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Das ENTRIA-Projekt: Ausgewählte disziplinäre und interdisziplinäre Forschungsthemen

Ausgabe 03/2015

ENTRIA („Entsorgungsoptionen für radioaktive Reststoffe: interdisziplinäre Analysen und Entwicklung von Bewertungsgrundlagen“, www.entria.de) ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von zwölf Instituten bzw. Fachbereichen deutscher Universitäten und Großforschungseinrichtungen sowie einem Partner aus der Schweiz. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Wissenschaftler aus Natur-, Ingenieur-, Geistes-, Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie aus dem Bereich Technikfolgenabschätzung führen disziplinäre und interdisziplinäre Forschungen durch, die sich mit drei Optionen für die Entsorgung insbesondere von hochradioaktiven Abfällen befassen:

  • Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ohne Vorkehrungen zur Rückholbarkeit,
  • Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Vorkehrungen zur Überwachung und Rückholbarkeit und
  • (längerfristige) Oberflächen- (oder oberflächennahe) Lagerung.
Autoren: Klaus-Jürgen Röhlig, Peter Hocke, Ulrich Smeddinck, Clemens Walther
In diesem Aufsatz werden die folgenden ausgewählten – disziplinären und interdisziplinären – Forschungsthemen kurz vorgestellt, um einen Eindruck vom Projektumfang zu vermitteln:

  • Oberflächenlagerung,
  • Referenzkonzepte für die Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Rückholbarkeit und Überwachung,
  • Strahlenexposition und Rechtfertigung von Maßnahmen,
  • interdisziplinäre Perspektiven zu Dosisgrenzwerten,
  • Vergleichsstudien zur Governance bei radioaktiven Abfällen,
  • Governance von radioaktiven Abfällen in der Schweiz,
  • Beteiligung der Öffentlichkeit und das deutsche Standortauswahlgesetz und
  • Bürgerforum.

Das Projekt

Offensichtlich betrifft die Entsorgung radioaktiver Abfälle die Gesellschaft als Ganzes und verlangt daher nach mehr als technologischer und naturwissenschaftlicher Forschung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert u. a. das Verbundforschungsprojekt ENTRIA, um die Entwicklung von interdisziplinären Forschungsansätzen sowie die fachliche (akademische) Bildung und das Wissensmanagement zu unterstützen. ENTRIA („Entsorgungsoptionen für radioaktive Reststoffe: interdisziplinäre Analysen und Entwicklung von Bewertungsgrundlagen“, www.entria.de) wird von zwölf Instituten bzw. Fachbereichen deutscher Universitäten sowie Großforschungseinrichtungen und einem Partner aus der Schweiz durchgeführt. Die an ENTRIA beteiligten Wissenschaftler vertreten Natur-, Ingenieur-, Geistes-, Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie Technikfolgenabschätzung. In Anerkenntnis der Tatsache, dass alle diese Disziplinen in Fragen der Behandlung von radioaktiven Abfällen miteinander agieren müssen, will das Projekt Bewertungsprinzipien und Kenntnisse über die „Kontextstrukturen“ für drei Optionen für die Entsorgung insbesondere von hochradioaktiven Abfällen untersuchen und entwickeln:

  • Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ohne Vorkehrungen zur Rückholbarkeit,
  • Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Vorkehrungen zur Überwachung und Rückholbarkeit und
  • (längerfristige) Oberflächen- (oder oberflächennahe) Lagerung.

Zur Unterstützung der interdisziplinären Forschung und Zusammenarbeit ist das Projekt in drei sogenannten Vertikalprojekten organisiert, die sich jeweils mit einer Entsorgungsoption befassen und die alle in erster Linie von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren bearbeitet werden. Darüber hinaus werden übergreifende Aspekte wie „Synthese, Koordination und Kommunikation“, „Technikfolgenabschätzung und Governance“, „Ethisch-moralische Begründung, rechtliche Voraussetzungen und Implikationen“ sowie „Interdisziplinäre Risikoforschung“ interdisziplinär in sogenannten Transversalprojekten (Bild. 1) bearbeitet.

Fig. 1. ENTRIA structure, Bild 1. ENTRIA Struktur

Fig. 1. ENTRIA structure, Bild 1. ENTRIA Struktur

Für ENTRIA bildet solide disziplinäre Forschung eine unabdingbare Grundlage für Interdisziplinarität. Nachfolgend werden ausgewählte – disziplinäre und interdisziplinäre – Forschungsthemen kurz vorgestellt, um einen Eindruck vom Projektumfang zu vermitteln.

Vertikalprojekt „Oberflächenlagerung“

Es gibt mehrere mögliche Motivationen für die Erforschung der (längerfristigen) Oberflächenlagerung. Einerseits ist es offensichtlich, dass der vom kürzlich verabschiedeten deutschen Standortauswahlgesetz (StandAG 2013) festgelegte Zeitplan Lagerzeiten erfordert, die über die 40 Jahre hinausgehen, für die den vorhandenen Lagereinrichtungen eine Genehmigung erteilt wurde. Andererseits könnte man Lagerung als vorübergehende Alternative zur Entsorgung untersuchen. In beiden Fällen müssen Themen wie Lagerkonzepte, Gebäude, Behälter, Sicherheitsfragen sowie Modernisierungs- und Betriebsstrategien erforscht werden. Das Projekt befasst sich in dafür speziell gebildeten Arbeitspaketen mit

  • bautechnischen Konzepten,
  • monitoring-basierten Sicherheits- und Life-Cycle-Konzepten und
  • Anforderungen im Zusammenhang mit Abfallbehandlungsmethoden.

Es will mit Hilfe eines Bewertungskatalogs aus zahlreichen Kriterien einen Vergleich von vorhandenen und denkbaren Lagerungsmethoden vornehmen. Bisher wurden Lagereinrichtungen weltweit auf der Basis der Literatur sowie von Besuchen und Gesprächen mit Betreibern ausgewählter Einrichtungen analysiert. Die Analyse konzentriert sich auf Herausforderungen durch verlängerte Lagerzeiten. In einem weiteren Schritt wird eine Dokumentation mit Anforderungen und Vorschriften, technischen Konzepten, ausgewählten Beispielen, Wartungsfragen und Herausforderungen durch längerfristige Lagerung entwickelt. Letztere werden sich auf die Identifizierung relevanter Schädigungsmechanismen und die Analyse technischer und theoretischer Modelle zur Vorhersage von Schädigungsprozessen und der Extrapolationsmöglichkeiten über lange Zeiträume konzentrieren. Zu den denkbaren technischen Lösungen zählen die Dimensionierung von Betonkonstruktionen auf der Grundlage von probabilistischen Lebensdauermodellen, die Wahl geeigneter Betonzusammensetzungen zur Berücksichtigung potentieller Schädigungsmechanismen, verbesserter Korrosionsschutz der Stähle und konstruktive Verbesserungen zur Berücksichtigung extremer Einwirkungen.

Referenzkonzepte für die Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Rückholbarkeit und Überwachung

Es gibt viele mögliche Szenarien, um Abfälle aus einem Tiefenlager zurückzuholen. Maßnahmen zur Verbesserung der Rückholbarkeit können sich auf die geotechnischen und geologischen Barrieren auswirken, z. B. könnte ein Offenhalten von Zugangsstollen über lange Zeit zu einer größeren Auflockerungs­zone im Wirtsgestein führen und potentielle Wegsamkeiten für Grundwasser schaffen. Um die möglichen Szenarien im Zusammenhang mit der Umsetzung der Rückholung einzugrenzen, ist es trotzdem notwendig, zu berücksichtigen, welche Kriterien für ein effizientes Monitoringprogramm eingesetzt werden, während gleichzeitig die Zuverlässigkeit der geotechnischen Barrieren klar zu bestimmen ist. Darüber hinaus muss die Integrität des Wirtsgesteins als geologische Barriere verifiziert werden. Daher ist es wichtig, die verschiedenen konstruktiven Lösungen und die am besten geeigneten Messmethoden zu bewerten, um den Rückholprozess von Abfällen aus einem geologischen Tiefenlager zu verbessern.
Für diese Konzepte wird die Nutzung von fünf Wirtsformationstypen – Salz in flacher Lagerung oder Salzstöcke, Ton, Tonstein und kristalline Gesteinsformationen – für die Tiefenlagerung von hochradioaktiven Abfällen betrachtet. Deren Verhalten wird auf der Grundlage ihrer charakteristischen hydrologischen und mechanischen Eigenschaften in Bezug auf Rückholbarkeitsmaßnahmen verglichen. Die Referenzkonzepte von ENTRIA für die Tiefeneinlagerung in diese Formationen mit Rückholbarkeit und Überwachung sehen eine Tiefenlagerkonstruktion mit folgenden Eigenschaften vor: Das Tiefenlager muss entsprechend dimensioniert sein, um eine Rückholung zuzulassen und Überwachungsstollen über den Einlagerungsbereichen anzulegen. Die einzelnen Einlagerungsstollen sollten nach der Einlagerung der Abfälle verfüllt und versiegelt werden (Bild 2), während der Infrastrukturbereich und der Schacht offen gehalten werden. Der vom jeweiligen Wirtsgestein abhängige Zeitraum, in dem dies möglich ist, wird auf der Grundlage von Sicherheitsbetrachtungen unter Berücksichtigung von Geomechanik, Zersetzungsprozessen etc. abgeleitet. Es wird unterstellt, dass – unter der Annahme, dass eine Entscheidung gegen die Rückholung getroffen wird – das gesamte Tiefenlager spätestens zum Ende dieses Zeitraums verfüllt und verschlossen wird. Von diesem Zeitpunkt an ist nur eine Bergung der Abfälle denkbar. Natürlich bedeutet die Auswahl eines Referenzkonzepts auch, dass die diesbezüglichen Überlegungen zur Veranschaulichung und als Beispiel dienen. Viele Aussagen werden eher für dieses spezielle Referenzkonzept als für „Rückholbarkeit im Allgemeinen“ gelten.

Fig. 2. Emplacement in deep geological formations with retrievability and monitoring: Schematic representation of emplacement and monitoring drifts Bild 2. Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Rückholbarkeit und Überwachung. Schematische Darstellung von Einlagerungs- und Überwachungsstollen

Fig. 2. Emplacement in deep geological formations with retrievability and monitoring: Schematic representation of emplacement and monitoring drifts
Bild 2. Einlagerung in tiefe geologische Formationen mit Rückholbarkeit und Überwachung. Schematische Darstellung von Einlagerungs- und Überwachungsstollen

Strahlenexposition und Rechtfertigung von Maßnahmen

Die Grundprinzipien des Strahlenschutzes verlangen den Nachweis der Expositionsminimierung, eine Optimierung von Prozessen und eine Rechtfertigung aller geplanten Expositionssituationen. Dies gilt auch für die Handhabung von radioaktiven Reststoffen. Daher sind Dosisabschätzungen für alle Handhabungsschritte erforderlich, und falls mehrere Optionen vorhanden sind, sollte die Option mit der geringsten Dosis für die Beschäftigten und die Öffentlichkeit den Vorzug erhalten.

ENTRIA befasst sich mit folgenden Aspekten:

a.    Handhabung von Abfällen bei der Einlagerung (für alle Optionen von Bedeutung).
b.    Tätigkeiten für die regelmäßige Überprüfung und Wartung von Behältern während des Betriebs (besonders relevant für Langzeitlagerung).
c.    Handhabung von Abfällen bei der Rückholung.
d.    Exposition der Bevölkerung aufgrund der Freisetzung radioaktiver Stoffe aus einem Tiefen- oder Oberflächenlager in die Umwelt.

Während die Aspekte a) und d) in der Vergangenheit beträchtliche Aufmerksamkeit genossen haben, werden Strahlenschutzfragen im Zusammenhang mit den Aspekten b) und c) häufig vernachlässigt. Derzeit wird in Deutschland von vielen Interessengruppen, Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit die Einlagerung mit Option zur Rückholung bevorzugt. Wenn künftige Generationen jedoch zu einer Entscheidung für oder gegen die Rückholung kommen müssen, müssen die zuvor genannten drei Grundprinzipien geprüft und die sich aus den verschiedenen möglichen Aktionen ergebenden Expositionen gegeneinander abgewogen werden.

Zu diesem Zweck berechnet ENTRIA sowohl die Langzeitexposition von Personen der Bevölkerung in ferner Zukunft auf Grund einer potentiell langsamen Freisetzung mobiler Radionuklide aus einem geologischen Endlager, als auch die Dosen für Beschäftigte bei der Handhabung des Abfalls während der Einlagerung und Rückholung. In einem ersten Schritt wird ein Referenz-Szenario für eine Lagerstätte in Steinsalz unter Verwendung von mit abgebrannten Brennstäben beladenen POLLUX-Behältern betrachtet. Die Strahlungsintensität (Flussdichte) – überwiegend Gammastrahlung und Neutronen – an der Behälteroberfläche wird als Funktion der Beladung und der Zeit seit Entladung aus dem Reaktor (sowie der Zeit zwischen der Einlagerung und Rückholung) modelliert. Allgemeine Szenarien für notwendige Arbeitsabläufe bei der Handhabung und Rückholung der Behälter werden betrachtet, und die Bewegung von Beschäftigten in den Strahlungsfeldern werden mithilfe von 3D-Monte-Carlo-Simulationen, mit denen Dosen sehr realistisch modelliert werden können, visuell dargestellt.

Es werden für die im obigen Abschnitt beschriebenen Referenzkonzepte optimale Handhabungsverfahren sowie optimale Behälteranordnungen entwickelt, die eine Dosisminimierung erlauben. Mit diesen Ergebnissen will ENTRIA die Gesamtdosis für Beschäftigte im Falle einer Rückholung den möglichen Auswirkungen gegenüberstellen, wenn unter Berücksichtigung der Minimierung, Optimierung und Rechtfertigung aller Tätigkeiten keine Maßnahmen ergriffen werden.

Perspektiven zu Dosisgrenzwerten: ein Beispiel für interdisziplinäre Arbeit

In den ersten zwei Jahren der Projektarbeit wurden große Herausforderungen für die Interdisziplinarität offensichtlich, und es wurden Methoden und Werkzeuge entwickelt, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Es wurden Formate der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen den Forschungsteams und zur gegenseitigen Ausbildung – beispielsweise durch interdisziplinäre Vortragsreihen von führenden Wissenschaftlern – gemeinsame Exkursionen sowie Präsentations- und Workshopformate für junge Wissenschaftler geschaffen. Dadurch soll nicht nur die Projekt­arbeit selbst unterstützt werden, sondern Wissenschaftler mit disziplinärer Exzellenz sollen auch weitergebildet werden und die Grundlagen anderer Disziplinen verstehen. Das Projekt arbeitet zunehmend an gemeinsamen interdisziplinären Veröffentlichungen, Doktorarbeiten und Veranstaltungen für die interessierte Öffentlichkeit, die von interdisziplinären Teams bestritten werden. Als ersten Schritt hin zu einer interdisziplinären Synthese haben die leitenden Wissenschaftler aller Teams ein Memorandum (1) veröffentlicht, in dem die speziellen Herausforderungen und bedeutsamen Zielkonflikte bei Entscheidungen über die Entsorgungsoptionen ausgeführt werden. Zum Erstellungsprozess des Memorandums, siehe (2).
Es ist von entscheidender Bedeutung, spezielle Forschungsthemen zu identifizieren, die mehrere Disziplinen betreffen. Die Arbeit an diesen Themen kann nicht isoliert gesehen werden, sondern erfordert gemeinsame Anstrengungen der betroffenen Spezialisten. In mehreren Fällen ergaben sich solche Themen aus den Diskussionen im Rahmen der oben genannten Formate. Dafür wird nachfolgend ein Beispiel gegeben:

Dosisgrenzwerte für die Betriebs- und Nachbetriebsphase von Entsorgungseinrichtungen sind ein Thema von herausragender Bedeutung und von besonderem Interesse, wenn man sich mit den Technik- und Governanceaspekten von Entsorgungsoptionen befasst. Daher haben ENTRIA-Wissenschaftler auf Initiative des Transversalprojets „Technikfolgenabschätzung und Governance“ ein Arbeitspapier zur interdisziplinären Synthese von technischen, wissenssoziologischen, rechtlichen, gesellschaftlichen und politischen Aspekten entwickelt. Die Arbeit umfasst einen Katalog von 14 Thesen zu den technischen und nicht-technischen Triebkräften bei der Definition von Dosisgrenzwerten, den Wahrnehmungen von Strahlungswirkungen und Dosisgrenzwerten sowie Kontroversen im Hinblick auf die Bedeutung und Funktion solcher Grenzwerte. Dabei stellt es fest, dass solche Grenzwerte für die technische Entwicklung und Rechtssicherheit unabdingbar sind, aber häufig im Zusammenhang mit der Kommunikation, Politik und Governance eine kontraproduktive Wirkung haben. Um die gemeinsame Erarbeitung und die Interdependenzen dieser verschiedenen Kontexte besser zu verstehen, muss die künftige interdisziplinäre Forschung sich mit dem Verhältnis zwischen Dosisgrenzwerten und Risikowahrnehmung sowie der Rolle von Vertrauen befassen. Sie sollte bei der Definition von Grenzwerten eine auf Diskurs basierende Kommunikation zu den zugrundeliegenden Werten, Zielen, Akteuren und Verfahren und potentielle Alternativen und Ergänzungen zu den etablierten Grenzwerten zum Ziel haben. (3)

Vergleichsstudien zur Governance von Nuklearabfällen

Im Rahmen des ENTRIA-Transversalprojekts „Technikfolgenabschätzung und Governance“, führen die Freie Universität (FU) Berlin und das Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Vergleichsstudien zur Governance von Nuklearabfällen in mehreren Ländern durch. Zwar weiß man, dass geologische/geographische und gesellschaftliche Bedingungen sich von Land zu Land deutlich unterscheiden, aber das Ziel ist nach wie vor, Schlussfolgerungen in Bezug auf eine angemessene Governance von Nuklearabfällen in Deutschland zu ziehen.

Bisher wurden Belgien, die Tschechische Republik, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten, Spanien, Schweden und die Schweiz untersucht. Die Ergebnisse werden in einem Buch (4) veröffentlicht, das auch eine detaillierte vergleichende und mehrstufige gesellschaftliche und politische Analyse enthält, die ein Licht auf die durchgeführten Arbeiten und die Schwierigkeiten wirft, die mit dem Versuch einhergehen, gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich und technisch annehmbare Strategien für die Lagerung und/oder Entsorgung von hochradioaktivem Nuklearabfall zu finden.

Die Fortschritte, die in diesen Ländern gemacht wurden, und die Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind, werden detailliert in Fallstudien erörtert. Dies geschieht durch Betrachtung ihrer Vorschriften, technischen Entscheidungen, Sicherheitskriterien, Überwachungssysteme, Kompensationsregelungen, institutionellen Strukturen und Ansätzen zur Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Studie zeigt, dass sich manche Länder für mittelfristige Lagerungslösungen (für ca. 100 Jahre) entschieden haben, während andere verschiedene Vorgehensweisen zur Entsorgung in tiefen geologischen Schichten betrachten. Die Standortauswahl ist eine generelle Herausforderung, aber nur eine kleine Zahl von Ländern wie beispielsweise Finnland und Schweden befinden sich in einem fortgeschrittenen Umsetzungsstadium.

Die Studie identifiziert die wichtigen Stakeholder in der Debatte und deren Interessen, die Zuständigkeiten und Befugnisse verschiedener Akteure in relevanten Entscheidungsprozessen und die Wertesysteme, die die unterschiedlichen nationalen politischen Entscheidungen beeinflussen. Die Ansichten und Erwartungen verschiedener Communities zur Beteiligung an Entscheidungen und Kompensation sowie die Schritte, die zur Förderung von Dialog und konstruktiver Problemlösung gemacht wurden oder werden, werden ebenfalls betrachtet.

Zu den ersten Schlussfolgerungen zählt, dass die Standortentscheidung für Entsorgungseinrichtungen für radioaktive Abfälle – insbesondere Tiefenlager – heute als ein Prozess mit Herausforderungen verstanden wird, der über die rein technischen Überlegungen hinausgeht, indem er eine gesellschaftliche Beteiligung herzustellen versucht. Die Bandbreite dessen, was als derartige Beteiligung verstanden wird, ist jedoch sehr groß. Sie reicht von einfachen Informationsmöglichkeiten in beide Richtungen bis zu Ansätzen mit direkter Beteiligung und Vetorechten, womit deliberativ-demokratische Bestrebungen aufgezeigt werden. Man kann feststellen, dass unter den derzeitigen Umständen eine Fundamentalopposition gegen die Entsorgung von Nuklearabfällen nur noch eingeschränkt plausibel ist. Mehrere Akteure beteiligen sich am Entscheidungsprozess, sei es in etablierten Prozessen oder durch außerparlamentarische Kritik. Angesichts der Tatsache, dass die zur Bewältigung des Problems nötige Zeit einzelne Legislaturperioden wesentlich übersteigt, sind robuste Governance-Systeme mit gesellschaftlicher Partizipation nötig.

Weitere Studien werden sich mit 13 weiteren Ländern einschließlich mehrerer Nicht-OECD-Staaten befassen. Fragen über Verbindungen und Korrelationen zwischen technischen und gesellschaftlichen Fragestellungen werden in den Studien zunehmend von Interesse sein.

Governance von Nuklearabfällen in der Schweiz

Die Forschung zur Governance von Nuklearabfällen in der Schweiz ist Bestandteil des internationalen Vergleichs, der im Rahmen von ENTRIA vom ITAS und der FU Berlin vorgenommen wird (5). Obwohl sich die demokratischen Traditionen von den deutschen unterscheiden, wird die Schweiz als Fallstudie herangezogen, weil wie in Deutschland die Standortauswahl von den Behörden durchgeführt wird und die ersten Endlagerauswahlversuche aufgrund des lokalen Widerstandes fehlgeschlagen sind, was zu einer Pattsituation und einem darauffolgenden „Neuanfang“ geführt hat.

In der Schweiz und in vielen anderen Ländern, die Untertage-Endlager für ihre hochradioaktiven Nuklearabfälle einzurichten planen, haben sich im Laufe der Suche und Erkundung eines geeigneten Standorts gesellschaftliche Konflikte ergeben. In der Schweiz ergab sich in der Entscheidung eine Pattsituation, als ein Antrag auf untertägige Erkundung eines Endlagerstandortes für schwach- und mittelradioaktive Abfälle vom betreffenden Kanton in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde. Infolge dieser Ablehnung beschloss das Schweizer Parlament, die Bundesversammlung, das kantonale Vetorecht abzuschaffen und an dessen Stelle ein offizielles nationales Standortauswahlverfahren mit mehreren Etappen und einem nationalen fakultativen Referendum am Ende des Auswahlverfahrens einzurichten. Zu diesem Zweck wählte es ein bewährtes Planungsinstrument („Sachplan“) und passte es an.

Dabei liegt ein starkes Schwergewicht auf den Themen Transparenz und öffentliche Partizipation. Ethische Überlegungen sind dabei bedeutende Faktoren, weil die zivilgesellschaftliche Verankerung der Entscheidung ein wichtiges Kriterium darstellt. Die öffentliche Beteiligung im Sinne von „Mitsprache“ ist jedoch auf Übertage-Einrichtungen begrenzt; in allen anderen Fragen wird die Beteiligung auf die Beratung beschränkt. Die Beratung erfolgt in mehreren, speziell für diesen Zweck eingerichteten Foren und insbesondere in den sogenannten Regionalkonferenzen, denen Vertreter der interessierten Öffentlichkeit und Stakeholder als Mitglieder angehören. Die Aufgaben dieser Regionalkonferenzen sind im Sachplan festgelegt.

Bei der Formulierung dieser Vorgehensweise griffen die Schweizer Behörden die vom Deutschen Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (6) und internationalen Organisationen wie dem Forum on Stakeholder Confidence der Kernenergieagentur (NEA) entwickelten Ideen auf, siehe z. B. (7).

Die Einbindung der Öffentlichkeit in die Entscheidungsfindung erfordert Veränderungen in der „Konzeption“ von Entscheidungsprozessen. Die Einrichtungen müssen lernen, eine solche Beteiligung von Stakeholdern zu koordinieren, was auch bedeutet, dass man ihren Fragen und Forderungen gegenüber offen zu sein hat. Das ist keine leichte Aufgabe, weil unterschiedliche Stakeholder in Bezug auf ihre Beteiligung stark divergierende Vorstellungen und Erwartungen haben. Ein zentraler Kompromiss war im Falle der Schweiz die Abschaffung der kantonalen Volksabstimmung und die gleichzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit in Form von Gruppendiskussionen und öffentlichen Anhörungen schon bei der Sachplanausarbeitung.

In diesen Beratungen profitierte die Schweizer Regierung von der starken konsensdemokratischen Tradition der Schweiz. Sie gingen über die üblichen Anhörungsverfahren hinaus und sprachen nicht nur mit den etablierten kollektiven Akteuren, sondern auch mit der interessierten Öffentlichkeit. Es zeigte sich, dass dieser Ansatz zwar zeitaufwendig, aber insofern ein Erfolg war, dass alle Stakeholder zustimmten, sich am neuen Standortauswahlverfahren zu beteiligen. Ein tragfähiger Kompromiss war gefunden.

Bei der Umsetzung zeigte sich, dass dieser Kompromiss nicht endgültig war, sondern dass Änderungen notwendig waren, um alle Stakeholder „an Bord“ zu behalten. Es traten immer noch Spannungen auf, und diese können nicht alle gelöst werden.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Standortauswahlgesetz

Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist von zentraler Bedeutung für die Entsorgung radioaktiver Reststoffe in Deutschland. Das StandAG setzt dafür den rechtlichen Rahmen (8). Mindestens in der Vergangenheit war die Öffentlichkeitsbeteiligung unzulänglich. Im Stile klassisch-hierarchischer Steuerung wurde das Atomgesetz vollzogen. In Gesetzgebungs- und Planfeststellungsverfahren ist die Möglichkeit auf Anhörungen sowie Einwendungen und Erörterungen im Erörterungstermin beschränkt. Behördliche und gerichtliche Entscheidungen wurden teilweise unter massivem Einsatz von Polizei und Wasserwerfern durchgesetzt. Dennoch hat diese Vorgehensweise nicht zu einer Befriedung des Konflikts geführt. Im Gegenteil: Widerstand und Ablehnung in der Gesellschaft haben nach dem Reaktorunglück in Fukushima schließlich zum endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland geführt. Mit der neu im StandAG geregelten Öffentlichkeitsbeteiligung sollen Akzeptanz und Realisierungschancen für ein Endlager gesteigert werden. Das Für und Wider der drei Schlüsseloptionen – Tiefenlagerung, Tiefenlagerung mit Rückholmöglichkeit und oberflächennahe Langzeitzwischenlagerung – werden Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung sein. Hervorzuheben ist, dass diese nur einen Mindeststandard bilden und durch Vorschläge verändert und angereichert werden können.

ENTRIA hat u. a. Grundüberlegungen zur Verfahrensgerechtigkeit in seinem Memorandum angestellt (1). Sie wurden zur Leitlinie für weitere Arbeiten. Die ENTRIA-Projekte im Bereich Politikwissenschaft beschäftigen sich im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung mit den Themen „gutes Regieren“ (FU Berlin) und „Experten/Zivilgesellschaft“ (ITAS). Einschlägige Veröffentlichungen wurden bei der Erarbeitung rechtlicher Texte berücksichtigt und genutzt.
Das ENTRIA-Teilprojekt „Recht“ hat zunächst Partizipation bei der Endlagersuche generell unter starker Rezeption politikwissenschaftlicher Literatur aufgegriffen und die entsprechenden Regelungen des StandAG zur Öffentlichkeitsbeteiligung gewürdigt (9). Im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Kommentierung des StandAG ist auch die Kommentierung der einschlägigen Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung im StandAG (§§ 5, 8, 9, 10) fast abgeschlossen. Dabei gilt es, die Vorschriften auszulegen und Rechtsprechung, Literatur sowie andere geeignete Materialien für die Darstellung auszuwerten. Um interdisziplinäre Perspektiven und Wissen zu berücksichtigen, werden ENTRIA-Kolleginnen und -Kollegen über die interne Kommunikationsplattform um Fragen und Hinweise zum StandAG gebeten. Außerdem liest ein Diplom-Psychologe von einer Kommunikationsagentur, die im Politikfeld „Radioaktive Reststoffe“ tätig ist, die Textentwürfe aus partizipationswissenschaftlicher Sicht mit der Bitte um Anmerkungen gegen.

Im Rahmen des ENTRIA-Werkstattgesprächs „Grenzwertbildung im Strahlenschutz“ wurde aus rechtswissenschaftlicher Sicht die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Grenzwertfestlegung vorgestellt und problematisiert. Die veraltete Rechtsdogmatik zur Verordnungsgebung und Anhörung beteiligter Kreise wurde kritisiert und Veränderungen der Rechtsdogmatik im Hinblick auf ihre Umsetzbarkeit in der Strahlenschutzverordnung wurden geprüft und befürwortet (10). Einen hilfreichen inhaltlichen Hebel gab Literatur zu Vertrauensfragen (11). Der entstandene Text steht nach Fertigstellung und vor Veröffentlichung auf der internen Kommunikationsplattform allen ENTRIA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern für Lektüre und Kritik zur Verfügung. Außerdem wird der Text auf dem ENTRIA-Bearbeiter-Treffen in Berlin im Frühjahr 2015 zur weiteren Beschäftigung mit der Grenzwert-Thematik genutzt.

Inhaltlich kann nach aktuellem Stand der Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeitsbeteiligung im StandAG festgehalten werden, dass einerseits Juristen fordern, die Klagerechte auszuweiten, während andere Juristen unter Verweis auf die Partizipationsforschung Vorfestlegungen im StandAG kritisieren. Aus eigenem Erleben verschiedener öffentlicher Veranstaltungen zur Standortsuche ist festzustellen, dass die Fronten weiter verhärtet sind. Insofern ist fraglich, ob die im StandAG vorgesehenen Mechanismen zur Öffentlichkeitsbeteiligung tauglich sind.

Das ENTRIA-Teilprojekt „Recht“ wird im Weiteren ergänzende konfliktlösende Maßnahmen aufgreifen und diskutieren, z. B. „Freiwilligkeit“ in Kooperation mit dem ENTRIA-Teilprojekt „Ethik“. Außerdem werden die Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung an den betroffenen verfassungsrechtlichen Prinzipien gemessen.

Bürgerforum

Bürgerforen sind spezielle Konzepte zu gesellschaftlichen Beteiligung. Sie wurden bereits in vielen Projekten im Bereich Technikfolgenabschätzung durchgeführt. Ihr Ziel ist es, Bürger als Laien an Entscheidungsprozessen zu kontroversen und komplexen, ja sogar sogenannten „wicked problems“ zu beteiligen. Solche Bürgerforen können sich zwar auf sich abzeichnende Legitimitätsdefizite richten, wenn „wicked problems“ wie die Entsorgung von radioaktiven Abfällen eine Herausforderung für etablierte und gesetzlich geregelte Verfahren der parlamentarischen Demokratie darstellen, aber man muss trotzdem betonen, dass sie nur als Ergänzungen und nicht als Ersatz für diese Verfahren zu sehen sind. Bürgerforen versuchen, Perspektiven zu eröffnen, die von wissenschaftlichen Experten, Stakeholdern, Lobbyisten, Politikern oder in Meinungsumfragen nicht behandelt werden. Das generelle Konzept solcher Bürgerbeteiligungsforen entstand aus der Diskurs-Ethik und den Konzepten der deliberativen Demokratie: in der Struktur eines Diskurses können Bürger zu einem deliberativen Prozess beitragen.

Demzufolge sieht die Rolle der Akteure in solchen Bürgerforen wie folgt aus: Es dürfen sich weder organisierte Interessengruppen (NGOs) noch Berufspolitiker daran beteiligen. Das unterscheidet ein Bürgerforum von jeder Beratung mit Stakeholdern. Wissenschaftler treten nach bestem Wissen als „gute und verlässliche Informationsquellen“ auf. Es erfolgt eine Moderation, aber ohne die Möglichkeit oder das Recht, die Debatte zu steuern oder darüber zu wachen. Die Teilnehmer, bei denen es sich um im Rahmen einer Telefonumfrage bei einer Zufallsstichprobe von Adressen eingeladene Freiwillige handelt, erhalten die Möglichkeit, unbeeinflusst miteinander Argumente auszutauschen. Mit diesen Mitteln wird ein Raum für den Austausch von Argumenten und für Diskussionen geschaffen, der aber durch die Definition des Themas und die zeitliche Begrenzung immer noch fokussiert bleibt. Das Ergebnis der Bürgerforen ist ein Meinungsbericht („Bürgergutachten“), der von den Bürgern selbst verfasst wird. Normalerweise enthält das Bürgergutachten einige Politikempfehlungen. Ein solches Gutachten wurde auch vom ENTRIA-Bürgerforum verfasst.
Potentielle Defizite und Risiken dieses partizipatorischen und diskursiven Ansatzes reichen von gruppendynamischen Problemen bis zu persönlichen Beleidigungen oder Unterstellungen, der potentiellen Wahrnehmung, dass man bevormundet wird oder die Organisatoren von bestimmten Interessen getrieben werden, Gefühlen der Überforderung und manchmal der Dominanz von Ideologien. Solche Gefahren können sogar zum Rückzug aus dem Forum oder einem offenen Bruch führen. Diese Risiken können durch umsichtige Moderation wesentlich gemindert werden. Beim ENTRIA-Bürgerforum spielten sie keine Rolle.

Generell hat ein Bürgerforum einen dreistufigen Ablauf

„erkennen – reflektieren – gestalten“. In einem ersten Schritt erfolgt eine Information für die Teilnehmer, zum Beispiel durch Wissenschaftler. Darauf folgt eine detaillierte Diskussion einschließlich der Möglichkeit, den Wissenschaftlern Fragen zu stellen oder weitere Input-Anbieter hinzuzuziehen. Das Forum verbindet Diskussionen in Form von runden Tischen mit kleinen Arbeitsgruppen. Am Ende des gesamten Bürgerforums verfassen die Teilnehmer ein „Bürgergutachten“. Dessen Inhalt liegt ausschließlich in ihrer Verantwortung. In einer „Forumsnachbereitungsphase“ wird dieses Gutachten den Entscheidungsträgern zugestellt, und es findet – wenn möglich – ein Dialog statt.
Im Rahmen des ENTRIA-Transversalprojekts „Ethisch-moralische Begründung, rechtliche Voraussetzungen und Implikationen”, hat die Universität Kiel im ersten Quartal des Jahres 2015 ein solches Forum organisiert. Das Forum befasste sich in Bezug auf die einzelnen Lagertypen mit der Frage „Wie erfolgt die Entsorgung?“ und in Bezug auf das Standortauswahlverfahren mit der Frage „Wie sucht man?“. Die Bürger beschlossen, das Thema in drei Gruppen zu behandeln: einer zum politischen Standortauswahlverfahren, einer zu Alternativen für die im Rahmen von ENTRIA betrachteten Entsorgungsoptionen (oder deren Fehlen) und einer zur Rückholbarkeit. Das daraus entstandene Bürgergutachten (12) konzentrierte sich auf den Vorrang der Sicherheit, die Forderung, in diesem Verfahren keine weitere Zeit zu verschwenden, die Notwendigkeit von gesellschaftlichem Konsens, der Aufforderung zu einer Volksabstimmung über das Verfahren und die beteiligten Akteure sowie die Aufforderung, alternative Entsorgungsoptionen weiter zu erkunden, wobei ausgeführt wurde, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand die Tiefenlagerung die „am wenigsten schlechte“ Lösung zu sein scheint. Zur Frage der Rückholbarkeit im Falle einer Tiefenlagerung wurde keine Einigung erzielt. Das Bürgergutachten wurde an Michael Müller, den Vorsitzenden der Deutschen „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe”, überreicht, der zweimal persönlich am Forum teilnahm. Daher besteht doch Hoffnung, dass das Bürgerforum eine gewisse Wirkung auf den laufenden politischen Prozess haben könnte.

Neben interdisziplinärer Forschung verfolgt ENTRIA auch transdisziplinäre Ziele, d.h. über wissenschaftliche Grenzen hinweg mit der Gesellschaft. Das Bürgerforum ist ein Mittel, um solche Bestrebungen zu verfolgen. Daher wird das Bürgergutachten mit dem Vorbehalt veröffentlicht, dass ENTRIA sich die im Gutachten dargestellten Meinungen nicht zu Eigen macht. Eine wissenschaftliche Analyse des Bürgerforums wird in Kürze erfolgen.

Danksagung

Danksagung

Die Autoren möchten dem gesamten ENTRIA-Team ihren Dank aussprechen. Ihr besonderer Dank gilt Harald Budelmann, Joachim Stahlmann, Dennis Köhnke (Technische Universität Braunschweig), Konrad Ott, Moritz Riemann (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel), Miranda Schreurs, Achim Brunnengräber (Freie Universität Berlin) und Sophie Kuppler (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse am KIT) für ihre Beiträge. ENTRIA ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, Förderkennzeichen 02S9082A-F) finanziertes gemeinsames Forschungsprojekt.

References / Quellenverzeichnis

References / Quellenverzeichnis

(1) ENTRIA (2014): Memorandum zur Entsorgung hochradioaktiver Reststoffe. Klaus-Jürgen Röhlig et al., Hannover. (2) Röhlig, K.-J.; Hocke, P.; Smeddinck, U.; Walther, C. (2014): The Challenge of Interdisciplinarity: First Steps Towards a Joint Working Approach – the ENTRIA Project. DAEF Conference “Key Topics in Deep Geological Disposal”, Cologne, 24 – 26 September 2014. http://www.daef2014.org. (3) Röhlig, K.-J.; Kalmbach, K.; Brunnengräber, A.; Hocke, P.; König, C.; Kuppler, S.; Smeddinck, U.; Walther, C. (2015): Interdisciplinary Perspectives on Dose Limits in Radioactive Waste Management: A Research Paper Developed within the ENTRIA Project. Submitted to the First International Conference on Risk Perception, Communication and Ethics of Exposures to Ionising Radiation (RICOMET 2015), 15th to 17th of June 2015, Brdo Castle, Slovenia. (4) Brunnengräber, A.; Di Nucci, M.R.; Isidoro Losada, A.M.; Mez, L.; Schreurs, M. (2014): Nuclear Waste Governance. An International Comparison, Springer VS. (5) Kuppler, S. & Grunwald, A. (2014): The Swiss Approach to Finding Compromises in Nuclear Waste Governance. DAEF Conference “Key Topics in Deep Geological Disposal”, Cologne, 24 – 26 September 2014. http://www.daef2014.org. (6) AkEnd (2002). Auswahlverfahren für Endlagerstandorte – Langfassung. Report. (7) NEA (2003). Forum on Stakeholder Confidence (FSC). Stakeholder Involvement Tools: Criteria for Choice and Evaluation. 4th meeting of the NEA Forum on Stakeholder Confidence, Paris. (8) Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für Wärme entwickelnde radioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz – StandAG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2553). (9) Smeddinck, U./Roßegger, U. (2013): Partizipation bei der Entsorgung radioaktiver Reststoffe – unter besonderer Berücksichtigung des Standortauswahlgesetzes, Natur+Recht 2013, S. 548 – 556. (10) Smeddinck, U. (2015, forthcoming): Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Grenzwertfestlegung – eine Perspektive für die Strahlenschutzverordnung? in: König, C. /Smeddinck, U. (Hg.), Grenzwertbildung im Strahlenschutz. (11) Frevert, U. (2014):Vertrauensfragen – eine Obsession der Moderne, München. (12) Strauß, I.; Liebing, C.S.; Prescher, A.; Larisch, H.; Westen, T.; Schwaab, F.; Bader-Giese, S.; Lieshoff, T.; Wentzel, G; Tilmans, A.; Naberhaus-Höhner, M.; Kussicke, H.; Bernt, O.; Pommerenke, K.; Anders, O.; Wieder, A. (2015): Bürgergutachten. Bürgerforum: „Wohin mit unserem Atommüll?“.

Autoren

Autoren

Prof. Dr. Klaus-Jürgen Röhlig, ENTRIA spokesman and Professor for Repository Systems, Technical University Clausthal, Clausthal-Zellerfeld, Dr. Peter Hocke, ENTRIA deputy spokesman, Institute for Technology Assessment and Systems Analysis, Karlsruhe Institute of Technology (KIT), Karlsruhe, Prof. Dr. Ulrich Smeddinck, ENTRIA deputy spokesman and Adjunct Professor, Technical University Braunschweig, Prof. Dr. Clemens Walther, ENTRIA deputy spokesman and Head of the Institute for Radioecology and Radiation Protection, Leibniz University, Hannover
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