Der Ausstieg aus der Steinkohlenförderung und der Nutzung der Atomenergie ist eine Zäsur für den Bergbau und die Energiewirtschaft in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland – aber dieser doppelte Ausstieg ist weder das Ende der Energiewirtschaft noch der Innovationskraft in unserem Land. Auch wenn einigen der Ausstieg aus der Kernenergie Probleme bereitet, bietet die Restrukturierung im Rahmen der Energiewende auch dem deutschen Energieland Nr. 1 große Chancen. Weltweit wächst nach wie vor die Nachfrage nach Energie und insbesondere nach intelligenten und effizienten Technologien zu deren Erzeugung. Die Grundlagen für die Energiewirtschaft und den damit verbundenen Ausbau und Umbau der Infrastruktur liefert der Bergbau.
Mit freundlichem Glückauf,
Dr. Eckehard Büscher, EnergieAgentur NRW
AUSGABE 03/2015
ENTRIA („Entsorgungsoptionen für radioaktive Reststoffe: interdisziplinäre Analysen und Entwicklung von Bewertungsgrundlagen“, www.entria.de) ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von zwölf Instituten bzw. Fachbereichen deutscher Universitäten und Großforschungseinrichtungen sowie einem Partner aus der Schweiz. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Wissenschaftler aus Natur-, Ingenieur-, Geistes-, Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie aus dem Bereich Technikfolgenabschätzung führen disziplinäre und interdisziplinäre Forschungen durch, die sich mit drei Optionen für die Entsorgung insbesondere von hochradioaktiven Abfällen befassen:
Fig. 1. ENTRIA structure, Bild 1. ENTRIA Struktur
In diesem Aufsatz werden die folgenden ausgewählten – disziplinären und interdisziplinären – Forschungsthemen kurz vorgestellt, um einen Eindruck vom Projektumfang zu vermitteln:
Das Projekt
Offensichtlich betrifft die Entsorgung radioaktiver Abfälle die Gesellschaft als Ganzes und verlangt daher nach mehr als technologischer und naturwissenschaftlicher Forschung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert u. a. das Verbundforschungsprojekt ENTRIA, um die Entwicklung von interdisziplinären Forschungsansätzen sowie die fachliche (akademische) Bildung und das Wissensmanagement zu unterstützen. ENTRIA („Entsorgungsoptionen für radioaktive Reststoffe: interdisziplinäre Analysen und Entwicklung von Bewertungsgrundlagen“, www.entria.de) wird von zwölf Instituten bzw. Fachbereichen deutscher Universitäten sowie Großforschungseinrichtungen und einem Partner aus der Schweiz durchgeführt. Die an ENTRIA beteiligten Wissenschaftler vertreten Natur-, Ingenieur-, Geistes-, Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften sowie Technikfolgenabschätzung. In Anerkenntnis der Tatsache, dass alle diese Disziplinen in Fragen der Behandlung von radioaktiven Abfällen miteinander agieren müssen, will das Projekt Bewertungsprinzipien und Kenntnisse über die „Kontextstrukturen“ für drei Optionen für die Entsorgung insbesondere von hochradioaktiven Abfällen untersuchen und entwickeln:
Zur Unterstützung der interdisziplinären Forschung und Zusammenarbeit ist das Projekt in drei sogenannten Vertikalprojekten organisiert, die sich jeweils mit einer Entsorgungsoption befassen und die alle in erster Linie von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren bearbeitet werden. Darüber hinaus werden übergreifende Aspekte wie „Synthese, Koordination und Kommunikation“, „Technikfolgenabschätzung und Governance“, „Ethisch-moralische Begründung, rechtliche Voraussetzungen und Implikationen“ sowie „Interdisziplinäre Risikoforschung“ interdisziplinär in sogenannten Transversalprojekten (Bild. 1) bearbeitet.
Die nach dem Standortauswahlgesetz gebildete Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe hat den Auftrag, bis Mitte 2016 Kriterien für ein Standortauswahlverfahren zu erarbeiten und das Gesetz zu evaluieren. Aus den gescheiterten Endlagerprojekten Asse und Gorleben können Lehren gezogen werden, die bei dem Verfahren berücksichtigt werden sollen. Um einen breiten Konsens in der Endlagerfrage zu erzielen, sind Transparenz und eine weitreichende Öffentlichkeitsbeteiligung unerlässlich. Es muss zudem ein Konzept für die Vermeidung und Korrektur von Fehlern im Verfahren entwickelt werden. Wesentliche Elemente eines Auswahlverfahrens liegen jedoch bereits vor oder sind mit geringem Aufwand auf den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu bringen. Auf dieser Grundlage sollte ein Ergebnis zu erzielen sein, das eine Lösung des Dauerkonflikts Endlagerung möglich macht.
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Fig. 1. Hierarchy of Safety Standards
Bild 1. Hierarchie der Safety Standards
Derzeit wird in vielen Mitgliedstaaten die Standortwahl für Endlager intensiv diskutiert. Die Internationale Atomenergie-Agentur (IAEA) hat Sicherheitsstandards, Anforderungen und Leitlinien für alle Schritte der Behandlung, Lagerung und Endlagerung radioaktiver Abfälle erstellt. Von besonderer Relevanz ist die IAEA-Publikation “SSR-5, Sicherheitsanforderungen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle”. Dieses Dokument behandelt die Standorterkundung und die Entscheidungskriterien für einen Standort.
Das genaue Auswahlverfahren wird jedoch nicht thematisiert, da dort viele nicht technische Aspekte und der spezifische gesellschaftliche Kontext zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Beitrag werden die bestehenden Leitlinien für die Standortwahl beschrieben und eine Übersicht über die vorhandenen relevanten Dokumente zur Entsorgung gegeben.
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Fig. 1. Schematic representation of a Hasse diagram (8)
Bild 1. Schematische Darstellung eines Hassediagramms (8)
Fig. 2. Linear extensions of a fictive Hasse diagram
(changed according to (11))
Bild 2. Lineare Extensionen eines fiktiven Hassediagramms
(verändert nach (11))
Die Entscheidung für oder gegen einen potentiellen Endlagerstandort erfordert die Berücksichtigung einer Vielzahl von Bewertungskriterien. Aufgrund der Komplexität der zu vergleichenden Standorte und deren Eigenschaften sowie der unterschiedlichen Standpunkte der Öffentlichkeit/Interessensgruppen ist es wahrscheinlich, dass es zu Zielkonflikten kommen wird. Um das Verfahren der Standortauswahl methodisch zu unterstützen, bietet sich aus Sicht der Autorin der Einsatz sogenannter multikriterieller Analysemodelle an, die derartige Entscheidungssituationen mit vergleichsweise geringem formalem Aufwand abbilden und nachvollziehbare Lösungen vorschlagen. Multikriterielle Analysemodelle ermöglichen, verschiedene Alternativen simultan miteinander zu vergleichen und die Entscheidungsfindung aus dem Bereich der Willkürlichkeit in den der bewussten Entscheidung zu überführen.
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