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Der bergbauliche Lebenszyklus und die Agenda 2030 der Vereinten Nationen – eine Nachhaltigkeitsanalyse

Mit der Agenda 2030 und der Formulierung von Zielen einer nachhaltigen Entwicklung ist der Prozess zur gleichwertigen Berücksichtigung sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben jedweder Art fortgeschrieben worden. Eine wesentliche Rolle hat dabei die Dynamik eingenommen, die mit der zunehmenden Weltbevölkerung, der Globalisierung und der Bekämpfung des Klimawandels verbunden ist. Damit kommen Entwicklungen und Instrumente zum Tragen, die von der Rohstoffbranche nicht unbeachtet bleiben dürfen, da sie mit erheblichen Chancen und Risiken verbunden sind. Tatsächlich bedarf es für die Bereitstellung von Georessourcen einer neuen und den sich verändernden Rahmenbedingungen angepassten Justierung der operativen Tätigkeiten und der Kommunikation. Der Beitrag identifiziert die im bergbaulichen Lebenszyklus vorhandenen Handlungsfelder für nachhaltige bergbauliche Prozesse und setzt sich mit den Folgen der Kreislaufwirtschaft sowie des kürzlich verabschiedeten Lieferkettengesetzes auf den Bergbau auseinander. Das daraus abzuleitende Narrativ für den Bergbau kann dessen Beitrag zur Umsetzung der 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung belegen. Nach Auffassung der Autoren lassen sich diese Ziele tatsächlich nur mit dem Bergbau realisieren. Allerdings muss die Rohstoffbranche den aktiven Nachweis führen, dass sie Teil der Lösung ist. Dazu bedarf es eines transparenten und umfassenden Chancen-Risiken-Managements, eines auf angepassten Monitoringdaten beruhenden Prozessverständnisses und einer Einbeziehung aller Betroffenen und Stakeholder. Die Realisierung bergbaulicher Vorhaben wird zukünftig wesentlich von der Positionierung der Beteiligten hinsichtlich Transparenz, Verbindlichkeit, Partizipation und Kommunikation beeinflusst.

Authors/Autoren: Prof. Dr.-Ing. Peter Goerke-Mallet, Prof. Dr. rer. nat. Christian Melchers, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN), Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum

Einleitung

Die Agenda 2030 wurde von den 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 2015 mit dem Ziel verabschiedet, grund-legende Veränderungen für nachhaltige Entwicklungen weltweit zu initiieren (1). Die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bezeichnete die Agenda, die eine systematische Transformation auf den Weg bringt, als historisch. Dabei geht es vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen im Kern um die Bekämpfung von Armut, einen globalen Umweltschutz, bessere Sozialstandards sowie klima- und umweltverträgliches Wirtschaften.

Eine grundlegende Definition für nachhaltige Entwicklungen nahm im Jahr 1987 die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung vor, auch Brundtland-Kommission genannt (2). Zitat: „Nachhaltig ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“. Zur weiteren Vorgeschichte der Agenda 2030 gehört die Rio-Konferenz 1992 und die dort verabschiedete Agenda 21 sowie der Millenniumsgipfel im Jahr 2000. Damals wurden die acht Millennium Development Goals (MDG) für das Jahr 2015 verabschiedet (3). Die MDGs nehmen u. a. die Ziele Armutsbekämpfung, Bildung, Gesundheit, Ökologie und Partnerschaften in den Blick. Diese Ziele werden auch durch die Agenda 2030 adressiert und den sich global veränderten Rahmenbedingungen angepasst.

In der Phase der Vorbereitung des Gipfeltreffens der UN im Jahr 2015 in New York wurde ein Dokument mit dem Titel „Transformation unserer Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ erarbeitet (1). In der Präambel werden unter fünf Oberbegriffen – den 5 Ps – die Themenbereiche der Agenda definiert: People – Planet – Prosperity – Peace – Partnership. Damit wird das Ziel der Agenda deutlich. Im Rahmen von Frieden und Partnerschaften sollen nachhaltige Entwicklungen umgesetzt werden, die bekanntermaßen in einer ausgewogenen Verfolgung ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Ziele bestehen.

Es ist unmittelbar zu erkennen, dass die fünf Kernbotschaften wesentliche Elemente des bergbaulichen Lebenszyklus adressieren. Die im Zentrum des bergbaulichen Prozesses stehende Lagerstätte ist Teil unseres Planeten. Ihre Nutzung erfolgt durch Menschen für Menschen und ist insofern auf ein beiderseitiges Wohlergehen ausgerichtet. Die (zumindest) temporären Eingriffe des Bergbaus in die Umwelt und die Belastungen für die betroffenen Menschen sind nur in einer partnerschaftlichen und friedlichen Atmosphäre in geordneten Bahnen zu halten. Im weitesten Sinne wird dieser Aspekt auch durch den bekannten Satz „Bergbau ist nicht eines Mannes Sache“ plakativ zum Ausdruck gebracht.

Gestützt wird diese Betrachtungsweise durch die Ergebnisse der von der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) veröffentlichten Umfrage bei großen internationalen Bergbaugesellschaften (4). Demnach wird seit einigen Jahren unverändert der Verlust der „license to operate“ als größtes unternehmerisches Risiko betrachtet. Die Lizenz zum Betrieb von Bergwerken hat für Unternehmen sowohl eine rechtliche als auch eine gesellschaftliche Komponente. Ohne die Zustimmung der Stakeholder – gemeint sind damit alle Interessenvertreter und die Betroffenen – ist der Betrieb von Bergwerken praktisch nicht möglich. In (5) heben Parra, Lewis und Ali die Bedeutung des Bergbaus innerhalb der Urproduktion hervor und beklagen, dass dem Endverbraucher die Vorteile des Bergbaus oft verborgen bleiben.

Tatsächlich hat sich bereits Georg Agricola in seinem grund-legenden Werk des Berg- und Hüttenwesens „De re -metallica libri“ mit der gesellschaftlichen Betreiberverantwortung („social license to operate“) auseinandergesetzt (6). Insbesondere im ersten Buch mit der Überschrift „Vom berg- und hüttenmännischen Beruf und seinem Nutzen“ befasst er sich mit den Argumenten der bergbaukritischen Öffentlichkeit. Seine Analyse der bergbauinduzierten Schäden in der Umwelt und dem Nutzen, den bergbauliche Aktivitäten in der Gesellschaft stiften, kann als Ansatz eines Risikomanagements verstanden werden. Als Universalgelehrter hat er den Bergbau, seine Besonderheiten und seine Auswirkungen beobachtet, interpretiert und kommuniziert. Das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum sieht sich der Tradition des Namengebers der Hochschule verpflichtet (7). Dies betrifft insbesondere die ganzheitliche Sichtweise auf den Bergbau und seinen Lebenszyklus, die sich in den vier Forschungsschwerpunkten des FZN abbildet (Bild 1).

Fig. 1. Focal points of research at the FZN. // Bild 1. Forschungsschwerpunkte im FZN. Source/Quelle: FZN

Angesichts des Wachstums der Weltbevölkerung ist von einem steigenden Bedarf an Georessourcen auszugehen, dessen Mix sich bedingt durch den technologischen Fortschritt sowie durch gesellschaftliche Prozesse verändern wird. Um transparente Lieferketten, Wirkzusammenhänge und eine Umsetzung der zirkulären Wertschöpfung ermöglichen zu können, ist eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit bergbaulicher Vorhaben erforderlich. Das Ziel muss darin bestehen, für den gesamten bergbaulichen Lebenszyklus und seine maßgeblichen Prozesse Transparenz zu schaffen und Verständnis im Rahmen einer umfassenden Kommunikation mit allen relevanten Interessengruppen aufzubauen. An diesem Punkt stellt sich die Frage nach der Verbindung zwischen der Nutzung von Lagerstätten (Georessourcen) und dem Begriff der Nachhaltigkeit sowie einer nachhaltigen Praxis.

Die Befriedigung des Rohstoff- und Energiebedarfs der Bevölkerung, des produzierenden Gewerbes und der Industrie ist ohne den Bergbau und die Energiewirtschaft nicht möglich. Damit verbunden sind Einflüsse auf das Umfeld der Bergwerke und Produktionsanlagen, die sich räumlich und zeitlich nicht immer begrenzen lassen. Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob der Bergbau im eigentlichen Sinn nachhaltig entwickelt, geführt und beendet werden kann. In Anbetracht der fundamentalen Definition des Begriffs der Nachhaltigkeit muss dies wohl verneint werden.

Die vorstehend formulierte Frage hat die Autoren aber dazu veranlasst, Antworten zu finden und Argumentationen zu entwickeln. Diese gehen von der Grundüberzeugung aus, dass auch bei der breiten Umsetzung der Prozesse der Kreislaufwirtschaft eine Versorgung der Volkswirtschaften mit bergbaulich gewonnenen Rohstoffen erforderlich bleiben wird. Insofern muss sich der Bergbau aktiv in die Diskussion über Nachhaltigkeit einbringen. Tatsächlich ist der Bergbau in das Streben nach der Umsetzung der Agenda 2030 intensiv eingebunden. Er muss sich am Transformationsprozess aktiv beteiligen, um seine Zukunftsfähigkeit laufend unter Beweis zu stellen. Diese Position wird auch gestützt durch die Forderung nach einer Erhöhung der Transparenz in den Lieferketten.

Die Agenda 2030 und die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Fig. 2. The 5 Ps and the 17 Sustainable Development Goals (SDGs). // Bild 2. Die 5 Ps und die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Source/Quelle: FZN

Die Konkretisierung der 5 Ps erfolgt durch die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung – im Englischen als Sustainable Development Goals (SDG) bezeichnet (8, 9). In den Bildern 2 und 3 sind die 17 Ziele den 5 Ps zugeordnet und vollständig dargestellt. Die 17 SDGs werden inhaltlich durch 169 Unterziele und Umsetzungsmittel näher beschrieben.

Fig. 3. The 17 Sustainable Development Goals (8). // Bild 3. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (8).

Adressierung des Bergbaus durch die 17 SDGs

Die Forschungsarbeiten des FZN sind im Umgang mit Georessourcen zunehmend darauf ausgerichtet, die Prozesse auf der Basis substantieller wissenschaftlicher Erkenntnisse in Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen zu bringen. Im Fokus stehen dabei sowohl Hinterlassenschaften aus früherer Gewinnung von Georessourcen als auch aktuelle oder geplante Projekte zu deren Nutzung. Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie hat die 17 SDGs übernommen (8). Die Kernbotschaften, die 5 Ps, weisen einen unmittelbaren Bezug zu bergbaulichen Lebenszyklen und zu wirtschaftlichen Fragestellungen rund um den Umgang mit Georessourcen auf:

  • Planet (Planet): Georessourcen sind Teil unseres Planeten. Ihre nachhaltige Nutzung muss im Einklang mit der Begrenzung des Klimawandels erfolgen. Als wesentliche Teile der natürlichen Lebensgrundlagen sind sie im Hinblick auf zukünftige Generationen sorgsam einzusetzen.
  • Mensch (People) und Wohlstand (Prosperity): Die Verfügbarkeit nachhaltiger Georessourcen hat die Schaffung geordneter Lebensumstände, die weltweite Beseitigung von Ungleichheiten und die gerechte Gestaltung der Globalisierung zum Ziel.
  • Frieden (Peace) und Partnerschaft (Partnership): Die Georessourcenwirtschaft kann nachhaltig nur auf der Grundlage einer globalen Solidarität und entsprechender Partnerschaften organisiert werden. Nur auf diese Weise lassen sich die Menschenrechte und ein friedliches Zusammenleben gewährleisten.

Dass bergbauliche Prozesse und die nachhaltige Nutzung von Georessourcen alle 17 SDGs adressiert, lässt sich vor diesem Hintergrund unmittelbar nachvollziehen. Diese Feststellung ist im Sinne eines Narrativs mit konkreten Aspekten zu belegen. Dazu werden die einzelnen SDGs mit entsprechenden Aussagen verbunden. In diese Analyse sind auch die 169 Unterziele und Umsetzungsmittel einbezogen. In einem Poster der Geological Society mit dem Titel „Geowissenschaften für die Zukunft“ sind die SDGs sehr anschaulich einzelnen Disziplinen und Herausforderungen zugeordnet (10). Bild 4 vermittelt einen Eindruck vom Informationsgehalt des Posters.

Fig. 4. Geosciences for the future (excerpt) after (10). // Bild 4. Geowissenschaften für die Zukunft (Ausschnitt nach (10)).

Die konkrete Verknüpfung der 17 SDGs mit Aspekten des bergbaulichen Lebenszyklus ist bewusst als lose Auflistung gestaltet. Angestrebt wird eine Diskussion im offenen Gedankenraum.

SDG 1 Keine Armut

Zugang zu Georessourcen ermöglichen; Grundeigentum und Verfügungsgewalt über Grund- und Boden sowie natürliche Ressourcen gewährleisten; Teilhabe am wirtschaftlichen Prozess organisieren; Verbesserung der Qualität der Umwelt durch Revitalisierung; Einbeziehung der Betroffenen und der lokalen Strukturen in die wirtschaftlichen Prozesse der Gewinnung und Nutzung der Georessourcen; Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen mit guten Verdienstmöglichkeiten; Verringerung der Anfälligkeit der Öffentlichkeit gegenüber Katastrophen.

SDG 2 Kein Hunger

Ehemalige bergbaulich genutzte Flächen zeitnah revitalisieren und für die Nahrungsmittelproduktion verfügbar machen; zuverlässige Bereitstellung von Düngemitteln und Wasser; Entwicklung von sozialen und ökonomischen Perspektiven für die Betroffenen der bergbaulichen Aktivitäten; Erhalt von Ökosystemen.

SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen

Verbesserung der Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Arbeitssicherheit bei der Gewinnung und Aufbereitung von Georessourcen; Minimierung/Verhinderung der Belastungen der Umweltmedien; Wiedernutzbarmachungen bergbaulicher Areale vorantreiben; Lebensqualität Betroffener erhalten; Minimierung bergbaulicher Risiken; Partizipation der Stakeholder; ökonomisches Wohlergehen durch Arbeit im Bergbau; Management von Gesundheitsrisiken stärken; Transparenz der Lieferketten beachten.

SDG 4 Hochwertige Bildung

Qualifizierte Ausbildung von Studierenden; Schaffung eines Bewusstseins für nachhaltige Prozesse; Erweiterung des vorhandenen globalen Netzwerks; globale Forschungskooperationen eingehen; Mitwirkung bei der Erarbeitung globaler Standards (ISO), Kommunikation intensivieren, Spezial-Berufsausbildungen, z. B. Grubenwehr, vornehmen; Qualifizierung durch Aus- und Weiterbildung von Fachkräften im In- und Ausland; Aufbau von Know-how für die Teilhabe am Veränderungsprozess bei Betroffenen; Qualifikation für eine anständige Beschäftigung und eine menschenwürdige Arbeit; Wertschätzung kultureller Aspekte.

SDG 5 Geschlechtergerechtigkeit

Schaffung von Transparenz und Akzeptanz bezüglich der Rolle der Frau in der Georessourcenwirtschaft; Vorbereitung auf Führungsaufgaben; Stärkung der Position von Frauen in Entscheidungsprozessen; Diskriminierung verhindern; Recht auf wirtschaftliche Ressourcen stärken.

SDG 6 Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen

Grund- und Trinkwasserschutz beachten; geordneter Umgang mit der Ressource Wasser; Nutzung von Geoinformationen sowie Umwelt- und Geomonitoring-Daten; Bearbeitung von Gruben-/Grundwasserthemen bearbeiten; Grund- und Grubenwasser reinigen; Schadstoff-Analysen und -aufbereitungsfragen; Aufbau von Infrastrukturen für die Ver- und Entsorgung; Effizienz der Wassernutzung steigern; Ökosysteme schützen.

SDG 7 Bezahlbare und saubere Energie

Nutzung von Erdwärme/Geothermie und Wasserstoff; Reaktivierung von Flächen für die Produktion regenerativer Energien; Inwertsetzung energetischer Potentiale aus der Produktionskette von Rohstoffen (Grubenwasser und -wärme, Methan etc.); Minimierung der Umwelteinflüsse aus der Energiegewinnung; Zugang zu Energiedienstleistungen sichern; Energieversorgung für lokale Kommunen übernehmen; Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität vorantreiben.

SDG 8 Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum

Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltbelastungen; Schaffung von Transparenz bei den Lieferketten; Zwangs- und Kinderarbeit beenden; Bereitstellung von Verfahren für die nachhaltige Nutzung von Georessourcen; Optimierung von Prozessen in der Rohstoffwirtschaft; neue, gute Jobs mit Perspektive schaffen; Einbeziehung von Betroffenen in die Veränderungsprozesse; Partizipation verbessern; Arbeitsrechte stärken.

SDG 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur

Ausbau von Wissenschaft, Forschung und Forschungskooperationen; Reaktivierung und Transition beachten; Gestaltung des Strukturwandels; innovative Untersuchungsmethoden im Nachbergbau etablieren; Firmengründungen (Produkte, Dienstleistungen etc.) fördern; qualifizierte Labore fördern; verlässliche Infrastrukturen aufbauen und stärken; einheimische Technologieentwicklungen und Wertschöpfungen fördern; Vermeidung von CO2– und CH4-Emissionen; Förderung klimaneutraler Prozesse.

SDG 10 Weniger Ungleichheiten

Verbesserung des Marktzugangs für die Produkte aus Ländern des globalen Südens; Schaffung von Transparenz im Rahmen von Forschungskooperationen und Wissenstransfer; soziale und wirtschaftliche Inklusion fördern; Mitsprache bei Entscheidungsfindungen in globalen Institutionen verbessern; Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung schaffen; anständige Bezahlung und soziale Absicherung gewährleisten.

SDG 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden

Maßnahmen im Rahmen von Reaktivierung und Transition; Umwelt- und Geomonitoring betreiben; Umgang mit der Ressource Wasser optimieren; Mikroklima beobachten; nachhaltiger Umgang in der Nutzung von Georessourcen; Kreislaufwirtschaft fördern; Grundwasserschutz verbessern; Umweltbelastungen senken; Bodenbewegungen minimieren; Bergschäden vermeiden und geordnet regulieren; bergbauliche Hinterlassenschaften zeitnah wiedernutzbar machen; Risiken für Sicherheit der Tagesoberfläche minimieren; neue Perspektiven in der Nachbergbau-Phase schaffen.

SDG 12 Nachhaltiger Konsum und Produktion

Schaffung von Transparenz in den Lieferketten; Kommunikation intensivieren; Bedeutung bergbaulicher Rohstoffe innerhalb der Kreislaufwirtschaft herausstellen; Optimierung in der Nachnutzung von Aufbereitungsabgängen und Haldenmaterialien; Nachbergbau-Phase planen und organisieren; nachhaltige Bewirtschaftung und Nutzung von Georessourcen organisieren; umweltverträglicher Umgang mit Abfallstoffen; soziale und ökologische Risiken klein halten; Planung von Betriebsanlagen unter Berücksichtigung von Extremwetterereignissen; Rohstoffverarbeitung in der Nähe des Gewinnungsorts vornehmen; Optimierung der Logistikketten; Gewinnungs-, Produktions- und Aufbereitungsverfahren unter Nachhaltigkeitsaspekten optimieren; Fußabdruck verkleinern; Urban Mining verfolgen; Decarbonisierung steuern.

SDG 13 Maßnahmen zum Klimaschutz

Umwelt- und Geomonitoring betreiben; Vermeidung von CH4-Austritten durch aktive Nutzung zur Strom- und Wärmegewinnung; Abmilderung von Extremwetterereignissen durch Nutzung bergbaulicher Infrastrukturen; Degradation von Flächen vermeiden; Aufforstungen vornehmen; CO2-Sequestrierung und untertägige Speicherung im Blick halten; CO2-Senken generieren; Prozesse zur klimaneutralen Rohstoffgewinnung initiieren.

SDG 14 Leben unter Wasser

Reduktion der Einleitung belasteter Grubenwässer in die Vorflut; Aufbereitungsmaßnahmen vorsehen; nachhaltige Gewinnung von Georessourcen im marinen Milieu; Umwelt- und Geomonitoring betreiben; Schutz von Ökosystemen; Nutzung unterseeischer Lagerstätten (Meeresbergbau) mit Umweltkosten planen; nachbergbauliche Phase im Blick halten.

SDG 15 Leben an Land

Reaktivierung von Bergbauflächen mit hohen Standards planen und zeitnah umsetzen; Folgenutzung von Infrastrukturen bedenken; Partizipation der Stakeholder organisieren; Prozessverständnis bei Ökosystemen verbessern; Optimierung des Wassermanagements im Bergbau, z. B. in Polderflächen; Bodendegradation entgegenwirken; biologische Vielfalt erhalten; Flächen aufforsten; Endlagerung hochradioaktiver Abfälle transparent entwickeln.

SDG 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Schaffung von Transparenz bezüglich der Bereitstellung und Nutzung von Georessourcen; Partizipation stärken; Qualifizierung fördern; Ausbeutung von Menschen beenden; Kommunikation stärken; Rechtsstaatlichkeit fördern; Korruption entgegenwirken; Zugang zu Rohstoffen und Ressourcen ermöglichen.

SDG 17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Forschungskooperationen eingehen; Netzwerke bilden; Kommunikation intensivieren; Wissenstransfer organisieren; Zusammenarbeit in Wissenschaft, Innovation und Technologieentwicklung verbessern; Qualifizierung fördern; Marktzugänge erhöhen; partnerschaftliche Geschäftsmodelle gestalten; Qualitätskriterien für die Organisation von Partnerschaften entwickeln und messbare Kriterien festlegen; Partizipation intensivieren.

Die Auflistung offenbart im Hinblick auf die Chancen und Risiken sowie die Herausforderungen des bergbaulichen Lebenszyklus eine erhebliche Bandbreite an Handlungsoptionen. Zur Entwicklung eines Narrativs für den Bergbau sollen zusätzlich die drei fundamentalen Gesichtspunkte eines nachhaltigen Prozesses, also Ökologie, Soziales und Ökonomie, in den Blick genommen werden. Im Sinne einer Synthese ergeben sich folgende Gedankenansätze:

Ökologie

Während des gesamten Lebenszyklus eines Bergwerks, also von der Exploration über die Produktionsphase bis zur Stilllegung und Verwahrung, sind vielfältige Auswirkungen auf Boden, Wasser und Luft zu konstatieren. Das Treibhausgas Methan, welches in Stein- und Braunkohlen, Erdöl und Erdgas vorkommt, wird freigesetzt. Halden und industrielle Absetzbecken nehmen Land in Anspruch und können zu Stoffeinträgen in Grund- und Oberflächenwasser führen. Anlagen an der Tagesoberfläche bewirken eine Bodenversiegelung. Die Gewinnung von Georessourcen im Untergrund oder an der Tagesoberfläche greift außerdem in den natürlichen Grundwasserhaushalt ein bzw. kann zu einer permanenten Veränderung von Wasserkörpern führen. Diese Einwirkungen enden nicht mit der Einstellung des Abbaus, sondern beeinflussen auch die Nachbergbauphase in erheblichem Ausmaß. Hier stellt sich u. a. die Frage, wie nachhaltige Prozesse im Zug der Verwahrung und Restrukturierung von bergbaulichen Anlagen organisiert werden können, wenn Ewigkeitsaufgaben in Rede stehen. In diesem Kontext ist insbesondere die Ressource Wasser von Bedeutung.

Durch ein angepasstes Monitoringprogramm wird in Verbindung mit einem Risikomanagement das Verständnis der sich vollziehenden Prozesse permanent verbessert. Damit erhöht sich auch die Sicherheit von Prognosen und es entwickelt sich eine Wissensbasis, die für die verbindliche, verlässliche und vertrauensvolle Kommunikation mit den Stakeholdern, also auch den Betroffenen, unerlässlich ist (11).

Soziales

Eine nachhaltige Nutzung von Georessourcen ist eine wichtige Vor-aussetzung für die Akzeptanz der zukünftigen Gewinnung, auch in Deutschland. Transparenz und Kommunikation zu den ökologischen, sozialen und ökonomischen Effekten sowie eine breite Zustimmung in der Öffentlichkeit sind die zentralen Voraussetzungen für die Social Licence to Operate, also der gesellschaftlichen Akzeptanz. Dies trifft auch auf die Nachbergbauphase zu, denn ein erfolgreicher Strukturwandel nach der Beendigung des Bergbaus benötigt die Akzeptanz der umzusetzenden Maßnahmen.

Bergbauliche Prozesse weisen häufig eine enorme raumzeitliche Dynamik auf, die der Öffentlichkeit nur durch eine holistische Herangehensweise zu vermitteln ist. Mit anderen Worten, die Kommunikation muss für alle Aspekte des bergbaulichen Lebenszyklus nachvollziehbare, klare und glaubwürdige Argumentationen finden. Dazu gehört auch der sehr frühzeitige Blick auf Fragestellungen der Transition und der Reaktivierung bergbaulich genutzter Areale. Ein erfolgreicher Strukturwandel kann nur unter intensiver Einbindung aller Stakeholder und der Bewertung der sozioökologischen und -ökonomischen Rahmenbedingungen gelingen.

Ökonomie

Den Autoren ist die besondere Komplexität bergbaulicher Prozesse bewusst. Zentrale Aspekte sind ihre Standortgebundenheit an den Ort der Lagerstätte und die Frage der rechtlichen Verfügbarkeit. Das bergbauliche Risiko dokumentiert sich in unsicheren Prognosen bezüglich der Beschaffenheit, der Bonität der Lagerstätte und der Langfristigkeit des Lebenszyklus. Hier ist auch auf die letztlich kaum vorhandene Flexibilität eines Wirtschaftszweigs in der Urproduktion zu verweisen. Diese Ausführungen ließen sich beliebig fortsetzen. Festzuhalten ist, dass die genannten Risiken einer angemessenen Absicherung bedürfen. Ob diese ausschließlich in ökonomischen Dimensionen zu betrachten ist oder ob es weitere Anreize für die Aufnahme bergbaulicher Tätigkeiten gibt oder in Zukunft geben könnte, sollte im Rahmen gesellschaftspolitischer Diskussionen erörtert werden. Erscheint der Versuch, die lokale Überwindung des Sankt-Florians-Prinzips (Nimby-attitude) im Hinblick auf gesamtgesellschaftlich relevante Rohstoffprojekte zu unternehmen, zu ambitioniert? Eine Debatte über die notwendigen Voraussetzungen soll durch diesen Beitrag unterstützt werden.

Über die Betrachtung der drei zentralen Aspekte hinaus ist im Übrigen festzuhalten, dass bergbauliche Prozesse nur nachhaltig gestaltet werden können, wenn die verantwortlichen Personen über eine qualifizierte Ausbildung verfügen. Insofern ist das bewährte System der engen Verknüpfung von Forschung und Lehre fortzuschreiben. Dies betrifft auch den permanenten Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft auf der Basis der national wie international bestehenden Plattformen. Dazu gehören die berufsständischen Organisationen ebenso wie Fachgremien und Normungsinstitutionen.

Der Wissenschaft kommt im Rahmen der Transformation die Aufgabe zu, an der Weiterentwicklung der Informationsbasis für die Öffentlichkeit und der Gestaltung der Narrative für die Bergbauunternehmen mitzuwirken. Dazu gehört auch, Vorort-Projekte aufzugreifen und ihre Bedeutung im gesamtgesellschaftlichen Kontext darzustellen. Im von Parra, Lewis und Ali bearbeiteten Sammelband (5) wird eine evidenzbasierte Analyse der Verbindungen zwischen dem Bergbau und den SDG verfolgt. Durch die in 17 Einzelkapiteln behandelten unterstützenden und hemmenden Faktoren sollen der allgemeine Diskurs vorangebracht und polarisierende Positionen zwischen Politik und Industrie entschärft werden.

Aus Sicht der unternehmerischen Praxis mag man zu dem Schluss kommen, dass dem Nachhaltigkeitsparadigma bisher noch kein großer Erfolg beschieden war. Diese Auffassung ist Basis der Analyse von Blühdorn et al. (12), in der sich ein Autorenteam kritisch mit dem Stand des Transformationsprozesses auseinandersetzt. Es wird kritisiert, dass sich die Nachhaltigkeitspolitik nicht empirisch mit Zuständen und Veränderungen in der Umwelt befasst, sondern mehr mit den Sorgen und Ängsten gesellschaftlicher Akteure. Mit dem Wort „Hoffnungsnarrativ“ wird der Skepsis über dessen breite Wirksamkeit der Transformation Ausdruck verliehen. Nach Auffassung der Autoren des vorliegenden Beitrags greift diese Beurteilung im Hinblick auf die Nutzung von Georessourcen zu kurz. Aus der Verknüpfung der Themen „Nachhaltigkeit“, „Erhöhung der Transparenz in den Lieferketten“ und „Kreislaufwirtschaft“ resultieren erhebliche Chancen für die Rohstoffbranche, die nicht ungenutzt bleiben sollten.

Transparenz der Lieferketten

Das sogenannte Lieferkettengesetz – Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – LkSG) – wurde am 16. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (13). Es tritt mit seinem wesentlichen Inhalt am 1. Januar 2023 in Kraft. Ziel des Gesetzes ist es, in den globalen Lieferketten den Schutz der Menschenrechte zu verbessern, was u. a. auch das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit einschließt (14). Die Sorgfaltspflichten von Unternehmen in Deutschland werden festgelegt. Diese beziehen sich auf die gesamte Lieferkette, also vom Rohstoff bis zum Endprodukt. Dabei sind die Anforderungen, die an die Unternehmen gestellt werden, im Hinblick auf ihr Einflussvermögen abgestuft.

Durch die Verabschiedung des Lieferkettengesetzes tritt gewissermaßen ein Paradigmenwechsel ein (15). Dieser verbindet sich mit der Forderung von NGOs nach einer Reform der deutschen Rohstoffstrategie und -politik. Es wird beklagt, dass der Rohstoffabbau viel zu häufig Probleme hinterlässt, die von den Betroffenen allein nicht gelöst werden können. Insofern kann Rohstoffreichtum zum Fluch geraten. Tatsächlich gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass im Rohstoffsektor Menschenrechte verletzt und Schäden in der Umwelt verursacht werden (16). Diesen Fehlentwicklungen gilt es, durch mehr Sorgfalt und Transparenz entlang der Lieferketten entgegenzuwirken. Mit der Abkehr von freiwilliger Corporate Social Responsibility und der Hinwendung zu verbindlichen Vorgaben werden Sorgfalts- und umweltbezogene Pflichten festgeschrieben und behördliche Durchsetzungen geregelt. Diese Bemühungen werden auf der EU-Ebene durch die am 1. Januar 2021 in Kraft getretene Konfliktmineralien-Verordnung unterstützt. Für die Importeure von Zinn, Tantal, Wolfram und Gold gelten damit spezifische Sorgfalts- und Prüfpflichten entlang der Lieferkette (17). Hier ist auch auf den europäischen Green Deal zu verweisen, der u. a. auf ressourceneffiziente Maßnahmen und eine Verbesserung der Partizipation der Bevölkerung und der Regionen ausgerichtet ist (18).

Die nun angestoßenen Prozesse sollten auf die gesamtgesellschaftliche Wahrnehmung der globalen Verfügbarkeit von Rohstoffen Einfluss haben. Tatsächlich setzt sich die breite Öffentlichkeit kaum mit dem eigenen Konsumverhalten und mit Fragen nach der Herkunft der Rohstoffe in den konsumierten Produkten auseinander. Wie auch in anderen Sektoren der Urproduktion ist eine erhebliche Entfremdung der Öffentlichkeit hinsichtlich der Rahmenbedingungen der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen festzustellen. Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Energie- und Mobilitätswende wird diese Haltung besonders deutlich. So findet eine breite Auseinandersetzung über die Verfügbarkeit der benötigten Rohstoffe bisher kaum statt. In diesem Kontext ist auf die Arbeit des German Mining Network hinzuweisen, das aus acht Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe an Auslandshandelskammern in wichtigen Rohstoffnationen besteht, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) unterstützt werden (19). Neben weiteren Institutionen ist die THGA Mitglied in diesem Netzwerk.

Die Schaffung von Transparenz sollte sich mit kommunikativen Anstrengungen verbinden. Auf diesem Weg kann mehr Verständnis in der Öffentlichkeit für nationale wie globale Herausforderungen der Rohstoffbranche erzeugt werden. In diesem Zusammenhang ist auf die Aktivitäten der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI ) hinzuweisen (20). Diese Transparenzinitiative wird aktuell von 56 Staaten getragen. Ihre Ziele bestehen darin, für die Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfung von Rohstoffen Daten bereitzustellen, den Dialog über die Verwendung von Einnahmen aus dem Rohstoffsektor zu gestalten und einen Beitrag zur guten Regierungsführung zu leisten. Mit der Umsetzung der internationalen Standards in den nationalen Rahmen hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2015 gemeinsam mit Experten u. a. aus der Wirtschaft und aus Verbänden Weichen für eine Erhöhung der Transparenz auch im heimischen Bergbau gestellt (21). In seinem aktuellen Beitrag zum Thema „Rohstoffe“ stellt das BMWi ausdrücklich die Vorteile der heimischen Gewinnung von Rohstoffen heraus. Sie ist ökologischer, sicherer (Arbeitsschutz) und partizipativer (lokale Arbeitsplätze) (22). Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, den nationalen Bergbau mit den 17 SDGs in Einklang zu bringen und die gesamte Rohstoffbranche auf die Kreislaufwirtschaft abzustimmen (23). Diese Position unterstützt ein Diskussionspapier der Fachgruppe Rohstoffe von Scientists for Future (24). Darin werden im Hinblick auf kritische Rohstoffe die Stärkung des heimischen Bergbaus vorgeschlagen sowie ein verantwortlicher Bergbau (Responsible Mining) und die Förderung der Kreislaufwirtschaft thematisiert.

Zirkuläre Wertschöpfung

Das Konzept der zirkulären Wertschöpfung (Circular Economy) orientiert sich an geschlossenen Kreisläufen bei der Entwicklung, Fertigung, Nutzung und Entsorgung von Produkten (25). Betrachtet werden der gesamte Lebenszyklus eines Produkts, dessen Wertschöpfungsprozess sowie dessen Nutzen für die Verbraucher. Im Gegensatz zum aktuellen linearen Wirtschaftsmodell basiert das wirtschaftliche Wachstum in einer zirkulären Wirtschaft im Idealfall nicht auf dem Einsatz von Primärrohstoffen, schafft aber dennoch Raum für Innovationen und wirtschaftliche Entwicklung. Ein derartiges Wirtschaftssystem kann auch vor dem Hintergrund der 17 SDGs als nachhaltig betrachtet werden. Der Prozess der zirkulären Wertschöpfung und seiner Elemente wird durch Bild 5 veranschaulicht.

Fig. 5. Circular Economy (26). // Bild 5. Zirkuläre Wertschöpfung (26).

Die Bedeutung des zirkulären Konzepts für den Bergbau und die Rohstoffwirtschaft ist offenkundig. Allerdings gilt es darauf hinzuweisen, dass primäre Rohstoffe auch innerhalb dieses Wirtschaftsmodells benötigt werden. Der Anteil der bergbaulich produzierten Rohstoffe dürfte von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich sein. Insofern ist die umfassende Beschreibung der Lebenszyklen der einzelnen Produkte unabdingbar. An dieser Stelle passt eine Abwandlung des bekannten Spruchs: „Wenn man es nicht anbauen oder wiederverwenden kann, muss man es abbauen“.

Der Blick auf die Argumentationen der Skeptiker des Konzepts der zirkulären Wertschöpfung offenbart aufschlussreiche Aspekte (27). So lässt sich am Beispiel des Rohstoffs Sand zeigen, dass es u. a. bei dem Produkt Beton ganz wesentlich um den Bedarf an einem „frischen“ Zuschlagstoff geht. Auch geltende technisch-sicherheitliche Regularien sind kaum abgestimmt auf den umfassenderen Einsatz recycelter Materialien, deren Qualitätseigenschaften unzertifiziert sind. Betrachtet man das Rohstoffvorkommen Elektroschrott, so ist festzustellen, dass die Konzentrationen bestimmter Elemente in natürlichen Lagerstätten deutlich grösser sind. Tatsächlich wird das Argument der Umweltverträglichkeit des Prozesses häufig als systemimmanent unterstellt, es fehlt aber an einem konkreten Nachweis. Mit Blick auf Deutschland als großer Exportnation ist für die Bilanz der zirkulären Wertschöpfung festzuhalten, dass die in den exportierten Produkten vorhandenen Rohstoffe den geschlossenen Kreislauf verlassen haben und nicht mehr verfügbar sind.

Hier macht sich auch die Frage nach dem sogenannten Rebound-Effekt fest. Danach resultiert eine Verringerung der Herstellungskosten eines Produkts – dazu müsste in letzter Konsequenz die Zirkularität führen – in einem erhöhten Verbrauch. Interessant ist deshalb auch die Frage nach den Wünschen und Reaktionen der Konsumenten. Möglicherweise verstellt die Sichtweise auf die technischen Aspekte der zirkulären Wertschöpfung den Blick auf den Menschen und dessen Wünsche und Anforderungen (27).

Die Strategie der zirkulären Wertschöpfung muss als konsequente Reaktion auf das Nachhaltigkeitsparadigma gewertet werden. Der hiermit verbundene Transformationsprozess ist insbesondere auch wegen des holistischen Charakters der Kreislaufwirtschaft herausfordernd. Damit ist auch für dieses Konzept das faktenbasierte Denken in Chancen und Risiken, die beständige Beobachtung der ablaufenden Prozesse und die Schaffung von Transparenz durch Kommunikation mit allen Stakeholdern entscheidend.

Fazit

Eine Weltbevölkerung von fast 8 Mrd. Menschen und deren Recht auf menschenwürdige Lebensumstände bedeuten für die Nutzung von Georessourcen enorme Herausforderungen. Der Klimawandel, die Energie- und Mobilitätswende sowie die Digitalisierung werden den Rohstoffmix in seiner Zusammensetzung und seinem Umfang verändern. Die Bereitstellung dieser Ressourcen muss sich an den in der Agenda 2030 der UN formulierten Ziele der nachhaltigen Entwicklung orientieren. Anderenfalls würde sich die heute vorhandene Entfremdung der Konsumenten vom Bergbau als einem wesentlichen Element der Urproduktion weiter verstärken. Dem damit verbundenen Verlust der Social License to Operate muss im Interesse der Finanzier- und Durchführbarkeit bergbaulicher Projekte unter allen Umständen wirksam begegnet werden.

Der Schlüssel für die Rohstoffbranche findet sich in der aktiven Befassung mit den Handlungsfeldern zur Umsetzung der 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung, die vielfältige Aspekte des Bergbaus adressieren. Das Chancen-Risiken-Potential bergbaulicher Projekte muss dazu über den gesamten Lebenszyklus gehandhabt, durch angepasste Geomonitoring-Programme begleitet und durch eine verbindliche Kommunikation mit den Stakeholdern transparent gemacht werden.

Die verstärkte Berücksichtigung von Nachhaltigkeit dokumentiert sich auch in der Schaffung von Transparenz der Lieferketten für verschiedenste Rohstoffe und Produkte sowie in der Gestaltung von Prozessen zur zirkulären Wertschöpfung. Die mit der Bereitstellung von Georessourcen befassten Unternehmen und Institutionen werden sich in diese Entwicklungen einbringen müssen. Dazu bedarf es der Entwicklung eines Narrativs für den Bergbau, das dessen aktives Bemühen um Nachhaltigkeit, Transparenz und Kommunikation überzeugend zum Ausdruck bringt. Die Positionierung der Unternehmen würde zukünftig neben der Verantwortung für die Shareholder auch die für die Stakeholder umfassen. Der Bergbau könnte damit die Rolle eines Anbieters von Rohstoffen übernehmen, auf welche die Welt bei der Bewältigung globaler Aufgaben zählen kann.

References/Quellenverzeichnis

References/Quellenverzeichnis

References

(1) Martens, J.; Obenland, W. (2017): Die Agenda 2030. Globale Zukunftsziele für nachhaltige Entwicklung. Online: https://www.globalpolicy.org/sites/default/files/Agenda_2030_online.pdf, zuletzt aufgerufen am 27.11.2021.

(2) Lexikon der Nachhaltigkeit: Brundtland Bericht, 1987. Online: https://www.nachhaltigkeit.info/artikel/brundtland_report_563.htm, zuletzt aufgerufen am 27.11.2021.

(3) Die Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDG) (2009). Online: https://reset.org/die-millenniums-entwicklungsziele-millennium-development-goals-mdg/, zuletzt aufgerufen am 27.11.2021.

(4) Ernst & Young (EY) (2020): Top 10 business risks and opportunities – 2020. URL: https://www.ey.com/en_gl/mining-metals/10-business-risks-facing-mining-and-metals, zuletzt aufgerufen am 28.12.2021.

(5) Cristian Parra, C.; Lewis, B.; Ali, S. H. (Hrg.) (2021): Mining, Materials, and the Sustainable Development Goals (SDGs) 2030 and Beyond. Taylor & Francis Group, LLC, 240 S.

(6) Georg Agricola, G.: Vom Berg- und Hüttenwesen. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 1977, 610 S.

(7) Goerke-Mallet, P.; Rudolph, T.; Brune, J. F.; Kretschmann, J. (2020): Die Bedeutung der Social Licence to Operate für den bergbaulichen Lebenszyklus. In: Mining Report Glückauf (156), Heft 4, S. 323 – 332.

(8) Bundesregierung (2021): Nachhaltigkeitsziele verständlich erklärt. Online: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/nachhaltigkeitsziele-verstaendlich-erklaert-232174 und https://sdgs.un.org/goals, zuletzt aufgerufen am 18.12.2021.

(9) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ: Agenda 2030. Die globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung. Online: https://www.bmz.de/de/agenda-2030, zuletzt aufgerufen am 18.12.2021.

(10) The Geological Society: Geowissenschaften für die Zukunft. Online: https://www.geolsoc.org.uk/Posters, zuletzt aufgerufen am 19.12.2021.

(11) Rudolph, T., Goerke-Mallet, P. (2021): Steigerung der gesellschaftlichen Akzeptanz im Management von Tailings-Storage-Facilities (TSF). In: GeoResources Zeitschrift 3/2021, S. 35 – 40. Online: https://www.georesources.net/images/Sonderdrucke/Steigerung-der-gesellschaftlichen-Akzeptanz-im-Management-von-Tailings-Storage-Facilities-GeoResources-Sonderdruck.pdf and https://www.georesources.net/images/Sonderdrucke/Increasing-social-Acceptance-in-the-Management-of-Tailings-Storage-Facilities-GeoResources-Special-Edition.pdf

(12) Blühdorn, I. et al. (2020): Nachhaltige Nicht-Nachhaltigkeit. Warum die ökologische Transformation der Gesellschaft nicht stattfindet. 2. Auflage, transcript Verlag Bielefeld. ProQuest Ebook Central, 346 S.

(13) Buzer.de Bundesrecht. Online: https://www.buzer.de/LkSG.htm, zuletzt aufgerufen am 18.12.2021.

(14) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ (2021): Das Lieferkettengesetz ist da. Online: https://www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/lieferkettengesetz, zuletzt aufgerufen am 30.11.2021.

(15) Initiative Lieferkettengesetz.de (2021): Was das neue Lieferkettengesetz liefert – und was nicht. Online: https://www.germanwatch.org/sites/default/files/Initiative-Lieferkettengesetz_Analyse_Was-das-neue-Gesetz-liefert_0.pdf, zuletzt aufgerufen am 18.12.2021.

(16) Extractive Industries Transparency Initiative EITI (2021): Was nützt (D)EITI? Die Transparenzinitiative über Rohstoffabbau in Deutschland auf dem Prüfstand. Online: https://www.forumue.de/was-nuetzt-d-eiti-die-transparenzinitiative-ueber-rohstoffabbau-in-deutschland-auf-dem-pruefstand/, zuletzt aufgerufen am 28.12.2021.

(17) IHK Düsseldorf (2021): EU-Konfliktmineralien-Verordnung. Online: https://www.duesseldorf.ihk.de/aussenwirtschaft/aktuelles/eu-konfliktmineralien-verordnung-5078304, zuletzt aufgerufen 18.12.2021.

(18) Europäische Kommission: Umsetzung des europäischen Grünen Deals. Online: https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal/delivering-european-green-deal_de und https://ec.europa.eu/info/strategy/priorities-2019-2024/european-green-deal_en, zuletzt aufgerufen am 20.12.2021.

(19) German Mining Network: Internationale Bergbau- und Rohstoffkompetenz für deutsche Unternehmen. Online: https://germanmining.net/, zuletzt aufgerufen am 20.12.2021.

(20) Extractive Industries Transparency Initiative EITI (2021): The global standard for the good governance of oil, gas and mineral resources. Online: https://eiti.org/, zuletzt aufgerufen 18.12.2021.

(21) Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz BMWi (2021): Transparenz in der rohstoffgewinnenden Industrie. Online: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/gewinnung-heimischer-rohstoffe-transparenz-06.html, zuletzt aufgerufen am 28.12.2021.

(22) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2021): Rohstoffe. Bergbau, Recycling, Ressourceneffizienz – wichtig für Wohlstand und Arbeitsplätze https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Industrie/rohstoffe-bergbau-recycling-ressourceneffizienz.pdf?__blob=publicationFile&v=18, zuletzt aufgerufen am 28.12.2021

(23) Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (2019): Rohstoffstrategie der Bundesregierung Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nichtenergetischen mineralischen Rohstoffen. Online: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/rohstoffstrategie-bundesregierung.html, zuletzt aufgerufen am 18.12.2021.

(24) Ganswind, F.; Neumann, M.; Diedel, R.; Engelbrecht, H.; Junge, M.; Masurenko, C. (2021): Positionen zu einer nachhaltigen Rohstoffstrategie Deutschlands. Diskussionspapier der Fachgruppe Rohstoffe von Scientists for Future (S4F). 4 S., doi:10.5281/zenodo.5768187

(25) Prosperkolleg (2021): Was ist zirkuläre Wertschöpfung. Online: https://prosperkolleg.de/was-ist-zirkulaere-wertschoepfung/, zuletzt aufgerufen am 17.12.2021.

(26) Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW: Perspektive auf die wertschöpfungskette/ Zirkuläre Wertschöpfung. Online: http://www.zirkulaere-wertschoepfung-nrw.de/Zirkul%C3%A4re-Wertsch%C3%B6pfung/Perspektive-auf-die-Wertsch%C3%B6pfungskette/ und https://www.europarl.europa.eu/committees/de/circular-economy-action-plan-/product-details/20201106CDT04441, zuletzt aufgerufen am 19.12.2021.

(27) Loviscach, J. (2020): Zirkuläre Wertschöpfung: Wo knirscht es? Online: https://www.youtube.com/watch?v=yrtTi0N2RdQ, zuletzt aufgerufen am 17.12.2021.

Authors/Autoren: Prof. Dr.-Ing. Peter Goerke-Mallet, Prof. Dr. rer. nat. Christian Melchers, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN), Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum
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