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Bergbauflächenvereinbarung (BBFV) RUHR – Untersuchung zur Wirksamkeit einer neuen Kooperationsform

Die vergangene Bergbauindustrie hat langfristige Spuren in der Gebietsstruktur des Ruhrgebiets hinterlassen. Der verantwortungsvolle Umgang mit dem montanhistorischen Erbe im Sinne der nachhaltigen Regionalentwicklungen stellt eine große Herausforderung dar. Im Jahr 2014 haben die betroffenen 17 Kommunen und Kreise gemeinsam mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, der RAG Aktiengesellschaft sowie dem Regionalverband Ruhr (RVR) die „Bergbauflächen-Vereinbarung | Vereinbarung zur vorausschauenden Revitalisierung bedeutsamer Bergbauflächen“ (BBFV) beschlossen. Sie bildet damit formell das Verständnis einer gemeinsamen regionalen Verantwortung, um eine nachhaltige Folgenutzung für regionalökonomisch und städtebaulich bedeutsame Bergbauflächen zu gewährleisten. In den Verhandlungen zwischen den Partnern wurde der Grundstein für ein gemeinsames Verständnis der Priorisierung zu entwickelnder Flächen gelegt. Die Vereinbarung bietet einen Rahmen für kurze Informations- und Entscheidungswege sowie für einen wachsenden Austausch und Wissenstransfer. Die integrierten Flächenentwicklungen werden durch ressortübergreifende Abstimmungen und Förderprioritäten das Landes Nordrhein-Westfalen deutlich unterstützt. Mit den Erfahrungen aus den Entwicklungen vor Ort erfolgt in den einzelnen Projekten zum gegenseitigen Nutzen ein Erfahrungsaustausch. Der RVR koordiniert diese Zusammenarbeit und bietet Plattformen für den Austausch der Kommunen zu speziellen und allgemeinen Fragen. Mit der Bündelung der zunehmenden Kenntnisse und Erfahrungen aus den Projekten werden Herausforderungen sichtbar, die als charakteristisch für Aufgaben der Bergbau- und Industrie-
flächenentwicklung in Nordrhein-Westfalen gelten können.

Author/Autor: Dipl.-Ing. Jürgen Brüggemann, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN), Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum

Einführung

Fig. 1. Mining Area Agreement (1). // Bild 1. Bergbauflächen-Vereinbarung (1).

Das Ruhrgebiet ist in besonderem Maß Ausdruck einer montanhistorischen Entwicklung. Seine Gebietsstruktur ist stark von den funktionalen Erfordernissen der vergangenen Bergbau- und Montanindustrie geprägt. In der Metropole Ruhr und der Kohleregion Ibbenbüren bestand und besteht die Herausforderung, die ehemalige Bergbauregion erfolgreich zu transformieren. Im Jahr 2014 haben die betroffenen 17 Kommunen und Kreise gemeinsam mit der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, dem Bergbauunternehmen RAG Aktiengesellschaft mit seiner Immobilientochter sowie dem Regionalverband Ruhr (RVR) die „Bergbauflächen-Vereinbarung | Vereinbarung zur vorausschauenden Revitalisierung bedeutsamer Bergbauflächen“ (BBFV) beschlossen (1). Die BBFV (Bild 1) ist vor dem Hintergrund der damals anstehenden Schließungen der letzten drei Bergwerke Auguste Victoria in Marl (2015), Prosper-Haniel in Bottrop (2018) sowie in Ibbenbüren (2018) vereinbart worden. Ziel war es, den Kommunen und dem Grundstückseigentümer eine langfristige Förderperspektive zu eröffnen. Von Seiten der Landesregierung sollte den beteiligten Akteuren vermittelt werden, dass es ein gemeinsames Grundverständnis darüber gibt, dass die Nachnutzung der Flächen einen „langen Atem“ braucht. Die BBFV markiert den Start eines neuen Kooperationsprozesses, der darauf ausgelegt ist, gemeinsam eine erfolgreiche Transformation in ehemaligen Bergbauregionen zu gewährleisten.

Kern der Vereinbarung sind 20 Bergbauflächen in der Metropole Ruhr und dem Kreis Steinfurt, denen entsprechend den spezifischen Gegebenheiten vor Ort und ihrer Entwicklungspotentiale eine besondere Bedeutung für die ökonomische und ökologische Erneuerung beigemessen wird. Die Auswahl der Flächen wurde auf Basis eines gemeinsamen Verständnisses von Herausforderungen und Qualität einvernehmlich durch die Kooperationspartner vorgenommen und Zielsetzungen, Erfordernisse und Formen der Zusammenarbeit wurden formuliert. Jeder Partner übernahm eine konkrete Verantwortung und bekannte sich zu einer zügigen und standortgerechten Entwicklung der Flächen.

Anlass

Nach einer Laufzeit von sieben Jahren stellt sich die Frage, ob über eine jährliche Evaluierung in Form von Sachstandsberichten hinaus zusätzliche Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Die BBFV als Instrument mit neuen Kooperationsformen soll analysiert werden, um mit den bisherigen Erfahrungen einen Erkenntnisgewinn zu erzielen. Dieser ist, sowohl für die weitere interkommunale und interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Transformation der Metropole Ruhr als auch als Modell für andere Bergbauregionen in Europa von Bedeutung.

Nach sieben Jahren sind eine hohe Dichte an Zahlen und Fakten zu den Entwicklungsfortschritten auf den Flächen und ausreichende Erfahrungen aus der Zusammenarbeit in der neuen Kooperationsform vorhanden. Neben dem Erkenntnisgewinn für künftige regionale Entwicklungsprozesse sind mit den Untersuchungsergebnissen Hinweise für die themenbezogene europäische Vernetzung möglich.

Der RVR beauftragte das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum, die Wirksamkeit der neuen Kooperationsform wissenschaftlich zu untersuchen.

Inhalte

Im Jahr 2014 wurde die bis dahin informelle Zusammenarbeit der Kommunen um die weiteren Partner – das Land Nordrhein-Westfalen und die RAG Aktiengesellschaft – erweitert und durch die BBFV vertraglich gesichert. Sie bildet damit formell das Verständnis einer gemeinsamen regionalen Verantwortung, um eine nachhaltige Folgenutzung für regionalökonomisch und städtebaulich bedeutsame Bergbauflächen zu gewährleisten.

Mit den Beschlüssen zum Kohleausstieg aus dem Jahr 2008 wurde ein zehnjähriges Zeitfenster bis zur letzten Schließung 2018 für ein antizipierendes Handeln und eine gemeinsame Vorbereitung auf die Zeit „ohne Kohle“ eröffnet. Die Kommunen und Kreise hatten sich gemeinsam entschlossen, dieses Zeitfenster zu nutzen, um mit einer stärkeren Position die Transformation zu erhalten. Daraus ergab sich die Bereitschaft zu einem interkommunalen Abstimmungs- und Dialogprozess, um sich gut auf die damalige neue EU-Förderperiode (2014 bis 2020) vorzubereiten. Die langjährigen Erfahrungen mit interkommunalen Prozessen in der Metropole Ruhr, die sich im Kontext mit der IBA Emscher Park, dem Emscher Landschaftspark und der Emscher-Renaturierung ergaben, schufen das Vertrauen.

Mit dem „Konzept Ruhr“ (0.42008) legte die Region eine strategische Perspektive für die nächste Dekade vor. Aufbauend auf den Inhalten der bisherigen Stadtentwicklungspolitik griff sie die Herausforderungen der Zukunft auf und machte sie mit hoher Gestaltungsqualität umsetzbar (2). Diese Perspektive war passgenau auf die Schwerpunkte der neuen Förderperiode 2007 bis 2013 ausgerichtet. Eine frühzeitige Klärung der Auswirkungen möglicher Stilllegungen sollte eventuelle dramatische regionale Einbrüche vermeiden. Die Perspektive „Konzept Ruhr“ stellte eine große Chance für einen zehnjährigen Antizipationsprozess dar. Das Positionspapier „Wandel als Chance“ (10.2008) konkretisierte die Ziele von „Konzept Ruhr“, um eine Bewertung der gemeinschaftlichen Umsetzung mittel- und langfristig wirksamer Konzepte infolge der Kohlebeschlüsse zu erstellen (3). Es galt für mehr als 40 Städte und Gemeinden in der Metropole Ruhr und dem Kreis Steinfurt. Das Positionspapier beschrieb die Rahmenbedingungen in den Regionen und formulierte Grundsätze gemeinschaftlichen Handelns. Handlungsfelder für eine abgestimmte Strategie aller Akteure und konkrete, lokal und regional orientierte Projekte wurden im Rahmen der Perspektive benannt:

  • Neu nutzen und entwickeln (BBFV),
  • Fördern und begleiten (Bildungsbericht),
  • Erneuern und erfinden (Gewerbliches Flächenmanagement Ruhr).

Flächen sollten zunächst gesichert und anschließend nachhaltig entwickelt werden. Hierbei lag der Fokus ebenfalls auf koordinierter Forschungs- und Technologieförderung. Aus dem Leitbild „Neu nutzen und entwickeln“ entstand die Grundlage für eine Konzentration auf bedeutsame Bergbauflächen. Hieraus ist die BBFV abgeleitet worden, die schließlich 2014 von allen Projektbeteiligten unterschrieben wurde.

Entwicklung

Die BBFV sollte die aktive Unterstützung des Gesamtprozesses der nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung in der Metropole Ruhr auf Potentialflächen konzentrieren. In den Verhandlungen zwischen den zukünftigen Partnern wurde der Grundstein für ein gemeinsames Verständnis für die Priorisierung der zu entwickelnden Flächen gelegt.

Kriterien wie nachhaltige Folgenutzungen, städtebauliche Bedeutsamkeit, Abstimmung mit der Regionalplanung, Ansiedlungs- und Beschäftigungseffekte, Stabilisierung sozialer Strukturen sowie Begrenzung des Flächenverbrauchs waren leitend. Die Auswahl der 20 Bergbauflächen und die Verabredung gemeinsamer Ziele, die in geteilter Verantwortung der Partner erreicht werden sollen, sind Fundament für die BBFV (Bild 2).

Fig. 2. Sites of BBFV and RAG Aktiengesellschaft (4). // Bild 2. Standorte der BBFV und der RAG Aktiengesellschaft (4).

Das Ziel der Vereinbarung beschreibt eine realisierte Folgenutzung bereits stillgelegter oder zur Stilllegung vorgesehener Bergbauflächen. Das gemeinsame Verständnis der Mitwirkenden wird im Rahmen der Einschätzungen dokumentiert. Die einzelnen Zuständigkeiten werden innerhalb der Verantwortungsbereiche festgelegt. Seit der Unterzeichnung der BBFV wird die Entwicklung der 20 ausgewählten Bergbauflächen in geteilter Verantwortung der Partner mit Priorität vorangetrieben. Die bereits im Vorfeld der BBFV praktizierte informelle Zusammenarbeit und der interkommunale Austausch haben mit der BBFV einen verlässlichen Rahmen bekommen (informeller und formeller Austausch).

Strukturen

Der mit der BBFV eingerichtete Lenkungskreis koordiniert und steuert den Gesamtprozess. Seine Autorität erhält er durch die Teilnahme der Entscheiderebene, bestehend aus den Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen, der Regionaldirektorin des RVR, dem Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen sowie einem Vorstandsmitglied der RAG. Im Rahmen der jährlichen Tagung werden neben Grundsatzfragen zur Förderung, Projektentwicklung und Gesamtfinanzierung auch lokale Besonderheiten diskutiert und aufbereitet. Grundlage sind die jährlichen Sachstandsberichte mit seinen Flächenevaluierungen.

Die gemeinsamen Beratungen auf Basis jährlicher Flächen-evaluierungen ermöglichen, Hemmnisse und Fortschritte der Flächenentwicklung zeitnah aufzuzeigen. Auf dieser Basis können Maßnahmen angepasst, Hindernisse analysiert und Lösungen auf den Weg gebracht werden. Die Lenkungskreismitglieder wirken als Multiplikatoren, indem Bedarfe in die jeweiligen Häuser kommuniziert, Entscheidungen getroffen und notwendige Maßnahmen eingeleitet werden. Die einzelnen Flächenentwicklungen sind abhängig von den spezifischen Gegebenheiten vor Ort und zeigen individuelle Verläufe. Die koordinierende Funktion des RVR begünstigt den Wissens- und Erfahrungsaustausch der örtlichen Projektleiter zu überörtlich relevanten Fragen. Durch diesen Know-how-Transfer können Mehrwerte für die Aufgabenerledigung vor Ort erzielt werden.

Im Rahmen des interkommunalen Erfahrungsaustauschs werden zudem Herausforderungen identifiziert, die als spezifisch für die Transformation von Bergbauflächen gelten können und gesonderter Lösungen bedürfen. Als zahlenmäßig größter und „vielfältigster“ Partner nutzt die kommunale Seite den Austausch zudem für die Abstimmung übergreifender Fragen im Sinne des regionalen Konsenses. So können das kommunale Profil geschärft und die kommunale Position gestärkt werden.

Mehrwerte

Die BBFV bietet nach übereinstimmender Einschätzung der Partner einen Rahmen für kurze Informations- und Entscheidungswege sowie für einen wachsenden Austausch und Wissenstransfer. Das Ziel einer integrierten erfolgreichen Flächenentwicklung wird durch ressortübergreifende Abstimmungen und Förderprioritäten des Landes Nordrhein-Westfalen deutlich unterstützt. Zentral dabei ist die Bündelung der Aktivitäten beim federführenden Wirtschaftsministerium inklusive der Koordination von Ressortabstimmungen sowie die Erweiterung der Nutzungsoptionen von rein wirtschaftlichen auf integrierte Flächenentwicklungen.

Die mit der BBFV entstandenen spezifischen Strukturen und Instrumentarien ermöglichen eine Beschleunigung von Prozessen und Entscheidungen. So machen die jährlichen Sachstandsberichte über die Entwicklungen auf den einzelnen Flächen Fortschritte und evtuelle Hemmnisse transparent. Sie werden regelmäßig als Basis zur gemeinsamen informellen Beratung herangezogen. Auf dieser Grundlage können Handlungserfordernisse zeitnah ausgemacht und notwendige Entscheidungen vorbereitet werden.

Die Verantwortung für die Entwicklungsmaßnahmen einzelner Standorte bleibt bei den Flächeneigentümern und bei den Kommunen mit ihrer Planungshoheit. Aufbauend auf die BBFV werden vor Ort auch spezielle Rahmenbedingungen und Strukturen geschaffen, wie beispielsweise durch konkretisierende Kooperationsvereinbarungen bzw. durch Gründung von Projektgesellschaften. Erfahrungen aus den Entwicklungen vor Ort werden im Rahmen der BBFV zum gegenseitigen Nutzen geteilt, sowohl in bilateralen Gesprächen als auch in den vom RVR koordinierten interkommunalen Treffen. Von diesem Wissenstransfer profitieren die Projektverantwortlichen und die Standorte vor Ort.

Fig. 3. Project Freiheit Emscher, Essen: aerial photograph, framework plan & Emil Emscher (5, 6). // Bild 3. Freiheit Emscher, Essen: Luftbild, Rahmenplan & Emil Emscher (5, 6). Photo/Foto: RVR

Auf den einzelnen Flächen, wie z. B. Freiheit Emscher mit zwei Flächen des BBFV, werden Zusammenarbeiten und Abstimmungsprozesse begonnen (Bild 3). Ein Beispiel dafür sind vorausschauende Abstimmungen des Abschlussbetriebsplanverfahrens des Bergbautreibenden mit der jeweiligen städtebaulichen Planung, die in kommunaler Verantwortung liegt. Dadurch lassen sich Ressourcen mit zunehmenden Erfahrungen minimieren.

Die interkommunale Abstimmung von Nutzungs- und Entwicklungsschwerpunkten sowie Marktzugängen führte zu einem gemeinsamen, anstatt zu konkurrierendem Handeln. Der Austausch von Fachthemen mit Problemlagen führt zu einem gemeinsamen Verständnis und Mehrwert bei den Beteiligten, da Lösungswege frühzeitig aufgezeigt und diskutiert werden können. Gleichzeitig werden durch den regelmäßigen Austausch und die Evaluation prozesshemmende Aktivitäten vermieden (Bild 4).

Fig. 4. Freiheit Emscher, general schedule. // Bild 4. Freiheit Emscher, Rahmenterminplan. Source/Quelle: FZN

Die Flächenauswahl wird auf Seiten der Landesregierung Nordrhein-Westfalens seit Unterzeichnung der BBFV in entsprechende Förderprioritäten umgesetzt, sodass die Flächenprojekte vor Ort von der Fokussierung und Bündelung von Fördermitteln profitieren. Die Offenheit des Wirtschaftsressorts für nutzungsneutrale bzw. integrierte Ansätze bei der Flächenentwicklung sowie die ressortübergreifende Abstimmung erlauben auch integrierte Förderungen und langfristige Perspektiven.

Die Qualität in der Zusammenarbeit von Kommunen, Land Nordrhein-Westfalen und RAG wächst mit den positiven Erfahrungen der Kooperation. Umgekehrt können Veränderungen in der Struktur mit Auswirkungen auf die spezifische Verantwortung einzelner Partner zu Irritationen bei anderen Vereinbarungspartnern führen. Die Verlässlichkeit jedes einzelnen Partners bezogen auf die von ihm übernommene Verantwortung kann damit als ein wesentliches Kriterium für die erfolgreiche Zusammenarbeit der Partner im Rahmen der BBFV gelten.

Der in der BBFV eingerichtete Lenkungskreis wirkt auf die Optimierung von Prozessen und Entscheidungen positiv ein. Als zielführend wird dabei insbesondere die personelle Besetzung des Lenkungskreises empfunden, die eine gemeinsame Beratung aller Partner auf Entscheiderebene ermöglicht.

Die koordinierende und moderierende Funktion des RVR kommt dem Erfahrungsaustausch und dem Wissenstransfer zwischen den Partnern zugute. Projektverantwortliche vor Ort können profitieren. Das Erfahrungswissen bietet zudem Ansatzpunkte und Erkenntnisse, die für die Entwicklung von Industrieflächen in Nordrhein-Westfalen nutzbar gemacht werden können.

Durch die BBFV ist eine speziellere Fokussierung finanzieller und personeller Ressourcen auf gemeinsame Prioritäten bei der Transformation von Bergbauflächen entstanden. Regelmäßige Flächenevaluierungen führen zu einer besonderen Transparenz von Entwicklungsprozessen. Erfolge und Herausforderungen werden frühzeitig sichtbar und können entsprechend gewürdigt werden. Die Partner haben sich auch strukturell auf die BBFV eingestellt, sodass die Kooperation der Beteiligten beschleunigte Wirkungen auf die Entwicklung von Finanzierungsmodellen und die Umsetzungsprozesse entfalten können.

Mit der standortbezogenen Kooperation haben auch die Einzelflächen eine höhere Aufmerksamkeit und Beachtung erlangt. Durch die BBFV ist die Bedeutung einzelner Flächen bei den Projektbeteiligten gestiegen, ohne den Gesamtfokus aus den Augen zu verlieren. So können durch abgestimmte Zielsetzungen und Pläne regionale Konkurrenzen vermieden und interdisziplinäres Handeln gefördert werden. In diesen Prozessen entsteht eine größere Offenheit für eine Nutzungsvielfalt mit einem bestimmbaren Markteintritt.

Mit der Dauer der Kooperation und den Entwicklungsfortschritten wächst die Bekanntheit der BBFV als neue Kooperationsform zur Revitalisierung von (ehemaligen) Bergbauflächen. Die Erfahrungen und Erkenntnisse aus der BBFV werden von Dritten nachgefragt – sowohl im nationalen als auch im europäischen Raum. Als modellhafter Ansatz für die Reaktivierung und Neunutzung von Bergbau- und Industrieflächen könnte die BBFV in Zukunft noch stärker imagefördernd für Kompetenz und Lösungsorientierung in Nordrhein-Westfalen insgesamt und speziell in der Metropole Ruhr sowie der Kohleregion Ibbenbüren wirken.

Modellhaftigkeit und Perspektiven

Mit den aktuellen Ergebnissen stellt die BBFV einen modellhaften Ansatz für die Transformation von Bergbau- und Industrieflächen dar. Als regionales Instrument für den Übergang einer Region unter Berücksichtigung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Ziele kann sie wertvolle Hinweise für Flächenprojekte in anderen Kontexten Deutschlands und Europas bieten, zumal für viele Regionen mit dem Ausstieg aus der Kohle, der Energiewende und dem „grünen Wandel“ die Zeit des Nachbergbaus erst beginnt. In Nordrhein-Westfalen und vor allem in der Metropole Ruhr wird dieser Strukturwandel seit langem gestaltet. Doch auch im eigenen Land bleibt die Transformation von Bergbau- und Industrieflächen eine anhaltende Aufgabe.

Die Erfahrungen aus der BBFV können sowohl für die Aufgaben in Nordrhein-Westfalen, in anderen Bundesländern als auch im europäischen Austausch impulsgebend wirken und neue Handlungsansätze anregen. Als modellhaft darf dabei die langfristig angelegte Zusammenarbeit der zentralen Akteure an einem gemeinsamen Entwicklungsziel mit der Selbstverpflichtung zu jeweiligen Verantwortungen angesehen werden.

Mit der BBFV hat eine in der Metropole Ruhr über Jahre gewachsene, vertrauensvolle informelle Zusammenarbeit der Kommunen einen formalen Rahmen erhalten. Innerhalb dieses Rahmens arbeiten die 17 Kommunen und Kreise im engen Austausch an dem gemeinsamen Ziel, die Flächen- und Projektentwicklungen auf den Bergbauflächen vor Ort erfolgreich als integrierte regionale Bausteine zu realisieren. Der RVR koordiniert diese Zusammenarbeit und bietet Plattformen für den Austausch der Kommunen zu speziellen und allgemeinen Fragen. Über die interkommunale Abstimmung soll die Position der Kommunen als Ganzes gegenüber den anderen Partnern gestärkt werden. Der interkommunale Austausch hat zudem das Ziel, den Wissenstransfer zwischen den örtlichen Projektverantwortlichen zu ermöglichen und Kompetenzen zur Flächenentwicklung weiter auszubauen.

In der Metropole Ruhr und in Nordrhein-Westfalen insgesamt wurde und wird die erfolgreiche Zusammenarbeit im Rahmen der BBFV durch besondere Voraussetzungen begründet. Die interkommunale Zusammenarbeit auf dem Feld der Regionalentwicklung gehört zu diesen Voraussetzungen. Sie baut auf langjährigen Erfahrungen auf, die Vertrauen in interkommunale Prozesse schuf. Die gemeinsame „Betroffenheit“ von den Herausforderungen des Strukturwandels und die durch die Kooperation gestärkte Position, erhöhten die Chance, die Vorlaufzeit der Kohleausstiegsbeschlüsse – zehn Jahre – für ein antizipierendes Handeln zu nutzen. Der interkommunale Abstimmungs- und Dialogprozess konnte die bestmögliche Vorbereitung auf die seinerzeit anstehende EU-Förderperiode (2014 bis 2020) vorbereiten und die Erfahrungen für die folgende europäische Förderperiode ab 2021 nutzen.

Als spezifische Erfolgsfaktoren haben sich zudem erwiesen:

  • die Eigentümerstruktur mit einem Eigentümer für alle Flächen,
  • die Integration der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Grundstückseigentümers,
  • die gesetzliche Regelung in Deutschland zur Abschlussbetriebsplanung für Bergbauflächen,
  • die gelungene gemeinsame Priorisierung in der Region auf 20 Flächen und
  • die Dokumentation der Inanspruchnahme von Fördermitteln und das Fortschreiten der Entwicklung.

Eine Übertragung bzw. Nutzung von Erfahrungen aus der BBFV kann nur in Kenntnis und Würdigung dieser spezifischen Voraussetzungen erfolgen. Damit ist erforderlich, die Rahmenbedingungen, die in einem anderen Kontext stehen, auf Passgenauigkeit zu überprüfen.

Mit den zunehmenden Kenntnissen und Erfahrungen aus den Projekten der BBFV werden Herausforderungen sichtbar, die als charakteristisch für Aufgaben der Bergbau- und Industrieflächenentwicklung in Nordrhein-Westfalen gelten können. Diese Herausforderungen betreffen beispielsweise unvorhergesehene Hemmnisse durch Kontaminationen und/oder Bergbaufolgeschäden, Fragen zum Umgang mit denkmalwerten Industriebauten sowie Auswirkungen des europäischen Beihilferechts auf Eigentümer-, Ansiedlungs- und Vermarktungsaktivitäten. Diese flächenübergreifenden Herausforderungen könnten im Rahmen der BBFV systematisch dokumentiert und zur weiteren Befassung aufbereitet werden.

Auch das wachsende Know-how und die Erfahrungen aus den Flächenentwicklungsprojekten der BBFV bilden eine Wissensressource, die durch gezielten Austausch und Transfer zum gegenseitigen Nutzen der Partner geteilt und als regionale Kompetenz ausgebaut werden könnte. Eine wissenschaftliche Begleitung könnte dabei unterstützen, diese Kompetenz aufzubereiten und verfügbar zu machen.

Externen Stakeholdern und Akteuren könnte so z. B. Einblick in die Komplexität der Projekte und Prozesse ermöglicht werden. Nicht zuletzt wird in der BBFV auch ein Rahmen für die Initiierung und Erprobung passgenauer Lösungen für die spezifischen Herausforderungen in der Flächenrevitalisierung gesehen.

References/Quellenverzeichnis

References/Quellenverzeichnis

(1) Regionalverband Ruhr (2014): Bergbauflächen-Vereinbarung: Vereinbarung zur vorausschauenden Revitalisierung bedeutsamer Bergbauflächen. Online: www.rvr.ruhr/politik-regionalverband/europa/bergbauflaechen/die-bergbauflaechenvereinbarung/, letzter Zugriff: 25.08.2021.

(2) Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (2008): Konzept Ruhr: Nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung in der Metropole Ruhr. Online: www.konzept-ruhr.de/fileadmin/user_upload/metropoleruhr.de/Konzept_Ruhr/Veroeffentlichungen/Konzept_Ruhr_-_Strategie_2008.pdf, letzter Zugriff: 25.08.2021.

(3) Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (wmr) (2008): Wandel als Chance: Positionspapier der Metropole Ruhr und des Kreises Steinfurt aus Anlass einer Bewertung von Folgen der Kohlebeschlüsse. Online: www.kreis-unna.de/fileadmin/user_upload/Kreishaus/kfp/pdf/Zukunftsdialog/Wandel_als_Chance_03.11.08.pdf, letzter Zugriff: 25.08.2021.

(4) RVR (o.J.): Übersicht der 20 Standorte der Bergbauflächen-Vereinbarung. Zur Verfügung gestellt vom RVR – ohne Copyright.

(5) RVR (2021): Essen Emil Emscher/Hafen Coelln: Teil des Verbundprojektes „Freiheit Emscher“. Online: www.rvr.ruhr/politik-regionalverband/europa/bergbauflaechen/die-20-standorte/essen-emil-emscher-/-hafen-coelln/, letzter Zugriff: 25.08.2021.

(6) RVR (2021): Bottrop – Prosper II: Teil des Verbundprojektes „Freiheit Emscher“: Online: www.rvr.ruhr/politik-regionalverband/europa/bergbauflaechen/die-20-standorte/bottrop-prosper-ii/, letzter Zugriff: 25.08.2021.

Author/Autor: Dipl.-Ing. Jürgen Brüggemann, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN), Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum
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