In ihrer Tätigkeit konzentriert sich Prof. Nga Nguyen auf die Steuerung von Rohstoffen, die Förderung nachhaltiger Entwicklungsansätze im Bergbausektor sowie auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Sicherheitsstandards. Als aktives Mitglied bedeutender Berufsverbände wie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit (ISSA) und der Society of Mining Professors (SOMP) setzt sie sich für die Weiterentwicklung von Managementmethoden im Bergbau ein, wobei sie besondere Kenntnisse über die Gegebenheiten in den von ihr betreuten Regionen einbringt.
Im Gespräch mit Angela Binder und Mareike Schubert vom Institut für Bergbau der Technischen Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld, gab Prof. Nga Nguyen Einblicke in ihre umfassende Erfahrung, vor allem in Südostasien und Deutschland. Sie erörterte ihre Perspektive bezüglich der Fortschritte im Bereich der Geschlechtergleichheit und betonte die bedeutsame Rolle der akademischen Gemeinschaft, die entscheidend zur Gestaltung dieser Entwicklungen auf sowohl nationaler als auch internationaler Ebene beiträgt.
Mareike Schubert/Angela Binder: Im Verlauf Ihrer Karriere haben Sie viele verschiedene Phasen durchlebt und zahlreiche Menschen getroffen. Gibt es bestimmte Personen oder Erfahrungen, die eine Schlüsselrolle in Ihrer beruflichen Entwicklung gespielt haben?
Prof. Nguyen Thi Hoai Nga (Bild 1): Dies ist tatsächlich eine umfassende und interessante Frage. Ich habe mich seit mehr als 20 Jahren mit der bergbaulichen Ausbildung beschäftigt und Erfahrungen gesammelt, nicht nur in Vietnam, sondern auch in Deutschland und einigen anderen Ländern, zusammen mit Kolleg:innen und Studierenden anderer Bergbauuniversitäten und der Industrie. All diese Personen zusammen bilden wie ein Puzzle ein Gesamtbild, und dank internationaler Netzwerke, wie der Society of Mining Professors (SOMP), konnte ich viele Menschen treffen und hatte sehr gute Erfahrungen, einschließlich der Begegnung mit Bergbauprofessorinnen, die eine Inspiration für meine Karriere waren. Aus Vietnam kommend, einem Entwicklungsland, gibt es dort sehr wenige Dozentinnen im Bergbausektor an Universitäten. Als ich die Gelegenheit hatte, mich mit internationalen Kolleginnen zu vernetzen, konnte ich auch meine Zukunft sehen und die Möglichkeit, meine Karriere voranzutreiben. Viele dieser Kolleginnen von SOMP sind zu Vorbildern geworden, deren Karriereentwickklung ich folgen kann. Darüber hinaus unterstütze ich aktiv weibliche Studierende an Bergbauuniversitäten, nicht nur in Vietnam, sondern auch in Ländern wie Myanmar und Indonesien. Ich ermutige sie, ihrem Ausbildungsweg und den Karriereaussichten im Bergbau zu vertrauen.
Schubert/Binder: Sie haben bereits erwähnt, dass es weltweit nur wenige Bergbauprofessorinnen gibt. Beeinflusst diese Tatsache Ihr Verhalten als Vorbild?
Prof. Nga Nguyen: Als ich die Möglichkeit hatte, mit meinen Kolleg:innen, z. B. bei SOMP, zu arbeiten, verstand ich auch, wie engagiert meine Kolleginnen waren und wie viel sie zu ihren Bildungskarrieren beigetragen haben. Sie unterstützen auch ihre Studierenden, nicht nur die weiblichen, sondern alle Studierende. Ich habe ihre Hingabe und harte Arbeit gesehen, die es ihnen ermöglicht hat, Meilensteine in ihren Karrieren zu erreichen. Davon können auch meine Studierenden lernen. Ich kann ihnen das zeigen und meine Studierenden auch mit Vorbildern an führenden Bergbauuniversitäten verbinden. Unsere Studierenden können sehen, dass sie ihre Ziele erreichen können, wenn sie hart arbeiten und sich anstrengen. Wir sollten unsere Studierenden nicht nur inspirieren, sondern auch dabei helfen, ihre Träume zu verwirklichen. Und so setze ich meine Arbeit fort, indem ich in Verbindung mit meinen Studierenden und Alumni bleibe.
Schubert/Binder: An der Universität, unterstützt von Ihrem Team, arbeiten Sie mit verschiedenen Gruppen zusammen. Eine bedeutende und vielfältige Gruppe darunter ist die Industrie. Wie sehen Sie Ihre Rolle als Professorin, insbesondere in Bezug auf diese Zusammenarbeit mit der Industrie, um das Bewusstsein für Geschlechtergleichheit im Bergbau zu schärfen?
Prof. Nga Nguyen: Ich denke, ich kann diese Frage hauptsächlich aus der Perspektive der asiatischen Länder beantworten. Zum Beispiel werden in Vietnam oder anderen südostasiatischen Ländern Frauen allgemein nicht bevorzugt in der Bergbauindustrie, insbesondere in Bezug auf untertägige Arbeit. Es wird angenommen, dass der Bergbau zu gefährlich, monoton und körperlich zu anspruchsvoll für Frauen ist. Daher arbeiten Frauen nur über Tage und in Positionen, die mit dem Bergbau zusammenhängen, aber nicht direkt eingebunden sind. Folglich sind die Aufstiegsmöglichkeiten für Mitarbeiterinnen in Bergbauunternehmen nicht so günstig wie für Mitarbeiter. Geschlechtergleichheit im Bergbau bedeutet nicht nur, einen Job zu finden oder befördert zu werden. Es geht auch darum, Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen. In Entwicklungsländern wie Vietnam umfasst die Bergbauindustrie nicht nur große Unternehmen, wie sie früher in Europa zu sehen waren, sondern auch kleinere Bergwerke, die mehr manuelle Arbeit beinhalten. Die Entscheidungen von Frauen in der Bergbauindustrie könnten sich auf Fragen wie Entschädigungen für Landräumungen oder die Anpassung an tägliche Umweltveränderungen, Herausforderungen in der Landwirtschaft aufgrund reduzierter Flächen und andere lokale Probleme beziehen.
Das Bewusstsein für Geschlechtergleichheit im Bergbau sollte sich nicht nur auf Jobs innerhalb der Industrie selbst konzentrieren, sondern auch auf breitere Aspekte, die weibliche Beteiligung erfordern. Wir sollten Änderungen initiieren, die mit den Frauen beginnen, denn die Rolle der Frauen in Familien und der Gesellschaft ändert sich schnell. Infolgedessen sollten Frauen in bergbaubezogenen Sektoren sich ihrer Fähigkeiten, Entscheidungen zu treffen, stärker bewusst sein als zuvor. Natürlich variiert dies von Region zu Region, beeinflusst nicht nur durch sozioökonomische, sondern auch durch kulturelle Faktoren, wobei Bildung entscheidend ist (Bild 2).

Fig. 2. Angela Binder (TU Clausthal), Prof. Li Liu (Chongqing University) and Prof. Nga Nguyen (Hanoi University) after the first underground mine visit of a chinese strontium mine by women. // Bild 2. Angela Binder (TU Clausthal), Prof. Li Liu (Universität Chongqing) und Prof. Nga Nguyen (University Hanoi) nach der ersten Befahrung eines chinesischen Strontiumbergwerks durch Frauen. Photo/Foto: Nga Nguyen
Schubert/Binder: Wie Sie bereits erwähnt haben, agieren Sie auch als Betreuerin und Mentorin und versuchen, Studierende zu ermutigen und die nächste Generation von Bergbauingenieur:innen zu inspirieren. Und Sie haben bereits kulturelle Aspekte hervorgehoben. Wie sehen Sie Ihre Rolle in dieser Hinsicht, um die Geschlechtergleichheit im Bergbau in Ihrem Land zu verbessern?
Prof. Nga Nguyen: Kürzlich hatte ich die Möglichkeit, mit einigen Gruppen neben Universitäten an einem Projekt zur Verbesserung der Geschlechtergleichheit in der Bergbauindustrie zu arbeiten. Deshalb habe ich kurz die Rolle der Frauen sowohl in Familien, die in Bergbaugebieten leben, als auch die der in Bergbauunternehmen arbeitenden Frauen in meiner vorherigen Antwort erwähnt. Es ist entscheidend, dass wir ihr Bewusstsein ändern, indem wir ihnen mehr Informationen zur Verfügung stellen, internationale Erfahrungen teilen und die kulturellen Eigenheiten jeder Region und jeder Gesellschaft berücksichtigen.
Dies ist entscheidend, da Menschen in städtischen Gebieten oft andere Eindrücke vom Bergbau haben im Vergleich zu denen, die in der Nähe von Bergwerken leben oder ethnischen Gruppen oder Minderheiten angehören. Daher müssen wir die Hintergründe dieser verschiedenen Gruppen verstehen, um effektivere Kommunikationswege zu finden und die Bedeutung der Geschlechtergleichheit mit ihnen zu diskutieren.
Schubert/Binder: Die Bergbauindustrie zeichnet sich neben den Traditionen, die wir haben, auch durch eine große Interdisziplinarität aus. Gleichzeitig werden verstärkt neue Methoden und Techniken eingeführt. Diese Interdisziplinarität steigert auch die Diversität in den Teams. Wie beurteilen Sie die Entwicklung aus Ihrer Sicht?
Prof. Nga Nguyen: Ich glaube, dass die moderne Technologie auch die Rolle der Frauen in der Bergbauindustrie verändert. Sie bietet jedoch auch mehr Möglichkeiten für Frauen, bessere Jobs außerhalb des Bergbaus zu finden. Ich möchte nicht negativ über Berufe im Bergbau sprechen, aber heutzutage ist die Diversifizierung von Karrieren in der Gesellschaft wirklich bedeutend.
Beispielsweise würden viele in Südostasien, einschließlich Vietnam, lieber Social-Media-Inhalte erstellen als mit Maschinen zu arbeiten. Ich denke, die Bergbauindustrie wird weiterhin mit Schwierigkeiten konfrontiert sein, weniger interessierte Personen anzuziehen. Wir haben keine andere Wahl, als moderne Technologie zu nutzen, um den Arbeitskräftemangel zu überwinden.
Schubert/Binder: Wir haben bereits über die Bedeutung der Internationalität gesprochen, weil die Bergbauindustrie mehr als andere Disziplinen auch aufgrund der Größe der Disziplin international vernetzter ist. Wir hatten bereits das Beispiel der Society of Mining Professors, die weltweit über 400 Mitglieder in ein Netzwerk einbindet. Welche Bedeutung haben Netzwerke und internationale Organisationen, insbesondere für die Sichtbarkeit von Frauen im Bergbau?
Prof. Nga Nguyen: Das ist eine interessante Frage, zu der ich eine Geschichte erzählen möchte: Bevor ich ins Ausland ging, bevor ich vor mehr als zehn Jahren meine Promotion in Deutschland begann, hatte ich keine Vorstellung davon, wie meine Karriere sich weiterentwickeln könnte.
Eine Promotion in Deutschland abzuschließen, schien wie ein erfüllter Traum. Es bedeutete, dass ich weiter forschen und anschließend als Dozentin an meiner Universität arbeiten konnte. Doch alles änderte sich, als ich an einer Konferenz teilnahm, die von SOMP organisiert wurde. Dort, in der akademischen Atmosphäre, bemerkte ein älterer Kollege: „Hier findest du deine Zukunft.“ Dieser Moment war entscheidend. Ich erkannte, dass Vernetzung nicht nur meine eigene Lücke überbrücken konnte, sondern auch die meiner Kollegen in Vietnam zu den neuesten technologischen Fortschritten und Forschungsergebnissen, und wir wurden Teil der globalen Gemeinschaft.
Diese Erkenntnis hatte einen Welleneffekt. Unsere Universitätsstudierenden und Alumni, die in verschiedenen Bergbauunternehmen arbeiten, konnten nun stärkere globale Verbindungen knüpfen. Diese Vernetzung brachte nicht nur innovative Ideen zurück nach Vietnam, sondern bot unseren Studierenden auch größere Möglichkeiten im Ausland, unabhängig davon, ob sie sich entschieden, zurückzukehren oder nicht. Dadurch waren sie besser in der Lage, einen bedeutenden Beitrag sowohl für Vietnam als auch für ihre Familien zu leisten. Dies ist ein Aspekt der Nutzung von Netzwerken und Internationalisierung.
Später, als ich zur Leiterin des internationalen Büros meiner Universität wurde, nutzte ich intensiv meine Netzwerkerfahrungen und den Wert internationaler Verbindungen. Unter Einsatz der Ressourcen der Hanoi University of Mining and Geology, wo ich über zwei Jahrzehnte verbracht habe, arbeiteten wir mit renommierten Bildungseinrichtungen, Organisationen und Unternehmen weltweit zusammen. Dies verbessert die Aussichten für die jüngere Generation in Vietnam.
Für unsere weiblichen Studierenden führten verbesserte Möglichkeiten auf Universitätsebene zu besseren Karriereaussichten nach ihrem Abschluss, sei es durch weiterführende Studien im Ausland, tiefere Industrieverbindungen oder Beschäftigungsmöglichkeiten im Ausland. Internationalisierung ist zu einem globalen Trend geworden. Wer dabei nicht mitzieht, bleibt zurück.
Schubert/Binder: Von Ihrem beruflichen Standpunkt aus konnten Sie sowohl Europa, insbesondere Deutschland, als auch Asien und hier besonders Vietnam entdecken. Welchen Unterschied sehen Sie zwischen den Kulturen, insbesondere in Bezug auf Geschlechtergleichheit?
Prof. Nga Nguyen: Die Frage erinnert mich an meinen ersten Besuch in Deutschland vor 20 Jahren, im Jahr 2004. Damals fiel mir positiv auf, wie gut Menschen mit Behinderungen in die alltäglichen Aktivitäten integriert waren, sei es in Zügen oder in der U-Bahn. Dies weckte in mir die Hoffnung, dass auch im Kontext der Geschlechtergerechtigkeit ähnliche Möglichkeiten erreicht werden können, um gleiche Bedingungen für alle Menschen zu schaffen.
Heute, 20 Jahre später, habe ich sowohl in Deutschland als auch in Vietnam bedeutende Fortschritte in Bezug auf Geschlechtergleichheit erlebt. In beiden Ländern gibt es jedoch noch Unterschiede in den Perspektiven auf die Rollen von Männern und Frauen.
Es ist wichtig, dass eine Veränderung in der Wahrnehmung der Rollen von Frauen erfolgt, und diese Veränderung sollte mit der Bildung beginnen. Dabei denke ich nicht nur an Hochschulen, sondern auch an Grundschulen, weiterführende Schulen und Gymnasien. Bildung spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie zukünftige Generationen Gleichberechtigung und Inklusion verstehen und umsetzen.
Schubert/Binder: Zum Abschluss haben wir noch eine letzte Frage an Sie. In Deutschland gibt es ein Sprichwort „Bergbau ist nicht eines Mannes Sache“. Also benötigen wir für den Bergbau nicht nur die Lagerstätten und die Maschinen, sondern insbesondere die Menschen. Was denken Sie, was kann jeder einzelne Mitarbeiter im Bergbau tun, um die Geschlechtergleichheit zu fördern und was muss am dringendsten geändert werden?
Prof. Nga Nguyen: Aus der Perspektive einer asiatischen Frau ist es entscheidend, dass jeder Mitarbeiter in der Bergbauindustrie Südostasiens, insbesondere in Vietnam, die Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeiterinnen anerkennt und versteht. Ich möchte betonen, dass die Fähigkeiten der Frauen nicht unterschätzt werden sollten. Sie haben das Potential, Großes zu erreichen.
Außerdem ist es wichtig, nicht nur die direkten Rollen zu berücksichtigen, sondern auch die damit zusammenhängenden und indirekten Rollen. In diesen Bereichen sollten die Beiträge von Frauen besonders beachtet und entsprechend geschätzt werden. Diese breitere Anerkennung kann dazu beitragen, eine inklusivere und gerechtere Arbeitsumgebung zu fördern.
Schubert/Binder: Vielen Dank für das Interview.