herangehensweise, die aus Promotionkollegs und ähnlichen Einrichtungen bekannt ist, bedarf jedoch einer Mindestteilnehmendenzahl, die häufig für den bergbaulichen Fachbereich bzw. dessen Unterbereiche nicht gegeben ist. Eine Kooperation mehrere Hochschulen auch im internationalen Rahmen kann eine solche Möglichkeit schaffen, die gleichzeitig die Vernetzung der Promovierenden stärkt und sie somit auf ihre berufliche Tätigkeit vorbereitet.

2.2.4 SafeMine

Der Grundstein für ein solches Angebot sollte das strukturierte PhD-Programm SafeMine schaffen, welches weitestgehend den beschriebenen Ansatz verfolgt. Dieses ist als Pilotprojekt, gefördert durch die EU im Rahmen der EIT RawMaterials Academy, als Verbundvorhaben von vier europäischen Hochschulen 2018 gestartet worden. Das SafeMine-Ziel war die Qualifikation von hochqualifiziertem Führungspersonal für den europäischen Bergbausektor im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz (16). Dazu starteten an den beteiligten Hochschulen je ein*e Doktorand*in ihr*e Forschungsarbeit an arbeitssicherheitsbezogenen Themen. Zusätzlich, um einen strukturierten gemeinsamen Rahmen zu schaffen, wurden in diesem Pilotprojekt in enger Kooperation mit Industriepartnern im Konsortium Mehrtagesworkshops entwickelt, in denen aktuelle und zukunftsgerichtete Bedarfe des Arbeitsmarkts adressiert werden. Beispiele hierzu sind spezielle Workshops zur Arbeitssicherheit im Tunnelbau, ergonomischen Arbeitsplätzen in der Rohstoffindustrie und wettertechnischen Herausforderungen im Kontext der Elektrifizierung von Untertagebetrieben. Zur Erlangung des Zusatzzertifikats „SafeMine“ ist es für die Promovierenden Voraussetzung, an allen angebotenen Workshops teilzunehmen. Durch Öffnung der Kurse für Masterstudierende und Industrievertreter*innen zur beruflichen Weiterbildung wurden die Inhalte außerdem einem breiten Fachpublikum zugänglich gemacht und können auf Basis der Rückmeldungen aus allen Bereichen weiterentwickelt werden.

Nach der Pilotphase wurde überprüft, in welchem Rahmen das Projekt weitergeführt werden kann. Die inhaltliche Relevanz aller Angebote wurde von allen Zielgruppen bestätigt, gleichzeitig stehen einer Weiterführung als strukturiertes Promotionsprogramm formale Gegebenheiten entgegen. Aufgrund der geringen Kohortengröße können Workshops nicht mehrfach in einem Jahr durchgeführt werden, sodass es notwendig ist, dass die Studierenden zu festen Terminen mehrtägige internationale Reisen antreten. Eine vollständige Digitalisierung des Angebots wurde im Rahmen des Projekts ausgeschlossen, da besonders Elemente des erfahrungsbedingten Lernens Kern der Kurse sind. Da das Programm nicht durch eine Organisation mit den notwendigen Rahmenbedingungen getragen wird, bestehen Schwierigkeiten in administrativen, einheitlichen Abläufen sowie einer Lerninfrastruktur, sodass komplexe Einzellösungen entwickelt werden müssen, die auch einer verstärkten Digitalisierung entgegenstehen. Um eine Berücksichtigung in den europäischen Promotionsausbildungen zu gewährleisten, ist außerdem eine Akkreditierung des Programms notwendig, die einer Trägerschaft bedarf. Somit ist das angestrebte Vollzertifikat als Ziel des strukturierten Programms nicht zukunftsfähig. Dem identifizierten Bedarf soll jedoch mit Weiterführung der Einzelworkshops mit individuellen Einzelzertifikaten nachgekommen werden.

2.2.5 Berufsbegleitende Weiterbildung

Neben Workshopangeboten, die für Berufstätige zur Weiterbildung geöffnet sind, bieten spezielle Aufbau- und Weiterbildungsstudiengänge eine vertiefende Weiterbildungsmöglichkeit besonders für Personen, die sich berufsbegleitend fortbilden. In diesen Bereichen können auch bereits vorgestellte Ansätze und Angebote unter Berücksichtigung der Zielgruppenspezifität eingebunden werden.

3  Fazit und Ausblick

Eine zukunftsgerichtete Ausbildung bindet die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz sowohl thematisch als auch konzeptionell in allen Qualifikationsstufen ein. Somit trägt sie zum verantwortlichen Handeln, einer sicherheitsbezogenen Haltung und grundsätzlich einer nachhaltigen Bergbaupraxis bei. Damit erfüllt sie den gesellschaftlichen Auftrag und unterstützt die verantwortungsbewusste Versorgung der Gesellschaft mit mineralischen Rohstoffen, deren Mindeststandards durch die rechtlichen Grundlagen definiert sind.

Die Motoren der bergbaulichen Entwicklung stehen nicht still. Tiefere, komplexere Lagerstätten in abgeschiedeneren Gebieten aber auch in Gebieten mit starken Interessenkonflikten bedürfen einer Weiterentwicklung des Stands der Technik. Hierbei senken Automatisierung und Digitalisierung die Auftretenswahrscheinlichkeit von Gefährdungsereignissen. Für besonders abgelegene Bergwerke stellt aber gleichzeitig die fehlende Anbindung an medizinische Infrastruktur eine hohe Motivation zur Vermeidung von Schädigungen durch sicheres Arbeiten und auch zum Aufbau wirksamer Rettungskonzepte dar. Eine Einbindung solcher aktueller Herausforderungen und eine Erarbeitung möglicher Lösungsstrategien in die akademische Ausbildung motiviert hierbei die Studierenden durch die Bewusstmachung ihrer Selbstwirksamkeit und verstärkt den Innovationsgeist, welche diese Studierenden zum Lösen der Aufgaben von morgen befähigt.

Die Weiterentwicklung der Studienprogramme und ihrer Inhalte muss den Entwicklungen der bergbaulichen Praxis und den Ergebnissen der Forschung Rechnung tragen. Daher sind die abgebildeten Themen und angestrebten Kompetenzen dauerhaft zu aktualisieren und diese durch die Integration von technikunabhängigen, zeitlosen Methoden und Ansätzen zu ergänzen. Der Ansporn zu dieser Weiterentwicklung stellt der gesellschaftliche Wunsch nach einer sicheren und nachhaltigeren Rohstoffversorgung dar, welcher durch gesetzliche Regelungen und industrielle Standards Ausdruck findet.

Förderung

Das Projekt SafeMine wurde vom European Institute for Innovation and Technology (EIT) unter der Projektnummer 17115 finanziert. Diese Einrichtung der EU wird im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 der EU unterstützt.

References/Quellenverzeichnis

References/Quellenverzeichnis

(1) Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (online). Available from: www.baua.de

(2) Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit. ArbSchG. BGBl. I, 7. August 1996, S. 3334.

(3) Bundesberggesetz. BBergG. BGBl. I, 13. August 1980, S. 1310.

(4) Occupational Safety and Health Act. OSH Act. United States Statutes at Large, 29th December 1970, pp. 1590 – 1620.

(5) International Council on Mining & Metals (ICMM): Mining Principles. Performance Expectations. 2020.

(6) Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie: -VISION ZERO. Null Unfälle – gesund arbeiten! Die neue Präventionsstrategie der BG RCI, 10/2015.

(7) Sørskår, L. I. K.; Selvik, J. T.; Abrahamsen, E. B.: On the use of the vision zero principle and the ALARP principle for production loss in the oil and gas industry. In: Reliability Engineering & System Safety. 2019, 191, 106541. doi 10.1016/j.ress.2019.106541.

(8) New South Wales Government: Risk assessment workbook for mines. Metalliferous, extractive and opal mines, and quarries. 2015.

(9) European Union: The Bologna process: setting up the European higher education area. Bologna Declaration, 19th September 1999.

(10) Mine Improvement and New Emergency Response Act of 2006. MINER Act. United States Statutes at Large, 15th June 2006, pp. 493 – 505.

(11) ABET: Criteria for Accrediting Engineering Programs. E001 11/30/2019, 30th November 2019.

(12) The University of Arizona: Graduate Certificate in Mining Occupational Safety and Health (online). Viewed 11th February 2021. Available from: https://online.engineering.arizona.edu/online-programs/mining-and-geological-engineering/graduate-certificate-in-mining-occupational-safety-and-health/.

(13) Shields, D.; Verga, F.; Andrea Blengini, G.: Incorporating sustainability in engineering education. In: International Journal of Sustainability in Higher Education. 2014, 15(4), pp 390-403. doi 10.1108/IJSHE-02-2013-0014.

(14) Kultusministerkonferenz: Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse, 16th February 2017.

(15) Weimer, L.; Angeli, V.; Binder, A.; Feyerabend, C.; Galler, R.; Hofer, P.; Hutwalker, A.; Johansson, J.; Langefeld, O.; Lottermoser, B.; Lööw, J.: Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in der Rohstoffindustrie im Kontext moderner Hochschulbildung: das SafeMine-Programm. In: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte. 2019. doi 10.1007/s00501-019-00920-y.

(16) Hutwalker, A.; Binder, A.; Langefeld, O.; Galler, R.; Johansson, J.; Weimer, L.; Braun, T.; Lottermoser, B.: Mine Health and Safety in Postgraduate Education: SafeMine PhD-Programme. In: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte. 2018, 163(12), pp. 528 – 531. doi 10.1007/s00501-018-0801-1.

Authors/Autoren: Dr.-Ing. Alexander Hutwalker, Angela Binder M. Sc., Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau, TU Clausthal, Clausthal-Zellerfeld
Online_Abonnement