Bekannt ist der Begriff des „Urban Mining“. Zu verstehen ist darunter die Wertstoffgewinnung aus anthropogenen Hinterlassenschaften. So werden u. a. beim Rückbau von Gebäuden die darin verbauten Wertstoffe, wie z. B. Kupferleitungen und Kupferkabel oder alte Bleirohre, gesondert entnommen und die Metalle einer erneuten Nutzung zugeführt. Betonabbruch wird recycelt zu neuem Zuschlagstoff und aus Ziegelbruch wird Pflanzensubstrat.
Eine Unterart des Urban Mining stellt das „Landfill Mining“ dar, weniger geläufig in deutscher Sprache „Deponiebergbau“. Hausmülldeponien waren in früheren Jahren weit verbreitet und gehörten zu fast jeder Ansiedlung. Geschätzt werden allein in Deutschland ca. 106.000 Altablagerungen und ca. 372 Altdeponien (Stand 1988). Letztere durften z. T. noch bis zum Jahr 2005 organische Abfälle einlagern.
Bevor Altdeponien und -ablagerungen jedoch geöffnet werden können, um die darin enthaltenen Werte zu heben, muss die biologische Aktivität dieser Deponien geprüft werden. Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil der über 100.000 Altablagerungen noch immer biologisch aktiv ist und dementsprechend viel reaktionsfähige Organik enthält. Wird eine solche Altablagerung oder Deponie geöffnet, versursacht der dadurch in das System eingebrachte Sauerstoff chemische und biologische Reaktionen. Ausgasungen und Geruchsbelästigungen sind dann unvermeidbar. Kombiniert mit Niederschlägen sind Auswaschungen und Kontaminationen des Grundwassers die Folge.
Hier setzt der erste Schritt zum Deponiebergbau an. Dabei wird auch bei der Vorgehensweise zwischen Altablagerungen ohne Deponiegasfassung und Altdeponien mit Deponiegasfassung unterschieden. In Altablagerungen werden neue, tiefenverfilterte Gasbrunnen installiert und anschließend geringfügig übersaugt, um die anaerobe Organik wieder zu aktivieren. In Altdeponien werden die bestehenden Gasbrunnen besaugt und tiefenzonal beprobt. Dabei werden in der Regel oberflächennahe Undichtigkeiten der Gasbrunnen gefunden, welche dann abgedichtet werden. Anschließend sind die so reparierten, mittlerweile tiefenverfilterten Gasbrunnen wieder funktionsfähig. In beiden Fällen – Altablagerung und Altdeponie – kann Deponiegas mit verwertbarer Qualität in ausreichender Menge für eine energetische Nutzung gefördert werden. Geplant sind Gasförderung und energetische Nutzung für einen Zeitraum von zehn bis 20 Jahren. Erst danach können die aerob inertisierten Altablagerungen und -deponien ohne größere Umweltbelastung zur Entnahme von Wertstoffen gefahrlos geöffnet werden. Bis dahin wurde das klimaschädliche CH4 energetisch genutzt und in weniger klimaschädliches CO2 verbrannt. Nebenbei kann mit dem Verkauf von Strom und Wärme ein Teil der Kosten gedeckt werden.
1 Einleitung
Bekannt ist der Begriff des „Urban Mining“. Zu verstehen ist darunter die Wertstoffgewinnung aus anthropogenen Hinterlassenschaften. So werden u. a. beim Rückbau von Gebäuden die darin verbauten Wertstoffe, wie z. B. Kupferleitungen und Kupferkabel oder alte Bleirohre, gesondert entnommen und die Metalle einer erneuten Nutzung zugeführt. Betonabbruch wird recycelt zu neuem Zuschlagstoff und aus Ziegelbruch wird Pflanzensubstrat.
Eine Unterart des Urban Mining stellt das „Landfill Mining“ dar, weniger geläufig in deutscher Sprache „Deponiebergbau“. Hausmülldeponien waren in früheren Jahren weit verbreitet und gehörten zu fast jeder Ansiedlung. Geschätzt werden allein in Deutschland ca. 106.000 Altablagerungen (Deponien mit Stilllegungsanzeige vor dem 01. Juni 1993) und ca. 372 Altdeponien (Stand 1988) (1). Letztere durften z. T. noch bis zum Jahr 2005 organische Abfälle einlagern.
Mindestens 60 Mrd. € an Rohstoffen – Metalle, Mineralstoffe wie Phosphat oder energiereiche Abfälle, die durch bakteriellen Abbau gezielt in energiereiches Deponiegas mit einem Methangehalt bis zu ca. 65 Vol.-% umgewandelt werden können – sollen bundesweit in alten Deponien stecken (2).
Bevor Altdeponien und -ablagerungen jedoch geöffnet werden können, um die darin enthaltenen Werte zu heben, muss die Aktivität des Abbaus verbliebener organischer Verbindungen dieser Deponien geprüft werden. Die gängige Theorie bezüglich der Halbwertszeit organischer Prozesse in Deponien ging davon aus, dass der Anteil an Organik durch bakterielle Umsetzung (Abbau) alle sechs bis acht Jahre halbiert wird. Somit wurde davon ausgegangen, dass nach 30 Jahren die bioverfügbare Organik innerhalb eines Deponiekörpers weitestgehend umgesetzt ist. Danach sollte keine Gefährdung mehr durch Umsetzungsprodukte der organischen Verbindungen in Richtung Sickerwasser und Luft vom Müll ausgehen und die Ablagerung könnte aus der Aufsicht entlassen werden. Die oben prognostizierten Halbwertszeiten von nur ca. sechs Jahren wurden allerdings unter Idealbedingungen ermittelt und treffen in der Wirklichkeit kaum zu. Im Allgemeinen sind Deponiekörper zu trocken für biologische und chemische Reaktionen oder diese Reaktionen sind stark verlangsamt, weil die für anaerobe Bakterien (ohne Sauerstoff) optimale Temperatur von ca. 37 °C weit unterschritten wird. Somit kommen unter realen Bedingungen Halbwertszeiten von Jahrzehnten zustande. Als Folge ist davon auszugehen, dass ein Großteil der o. g. über 100.000 Altablagerungen auf sehr niedrigem Niveau noch immer biologisch aktiv ist und dementsprechend viel reaktionsfähige Organik enthält. Wird eine solche Altablagerung oder Deponie geöffnet, verursacht der dadurch in das System eingebrachte Sauerstoff chemische und biologische Reaktionen. Ausgasungen und Geruchsbelästigungen sind dabei unvermeidbar. Kombiniert mit Niederschlägen sind Auswaschungen und Kontaminationen des Grundwassers eine mögliche Folge.
2 Grundlagen
Deponiegas ist ein mikrobiologisches Abbauprodukt vorwiegend fester organischer Komponenten, ein Gas aus Methan und Kohlenstoffdioxid (CH4 + CO2). Im Idealfall lässt sich folgender Ansatz wählen: Die CH4-Konzentration liegt dabei bei ca. 55 Vol.-% oder höher, die CO2-Konzentration liegt dann entsprechend bei ca. 35 Vol.-% oder niedriger. Die restlichen ca. 10 % zu 100 Vol.-% sind Wasserdampf und andere Gase. Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Hausmüll einen Anteil von ca. 150 bis 300 kg/t an bioverfügbarer Organik aufwies. Die Gasbildung sollte damit ca. 150 bis 300 m3/t Deponiegas betragen.
Deponiegas mit niedrigeren Methankonzentrationen als 60 bis 65 Vol.-% wird im Allgemeinen nicht gebildet. Es wird selbstverständlich Deponiegas mit niedrigeren CH4-Konzentrationen gemessen, wie z. B. ein Gas mit ca. 40 Vol.-% CH4 und ca. 25 Vol.-% CO2. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um reines Deponiegas, sondern um ein Gasgemisch aus ca. 40 + 25 = 65 Vol.-% Deponiegas und ca. 25 Vol.-% Stickstoff als Differenz zu 90 Vol.-%. Dieser Stickstoff kann nur aus der Luft kommen. Der Gasbrunnen, aus dem die Probe genommen wurde, weist eine Leckage auf, er zieht Außenluft an. Der mit eingetragene Luftsauerstoff, ca. 6 bis 7 Vol.-%, wurde zu CO2 veratmet.
Dieser Zusammenhang gilt generell: Die Summe der Prozentzahlen von CH4 und CO2 subtrahiert von 90 ergibt den prozentualen Anteil von Luftstickstoff im untersuchten Gas. Das so berechnete Stickstoffvolumen kommt immer aus der Außenluft.
Dieses Wissen hilft im Regelfall jedoch nur wenig, da bei Gasbrunnen mit derartigen Leckagen häufig nur der Fluss reduziert wird. Das eigentliche Leck wird nicht weiter betrachtet. Dabei lässt sich mit speziellen Gasmessungen deutlich mehr an Informationen erzielen und daraus auch ein Vorgehen ableiten, dass Leckagen zumindest weitgehend beseitigt werden können.
Hier zeigt sich ein ganz wichtiger, aber im Allgemeinen nicht beachteter Umstand. Im oberen Gasbrunnenbereich ist einerseits die Umsetzung des Deponats weit fortgeschritten, wobei sich durch den Abbau der Organik Gaswegsamkeiten zur Oberfläche entwickelt haben, durch die Außenluft in das abgesaugte Gas mit eindringt.
In tieferen Schichten ist der Abbau der Organik noch nicht so weit fortgeschritten. Durch die Auflast wird das Deponat verdichtet, der Porenraum ist geringer und der Saugdruck reicht nicht aus, Gas abzusaugen. Die Undichtigkeiten im oberen Brunnenbereich sorgen dafür, dass der Saugdruck im oberen Bereich abgebaut wird und somit eine Wirkung in der Tiefe ausbleibt (Bild 1 rechts).
Bei tiefenverfilterten Gasbrunnen (Bild 1 links) ist das anders. Aufgrund des weiten Abstands des Filters zur Oberfläche wird sich der angelegte Unterdruck um die Filterstrecke des Gasbrunnens im Deponat aufbauen. Die Gefahr eines Kurzschlusses zur Oberfläche ist gering. Das geförderte Gas ist meist unverdünnt. Tiefenverfilterte Gasbrunnen sind nur im Rahmen einer Neuerstellung zu erzielen oder es lassen sich vorhandene Gasbrunnen durch Ertüchtigung (s. u. Sanierungsmöglichkeiten undichter Gasbrunnen) in solche überführen.
3 Zwei Problemstellungen: Altablagerungen und Altdeponien
Die über 100.000 Altablagerungen und die fast 400 Altdeponien führen zu zwei unterschiedlichen Problemstellungen. Es gibt eine Vielzahl von Altablagerungen ohne Basisabdichtung, ohne Sickerwasserfassung, weitgehend ohne Oberflächenabdichtung und ohne Gasfassung. Hier lohnt sich ab einem Müllvolumen größer 500.000 m3 eine nähere Untersuchung. Diese ist dann geboten, wenn mittels oberflächennaher Messungen CH4-Ausgasungen erkannt werden und Vegetationsschäden, insbesondere an tiefer wurzelnden Bäumen, CH4 im Deponiekörper vermuten lassen. Zur Gefahr wird eine solche Altablagerung, wenn das Gas durch den Boden des den Deponiekörper umgebenden Erdreichs in Richtung Bebauung migriert und in schlecht belüftete Räume, z. B. Keller, eindringt.
Es gibt einige hundert Altdeponien mit Basisabdichtung samt Sickerwasserfassung und Oberflächenabdichtung samt Gasfassung. Gasfassung bedeutet hierbei oftmals das bloße Vorhandensein von Gasbrunnen, einer Absauganlage und eines Gaskraftwerks. Dabei ist die Gasabsaugung häufig entweder stark reduziert oder mittlerweile komplett abgestellt, weil die Gasqualität für eine energetische Nutzung nicht mehr ausreicht. Meistens enthält das Gas dann wenig CH4, viel CO2 und Stickstoff sowie gewisse Anteile an Sauerstoff. Die Deponiebetreiber gehen dann in der Regel vom Ende der Methanogenese aus.
3.1 Ausgangssituation am Beispiel einer speziellen Altablagerung
Diese spezielle Altablagerung befindet sich im Ruhrgebiet. Bei der ehemaligen Siedlungsabfalldeponie handelt es sich um eine Haldendeponie ohne Oberflächenabdichtung. Das Areal erstreckt sich über eine Fläche von 13 ha und hat den höchsten Punkt bei einer Höhe von ca. 35 m über Gelände bzw. 80 m NHN. Das Gebiet grenzt südlich an ein Industriegebiet, am westlichen Ende der Deponie grenzt ein Wertstoffhof an, an der südwestlichen Begrenzung des Areals fließt ein Bach und an der südlichen Grenze verläuft ein stillgelegtes Bahngleis. Die Deponie lässt sich in einen nordöstlichen und einen südwestlichen Abschnitt einteilen. Diese werden durch die Trasse einer Gasleitung getrennt. Vom Wertstoffhof aus verläuft ein befahrbarer Rundweg über den nordöstlichen Abschnitt zum höchsten Punkt der ehemaligen Deponie. Zwischen den Jahren 1925 und 1952 wurde im Bereich des südöstlichen Abschnitts eine Kläranlage betrieben. Deren Klärteiche wurden in den 1960er Jahren verfüllt (3). Nach der Schließung der Anlage begannen erste ungeordnete lokale Abfallablagerungen. Großflächigere Ablagerungen sind aus den Jahren 1959 bis 1963 bekannt. Ab dem Jahr 1963 nahmen dann die Verfüllungen der Fläche immer größere Dimensionen an, bis im Jahr 1983 der Endstand der Deponierung erreicht wurde. Danach wurde das Deponat mit mehreren Schichten Boden und Bauschutt überdeckt und aufgeforstet. Heute ist die stark bewaldete Fläche als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Eine Luftbildaufnahme aus dem Jahr 2009 lässt einen hohen Totholzanteil der Bewaldung erkennen, welcher auf Wachstumsstörungen im Baumbestand bis hin zu einigen toten Bäumen zurückzuführen ist. Diese deutlich erkennbaren Wuchsstörungen lassen auf einen hohen Deponiegasanteil im Boden schließen.
3.2 Untersuchungen dieser speziellen Altablagerung
Diese Altablagerung wurde zuletzt im Rahmen von vier Bachelor-arbeiten der Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, untersucht. Dank Unterstützung durch die Celler Brunnenbau GmbH konnte im Februar 2013 eine Forschungsbohrung abgeteuft und zum Gasbrunnen ausgebaut werden (Bild 2).
Untersuchungen des Bohrguts (Bild 3) ergaben einen durchschnittlichen Organikanteil von über 15 %, was über 150 kg reaktionsfähiger Organik pro Tonne Deponieinhalt entspricht. Messungen am ausgebauten Gasbrunnen ergaben, völlig ohne jede Besaugung, einen Volumenstrom von 18 m3/h Deponiegas mit mehr als 60 % CH4 und ca. 35 % CO2. Dies widerspricht den gängigen Theorien zum Organikumsatz in Deponien, führt aber zur Überlegung einer energetischen Nutzung solcher Altablagerungen und zeigt den Handlungsbedarf im Rahmen von Gefahrenabwehr und Umweltschutz.
3.3 Ausgangssituation der Altdeponie Celje in Slowenien
Die Siedlungsabfalldeponie bei Celje in Slowenien ist gegliedert in einen Altteil aus der Zeit, als noch unbehandelte Organikabfälle deponiert wurden sowie einen noch in Betrieb befindlichen Neuteil, in dem nur vorbehandelte Abfälle deponiert werden. Der Altteil der Deponie besitzt keine Basisabdichtung. Die Oberfläche wurde mit feinkörnigem Boden abgedeckt, nicht abgedichtet. Eine Vielzahl von Gasbrunnen lieferte zuletzt Gas geringer Qualität, z. T. mit Sauerstoff. Die beiden Generatoren – 1.000 und 600 kW elektrische Leistung – wurden zuletzt nur noch sporadisch betrieben, in der Regel nur einer von beiden. Untersuchungen der Gasbrunnen mittels Lichtlot und Bohrlochkamera zeigten, dass einige von ihnen infolge von Müllsetzungen komplett zerstört waren. Die Brunnenrohre waren wenige Meter unter der Oberfläche abgeknickt und zusammengedrückt. Andere Brunnen wurden besaugt und tiefenzonal untersucht. Gemessen wurden dabei je Meter die Temperatur, die Konzentrationen an CH4, CO2 und O2 sowie die Gasgeschwindigkeit. Dabei zeigten sich im oberen Bereich geringe Anteile an CH4 und Anteile an Sauerstoff bei relativ hohen Strömungsgeschwindigkeiten des Gases. In tieferen Bereichen ging die Strömungsgeschwindigkeit des Gases stark zurück, der Sauerstoffgehalt betrug 0 % und die Konzentrationen für CH4 und CO2 entsprachen der typischen Deponiegaszusammensetzung von ca. 65 % CH4 zu ca. 30 % CO2. Hier zeigt sich ein ganz wichtiger, aber im Allgemeinen nicht beachteter Umstand. Im oberen Gasbrunnenbereich ist einerseits die Umsetzung des Deponats weit fortgeschritten, wobei sich durch den Abbau der Organik Gaswegsamkeiten zur Oberfläche entwickelt haben, durch die Außenluft in das abgesaugte Gas mit eindringt. In tieferen Schichten ist der Abbau der Organik noch nicht so weit fortgeschritten. Durch die Auflast wird das Deponat verdichtet, der Porenraum ist geringer und der Saugdruck reicht nicht aus, Gas abzusaugen. Die Undichtigkeiten im oberen Brunnenbereich sorgen dafür, dass der Saugdruck im oberen Bereich abgebaut wird und somit eine Wirkung in der Tiefe ausbleibt.
3.4 Sanierungsmöglichkeit undichter Gasbrunnen
An der THGA wurde ein Verfahren zur Sanierung undichter Gasbrunnen entwickelt und versuchstechnisch verifiziert. Dabei ist es wichtig, dass der Kiesfilter um das innere Filterrohr herum auf einer vorgegebenen Strecke gasdicht verschlossen wird. Das innere Filterrohr muss für die Funktionstüchtigkeit des Gasbrunnens anschließend wieder komplett frei sein.
Im Labor der THGA wurden blaue Kunststoffrohre DN 125 wie in einem Gasbrunnen einer Deponie mit Bohrlöchern versehen (Bilder 4, 5). Den äußeren Rahmen des Versuchsaufbaus bildeten gelbe Kunststoffrohre DN 600, welche die Bohrlochwand einer Brunnenbohrung auf einer Deponie simulierten. Der Ringraum zwischen beiden Rohren wurde mit Filterkies der Korngruppe 16/32 gefüllt (Bilder 4, 5, 6).
Anschließend wurde der Mittelteil des 3 m hohen Filterrohrs mittels Schaumpfropfen aus Polyurethan nach oben und unten abgesperrt. Zwischen die beiden Pfropfen wurde dann ein spezielles Gemisch aus zwei Komponenten und einem Katalysator gebracht, das nach kurzer Zeit aufschäumte. Mit einem Schaumfaktor von ungefähr 17 wurde der Filterkies komplett gasdicht versiegelt. Nach Aushärtung des Schaums wurde das innere blaue Filterrohr frei gefräst. Um das Versuchsergebnis sehen zu können, wurde das äußere gelbe Rohr entfernt und der ungebundene Kies beiseite geräumt. Als Ergebnis wurde ein Pfropfen bestehend aus Kies und Polyurethan von ca. 1 m Länge sichtbar (Bild 7).
Sowohl auf der Deponie in Celje als auch auf einer weiteren Deponie in Bayern wurden Gasbrunnen mithilfe der o. g. Methode saniert. Die mittels tiefenzonaler Beprobung im Saugversuch ermittelten Undichtigkeiten konnten erfolgreich versiegelt werden. Fast sämtliche so sanierte Gasbrunnen lieferten anschließend wieder sauerstofffreies Deponiegas zur energetischen Verwertung. In beiden Fällen wurden die Generatoren anschließend wieder betrieben.
4 Forschungsbedarf
Auf der bereits von der THGA untersuchten speziellen Altablagerung werden neben dem bereits erstellten Brunnen mit einem Bohrdurchmesser von 324 mm weitere sieben Brunnen mit Bohrdurchmessern von 600 mm geplant. Auf jedem der acht Brunnen wird ein kleiner Maschinencontainer errichtet. Dieser enthält einen Seitenkanalverdichter sowie Messgeräte zur Erfassung des angelegten Unterdrucks, des Volumenstroms, der Gastemperatur und der Gaszusammensetzung. Das Gas der einzelnen Brunnen wird mittels Rohrleitung zu einer Gasverwertung am Fuß der Deponie gepresst.
In den Bildern 8 und 9 wird der zeitliche Verlauf der aeroben Umsetzung der Organik im Deponat gezeigt. Die Grenze zwischen aerober Umsetzung (blaue Pfeile auf gelbem Untergrund) und anaerober Umsetzung (rote Pfeile auf violettem Untergrund) ist hier als relativ glatte Linie gezeichnet. In der Realität ist davon auszugehen, dass diese Linie deutlich ungleichmäßiger verläuft. Auch sind den Autoren bisher keine Feldversuche bekannt, welche die Dynamik dieser Grenzschicht untersuchen.
Aus wissenschaftlichen Gründen zur Untersuchung der Dynamik dieser Grenze werden um jeden Brunnen herum Hilfsmesspegel errichtet. Geplant sind 20 Pegel pro Brunnen. In jedem Pegel sind mindestens zehn Messstellen für Temperatur, Unterdruck und Gaszusammensetzung in verschiedenen Tiefen geplant. Mit Hilfe dieser insgesamt ca. 1.600 Messstellen soll die Dynamik des Frontverlaufs zwischen aeroben und anaeroben Bakterien erstmals erforscht werden. Mit diesen Erkenntnissen kann dann andernorts und zukünftig die Produktivität und Laufzeit von Gasbrunnen, und somit kompletter Gasnutzungen, besser prognostiziert werden. Die Auswertung dieser Datenmengen soll im Rahmen einer kooperativen Doktorarbeit an der THGA erfolgen.
Es wird davon ausgegangen, dass jeder der acht Brunnen langfristig mindestens 25 m3 weitgehend unverdünntes Deponiegas mit mehr als 40 Vol.-% Methan liefert. Diese 200 m3 Gas sollen dann über eine Gasturbine mit einem Generator mit 400 kW elektrischer Leistung verarbeitet werden. Sowohl Strom als auch Wärme sollen im näheren Umfeld genutzt werden, um einen Teil der Betriebskosten wieder einzubringen.
Bei der eingeplanten Turbine handelt es sich um eine neu entwickelte Gasturbine der Fa. Aurelia GmbH, Berlin und Lappeenranta/Finnland. Diese weist einen elektrischen Wirkungsgrad ≥ 40 % auf. Bei einem Gas mit 60 Vol.-% CH4 reichen ca. 170 m3/h aus – bei 40 Vol.-% CH4 ca. 200 m3/h – um die Turbine mit voller Leistung laufen zu lassen. Ca. 10 bis 12 % der erzeugten Energie werden für den Betrieb der Turbine genutzt. Eine Leistung von ca. 350 kWh bei 400 V sollte zur Einspeisung erzielbar sein.
Quellenverzeichnis
Quellenverzeichnis
(1) Heyer, K.-U.; Ritzkowski, M.; Hupe, K.; Stegmann, R.: Zukünftige Einordnung von alten Deponiestandorten: Formale Situation, Gefährdungspotenziale, Nachsorge. Deutsche Umwelthilfe e. V., 24.03.2015, Berlin.
(2) Abraham, O.: Der Milliardenschatz unter alten Mülldeponien. DIE WELT, 20.09.2013.
(3) Conzept Umweltberatung GmbH: Gefährdungsabschätzung – Altdeponie Blücherstraße in Bochum. Mülheim, 2011.
(4) Kanitz, J.: Aerobe Stabilisierung der Kehrichtdeponie Sass Grand, Gemeinde Bever/Graubünden aus der Sicht des Verfahrensinge-nieurs. 3. ÖVA Technologieworkshop, Innsbruck 28. und 29. April 2011.