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Das Krisenmanagement und Grubenrettungswesen in der modernen akademischen Bergbauausbildung

Die Bergbauindustrie unterliegt einem stetigen Wandel. Die fortschreitende Mechanisierung der Rohstoffgewinnung ist in der Regel durch eine steigende Produktivität bei einer Verringerung der Mitarbeiterzahlen gekennzeichnet. Gleichzeitig ist eine Zunahme der durchschnittlichen Abbauteufen und Auffahrungslängen der Grubenbetriebe zu erkennen. Die Konsequenz ist, dass in allen Bereichen die Verantwortung von immer weniger Personal getragen werden muss. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich Krisenmanagement und Grubenrettungswesen.

Junge Ingenieure verfügen häufig nicht über Kenntnisse und Erfahrungen im Krisenmanagement und im Grubenrettungswesen. Diese Erfahrungen werden vor allem durch kontinuierliche Weiterbildungen und Übungen gesammelt, die oftmals neben dem eigentlichen beruflichen Alltag zu erlernen sind. Eine ausreichende Sensibilisierung der jungen Akademiker ist unabdingbar, damit aus betrieblichen Ernst- und Notfallübungen ein Wissenszuwachs generiert werden kann.

Des Weiteren ist zu erkennen, dass erfahrene Ingenieure in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen werden. Es besteht die Gefahr, dass das Wissen über ein qualitativ hochwertiges Krisenmanagement und Grubenrettungswesen in den Betrieben häufig nicht allumfassend an die nachfolgende Generation weitergegeben wird. Ein Wissensverlust wäre die Folge.

Aus den genannten Gründen gibt es an den Bergbauuniversitäten weltweit das Bestreben, das Krisenmanagement und das Grubenrettungswesen nicht nur durch theoretisches Wissen, sondern auch durch erste praktische Erfahrungen, z. B. durch Übungen und Simulationen zu vermitteln. Als Beispiel hierfür wird in diesem Beitrag eine der Initiativen zur Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland dargestellt.

Autoren: Prof. Dr.-Ing. Helmut Mischo, Dr.-Ing. Jürgen Weyer, and Dipl.-Ing. Sebastian Becker, Institute of Mining and Special Civil Engineering of the Technical University Bergakademie Freiberg (TU BAF), Freiberg/Germany, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brune, Mining Engineering Department of the Colorado School of Mines (CSM), Golden/USA

1  Das Krisenmanagement und Grubenrettungswesen als Bestandteil des Bergbaustudiums an der TU Bergakademie Freiberg

1.1 Rahmenbedingungen

Auch die mitteleuropäische Bergbauindustrie ist durch eine Abnahme der Zahl großer Bergbaubetriebe und im Besonderen an Mitarbeiterzahlen gekennzeichnet. Mannstarke Grubenwehren werden verkleinert oder ggf. vollständig aufgelöst. Das auf kooperierenden Grubenwehren basierende Grubenrettungswesen ist aufgrund dieses Strukturwandels in einigen Bergbaurevieren langfristig gefährdet. Aus diesem Grund werden seit einigen Jahren Anstrengungen für eine Restrukturierung des Grubenrettungswesens unter den gegebenen Rahmenbedingungen in Deutschland unternommen.

In der Bundesrepublik Deutschland schreibt der Gesetzgeber in den einschlägigen Regelwerken den Bergwerksbetrieben vor, ein für ihren Grubenbetrieb geeignetes Grubenrettungswesen vorzuhalten. Dieses kann durch die Gründung einer eigenen Grubenwehr oder durch Hilfeleistungsverträge mit benachbarten Grubenwehren sichergestellt werden. Ein Anschluss an eine Hauptstelle für das Grubenrettungswesen bzw. die Gründung einer Hauptrettungsstelle ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben.

Bedingt durch die Größe der aktiven Grubenbetriebe in Deutschland existieren aktuell noch fünf Hauptstellen für das Grubenrettungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Zwei dieser Hauptstellen werden durch den deutschen Steinkohlenproduzenten RAG Aktiengesellschaft sowie drei weitere Standorte von der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie (BG RCI) unterhalten. Die Aufgabe der Hauptstellen für das Grubenrettungswesen ist die Unterstützung und Beratung der Bergwerke bei der Organisation und Durchführung des Grubenrettungswesens sowie Unterstützung im Ereignisfall. Dies geschieht z. B. durch die Erstausbildung von Wehrmännern, die kontinuierliche Weiterbildung, die Durchführung von Übungen, die Überprüfung sowie die Kalibrierung von Grubenwehrausrüstung.

Die Anforderungen an ein Grubenwehrmitglied in der Bundesrepublik Deutschland sind in den „Leitlinien für das Grubenrettungswesen“ aufgeführt. Die entsprechenden Leitlinien werden durch den „Deutschen Ausschuss für das zentrale Grubenrettungswesen“ festgelegt. Generell ist die Mitgliedschaft in einer Grubenwehr freiwillig. Das Mindestalter beim Eintritt in die Grubenwehr beträgt 18 Jahre. Eine medizinische Tauglichkeitsuntersuchung zum Tragen von Langzeitatemschutzgeräten (G26-3) muss vorgelegt werden können. Die medizinische Tauglichkeitsuntersuchung ist eine wiederkehrende Untersuchung, die jedes Jahr bzw. jedes zweite Jahr, je nach Alter oder nach einer Erkrankung, erneut nachgewiesen werden muss. Aus diesem Grund muss der Nachweis der Tauglichkeit vor der Teilnahme an Übungen mit Langzeitatemschutz bestehen. Inhalt und Dauer der jährlichen Übungen sind in den Leitlinien für das Grubenrettungswesen festgeschrieben. Dies gewährleistet eine hochwertige und qualitativ gleichbleibende Ausbildung.

Vor Aufnahme in die Grubenwehr muss ein Grubenwehranwärter einen einwöchigen Lehrgang absolvieren. In diesem Lehrgang werden die theoretischen Grundlagen vermittelt. Der Lehrgang wird mit einer praktischen Übung abgeschlossen. Nach einem Jahr und der Teilnahme an den entsprechenden Übungen wird aus dem Anwärter ein Grubenwehrmitglied. Nach entsprechenden Aus- und Weiterbildungen kann der Wehrmann als Truppführer, Gerätewart und Oberführer eingesetzt werden.

Aufgrund des genannten Strukturwandels in der Rohstoffindustrie wurden die Leitlinien für das Grubenrettungswesen im Jahr 2014 an die aktuellen Rahmenbedingungen angepasst. Nach den aktualisierten Leitlinien müssen weiterhin mindestens drei Grubenwehrtrupps für einen Grubenwehreinsatz vor Ort sein. Steinkohlenbergwerke bilden eine Ausnahme, da aufgrund des besonderen Gefährdungspotentials weiterhin zehn Grubenwehrtrupps im Einsatzfall vor Ort sein müssen. Die aktualisierten Leitlinien ermöglichen unter besonderen Umständen den Einsatz von Dreimann-Trupps, wenn die Einsatzbedingungen dies erlauben und das Einsatzziel die Rettung von Menschenleben ist. Die TU Bergakademie Freiberg (TU BAF) nimmt seit Jahren durch wissenschaftliche Konferenzen, Workshops sowie wissenschaftliche Arbeiten unterstützend an der Restrukturierung des Grubenrettungswesens teil.

1.2 Krisenmanagement- und Grubenwehrkurse an der TU Bergakademie Freiberg

Fig. 1. TU BAF Mining Students at BG RCI Central Mine Rescue Station. // Bild 1. TU BAF-Grubenwehrteam während einer Grubenwehrübung an der BG RCI Hauptstelle.

Fig. 1. TU BAF Mining Students at BG RCI Central Mine Rescue Station. // Bild 1. TU BAF-Grubenwehrteam während einer Grubenwehrübung an der BG RCI Hauptstelle.

Arbeitsschutz und Sicherheit sind seit jeher Kernkompetenzen des Bergbaustudiums an der TU BAF. Schon vor über einem Jahrhundert wurden entsprechende Lehrinhalte in das Curriculum des Bergbaustudiums eingebunden. Seitdem wurden entsprechende Blockkurse nicht nur für Bergbaustudenten ergänzt. Seit mehreren Jahrzehnten ermöglicht die BG RCI für Bergbaustudenten der TU BAF die Teilnahme an einem eintägigen Grubenwehrkurs an der Hauptstelle des Grubenrettungswesens in Leipzig (Bilder 1,2). Ziel des Blockkurses ist, den Teilnehmern die Struktur, Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Grubenrettungswesen zu vermitteln. Die Veranstaltung endet mit einem praktischen Übungseinsatz unter Langzeitatemschutz in der Übungsstrecke vor Ort.

Für jeden Übungseinsatz im Grubenrettungswesen ist von den Teilnehmern eine gültige medizinische Untersuchung vorzulegen. Diese Anforderung gilt ebenfalls für Studenten, die an Grubenwehrübungen mit Langzeitatemschutz teilnehmen. Aufgrund der finanziellen und gesundheitlichen Einschränkung durch die notwendige medizinische Untersuchung ist der praktische Übungskurs freiwillig. Dennoch wird der Kurs von der überwiegenden Zahl der Studenten wahrgenommen.

Fig. 2. Confined Spaces Training at BG RCI Central Mine Rescue Station. // Bild 2. Kriechstrecke in der BG RCI Hauptstelle.

Fig. 2. Confined Spaces Training at BG RCI Central Mine Rescue Station. // Bild 2. Kriechstrecke in der BG RCI Hauptstelle.

Während eines Krisenereignisses werden Bergingenieure, insbesondere in kleineren Betrieben, nur in Einzelfällen als Wehrmann mit der Grubenwehr in den Einsatz gehen. Viel wahrscheinlicher ist, dass Bergbauingenieure im Krisenfall für Aufgaben im Stab, z. B. Planung, Koordination und technische Organisation, eingesetzt werden. Um die jungen Akademiker optimal auf diese Aufgaben vorzubereiten, wurde an der TU BAF im Jahr 2012 ein neuer Blockkurs zum Thema „Krisenmanagement“ eingeführt. Dieser Kurs wird in Zusammenarbeit mit erfahrenen Gastdozenten aus dem Bereich der Unternehmensberatung im Krisenmanagement für die deutsche Rohstoffindustrie durchgeführt. Die Inhalte des Blockkurses setzen sich zusammen aus:

  • Stabsarbeit im Einsatzfall (Struktur, Organisation, Aufgaben und Ablauf),
  • Krisenmanagement,
  • Einsatz von technischen Hilfsmitteln,
  • Kommunikation und
  • Umgang mit Medien in schwierigen Situationen.
Fig. 3. Incident Command Structure and Set-Up in Germany. // Bild 3. Organisation des Krisenstabs in Deutschland.

Fig. 3. Incident Command Structure and Set-Up in Germany. // Bild 3. Organisation des Krisenstabs in Deutschland.

Die Studenten durchlaufen verschiedene praktische Übungen, bei denen sie unterschiedliche Aufgaben im Einsatzstab (Bild 3) wahrnehmen. Ziel der Übung ist die kontrollierte Durchführung eines Rettungswerks. Die Übungssituation wird realitätsnah dargestellt. Das beinhaltet neben der Kommunikation im Krisenstab auch die Übung der Kommunikation nach außen durch das Vorbereiten von Pressemitteilungen und Abhalten von Pressekonferenzen. Dies ist Bestandteil einer Pflichtvorlesung, an der alle Bergbaustudenten einmal teilnehmen müssen.

2  Eine erweiterte studentische Ausbildung im Grubenrettungswesen am Beispiel der studentischen Grubenwehr an der Colorado School Of Mines in Golden, Colorado, USA

In den Jahren 2013 und 2015 konnten Mitarbeiter des Instituts für Bergbau und Spezialtiefbau der TU BAF an der universitätsübergreifenden Grubenrettungsübung „Mine Emergency Response Development Exercise“ (MERD) der Colorado School of Mines (CSM) als Beobachter teilnehmen. Aufbauend auf den Übungen, den lebhaften Diskussionen und Erfahrungsaustauschen mit den amerikanischen Fachkollegen wurde entschieden, eine vergleichbare erweiterte Grubenwehrausbildung an der TU BAF anzubieten. Das Forschungs- und Lehrbergwerk Reiche Zeche ist ein zentraler Bestandteil der Grubenwehrausbildung und bietet die Möglichkeit, ein realitätsnahes Übungsumfeld zu nutzen. Im Jahr 2013 wurde dazu ein aktives Mitglied des studentischen Grubenrettungsteams der CSM an die TU BAF eingeladen, um die Planung für eine studentische Grubenwehr vor Ort zu unterstützen.

An der CSM wurden seit der Gründung des ersten studentischen Grubenwehrteams zwei weitere Grubenwehrteams in den Jahren 2009 und 2010 eingeführt. Eine Teilnahme an der studentischen Grubenwehr ist freiwillig und für alle Studiengänge an der Hochschule möglich. Die Planung und Durchführung wird von den Studenten in Eigeninitiative geleistet. Als einzige Voraussetzung zur Teilnahme wird eine medizinische Tauglichkeit vorausgesetzt, um die gesundheitliche Unversehrtheit der Teilnehmer durch die im Rahmen der Grubenwehr durchgeführten Aktivitäten zu gewährleisten.

Die Leiter der studentischen Grubenwehrtrupps planen die Übungseinheiten in Zusammenarbeit mit dem offiziellen Betreuer der Hochschule. Der Betreuer der Hochschule wird vor allem bei logistischen Fragestellungen unterstützend tätig und hilft bei der Organisation von Übungen, Übungsorten, Ausrüstung, Werkzeugen und Verpflegung. Die studentische Grubenwehr wird darüber hinaus durch Fachkräfte aus der Bergbauindustrie mittels Spezialvorlesungen unterstützt. Dies kann von der Ausbildung an Bergbauspezialausrüstungen und -maschinen bis hin zur Bewetterung, Ersten Hilfe, Kommunikation und zum Markscheidewesen reichen.

Trainingsziele werden zu Beginn eines jeden Semesters gesetzt. Die Übungsinhalte können, neben Personenrettung und -bergung, Einsätze in einem nach einer Explosion beschädigten Gruben-
gebäude, unter künstlicher Hitze und Rauch bis hin zu Spezialverfahren im Grubenrettungswesen umfassen. Insgesamt werden an der CSM jährlich mehr als 2.000 Mannstunden verübt. Als Ergebnis soll jeder Teilnehmer über einen nachweisbaren Wissenszuwachs sowie ein größeres Verständnis der Abläufe, Gesetzgebung und Technik im Grubenrettungswesen verfügen. Jedes zweite Jahr veranstaltet die CSM das MERD in der eigenen Grube, der Edgar Mine in Idaho Springs/Colorado (Bild 4). An dieser Übung nehmen ausschließlich studentische Grubenwehren teil.

Fig. 4. Student Underground Mine Rescue Exercises at CSM / Edgar Mine. // Bild 4. Studentische Grubenwehrteams auf der Edgar Mine der CSM.

Fig. 4. Student Underground Mine Rescue Exercises at CSM / Edgar Mine. // Bild 4. Studentische Grubenwehrteams auf der Edgar Mine der CSM.

Jedes Jahr nehmen alle studentischen Grubenwehrtrupps darüber hinaus auch an professionellen Grubenwehrwettkämpfen teil. Diese Wettkämpfe bieten die Möglichkeit, das in den Semestern gesammelte Wissen und die Erfahrungen gegenüber professionellen Grubenwehrteams zu testen und Kontakte aufzubauen. In den Wettbewerben werden die teilnehmenden Grubenwehrtrupps hinsichtlich ihres Wissens über Regeln und Gesetze des Grubenrettungswesens, ihrer Zusammenarbeit als Team bei realitätsnahen Übungseinsätzen, dem Umgang und Wissen über die verwendete Technik sowie in Erster Hilfe geprüft.

 3  Entwicklung und Umsetzung eines neuen Grubenwehrkurses an der TU Bergakademie Freiberg

Aufbauend auf den Erfahrungen mit den bereits vorhandenen Kursen in Zusammenarbeit mit der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen der BG RCI in Leipzig, den an den US-amerikanischen Hochschulen durchgeführten studentischen Grubenwehrkursen sowie in Zusammenarbeit mit dem Forschungs- und Lehrbergwerk an der TU BAF wurde ein zweiteiliger Grubenwehrkurs ins Leben gerufen. Dieser Kurs besteht aus einem theoretischen Modul sowie einem praktisch orientierten Modul.

In dem ersten zweisemestrigen Modul „Sicherheit und Rettungswerke in der Rohstoffindustrie“ wird ein theoretischer Schwerpunkt auf Rettungswerke und Grubenrettungswesen gelegt. Dieses theoretische Wissen wird durch praktische Übungen begleitet. Inhalte dieses Moduls sind die Gefahrenquellen und Risikosituationen in der Rohstoff-industrie, der Aufbau eines Rettungswerks, Stabsarbeit und Kommunikation, das Grubenrettungswesen mit dem Schwerpunkt Deutschland, aber auch internationalen Beispielen, sowie der Aufbau, die Struktur und die Organisation von Grubenwehren.

Ziel des Moduls sind nicht nur die Vermittlung von Präventionsmaßnahmen, sondern auch das Krisenmanagement, die Grundlagen zur Planung und Durchführung von Gruben- und Gasschutzwehreinsätzen sowie die Stabsarbeit. Darüber hinaus wird die Arbeit mit Medien im Krisenfall vertieft. Durch Übungen und Rollenspiele werden die Inhalte gezielt geübt. Dies verdeutlicht den Einfluss der modernen Medien und im Besonderen der öffentlichen Netzwerke auf die Stabsarbeit. Hierfür wird als Teil der Stabs-arbeit das Vorbereiten von Pressemitteilungen und Abhalten von Pressekonferenzen, die Planung und Koordination von Gruben- und Gasschutzwehren sowie von externen Hilfskräften geübt.

Um die Teilnahme für alle Studienrichtungen der TU BAF zu ermöglichen, ist dieses Modul dem „Studium Generale“ angegliedert. Das „Studium Generale“ bietet fachübergreifende Module, die jedem Studenten unabhängig von der Fachrichtung zugänglich sind und entsprechende Credit-Points bieten. Da für das Tragen eines Langzeitatemschutzes eine zusätzliche und kostenpflichtige medizinische Untersuchung notwendig wird, bietet dieses Modul auch Teilnehmern, die nicht über die notwendige medizinische Untersuchung verfügen, die Möglichkeit an der Teilnahme.

Das zweite Modul „Studentische Grubenwehr“, das zeitlich parallel zum ersten stattfindet, bildet den praktisch orientierten Kurs. Die an dem Modul „Studentische Grubenwehr“ teilnehmenden Studenten können in einer wirklichkeitstreuen Umgebung in entsprechender Grubenwehrausrüstung üben. Dies ermöglicht realistische Übungsbedingungen anhand derer die Teams ihre Zusammenarbeit und Kommunikation üben und verbessern können. Darüber hinaus erfordert das Üben in Grubenwehrtrupps eine hohe Teamfähigkeit. Da diese Übungen in dem Forschungs- und Lehrbergwerk (FLB) der TU BAF durchgeführt werden, steht ein weitläufiges untertägiges Areal zur Verfügung, das nicht nur für die Grubenwehrübungen, sondern ebenfalls für Übungen von Feuerwehren, Technischem Hilfswerk (THW) und weiteren Rettungskräften zur Verfügung steht. Für diesen Zweck ist zukünftig geplant, die halb-dritte Sohle des FLB ausschließlich als Übungssohle für Rettungskräfte vorzusehen. Ein umfassendes Netz aus Strecken, Überhauen und Abbauen in unterschiedlichen Geometrien, Dimensionierungen und Einfallen steht dort zur Verfügung und stellt die typische Situation in Erzbergwerken weltweit dar.

Zum Wintersemester 2016/17 sollen die Kurse zusätzlich zum Studium Generale auch als Wahlpflichtfach in den regulären Fachrichtungen des Studiengangs „Geotechnik und Bergbau“ integriert werden.

Typische Übungsszenarios sind das Erstellen von Wetterdämmen mittels Gasbetonsteinen oder durch moderne Dichtsysteme, die Rettung bzw. Bergung von Personen, das Erkunden von unbekannten Grubenbauen sowie technische Sicherungsmaßnahmen an Investitionsgütern. Während dieser Übungseinsätze müssen die Grubenwehrtrupps durch analoge Kommunikationsmittel (Kabeltrommel mit mobiler Sprechverbindung) Informationen wie den Sauerstoffvorrat, die Zusammensetzung der Umgebungsatmosphäre, die exakte Position, den Zustand der Grubenbaue und weitere Angaben an die Bereitschaftsstelle korrekt und vollständig weitergeben. Diese Angaben werden durch andere Gruppen in der Bereitschaftsstelle entgegengenommen und dem Krisenstab zugeleitet. Dies trainiert die Kommunikation zwischen Grubenwehr und Bereitschaftsstelle sowie zwischen Bereitschaftsstelle und Krisenstab. Neben diesen bergbauspezifischen Übungen können auch Ab- und Aufseiltechniken in unterschiedlichen Umgebungsbedingungen geübt werden.

Fig. 5. Virtual mine rescue simulation with the Cinector-Engine. // Bild 5. Grubenwehrsimulator in der Cinector-Engine.

Fig. 5. Virtual mine rescue simulation with the Cinector-Engine. // Bild 5. Grubenwehrsimulator in der Cinector-Engine.

Des Weiteren werden in der Ausbildung auch neueste virtuelle Ausbildungssimulatoren für Grubenwehreinsätze genutzt (Bild 5). Diese werden im Rahmen des durch das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst geförderten Forschungsprojekts Mining-RoX (Robots in Saxony) in einer Kooperation zwischen der TU BAF und der Hochschule Mittweida entwickelt. Ziel ist es, diese Ausbildungssimulatoren langfristig über die studentische Ausbildung hinaus der allgemeinen Grubenwehrausbildung zur Verfügung zu stellen.

Fig. 6. Student Mine Rescue Teams at MERD 2013. // Bild 6. Studentisches Grubenwehrteam beim MERD 2013.

Fig. 6. Student Mine Rescue Teams at MERD 2013. // Bild 6. Studentisches Grubenwehrteam beim MERD 2013.

Zukünftig ist geplant, dass Grubenwehrteams aus erfolgreichen Teilnehmern beider Kurse am MERD teilnehmen und sich mit anderen studentischen Grubenwehren im Wettbewerb messen, Wissen austauschen und Kontakte aufbauen (Bild 6). Aufgrund der Betreuung des MERD durch Fachleute aus der Industrie und aus professionellen Grubenwehrtrupps bietet die Teilnahme am MERD die Möglichkeit, Fachwissen aus der internationalen Arbeitswelt aus erster Hand zu erhalten.

Fig. 7. Mine Rescue Exercise at FLB Reiche Zeche Research and Experimental Mine. // Bild 7. Grubenwehrübung auf dem FLB Reiche Zeche.

Fig. 7. Mine Rescue Exercise at FLB Reiche Zeche Research and Experimental Mine. // Bild 7. Grubenwehrübung auf dem FLB Reiche Zeche.

Die studentische Grubenwehrausbildung in Freiberg erfolgt nach den Leitlinien für das Grubenrettungswesen in Deutschland. Aus diesem Grund sollen die Trupps mittel- bis langfristig mit der standardmäßigen Grubenwehrausrüstung möglichst vollständig ausgerüstet sein. Langfristiges Ziel ist es, die studentische Grubenwehr auch in das Rettungswerk des FLB Reiche Zeche zu integrieren (Bild 7). Dies hat auch für die Studenten den Vorteil, dass neben der reinen akademischen Ausbildung bereits während des Studiums ein gewisses Maß an zusätzlicher Verantwortung von den Grubenwehrmitgliedern übernommen werden kann. Diese Zielstellung wird zurzeit mit den entsprechenden Fachstellen und Behörden diskutiert.

4  Unterstützung und Ausrüstung der studentischen Grubenwehrtrupps

Die jährlich stattfindende Blockveranstaltung Grubenrettungswesen an der Hauptstelle in Leipzig wird durch die BG RCI und die Drägerwerk AG & Co. KGaA, Lübeck, gefördert, die jährliche Stabsübung durch einen ehemaligen Experten aus der Industrie. Die örtliche Grubenwehr wird durch die Rettungsstelle der WISMUT GmbH, Chemnitz, unterstützt, die das zentrale Organ des sächsischen Grubenrettungswesens darstellt. Das Training wird durch den Oberführer der Grubenwehr der WISMUT GmbH bzw. von Mitarbeitern der BG RCI-Hauptstelle Leipzig überwacht.

Fig. 8. MSA Auer AirElite 4h and Dräger PSS® BG4 plus. // Bild 8. MSA Auer AirElite 4h und Dräger PSS® BG4 plus. Source/Quelle: MSA, Dräger

Fig. 8. MSA Auer AirElite 4h and Dräger PSS® BG4 plus. // Bild 8. MSA Auer AirElite 4h und Dräger PSS® BG4 plus. Source/Quelle: MSA, Dräger

Zur Unterstützung der Ausbildung des Grubenrettungswesens an der TU BAF wurden Langzeitatemgeräte PSS® BG4 mit Atemanschlüssen sowie moderne Gasmessgeräte von der Firma Dräger zur Verfügung gestellt. Die MSA Deutschland GmbH, Berlin, stellte Langzeitatemgeräte AirElite 4h sowie die neueste Generation Gasmessgeräte zur Verfügung. Langzeitatemgeräte stellen die im sächsischen Grubenrettungswesen verwendete Standardtechnologie dar (Bild 8). Die Nutzung in der studentischen Lehre ermöglicht eine Ausbildung und Zusammenarbeit der studentischen Grubenwehren mit den professionellen Grubenwehrtrupps in der Region.

5  Zusammenfassung

Aufgrund der sich ändernden Anforderungen in der Rohstoffindustrie ist die Sensibilisierung von jungen Akademikern für das Krisenmanagement und das Grubenrettungswesen ein bedeutender Lehrinhalt an Hochschulen sowohl national als auch international. Die Teilnahme an der Grubenwehrausbildung bietet neben dem zusätzlichen Wissen über Krisenmanagement und Grubenrettungswesen den Studenten auch die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Dazu gehören vor allem das Erarbeiten von Problemlösungen unter Druck und das zielorientierte Arbeiten in einer Gruppe. Dies sind wichtige Erfahrungen und Fähigkeiten, auf denen junge Akademiker weiter aufbauen können.

Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

(1) US Department of Health and Human Services: CDC-NIOSH 2010. http://www.cdc.gov/niosh/mining/statistics/allmining.html, [accessed 12th April 2014]

(2) United States Code of Federal Regulations 2014:Title 30, Part 49, Mine Rescue Teams.

(3) Henderson, N. e. a.: Students Mine Rescue in Today’s Mining Engineering. Curriculum, Mining Engineering February 2014, Vol 66, No 2, pp 33 –37.

(4) Mischo, H.; Weyer, J.: Reorganization of Mine Rescue Services Scheme in Central Europe. Preprint 14-064, SME Annual Meeting, Feb 23 – 26, 2014, Salt Lake City, UT, USA.

(5) Mischo, H. (editor): Zukünftige Organisation des Grubenrettungswesens in Sachsen. 182 pages, Medienzentrum der Bergakademie Freiberg, 2013,ISBN 978-3-86012-465-9.

(6) Hermülheim, W. e. a.: Handbuch für das Grubenrettungswesen im Steinkohlenbergbau. VGE Verlag, Essen, 2007,ISBN 9783-7739-1365-4.

(7) Bezirksregierung Arnsberg: Bergverordnung für die Steinkohlenbergwerke (BVOSt). 10. Januar 2000, updated 1. June 2001.

(8) EN-ISO 50303, 2000: Normen für den Explosionsschutz im Bergbau – Gruppe 1, Kategorie-M1-Geräte für den Einsatz in Atmosphären, die durch Grubengas und/oder brennbare Stäube gefährdet sind. Deutsche Fassung.

(9) Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Grundriss der Bergtechnik. 3. Auflage, VGE Verlag, Essen, 1985,ISBN 9783-7739-0443-6.

(10) Junghans, R.: Lehrbuch der Sicherheitstechnik. Band 1 Grubensicherheit Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie VEB, 1969, ASIN B002PPZRMO.

Autoren: Prof. Dr.-Ing. Helmut Mischo, Dr.-Ing. Jürgen Weyer, and Dipl.-Ing. Sebastian Becker, Institute of Mining and Special Civil Engineering of the Technical University Bergakademie Freiberg (TU BAF), Freiberg/Germany, Prof. Dr.-Ing. Jürgen Brune, Mining Engineering Department of the Colorado School of Mines (CSM), Golden/USA

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