Nachbergbau als Beispiel und Vorgang ökonomischer Evolution
Der Bergbau gehört in der Geschichte der Menschheit neben dem Jagen und Sammeln sowie den frühen Formen von Handel und Handwerk oder der Land- und Forstwirtschaft zu den ältesten Gewerben der Welt. Demgemäß lang ist seine Entwicklungsgeschichte als Wirtschaftszweig und damit auch der zeitliche Horizont seiner Veränderungen einschließlich aller Niedergänge und Neubeginne (Bild 1).
Zugleich ist jeder Bergbau endlich, überall auf der Welt. Denn jede Rohstofflagerstätte ist begrenzt, keine Rohstoffgewinnung kann ad infinitum erfolgen. Sie endet spätestens mit der physischen Erschöpfung der jeweiligen Lagerstätte, meist aber schon vorher, weil Abbau und Aufbereitung der jeweiligen Rohstoffe nicht mehr wirtschaftlich erscheinen, also nicht mehr gewinnbringend oder zumindest kostendeckend sind. Dies kann etwa geschehen, weil die Absatzpreise für den Rohstoff so verfallen oder die Produktionskosten so gestiegen sind oder so zu steigen drohen, dass sich dieser Bergbau nicht mehr lohnt. Neben diesen genuin ökonomischen Beschränkungen gibt es politisch-rechtliche Restriktionen für bergbauliche Tätigkeiten, die ihre Beendigung beispielsweise aus Umweltschutzgründen oder in neuerer Zeit aufgrund klimapolitischer Zielvorgaben erzwingen können, ihr also die gesellschaftliche „license to operate“ entziehen, wie das beispielsweise bei der – lange Zeit, aber dann nur noch auslaufend subventionierten – heimischen Steinkohle schon zum Enddatum 2018 erfolgte bzw. in Bezug auf den beschlossenen Kohleausstieg in Deutschland geplant ist, der mit der nationalen Beendigung der Kohleverstromung bis spätestens 2038, gemäß geltenden politischen Absichtserklärungen sogar schon „idealerweise bis 2030“, auch die Beendigung des heimischen Braunkohlenbergbaus herbeiführen soll. Ob die deutsche Energiepolitik angesichts der jüngsten geopolitischen „Zeitenwende“ in diesem Punkt eine Revision erfährt, bleibt zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags abzuwarten. (1)
Doch nicht nur der Kohlebergbau in Deutschland steht vor seiner absehbaren Beendigung. Die Dekarbonisierungsstrategie und der Green Deal der EU sowie die damit verbundene Coal Regions in Transition Initiative und der extra dafür eingerichtete Just Transition Mechanism der EU fördern einen europaweiten Kohleausstieg, dem sich mittlerweile alle noch Kohle-nutzenden und -produzierenden Mitgliedstaaten der EU sowie einige assoziierte Länder in Form nationaler Ausstiegspläne unterworfen haben (2). Als letzter Mitgliedstaat der EU und bis dato ihr größter Kohleproduzent hat inzwischen auch Polen offiziell erklärt, bis 2049 seinen Kohlebergbau beenden zu wollen. In ähnlicher Weise haben sich auf internationaler Ebene im Anschluss an die Weltklimakonferenz von Paris und das globale Ziel der Klimaneutralität bis zur Mitte des Jahrhunderts die Powering Past Coal Alliance (PPCA) aus bislang 48 Staaten, darunter Deutschland, und 70 Organisationen gebildet, deren erklärtes Ziel es ist, die Stromerzeugung aus Kohle möglichst bald „Geschichte werden zu lassen“. (3)
Die Weltbank hat in ihrem vor der Weltklimakonferenz in Kattowitz Ende 2018 vorgelegten Report „Managing Coal Mine Closure“ (4) aufgezeigt, dass es schon im vorangegangenen halben Jahrhundert trotz des in diesem Zeitraum gewaltigen globalen Wachstums von Kohleverbrauch und -produktion in vielen Kohleregionen der Welt einschneidende Veränderungen in der Kohleindustrie gab, die dort nicht nur bei vereinzelten Bergwerken, sondern auch standortübergreifend zu Stilllegungsprozessen und Beschäftigungsverlusten in großen Ausmaßen geführt haben, zunächst seit den 1950er Jahren vor allem in Westeuropa einschließlich Deutschland, seit den 1990er Jahren in Osteuropa und Russland, in jüngerer Zeit auch in den USA und Teilen Chinas und anderer bedeutender Kohlebergbauländer wie Australien oder Indonesien. Zugleich gebe es weltweit starke und tendenziell zunehmende Triebkräfte, die planmäßige wie auch disruptive Stilllegungen von Kohlebergwerken mit erheblichen sozioökonomischen und regionalen Auswirkungen in absehbarer Zukunft erwarten lassen, was wiederum u. a. verstärkt die Frage aufwirft, wie für die Betroffenen ein möglichst tragbarer und gerechter Übergang („Just Transition“) in die Zeit nach dem Kohlebergbau zu organisieren ist.
Dabei hat die Weltbank im Wesentlichen drei Treiber dieser Entwicklungen identifiziert (5):
- Die fortschreitende Mechanisierung und Rationalisierung der Kohlegewinnung („Coal Mine Mechanization“) durch den technischen Fortschritt, die innerhalb des internationalen Kohlebergbaus zu einer wirtschaftlichen Verdrängung und damit Stilllegung weniger produktiver Kohlebergwerke führt.
- Verschärfte umwelt-, energie- und klimapolitische Restriktionen für die Kohlenutzung („Clean Air and Energy Policies“), womit zugleich der Kohlebedarf und damit die Nachfrage nach Kohlegewinnung eingeschränkt wird.
- Energiemarktinnovationen („Energy Market Innovations“), mit denen die Kohle einer verstärkten Substitutionskonkurrenz durch preisgünstigere, sauberere und/oder mit Blick auf die klimapolitischen Anforderungen und die CO₂-Bepreisung klimafreundlichere Konkurrenzenergien ausgesetzt wurde und wird.
Das geschah schon früher durch das Mineralöl im Wärmesektor und in der Kohlenstoffchemie, in jüngerer Zeit ist das durch das Erdgas ebenfalls dort und auch in der Stromerzeugung erfolgt. In der Stromerzeugung kam zudem die Kernkraft als Alternative hinzu und sie wird dies international gesehen – anders als in Deutschland mit seinem schon vor dem Kohleausstieg bis Frühjahr 2023 vollzogenen Atomausstieg – mancherorts bleiben bzw. noch hinzukommen, was aus deutscher Sicht Nachbarländer, wie z. B. Frankreich oder Polen, demonstrieren. In Zukunft werden schließlich weltweit neue und erneuerbare Energien vor allem Kohle, aber auch die CO₂-lastigen Kohlenwasserstoffe Erdgas und Mineralöl, in großem Umfang in der Stromerzeugung ersetzen und via „grünem Wasserstoff“ wohl auch in der chemischen Industrie, der Rohstahlerzeugung und anderen Grundstoffindustrien. Der Kohlebergbau steht hier nur exemplarisch dafür, wie ein ganzer Bergbausektor unter Anpassungs- und Auslaufdruck und somit in seinen Niedergang gerät. Beispielhaft dafür ist der 50-jährige Anpassungs- und Auslaufprozess des westdeutschen Steinkohlenbergbaus von der Gründung der Ruhrkohle AG als Einheitsgesellschaft des Ruhrbergbaus 1968 über die Stilllegung des Bayerischen, Aachener und Saarreviers bis zur vollständigen Beendigung der Produktion von Steinkohle in Deutschland Ende 2018 mit der Schließung der letzten Bergwerke (Bild 2).
Zwar beflügeln Energiewende und Klimapolitik auch verschiedene Bereiche der Gewinnung von Rohstoffen wie vor allem etliche metallische Rohstoffe, etwa Eisen, Kupfer, Nickel, Lithium oder die Seltenen Erden, die nach allen Prognosen und Szenarien in einem globalen Aufschwung stehen, doch gleiche und ähnliche Wirkkräfte wie bei der Beendigung des Kohlebergbaus gelten über kurz oder lang auch für andere Bergbausektoren wie die schon angesprochene Gewinnung anderer fossiler Energierohstoffe. Sie führen praktisch in allen Bergbaubereichen früher oder später zur Stilllegung einzelner Bergbaustandorte und damit zur Frage, was nach dem Bergbau dort geschieht und wie dieser Nachbergbau gestaltet werden kann. Denn „Nachbergbau ist all das, was nach der eigentlichen Rohstoffgewinnung passiert“ (6), von der verantwortlichen Bewältigung der Umweltfolgen sowie der Alt- und Ewigkeitslasten des stillgelegten Bergbaus bis zur möglichst nachhaltigen Nutzung seiner Hinterlassenschaften einschließlich seiner Flächen, Anlagen und Infrastrukturen sowie aller darin liegenden und abrufbaren Potentiale für neue ökonomische Aktivitäten. Insofern ist jeglicher Nachbergbau ein konkretes Beispiel für ökonomische Evolution.
Blinde Flecken der ökonomischen Standardtheorie gegenüber Evolutionsprozessen
Dass der Nachbergbau ein (neues) Forschungsprogramm nicht nur unter geo-, natur- und ingenieurwissenschaftlichen Aspekten, sondern auch für die Wirtschaftswissenschaft und Nachbardisziplinen wie die Wirtschaftsgeografie oder die Stadtplanung darstellt, hat der Verfasser an anderer Stelle ausführlicher dargelegt (7). Dem steht nicht entgegen, dass sich für den Nachbergbau und seine vielfältigen Facetten ein holistischer, interdisziplinärer Forschungsansatz geradezu aufdrängt (8). Erstaunlich ist dennoch, wie wenig gerade die Wirtschaftswissenschaft und namentlich ihre Teildisziplin Volkswirtschaftslehre vor dem Hintergrund der langen geschichtlichen Entwicklung des Wirtschaftszweigs Bergbau und der aus ihm zwangsläufig stets resultierenden Fragen des „danach“ sowie der heute und für die Zukunft – und das weltweit – absehbaren ökonomischen Herausforderungen des jeweiligen Nachbergbaus bisher eine eigene Forschung dazu entfaltet hat.
Das liegt zum einen sicherlich daran, dass der Wandel vom Bergbau zum Nachbergbau als Teil des allgemeinen wirtschaftlichen Strukturwandels eingeschätzt wird, wie er sich in allen anderen Wirtschaftszeigen auch vollzieht und somit ohnehin Gegenstand der allgemeinen ökonomischen Strukturforschung ist. Das stimmt zwar auch, doch es ignoriert zumindest sektorspezifische ökonomische Besonderheiten wie die Standortgebundenheit, die durch den Bergbau bedingten physischen Vorprägungen der Ressourcen und die damit verknüpfte typische wirtschaftliche „Backpack-Problematik“ des Nachbergbaus. (9)
Zum anderen haben die wirtschaftswissenschaftliche Standardtheorien nach wie vor nicht unerhebliche Probleme schon mit der Beschreibung und noch mehr mit der Erklärung von Entwicklungsprozessen und qualitativem Strukturwandel, kurz: mit ökonomischer Evolution. Der nachfolgend in den Mittelpunkt gestellte Ökonom Helmut Arndt hat in seiner Lehre von der Wirtschaftsentwicklung ausdrücklich vor einer allein auf Gleichgewichtsmodelle und Kreisläufe fixierten und geschichtslosen Wirtschaftstheorie gewarnt, bei der „das Objekt der theoretischen Nationalökonomie auf den wirtschaftlichen, individualistischen Tauschhandel schrumpft“ (10). Dieser Ansatz sei jedoch nicht in der Lage, marktwirtschaftliche Entwicklung und Anpassung zu erklären und damit letztlich „steril“. Dem stellt er seine eigene Theorie einer evolutorischen Ökonomik gegenüber, in der die dynamische Gestaltung der Wirtschaft durch den Menschen im Zentrum steht und Produzenten nicht nur Betriebsleiter bzw. Betriebe darstellen, die lediglich wirtschaftliche Optimierungsaufgaben vollziehen, sondern als Unternehmer oder Manager die eigentliche und kreative ökonomische Aufgabe erfüllen, die „Betriebe und der in diesen zu produzierenden Waren zu gestalten.“ Und Konsumenten, die Endverbraucher der wirtschaftlichen Güter, repräsentieren „nicht nur Lebewesen, deren Bedarfsstrukturen unveränderlich gegeben sind, sondern (auch) mündige – mit Vernunft begabte – Verbraucher sind, die ihre Bedürfnisse kultivieren und ihre Bedarfsstrukturen ändern.“ (11) Kurz gesagt: Wirtschaftliche Entwicklungen seien das Ergebnis menschlicher Freiheit und nicht von bloßen Mechanismen und deshalb nicht determinierbar.
Die Kritik an der zu seiner Zeit und weiterhin bis heute vorherrschenden mikro- und makroökonomische Standardtheorie, die er als „Gleichgewichts- bzw. Kreislauftheorie“ etikettiert, wird von ihm detaillierter konkretisiert und mit dem Anspruch untermauert, dass die Wirtschafstheorie eine „Lehre von der Überwindung von Armut und Elend durch die Entwicklung von Angebot und Nachfrage“ sein müsse (12):
- Weil die Standardtheorie „raum- und zeitlos“ sei, könne sie raumbezogene und zeitliche wirtschaftliche Entwicklungen und Veränderungen nur punktuell erklären. Auch der Einfluss von Erwartungen, also Vermutungen über künftige Ereignisse, wie z. B., ob neue Produkte wie geplant Absatz finden und welche Anpassungen erfolgen sollen, wenn das nicht geschieht, findet sich in ihren Modellen kaum wieder.
- Die Standardtheorie sei auf die Lehre vom Tausch fokussiert und damit mehr eine „Katallaktik“ als Ökonomik, in der es nur um gegebene Produkte und angeborene Bedürfnisse gehe. Wirtschaftliche Entscheidungen würden dabei nach vorgegebenen Kosten- und Vorteilskurven optimiert, hinter denen das sogenannte Ertragsgesetz der Produktion und die „Gossen’schen Gesetze“ vom abnehmenden Grenznutzen des Verbrauchs bzw. bestehende Indifferenzkurvensysteme stehen. Der Wandel von Gütern und der von Produktionsverfahren, bei denen die Produktivität der Anlagen erhöht wird und das Ertragsgesetz außer Kraft gesetzt werden kann, erkläre sich dadurch nicht. Ebenso wenig die endogene Entwicklung von Wünschen und Bedürfnissen und mit ihnen das Entstehen und Untergehen von Märkten.
- Die Gleichgewichtsmodelle setzten regelmäßig „vollständige Information“ aller Marktteilnehmer über alle für die Transaktion relevanten Faktoren voraus. Das sei aber vollständig unrealistisch, denn im Regelfall wären Informationen asymmetrisch verteilt und auch „List und Betrug“ im Marktgeschehen nicht untypisch.
- In den Gleichgewichtsmodellen würde die Preisbildung zu einem Mechanismus degradiert oder gar nur zu einem „Datum“, das bloß noch reine Anpassung an die Gegebenheiten des Markts erlaubt und alle preislichen Gestaltungsmöglichkeiten ausblendet. Ebenso werde der „Gewinn“ nur als ein „Residuum“ erklärt, das verbleibt, wenn herkömmliche Waren in jeweils gegebenen Anlagen (re-)produziert werden. Beides erachtet Arndt als weltfremd. Speziell Marktpreise seien in der Realität niemals Gleichgewichtspreise, sondern stets temporäre Ausgleichspreise. Gewinne von Unternehmen seien unter Risiko gestaltete Leistungsresultate.
- In den makroökonomischen Kreislaufmodellen würden alle Parameter an sich offener Entwicklungen und ihre ökonomischen Folgen als „exogen“ behandelt und in den Datenkranz verbannt. Märkte, Bedürfnisse, Waren, Produktionsverfahren und damit die „Technik“ werden als gegeben vorausgesetzt. Damit könne lediglich die „sterile“ Reproduktion von wirtschaftlichen Kreislaufzusammenhängen und durch Variation der Einflussgrößen allenfalls das Wachstum oder die Schrumpfung von Quantitäten erklärt werden, nicht aber das Entstehen, die Art und die Wirkung neuer Produkte, leistungsfähigerer Verfahren, veränderter Bedürfnisse und neuer Wertungen der Verbraucher, mithin auch nicht die genuinen Quellen steigender Realeinkommen sowie der wiederkehrenden Dissonanzen zwischen Angebot und Nachfrage, die auch eine wesentliche Ursache von Konjunkturschwankungen darzustellen vermögen.
- Das Kardinalproblem der Standardtheorie, das gleichzeitig ihre besonderen Stärken begründet, aber eben auch ihre zentrale Schwäche bedingt, sei ihre vorrangige Ausrichtung auf Quantitäten und deren Berechnung unter Vernachlässigung der qualitativen Aspekte in wirtschaftlichen Zuständen und Entwicklungen. Sie kann dadurch als eine „mathematische Wissenschaft“ erscheinen, gemäß dem von Arndt zitierten schon von Jevons 1879 formulierten Anspruch, „einfach deshalb, weil sie sich mit Mengen beschäftigt“ – Arndt bezeichnet dies als Beschränkung auf „reine Mengenlehre“. Die Freiheit und Fähigkeit der Akteure, ihre wirtschaftliche Umwelt zu gestalten, werde damit aus der Betrachtung ausgeklammert. Ökonomische Gesetze bekämen so zwar ein elegantes quantitatives Gewand. Genauso nötig sei indes, so Arndt, eine auf Qualitäten ausgerichtete „Theorie von Entwicklung und Anpassung, in der Wirtschafter die – realiter in Marktwirtschaften ja existente – Freiheit besitzen, die Voraussetzungen der Gesetze aufzuheben, sodass die Unternehmen ihre Betriebe und Waren und die Haushalte ihre Bedürfnisse entwickeln können.“ Nur eine solche Theorie könne auch eine Prozessanalyse durchführen, die nicht allein Messwerte zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst, sondern veränderten Wertungen der Akteure und der Entwicklung der Qualitäten im Wirtschaftsgeschehen Rechnung trägt.
Die von Arndt herausgearbeiteten Schwachstellen der ökonomischen Standardtheorie haben sicherlich substanzielle Berechtigung und verdeutlichen die daraus resultierenden blinden Flecken gegenüber ökonomischen Evolutionsprozessen. Ob man der Standardtheorie mit der Kritik von Arndt bis heute wirklich gerecht wird, lässt sich angesichts der qualitativen Entwicklung des Fachs selbst bezweifeln. Und manche Kritikpunkte erscheinen auch schon aus damaliger Perspektive überzogen, denn Weiterentwicklungen der Standardtheorie gab es längst mannigfach, so etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, zum Problemkreis von Markt- bzw. Wettbewerbsversagen durch Informationsasymmetrien bezüglich Produktqualitäten wie im Fall des schon 1970 vom späteren US-Nobelpreisträger Akerlof herausgearbeiteten und seither auch in der Standardtheorie viel zitierten „Lemon Principle“ (13). Arndt hat indes selbst eingeräumt, dass es bereits einige weitere Ansätze in Richtung auf eine evolutorische Ökonomik gäbe, die er jedoch noch nicht für genügend sachgemäß erachtete, und sein eigener Ansatz elementar auf Grundsteinen der schon 1912 vorgelegten „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung“ von Schumpeter mit der von diesem betonten Rolle der dynamischen und schöpferischen Pionierunternehmer aufbaut (14). Schumpeter habe jedoch eine andere zentrale Fragestellung verfolgt als er, nämlich vornehmlich die Erklärung von Konjunkturbewegungen und nicht der von Märkten und Wettbewerbsprozessen. Auch sei Schumpeters dynamisch-evolutorischer Ansatz von der Standardtheorie nicht wirklich weiterentwickelt worden. Diese unterstelle unendliche Anpassungsgeschwindigkeit und komparative Statik, sei aber keine echte Prozesstheorie, wie er sie vertrete.
Kritisch anzumerken ist zu Arndts Vorwurf, dass auch die Standard-Mikroökonomik mit ihren methodischen Konzepten in der Lage war und ist, Fortschritts- und Anpassungsprozesse ansatzweise zu beschreiben und zumindest ihre ökonomischen Bedingungen zu formulieren, wie das etwa in der von Arndt durchaus beeinflussten Marktprozesstheorie und ihrem Marktphasenschema geschieht, was längst zum Standard-Lehrkanon gehört (Bild 3). (15).
Ähnlich übertrieben erscheint die Kritik an der Standard-Makroökonomik, die in der basalen Wachstumstheorie sehr marktwirtschaftlich mit gesamtwirtschaftlichem Angebots- und gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurven operiert, was Arndt freilich als zu mechanistisch erschiene, und in der modernen endogenen Wachstumstheorie wie sie insbesondere der US-Ökonom und Nobelpreisträger von 2018, Paul Romer, entwickelt hat, der qualitative Aspekte wie die Schaffung von neuem Wissen und Fertigkeiten („Humankapital“) und von neuen Technologien als Wachstumstreiber in den Vordergrund gerückt hat. Auch die ökonomische Erforschung von Glück und Lebensqualität sowie der Einfluss der staatlichen Politik auf das Wirtschafswachstum, von Eigentumsrechten über die Bildungs-, Forschungs-, Gesundheits- oder Handelspolitik bis zu verantwortungsbewusster Regierungsführung und politischer Stabilität, gehören heute zum Kanon der wachstumstheoretischen Analyse. (16)
Eine grundlegende Erweiterung und Veränderung der ökonomischen Standardtheorie ist seit Arndts kritischer Bestandsaufnahme außerdem durch die Neue Institutionenökonomik erfolgt, die sich damit befasst oder jedenfalls den Anspruch verfolgt, wie „reale Menschen in der realen Wirtschaft“ zentrale Probleme wie unvollständige Informationen, Marktmacht oder externe Effekte durch Bildung und Gestaltung von Institutionen, d. h. Systeme von verhaltenssteuernden Regeln bzw. durch diese gesteuerte Handlungssysteme gemäß Leitideen zu lösen und zu ordnen versuchen. Erklärungsbausteine liefern hierfür der Verfügungsrechtsansatz, der Principal-Agent-Ansatz oder der Transaktionskostenansatz. (17) Das betrifft und erfasst zumindest einen Teil der von Arndt so kritisch thematisierten qualitativen Fragen der Wirtschaftsentwicklung.
Zudem hat sich mittlerweile in der Volkswirtschaftslehre ein eigener und seit Arndts Kritik rapide gewachsener Forschungszweig herausgebildet, der sich expressis verbis selbst als „Evolutionsökonomik“ bezeichnet, von der Standardtheorie abgrenzt und erklärtermaßen auf Methodenvielfalt und Transdisziplinarität setzt. Diese neuere Evolutionsökonomik greift manche der nicht nur von Arndt benannten Kritikpunkte der Standardtheorie auf und erhebt sogar den Anspruch, das ökonomische Denken nicht nur anzureichern, sondern zu erneuern. (18) Wie Arndt versteht auch diese neuere Richtung der Evolutionsökonomik die Wirtschaftswissenschaft in erster Linie als eine Sozialwissenschaft, d. h. sie befasst sich mit der Erklärung der Koordination menschlicher Handlungen in großen Gruppen. Dazu grenzt sie sich ab von der herkömmlichen Wirtschaftswissenschaft, die nur die „Wissenschaft von der Optimierung der individuellen Bedürfnisbefriedigung bei knappen Ressourcen (Allokations- oder Effizienzproblem)“ sei. Stattdessen wird von diesem Forschungsansatz das „Wissensproblem“ in den Vordergrund gerückt bzw. als ökonomisches Grundproblem das Unwissen über wirtschaftliche Möglichkeiten und dessen Überwindung angesehen. Gefragt wird daher, „wie das Wissen über Bedürfnisse, die Möglichkeiten ihrer Befriedigung und die relevanten Techniken gewonnen wird und sich verändert, wie die Auswahl von Alternativen unter den Bedingungen fundamentalen Unwissens und ständiger Generierung von Neuheit möglich ist. Die Wirtschaft stellt sich aus dieser Perspektive als Ort der Erzeugung und Koordination von Wissen dar, das sich ständig verändert (Neuerungs- und Unsicherheitsproblem).“ (19) Allerdings hat sich auch dieser Ansatz der Evolutionsökonomik, wie gegenwärtig konstatiert werden muss, in den Einführungslehrbüchern und allgemeinen Standardwerken der Volkswirtschaftslehre bisher kaum niedergeschlagen und die Standardtheorie noch keineswegs paradigmatisch abgelöst. Doch dieser Ansatz adressiert offenkundig zumindest einen Teil der skizzierten Kritikpunkte und sucht neue Wege sowie einen anderen Zugang zur Erklärung ökonomischer Evolution. Bedauerlich ist, dass einer ihrer frühen Wegbereiter, Helmut Arndt, der namentlich schon vor drei Jahrzehnten in Deutschland eine evolutorische Ökonomik propagierte, inzwischen keine oder kaum Erwähnung mehr findet. Das zu ändern, ist ein Anliegen dieses Beitrags.
Helmut Arndt: ein früher deutscher Evolutionsökonom – Person und Positionen
Obwohl heute im öffentlichen wie fachlichen Diskurs fast vergessen, war Helmut Arndt (1911 – 1997) einer der profiliertesten deutschen Wirtschaftswissenschaftler der Nachkriegszeit, der sehr häufig pointiert Stellung bezog zu fachlichen Kontroversen seiner Zeit in der Mikro- und der Makroökonomik wie auch der Wirtschaftspolitik. Sein fachliches Lebenswerk umfasste im Einzelnen vielfältige volkswirtschaftliche Themen – von Währungs- und Außenhandelsfragen über wirtschaftliche Aspekte der Vertriebenen-, Flüchtlings- und Integrationsproblematik in der Nachkriegszeit bis zur Problematik der Lohnpolitik, der Einkommensverteilung und der Vollbeschäftigung in den 1980er-Jahren – und er setzte sich als universeller Geist darüber hinaus in Publikationen ebenso mit Fragen der Bildungspolitik oder der Wissenschaftstheorie auseinander. Indes lag sein fachlicher Schwerpunkt und Hauptbeitrag in der Markt- und Wettbewerbstheorie. Dabei war er zugleich, was der Hauptgrund ist, ihn hier aufzugreifen, darzustellen und zu rezensieren, ein Wegbereiter der evolutorischen Ökonomik.
Der Autor dieser Zeilen, der 1992 über eine zentrale Fragestellung der Wettbewerbstheorie und -politik promoviert hat (20), stieß bei seiner Arbeit über diese Thematik zwingend auf das Werk von Helmut Arndt wie etwa auf eines seiner bekanntesten Bücher mit dem für ihn fast schon programmatischen Titel „Markt und Macht“ (21). Im Folgenden soll jedoch auf sein letztes großes Buch rekurriert werden, sein als krönendes Alterswerk 1992 verfasstes, 1993 in 2. Auflage veröffentlichtes „Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung. Die Evolutorische Wirtschafstheorie in ihrer Bedeutung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik“ (Bild 4). Bezug genommen wird dabei auf die vom Verlag Duncker & Humblot Ende 2021 anlässlich des 110. Geburtstags von Helmut Arndt posthum herausgegebene dritte Auflage, die eine unveränderte Neuauflage der zweiten Auflage darstellt und zur Einordnung und Würdigung um ein Vorwort und eine Einführung von Prof. em. Heinz-J. Bontrup ergänzt worden ist. (22)
Bevor anschließend genauer auf wesentliche Inhalte seines Werks und seiner fruchtbaren Erklärungsbausteine zur Wirtschaftsentwicklung – so auch des Nachbergbaus – eingegangen wird, lohnt es sich, zum besseren Verständnis einen Blick auf seine Biografie und seine Positionen im volkswirtschaftlichen Lehrgebäude zu werfen. Geboren wurde Helmut Hoyer Arndt 1911 in Königsberg als Sohn einer Juristenfamilie. Der ältere Bruder Adolf Arndt war Richter, Anwalt, Verwaltungsjurist und später SPD-Politiker, u. a. auch Senator in Berlin, der Vater Gustav Adolf Arndt als promovierter Jurist zunächst Richter in Essen und dann im Justizdienst der preußischen Bergverwaltung als Oberbergrat und stellvertretender Leiter des Oberbergamts Halle mit verschiedenen Veröffentlichungen zu Bergbau, Bergrecht und Bergbaupolitik, bevor er nach Habilitation an der Universität Halle 1873 dort 1893 zum außerplanmäßigen Professor ernannt und 1900 zum ordentlichen Professor für Staatsrecht in Königsberg berufen wurde. Helmut Arndt hat offenbar den akademischen Impetus der Familie verinnerlicht, blieb aber vom Bergbau in seiner Karriere unberührt. Er studierte nach dem Abitur in Marburg sowie in Berlin und München zunächst Philosophie und Jurisprudenz (1933 erste Promotion zum Dr. jur.). Danach folgten Volontariate bei einer Bank sowie in einem Handelshaus und eine berufliche Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter. Im Jahr 1940 wurde er zum Kriegsdienst in die deutsche Wehrmacht eingezogen, geriet 1941 vorübergehend in Kriegsgefangenschaft und wurde danach wieder nach Hause entlassen. Im gleichen Jahr, d. h. erst im Alter von bereits 30 Jahren und mitten im Zweiten Weltkrieg, begann an er an der Universität Marburg ein weiteres Studium, das der Volkswirtschaft, welches er dort 1943 mit dem Diplomexamen abschloss. Schon 1944 erfolgte seine bereits zweite Promotion zum Dr. rer. pol., und zwar nunmehr berufsbegleitend zu einer Tätigkeit als Steuerjurist bei einer Revisions- und Treuhandanstalt. Ab 1945 (bis 1948) übernahm er beruflich die Leitung des Studentenwerks der Universität Marburg, wo er sich parallel dazu habilitierte, bereits 1946 die Venia Legendi im Fach Nationalökonomie erhielt und fortan zugleich bis 1951 als Privatdozent wirkte. Nach Gast- und außerplanmäßigen Auslandsprofessuren in den USA (Universität Syracuse) und der Türkei (Istanbul) wurde er 1954 als ordentlicher Professor der Volkswirtschaftslehre an die TH Darmstadt berufen. Im Jahr 1957 folgte er mitten im deutschen „Wirtschaftswunder“ einem Ruf an die Freie Universität (FU) Berlin auf eine Professur für Allgemeine Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik, die er bis zu seiner Emeritierung 1978 bekleidete (1976/77 in Verbindung mit einer Gastprofessur in Oxford). An der FU übernahm er zugleich u. a. etliche Jahre die Leitung des damaligen Instituts für Konzentrationsforschung und war nebenher in einigen nationalen und internationalen Fachgremien aktiv, wie dem volkswirtschaftlichen Verein für Socialpolitik. Im Jahr 1970 wurde ihm von der Universität Innsbruck ehrenhalber der Titel Dr. rer. soc. oec. h. c. verliehen. Zweifellos eine bemerkenswerte Vita für einen Wirtschaftsprofessor, durch die er somit ein außergewöhnliches Maß an Lebens- und Berufserfahrung in seine relativ spät gestartete, gleichwohl als solche sehr zielstrebige und erfolgreiche Professorenkarriere einbrachte.
Letzteres könnte mit erklären, weshalb Helmut Arndt in seinem wissenschaftlichen Werk schon früh vor einer rein abstrakten und somit lebensfernen Theorie der „menschlichen Wirtschaft“ warnte und die schon damals immer mehr zunehmende Mathematisierung der ökonomischen Theorie in Einklang mit Eucken als „Verfall des ökonomischen Denkens“ anprangerte. Dadurch ginge der Realitätsbezug verloren, und die Hilfswissenschaft, welche die Mathematik für die Wirtschaftswissenschaften darstelle, mutiere zum Selbstzweck. „Die Befassung mit der Mathematik, so wertvoll sie auch ist und so wichtig sie sich auch für die Naturwissenschaft erwiesen hat, ist keine Vorbereitung für ökonomisches Denken.“ (23) Anders als die Formalwissenschaften Mathematik und Statistik sei die Wissenschaft von der Wirtschaft wie „jede reale Wissenschaft eine Wissenschaft vom lebendigen Sein, von Menschen, Tieren und Pflanzen“. Sie wandle sich daher mit ihrem Gegenstand in Zeit, Raum und Qualität, zumal in modernen Marktwirtschaften, die selbst Gegenstand menschlicher Handlungen sind. So müsse etwa das Phänomen ökonomischer Macht angemessen berücksichtigt werden. Es sei ein grundlegender Irrtum etwa von Jevons gewesen, der zwei Arten von Wissenschaften unterschied, nämlich die logischen und die mathematischen und dabei die Ökonomik den mathematischen zuordnen wollte, doch diese gehöre in die erstere Kategorie, weil es zwar um Logiken gehe, der Untersuchungsgegenstand „Qualitäten“ nicht zureichend mathematisch fassbar wäre. (24)
Genau aus diesen Gründen sei eine evolutorische Ökonomik mindestens als Ergänzung der traditionellen Theorie erforderlich. Zwar hätten sich damit auch andere Ökonomen befasst. Arndt verweist auf die grundlegende Arbeit zur „Evolutionary Theory of Economic Change“ von Nelson und Winter (1982), die durchaus wertvolle Erkenntnisse geliefert habe. Er sieht darin aber eine zu große Anlehnung an die Mechanismen der Biologie und die biologische Evolutionslehre à la Darwin, die „kein Vorbild“ für die Volkswirtschaftslehre sein könne, weil sie die „nur dem Menschen eigenen schöpferischen Fähigkeiten“ und seine sozialen Prozesse nicht beinhalte und nur die Angebotsseite berücksichtige, somit aber nicht genügend beide Marktseiten, d. h. nicht auch die Nachfrageseite erfasst habe. (25)
Arndt war ein dezidierter, in gewisser Hinsicht sogar radikaler Marktwirtschaftler. Im Zentrum seines ökonomischen Denkens und seiner Lehre von der Wirtschaftsentwicklung standen Unternehmertum, Konsumentensouveränität und der Wettbewerbsprozess als systembegründendes Prinzip der Marktwirtschaft. Den Markt betrachtete er als Institution, die dafür die nötigen wirtschaftlichen Freiheiten und Wahlmöglichkeiten gewährt. (26) Die Wirtschaftsordnung müsse auf eine „Wettbewerbsgesellschaft“ ausgerichtet werden. Dann ergebe sich, wie die wirtschaftshistorische Erfahrung zeige, quantitatives und qualitatives Wirtschaftswachstum und dadurch eine Entwicklung hin zu mehr allgemeinem Wohlstand. Deswegen trat er für mehr Markt und Wettbewerb ein, wo immer möglich. So plädierte er in seinem Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung für Liberalisierungen in der Handels- und Gewerbepolitik, für Entbürokratisierung, Subventionsabbau und Steuersenkungen. Sehr kritisch äußerte er sich z. B. über die Einkommensteuerprogression, der er zwar einen Beitrag zur Verteilungsgerechtigkeit zumaß, sie aber als Hemmnis für Marktentwicklungen einstufte, sofern sie Anreize und Mittel für private Investitionen reduzieren würde. Generell könnten (zu) hohe Einkommens- und Gewinnsteuern für Entwicklungsinvestitionen abträglich sein, bei einem schon hohen Steuerniveau hätten Steuersenkungen wachstumsfördernde Auswirkungen. Die Staatsverschuldung thematisierte er lediglich insoweit, wie sie private Investitionen verdrängen könnte. Was in Wirtschaftskrisen durch exogene Schocks jedoch nicht der Fall ist – die spätere Finanzkrise, die Corona-Pandemie oder die Folgen eines neuen Kriegs in Europa konnte er natürlich nicht voraussehen, die globalen Ölpreiskrisen und ihre ökonomischen Folgen waren ihm bekannt, doch er sprach sie in seinem Lehrbuch nicht an.
Sein Credo klingt zunächst wie die Programmatik der sogenannten Angebotstheoretiker oder der als „Neoliberalismus“ bekannten politischen Strömung. Davon trennte Arndt jedoch Einiges. Im Katalog seiner wirtschaftspolitischen Empfehlungen fehlt keineswegs zufällig das neoliberale Patentrezept der Privatisierung. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln war für ihn eine nachrangige Frage und allenfalls für kleine und mittlere Unternehmen maßgeblich. Bei Großunternehmen und Kapitalgesellschaften, wie z. B. VW, bei denen Eigentumsrechte und Verfügungsmacht ohnehin weitgehend getrennt sind, käme es nicht auf Staatsanteile und Eigentumsverhältnisse an, sondern ob sich diese markt- und wettbewerbsgerecht verhalten und keine staatliche Lenkung der Investitionen erfolge. An den Staatsaufgaben in Bereichen wie innere und äußere Sicherheit, Justiz, Alters- und Krankenversorgung oder Bildung und Forschung, übte er keine Kritik, d. h. diese erkannte er an. Ausdrücklich betonte er die für die wirtschaftliche Entwicklung elementare Aufgabe des Erhalts und Ausbaus der öffentlichen Infrastruktur. Ebenso sprach er dem Staat beim Umweltschutz eine wichtige Aufgabe zu.
Darüber hinaus waren für ihn „ökonomische Lehrsätze nur aktuell, wenn ihre (jeweiligen) Voraussetzungen gegeben sind“. Ebenso waren für ihn wirtschaftspolitische Empfehlungen niemals zeitlos allgemeingültig, sondern zeit- und situationsbedingt und das bezog er auch auf sich selbst. Er veröffentlichte sein „Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung“ unmittelbar nach der deutschen Einheit mit ihren enormen gesamtwirtschaftlichen Folgelasten einschließlich der zunächst sehr kräftigen Erhöhung der Staatsquote. (Sein Lehrbuch enthält u. a. einen Anhang, der sich unter dem Titel „Transformation: Komparative Statik oder Evolution?“ dem Vergleich des westdeutschen Wirtschaftswunders nach 1948 mit der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland widmet und darin die Gleichsetzung von Marktwirtschaft und Privatisierung bemängelt, die zwischen Unternehmern und Spekulanten keinen Unterschied gemacht hätte. Statt die volkseigenen Betriebe der DDR möglichst schnell durch eine Behörde zu verkaufen, hätten diese besser durch langfristig in Staatshand befindliche Unternehmen entwickelt werden sollen.) Als echter Marktwirtschaftler betonte Arndt außerdem stets die Rolle und Bedeutung beider Marktseiten, nicht nur die des Angebots, sondern genauso die der Nachfrage. Ein ganzer Abschnitt des Lehrbuchs widmet sich den nach seiner Auffassung von der Standardtheorie übersehenen „volkswirtschaftlichen Leistungen der Verbraucher“, die mit ihren Kaufentscheidungen sozusagen demokratisch über das Warenangebot abstimmen und letztlich über den wirtschaftlichen Erfolg der Produzenten entscheiden. Gesamtwirtschaftlich müssten dazu die Masseneinkommen möglichst stetig steigen und der etablierte Sozialstaat leistungsfähig bleiben, wenngleich Arndt auch vor einem „Übermaß an Sozialpolitik“ aus populistischen Gründen und zugunsten von Sonderinteressen warnte. Alle ökonomischen Akteure – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – müssten am wirtschaftlichen Erfolg gleich beteiligt werden. Für die Geldpolitik verlangte er deshalb eine stabilitätsorientierte Steigerung der Geldmenge, durch die sich Angebot und Nachfrage finanziell möglichst gleichmäßig entwickeln können, ohne eine stark verzerrende Inflation und schon gar keine Deflation hervorzurufen. Zugleich forderte Arndt als generelle Leitlinie der Lohnpolitik eine produktivitätsorientierte Entwicklung der Reallöhne, also Steigerungen der Nominallöhne, die im Schnitt neben dem Ausgleich der Inflation dem vollen Zuwachs der Produktivität entsprechen. Nur so könnten sich Angebot und Nachfrage gesamtwirtschaftlich im Gleichklang entwickeln und Konjunkturschwankungen in Grenzen gehalten werden. Das wiederum setze aber eine Gleichverteilung der Verhandlungsmacht zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ebenso wie deren Koalitionsfreiheit voraus. Erst durch die Gewerkschaftsbewegung sei die nicht nur sozial, sondern auch volkswirtschaftlich schädliche Ausbeutung, Deklassierung und Lohndrückerei am Arbeitsmarkt beendet worden. Ebenso thematisierte Arndt aber auch überzogene, d. h. den Produktivitätszuwachs und den Inflationsausgleich überschreitende, Lohnerhöhungen als Ursache von Arbeitslosigkeit.
Von fundamentaler volkswirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Bedeutung war für Arndt die Erhaltung und Förderung des Wettbewerbs. Jeglicher wirtschaftlicher Macht, die den Wettbewerb beschränkt und in seiner Entfaltung beeinträchtigt, stand er kritisch gegenüber. Neben eindeutigen Wettbewerbsbeschränkungen in Form von formalen Verstößen gegen geltendes Wettbewerbsrecht wie Kartellbildungen oder abgestimmte Verhaltensweisen kritisierte er materielle Wettbewerbsentartungen am Gütermarkt, letztere etwa durch Missbrauch der Nachfragemacht von Handelskonzernen. Deswegen forderte er scharfe bzw. schärfere Wettbewerbsgesetze, die den Wettbewerb nicht nur korrektiv, sondern auch präventiv schützen, insbesondere gegen die zunehmende Unternehmenskonzentration. Deren Gefahren lägen nicht nur in der Ballung und dem Missbrauch von Marktmacht, sondern auch auf politischer Ebene in Form daraus resultierender finanzstarker Pressure Groups und Lobby-Aktivitäten für wirtschaftliche Partikularinteressen. Das schlichte „Cournot-Monopol“ der Neoklassik allein wäre kein brauchbarer Maßstab für die praktische Wettbewerbspolitik. Auch die Marktformenlehre der Standardtheorie oder das Konzept der optimalen Wettbewerbsintensität à la Kantzenbach, wonach „weite Oligopole mit mäßiger Produktdifferenzierung“ als Leitbild fungieren sollten, wies Arndt als nicht zielführend zurück. Die Standardtheorie hätte sich mit dem Thema wirtschaftlicher Macht sowie Machtkämpfen und Machtstrategien insgesamt viel zu wenig auseinandergesetzt. Es käme niemals nur auf die Anzahl der Marktteilnehmer an, sondern auf die Größenrelationen unter ihnen und die Qualität ihrer Beziehungen. Entscheidend sei die Wettbewerbsfreiheit. Unbillige Marktmacht läge dagegen überall da vor, wo sich Unternehmen auf Kosten anderer Marktteilnehmer Sondervorteile verschaffen können. „Der Mächtige ist in der Realität in der Lage, seine Opfer zu Umwertungen zu zwingen, die in seinem Interesse sind.“ Das könne bereits in bilateralen „Beherrschungs-Abhängigkeits-Verhältnissen“ der Fall sein, auch wenn es formal noch andere Wettbewerber gäbe. In der Sicherung des Wettbewerbs sah Arndt eine politisch zentrale Staatsaufgabe oder in seinen Worten: „Die Wettbewerbsgesellschaft ist eine staatliche Institution, die dem Gemeinwohl dient.“ Insofern war Helmut Arndt kein Neoliberaler, sondern ein Ordoliberaler und Vordenker der Sozialen Marktwirtschaft.
Gleichwohl war Arndt in der deutschen Volkswirtschaftslehre so etwas wie ein Solitär, der sich nicht in eine Schublade pressen lassen wollte oder, wie Bontrup es nennt, ein „heterodoxer Ökonom“ und „wissenschaftlich Suchender“, der sich bewusst außerhalb aller Lager und Schulen stellte. Man könnte sogar von einem Querdenker sprechen, doch dieser Begriff wird in gegenwärtigen Zusammenhängen anders und sehr negativ konnotiert.
So grenzte sich der ordoliberale Helmut Arndt ausdrücklich auch ab von Walter Eucken und seinem System der „Verkehrswirtschaft“, das als konzeptionelle Grundlage des deutschen Ordoliberalismus gilt, obwohl er Eucken „(unbestritten) große Verdienste um die Erkenntnis der Relevanz von Wirtschaftsordnungen“ zuerkannte und sehr wertschätzte, dass für Eucken „individuelle Freiheit“ und Begrenzung von wirtschaftlicher Macht ein „zentrales Anliegen“ waren. Euckens Denkmodell wäre jedoch zu sehr der Marktformenlehre, dem Ideal der vollständigen Konkurrenz und der Fixierung auf Gleichgewichte verhaftet gewesen. Die Entwicklung von Angebot und Nachfrage und die Qualität der Güter und Verfahren sowie die Wettbewerbsfreiheit und der Wettbewerb als sozialer Prozess wären nur unzureichend von ihm berücksichtigt worden. Ein wesentlicher Grund dafür wäre gewesen, dass Eucken und seine „Freiburger Schule“ sich als wirtschaftstheoretische Basis zu sehr der „Neoklassik“, also der mikroökonomischen Standardtheorie, unterworfen hätten.
Für sein Verhältnis zur Standard- oder traditionellen Theorie der Neoklassik gilt für Arndt die bereits oben erwähnte Kritik an der Standardökonomik, die er in seinem „Lehrbuch“ noch explizit um den Hinweis ergänzte, dass die Volkswirtschaftslehre als vornehmlich ökonomische Theorie der Marktkonkurrenz als soziales Phänomen prinzipiell Teil der Sozialwissenschaften sein müsse und sich nicht wie eine Naturwissenschaft verstehen und präsentieren sollte. Davon habe sich die Neoklassik jedoch mit ihrer allzu starken Fixierung auf Quantitäten, der Ausblendung des politischen Ordnungsrahmens in den Datenkranz und dem Hang, die menschengemachte Wirtschaft einschließlich der Wirtschaftsordnung als „Naturereignis“ und ökonomische Gesetze als Quasi-Naturgesetze zu behandeln – wie das auch die Marxisten täten, die Arndt aber bis auf die wiederholte klare Ablehnung sozialistischer Planwirtschaft nicht der weiteren Erörterung für würdig hält – zu weit entfernt.
Trotz der initialen Anregung durch und gewisse Anleihen bei Schumpeters Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung betont Arndt auch zu dieser konsequent die Unterschiede. Dazu zählt nicht nur, dass Schumpeter wie schon erwähnt, primär Konjunkturbewegungen und nicht wie Arndt Wettbewerbsprozesse erklären wollte. Schumpeter habe seine Analyse außerdem ebenfalls nur auf die Angebotsseite beschränkt und die Nachfrageentwicklung vernachlässigt. Ferner habe er nur Entwicklungs- und nicht Anpassungsvorgänge im Blick gehabt. Selbst er habe eine zu mechanistische Betrachtung des Konjunkturzyklus angestellt, wenngleich er erstmals die kreativen Fähigkeiten des unternehmerisch tätigen Menschen und die große Bedeutung „neuer Kombinationen“ etwa in Produktionsverfahren für die wirtschaftliche Entwicklung herausgearbeitet habe. Damit habe er der evolutorischen Ökonomik wichtige Impulse gegeben. Stark unterschätzt habe Schumpeter dagegen die Gefahren von Monopolisierungen und der „Vertrustung“. Später hielt er sogar unter den Vorzeichen der von Großunternehmen beherrschten Wirtschaft eine automatisierte wirtschaftliche Entwicklung und den Übergang in den Sozialismus für nahezu unvermeidlich. Schlussfolgerungen, die nach Arndt ganz und gar abzulehnen sind.
Schließlich grenzt sich Arndt ebenso ab von der makroökonomisch orientierten Keynes-Schule und der neueren Wachstumstheorie, die er teils ebenfalls als „neoklassisch“ bezeichnet, obwohl er hierfür auch Vertreter des Keynesianismus und der sogenannten neoklassischen Synthese wie Harrod, Domar, Solow oder Samuelson benennt. Auch bei dieser Schule beklagt er die Fixierung auf Quantitäten, insbesondere auf mengenmäßiges Wachstum und messbare Produktivitäten, unter Vernachlässigung der qualitativen Aspekte der Marktentwicklungen. Auch hier würde das Wirtschaftswachstum realitätsfern wie ein Mechanismus aufgefasst, dessen Geschwindigkeit und Wirkung konstant bleibe und darum auf sterile Kreisläufe abstelle. Auch dieses Lehrgebäude abstrahiere viel zu sehr von der jeweiligen Wirtschaftsordnung sowie den sozialen und kulturellen Gegebenheiten, unter denen Wachstumsvorgänge tatsächlich stattfinden und die nicht berechenbar wären. Für begründbar und angezeigt hielt Arndt keynesianische „Rezepte“ wie kreditfinanzierte zusätzliche Ausgabenprogramme oder gezielte steuerliche Umverteilungsmaßnahmen zugunsten von Geringverdienern mit höherer Konsumquote zur Wachstumssimulierung nur in Situationen volkswirtschaftlicher Depression – wie in der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, für die Keynes mit seiner „General Theory“ ein Gegenkonzept entwickeln wollte – oder schwerer Rezession, die den Bedingungen stationärer Kreislaufe tatsächlich nahekommen, nicht aber für eine sich entwickelnde, wachsende Marktwirtschaft.
Wegen dieser umfänglichen Abgrenzungen und wohl auch, weil er an seinen selbst geprägten fachlichen Begriffen und Konzepten jenseits des Mainstreams nachdrücklich und eigenwillig festhielt und zugleich harsche Kritik an vielen anderen Fachvertretern wie auch an der wirtschaftspolitischen Praxis übte („Ignoranz“, „Versäumnisse“, Irrwege“), blieb seine Resonanz in Fachwelt und Politik begrenzt. Sein Nachklang ist bis heute recht gering, was schade ist, da er bedeutsame Erklärungsbausteine der ökonomischen Evolution zu bieten hat.
Evolutorische Ökonomik gemäß Arndts Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung
Ökonomische Evolution im Sinne wirtschaftlichen Wandels, der zu Fortentwicklungen und Neuerungen (Mutationen) oder strukturellen Verlagerungen und Verdrängungen (Selektionen) von Produkten, Produktionsverfahren und Produzenten sowie damit zu effizienteren Rekombinationen von Ressourcen führt, entsteht nach Arndt vor allem durch die qualitativen Entwicklungs- und Anpassungsprozesse an den Märkten. Rein quantitative Veränderungen und eine veränderte Arbeitsteilung, die Hautgegenstand der traditionellen Ökonomik sind, folgen diesen kreativen Prozessen, sind aber nicht ihr kausaler Kern.
Wesentlicher Treiber dieser Evolution ist nach Arndt der Wettbewerb, der für ihn durch ein dynamisches Aktions-Reaktions-Muster gekennzeichnet ist. In seiner Terminologie sind das die Aktionen der „Bahnbrecher“, die neue Entwicklungen auf den Markt bringen – Arndt bezeichnet diese neuen Entwicklungen als „Novitäten“, im Fachjargon hat sich indessen dafür der Begriff „Innovationen“ durchgesetzt – und die Reaktion der „Nachahmer“, die angelockt werden, wenn die Novitäten aus Anbietersicht wirtschaftlich lukrativ und gewinnträchtig oder aus Nachfragersicht nützlicher als bisherige Angebote erscheinen. Die Marktstrukturen schwanken dadurch prozessual zwischen dem Extrem anfänglichen Pionier- und Leistungsmonopole sowie im anderen Extrem einem „Isopol“ mit völlig gleichverteilten Marktanteilen, wie das im Standardmodell der vollständigen Konkurrenz mit dem Polypol der Fall sei, das auch als „Schlafmützenkonkurrenz“ etikettiert wird und eben einen Extrem- und nicht den Normalfall der Realität darstelle. Dazwischen sei der Wettbewerb mit jeder Marktform bzw. -struktur vereinbar, solange und soweit der Prozess nicht beeinträchtigt wird. Dieser wettbewerbliche Prozess löst sowohl einen „Entwicklungswettbewerb“ als auch einen „Anpassungswettbewerb“ aus. Während der Anpassungswettbewerb zu „Ent- und Verknappungsprozessen“ führt, die Mängel in der Marktversorgung beseitigen oder Überschüsse zurückführen, wie das die traditionelle „neoklassische“ Markttheorie in der Hauptsache beschreibt, und die nach vorläufigen Änderungen der Auslastung im Zeitablauf mit entsprechenden Erweiterungsinvestitionen oder einer Desinvestition bei den Produktionskapazitäten einhergehen, ist der Entwicklungswettbewerb die eigentlich maßgebliche ökonomische Antriebskraft. Arndt verweist diesbezüglich darauf, dass neue Entwicklungen nicht, wie oft behauptet, durch den technischen Fortschritt an sich entstehen, der auch Vieles hervorbringt, was sich am Markt keineswegs gleich oder niemals durchsetzt, sondern es sind die wirtschaftliche Kreativität und das gestalterische Management der Unternehmen, die Neuerungen erst markt- bzw. wettbewerbsfähig machen, sowie die Bereitschaft und Fähigkeit der Konsumenten, diese Neuerungen auch anzunehmen und zur Entfaltung zu bringen. Der Wettbewerb sei auch nicht, wie der österreichische Ökonom und Vordenker des Neoliberalismus Friedrich August von Hayek ihn bezeichnet hat, originär ein „Entdeckungsverfahren“, sondern ein sozialer Prozess, bei dem die Entdeckungen der jeweiligen Vorteilhaftigkeit der Novitäten durch die Produzenten und die Konsumenten selbst erfolgen, sofern sie nicht durch übermäßige Marktmacht der Marktneben- oder -gegenseite oder staatliche Dirigismen darin beschränkt werden.
In diesem Zusammenhang erfüllt der Wettbewerb gemäß Arndt drei zentrale, miteinander verknüpfte evolutorische Funktionen (Bild 5). Die erste Funktion, die „Entwicklungsfunktion“, unterteilt er weiter in die „Novitätsfunktion“ (Entwicklung neuer Produkte und Verfahren), welche die Unternehmen zur Vornahme von „Entwicklungsinvestitionen“ (Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten i. w. S.) veranlasst, sowie in die „Produktivitätsfunktion“ (betriebliche Produktivitätssteigerungen durch Einsatz der Novitäten), welche Unternehmen zu entsprechenden „Rationalisierungsinvestitionen“ anregt. Durch Imitation und Verbreitung ergibt sich die „Sozialisierungsfunktion“, bestehend aus einer „Verallgemeinerungsfunktion“, bei der eben relativ viele Nachahmer die Novitäten übernehmen und die damit erreichbaren neuen Qualitäten am Markt generalisieren, sowie der spezifischen „Einkommensfunktion“, die sich daraus ergibt, dass zum einen Gewinneinkommen erzielt werden können und zum anderen effizientere Produktionsverfahren zu tendenziell sinkenden Kosten und Preisen führen und dadurch die Realeinkommen steigern. Sozusagen dazwischen geschaltet ist der bereits skizzierte Anpassungswettbewerb mit seinen Anpassungsfunktionen, der mittels Änderungen der Ausbringung und der Kapazitäten die vom Markt verlangten qualitativen und mengenmäßigen Ent- oder Verknappungen herbeiführt.
Prinzipiell beachtet werden muss des Weiteren laut Arndt, dass entgegen vielen bis heute üblichen Lehrbuchdarstellungen Wettbewerbsprozesse nicht allein auf der Angebotsseite geschehen, sondern dass es stets einen Anbieter- und einen Nachfragerwettbewerb gibt und zur Erfüllung der Wettbewerbsfunktionen geben können muss. Beim Anbieterwettbewerb unterscheidet er eine „Individualisierungsphase“, in der schöpferische Unternehmen, die Bahnbrecher, durch neue Produktqualitäten oder rationellere Verfahren eine Sonder- oder Vorsprungsposition erringen, und die bei unbeschränktem Wettbewerb darauf folgende „Sozialisierungs- oder Generalisierungsphase“, in der die Nachahmer unter den Produzenten diesen Vorsprung wieder zunichtemachen und nivellieren. Im Normalfall vollziehe sich dann analog im Nachfragerwettbewerb eine „kreative oder Prestige-Phase“, in der sich einzelne Nachfrager durch Kauf und Verwendung der Novitäten eine Sonderstellung verschaffen, bevor auch auf der Nachfrageseite eine „Verallgemeinerungsphase“ durch massenhafte Nachfrage eintritt und die Sonderstellungen nivelliert werden.
Eine zusätzliche besondere Form des Wettbewerbs sah Arndt in dem von ihm so benannten „Untergangs-Wettbewerb“, bei dem Bedarfsmärkte oder Segmente davon schrumpfen oder ganz verschwinden, weil deren Güter nicht mehr begehrt werden – sozusagen die andere Seite der Medaille der Novitäten – das Angebot sodann die Nachfrage beständig überwiegt und die betreffenden Produktionskapazitäten schließlich zurückgefahren werden durch Unterlassen von Reinvestitionen oder Desinvestitionen bis hin zur finalen Verschrottung von Anlagen. Die zugehörigen Unternehmen scheiden dadurch entweder aus oder stellen sich auf andere Produktionen um. Dieser Untergangswettbewerb sei marktwirtschaftlich notwendig, weil sonst Produkte weitererzeugt würden, für die es keinen zureichenden Bedarf mehr gibt und Produktionsfaktoren vergeudet würden, die, an anderer Stelle eingesetzt, effizienter wirken und den Volkswohlstand erhöhen würden.
Ähnliches, wenngleich nicht zwangsläufig mit der Folge des Untergangs, gelte für den „Rationalisierungswettbewerb“, den es in verschiedenen Spielarten gäbe und in dem rationellere, also leistungsfähigere Herstellungs- oder Vertriebsverfahren zur Steigerung der Produktivität als Mittel des Wettbewerbs eingesetzt werden. Rationalisierungswettbewerb ist ohne den Novitätswettbewerb nicht möglich, denn er setzt qualitativ neue Kapitalgüter, also neue Produktionsmittel und -verfahren voraus. Dadurch können sich Unternehmen wettbewerbliche Kostenvorteile verschaffen oder diese von Konkurrenten ausgleichen. Diese Kostensenkungen werden dann entweder durch Preissenkungen an die Kunden weitergereicht und/oder sie ermöglichen höhere Löhne für die Mitarbeiter, wenn die Macht am Arbeitsmarkt zwischen den Sozialpartnern genügend gleichmäßig verteilt ist. Das sei die eindeutig soziale Seite des Wettbewerbs. Gleichzeitig verstärkt und intensiviert dieser Rationalisierungswettbewerb den Novitätswettbewerb um neue Qualitäten und treibt den Wettbewerbsprozess und damit die ökonomische Evolution weiter voran. Allerdings – das ist seine manchmal unvermeidliche Schattenseite – rasiert der Rationalisierungswettbewerb oft einen Teil der bestehenden Arbeitsplätze weg, auch wenn ein anderer Teil dadurch gesichert zu werden vermag. Demgegenüber sind der Novitätswettbewerb mit seinen Entwicklungsinvestitionen sowie der Anpassungswettbewerb im Entknappungsprozess und den dafür nötigen Erweiterungsinvestitionen mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze verbunden. Wenn sich Novitäts- und Rationalisierungseffekte in etwa ausgleichen, entstehen per Saldo keine Beschäftigungsverluste. Wenn jedoch die Rationalisierungen, z. B. wegen vorangegangener übermäßiger Kostensteigerungen die Novitätseffekte überwiegen oder Verbesserungen der Produktivität wegen zu großer bzw. einseitiger Marktmacht nicht durch Preissenkungen an die Kunden oder Lohnsteigerungen an die Arbeitnehmer weitergegeben werden und infolgedessen die Kaufkraft der Nachfrage nicht mit der Angebotsentwicklung Schritt hält, entstünden so Beschäftigungsverluste und Absatzkrisen.
Vor diesem Hintergrund hält Arndt die in der Wirtschaftstheorie in der Regel sehr strikt vorgenommene Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroökonomik für weitgehend künstlich. Makrophänomene hätten zumeist mikroökonomische Ursachen, soweit man von der durch die Geldpolitik gesteuerte volkswirtschaftliche Geldzirkulation absieht. Gestörte Entwicklung im Wettbewerb und Diskrepanzen von Angebot und Nachfrage seien meist die tieferen Ursachen auch von Konjunkturkrisen, Wachstumsschwächen und Arbeitslosigkeit. Fehleinschätzungen und -anpassungen wären auf Angebots- wie Nachfrageseite immer möglich und könnten unstete Entwicklungen auf volkswirtschaftlicher Ebene bedingen, ebenso wie veränderte Präferenzen und Lebensgewohnheiten der Endverbraucher. Umgekehrt könnten veränderte gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen zu Störungen der wirtschaftlichen Entwicklung auf den Märkten führen oder diese beseitigen. Zudem hingen Investitionen und Anpassungen auch nicht allein von objektiven Größen, sondern von subjektiven Erwartungen ab. Deshalb sei es wirtschaftspolitisch stets bedeutsam, dass der Staat Erwartungen nicht destabilisiere und gesellschaftliche Aufgeschlossenheit gegenüber Wettbewerb und technologischen Neuerungen unterstütze. Neu geschaffen wurde von Arndt in diesem Kontext der Begriff „Entwicklungselastizität von Angebot und Nachfrage“, welche die Bereitschaft von Angebot und Nachfrage bezeichnet, auf qualitative Neuerungen auf den Märkten zu reagieren. Dies ist nicht zu verwechseln mit den aus der ökonomischen Standardtheorie bekannten Messgrößen der Preiselastizität von Angebot und Nachfrage.
Damit der Wettbewerbsprozess seine Funktionen für die wirtschaftliche Entwicklung gut erfüllen kann, bedarf es nach Arndt einer Reihe von „Wettbewerbsvoraussetzungen“, die staatlicherseits sichergestellt werden müssten. Dazu gehört in erster Linie die Gewährung hinreichender „wirtschaftlicher Freiheiten“ im Sinne von rechtlichen Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten (Gewerbefreiheit etc.). Materiell komme es ebenso auf die „Freiheit der Partnerwahl“ im Wettbewerb an (Vertragsfreiheit allein sei nur die formale Grundlage), die sowohl an quantitative wie an qualitative Voraussetzungen gebunden sei. Quantitativ komme es auf eine genügende Anzahl an Auswahlmöglichkeiten unter den Kontrahenten an, was durch eine zu starke Anbieter- oder Nachfragerkonzentration beeinträchtigt werde und durch einen hohen Grad an Marktoffenheit – keine zu hohen Marktzutrittsbarrieren für potentielle Konkurrenten – begünstigt werde. Qualitativ hänge die Freiheit der Partnerwahl vom Machtgefälle zwischen den Partnern und dem Zwangscharakter ihrer Bindungen (wie offensichtlich bei Ausschließlichkeitsbindungen oder Kopplungsverträgen) ab. Erhebliche Teile von Arndts Lehrbuch liefern so etwas wie eine Anatomie wirtschaftlicher Machtverhältnisse und -strategien, mit denen die Freiheit der Partnerwahl unterdrückt werden kann. Es würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, dies detaillierter darzustellen. Analoges gilt für seine umfänglichen Betrachtungen zum Außenhandel, den er ebenfalls vornehmlich in Bezug auf seine Wettbewerbswirkungen diskutierte. Kaum explizit erörtert hat er dagegen, wie sich kritisch anmerken lässt, mögliche Erscheinungsformen des Markt- oder Wettbewerbsversagens jenseits der Machtproblematik.
Zu den Wettbewerbsvoraussetzungen zählen nach Arndt ferner genügende „Incentives“, also Anreize für Produzenten und Konsumenten, um sich in den Wettbewerb einzubringen, wie Gewinnmöglichkeiten und Preisvorteile. Für Unternehmen spielen dabei die Gewinnincentives als „Belohnung“ für erfolgreiche Produktionsleistungen und Investitionen die maßgebliche Rolle. Staatliche Maßnahmen oder Marktkonstellationen, durch welche die Gewinnanreize stark beeinträchtigt werden, sind deshalb für Arndt im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung kritisch zu sehen. Als eine Wettbewerbsvoraussetzung, die in der Realität sehr bedeutsam ist, stuft auch Arndt die „Fähigkeit und den Willen zur Vertretung eigener Interessen“ ein. Ohne diese Voraussetzungen können sich wirtschaftliche Akteure auch mit legitimen Anliegen in einer Wettbewerbsgesellschaft gegenüber Konkurrenten und Kontrahenten, aber auch gegenüber dem Staat und einer pluralistischen Öffentlichkeit nur schwerlich durchsetzen. Arndt unterstreicht an anderer Stelle außerdem die Bedeutung „der Wettbewerbsfähigkeit und Wettbewerbsbereitschaft der Wirtschafter“ im Hinblick auf die Wettbewerbsintensität, die wiederum nicht primär von der Zahl der Akteure, sondern durch deren Qualität bedingt werde. Diese Qualität hinge von der Größe als Ausdruck der Finanz- bzw. wettbewerblichen Kampfkraft der Unternehmen sowie von ihrem Wettbewerbsgeist, ihrer Anpassungsflexibilität und vor allem ihrer Bereitschaft zum kreativen Handeln ab. Nur so seien sie zu echtem Entwicklungswettbewerb fähig und nicht nur „Scheinkonkurrenten“.
Für die vom Wettbewerb gesteuerte ökonomische Evolution relevant ist auch der von Arndt thematisierte ökonomische „Mehrwert“. Arndt wirft der Neoklassik vor, Begriff und Frage des Mehrwerts schlicht ausgeblendet und damit seine Interpretation allein der Definition des Marxismus überlassen zu haben, wonach unter Mehrwert die Ausbeutungsrate der Arbeit durch kapitalistische Unternehmer in einer sterilen Kreislaufwirtschaft verstanden wird. Der tatsächliche ökonomische Mehrwert in einer sich entwickelnden Marktwirtschaft entstehe jedoch durch die Steigerung der Produktivität und er sollte an den gestiegenen Pro-Kopf-Einkommen gemessen werden. In ähnlicher Weise kritisiert er das keynesianische Multiplikator-Akzelerator-Modell, das die Wirkungen zusätzlicher Investitionsausgaben auf das Wachstum des Volkseinkommens und der Beschäftigung beschreibt, aber laut Arndt nur „mechanistisch“ erklären kann. Denn ein „statisches“ und „steriles“ Kreislaufmodell könne nicht den ganzen ökonomischen Mehrwert erfassen, der durch Entwicklungsinvestitionen in einer Marktwirtschaft entsteht. Dem stellte er seinen eigenen „Wettbewerbs- und Entwicklungsmultiplikator“ gegenüber, den er statistisch aus den jährlichen Zuwachsraten der volkswirtschaftlichen Produktivität ableitet, am Anstieg der Realeinkommen bemisst und der auf Dauer zu einer progressiven Entwicklung des Wirtschaftswachstums führe, wie die jüngere Wirtschaftsgeschichte marktwirtschaftlich orientierter Länder klar belegt habe .
Schattenseiten des Wirtschaftswachstums für die Umwelt wurden von Arndt durchaus erkannt, wenngleich Stichworte wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz bei ihm noch nicht auftauchten, sie waren zu seiner Zeit noch nicht aktuell. Arndt sprach jedoch seinerzeit schon einige aktuelle globale Umweltprobleme wie das Ozonloch und die Abholzung der tropischen Regenwälder an sowie die von Meadows in seiner Studie für den Club of Rome thematisierten „Grenzen des Wachstums“. Er sah darin ernsthafte Risiken für die Menschheit, die jedoch mit neuen Technologien und Produktionsweisen überwunden werden müssten und könnten, wozu mit marktwirtschaftlichen Entwicklungen die besten Chancen bestünden. Zugleich zeigte er sich optimistisch, dass die Politik letztlich ihrer Verantwortung gerecht werde, dafür geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Wie das am besten geschehen sollte, ließ er offen. Zweifellos hätte er heute eher marktkonforme Instrumente wie eine CO₂-Bepreisung oder den Emissionsrechtehandel gegenüber mehr regulatorischen und dirigistischeren Maßnahmen präferiert. Zwar kamen diese heute so viel diskutierten Themen bei ihm noch nicht vor, doch interessant ist diesbezüglich, dass er am Beispiel des Verkehrssektors die Lenkungswirkung spezieller Verbrauchsteuern und der Kfz-Steuer erörterte. So könnten durch steuerliche Anreize Schwerlasttransporte von der Straße auf die Schiene verlagert werden, was Unfallhäufigkeiten und Umweltschutz gleichermaßen zugutekäme. Auch ließen sich durch eine angemessene Ausgestaltung der Kfz-Steuer gezielt schadstoffarme Autos und, so Arndt schon 1992, die E-Mobilität fördern – ökonomische Überlegungen, die auch 30 Jahre später aktuell sind.
Spezielle wirtschaftliche Herausforderungen des Bergbaus oder gar des Nachbergbaus waren kein ausdrückliches Thema bei Arndt. Er erwähnt in seinem Lehrbuch lediglich einmal die Kohlevorkommen als früheren wirtschaftlichen Standortvorteil des Ruhrgebiets, der jedoch unter dem Wettbewerbsdruck billigerer Importenergien verloren gegangen wäre (27). Welche speziellen Entwicklungs- und Anpassungsvorgänge und -chancen sich nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus ergeben haben oder ergeben würden, erörterte er nicht. Dennoch können aus seinem Denkansatz einige Schlussfolgerungen dafür abgeleitet werden.
Implikationen aus Arndts Lehre der Wirtschaftsentwicklung für den Nachbergbau
Arndts Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung liefert zwar keine ökonomischen Patentrezepte für einen erfolgreichen und nachhaltigen Strukturwandel, weder für den Nachbergbau noch für andere Branchen. Es macht aber deutlich, wo aus ökonomischer Perspektive dafür das Augenmerk liegen muss. Ein Begriff aus Arndts Lehrbuch spielt auch für den Nachbergbau eine Schlüsselrolle, nämlich der Begriff „Entwicklungsinvestitionen“. Damit Bergbauregionen nach dem Ende des Bergbaus eine gute Zukunft bekommen, bedarf es vielfältiger investiver Maßnahmen zur Entwicklung der Hinterlassenschaften des Bergbaus. Dies betrifft zunächst die für den Schutz der Umwelt nötigen Sicherungsmaßnahmen des stillgelegten Bergbaus, die Sanierung und das Monitoring von Altlasten, ggf. Vorkehrungen für die Bewältigung von Ewigkeitsaufgaben, ferner die Aufbereitung und Entwicklung von Flächen, Gebäuden, Infrastruktureinrichtungen und aller verbliebenen Anlagen für eine eventuelle Neunutzung sowie damit verknüpfte schöpferische neue Geschäftsmodelle.
Das setzt Unternehmen voraus, die bereit und in der Lage sind, nicht nur ihrer teils rechtlich verpflichtenden Verantwortung zur umwelt- und sozialgerechten Schließung von Bergbaubetrieben nachzukommen und sich sozusagen einem organisierten Untergangswettbewerb zu stellen, sondern auch an den vormaligen Bergbaustandorten kreativ und gestalterisch tätig zu werden einschließlich der Öffnung oder Übergabe dieser Standorte an andere Unternehmen. Das müssen nicht zwingend private Unternehmen und die bisherigen Bergbaubetreiber sein, es können auch staatliche Agenturen sein oder Unternehmen anderer Branchen, die diese Aufgaben durchführen. Allerdings erscheinen mindestens die Einbeziehung und das Engagement der jeweiligen bis dato aktiven Bergbauunternehmen, sofern diese fortbestehen, von erheblichem Vorteil, da sie über spezifisches Standort-Know-how und möglicherweise schon ähnliche Vorerfahrungen verfügen sowie als Eigentümer natürlich ein besonderes Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung der betreffenden Aktiva haben. Erforderlich dafür sind auf alle Fälle besagte Entwicklungsinvestitionen.
Zu ergänzen ist im Einklang mit Arndt, dass dabei nicht nur die Belange der Unternehmen, sondern auch die der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt werden müssen, also auch für ausscheidende Bergleute sozialverträgliche Lösungen zu finden sind wie etwa adäquate Vorruhestandsregelungen für ältere Bergleute sowie sachgerechte Qualifizierungs- und Vermittlungshilfen für die übrigen. Auch der Faktor Arbeit muss weiterentwickelt werden. Das setzt entsprechende Perspektiven der Branchenentwicklung, Finanzierungsoptionen und die Beteiligung der Sozialpartner voraus.
Gemäß Arndt zu betonen ist der Standortwettbewerb, dem sich zwangsläufig auch die Standorte des Nachbergbaus stellen müssen und der für ihre Entwicklung maßgeblich ist. Besondere wirtschaftliche Belastungen müssen ausgeglichen, standortbezogene Probleme kreativ gelöst und standortspezifische Stärken und Chancen genutzt werden. In Zeiten knapper Gewerbeflächen bieten vorgenutzte Industrieareale mit vorhandener Infrastruktur an sich schon einen komparativen Vorteil. Doch dieser muss mit der Fähigkeit und Bereitschaft zum Wettbewerb verbunden werden.
Dafür sind zugleich die von Arndt so benannten „Incentives“ nötig. Die Standortentwicklung muss für die Unternehmen, die sich engagieren sollen und wollen, attraktiv und in erster Linie gewinnversprechend sein und eventuell vorhandene Kosten-, Lage- oder Imagevorteile herausarbeiten und ausschöpfen. Das setzt z. B. voraus, dass der wirtschaftliche Rucksack an Altlasten, den ein Nachbergbaustandort aufweist, nicht von den Unternehmen zu tragen ist, die sich neu ansiedeln wollen. Hier sind die bisherigen Bergbautreiber im Rahmen ihrer rechtlichen Verpflichtungen – für die in Deutschland entsprechende Rückstellungen zu bilden waren und Auflagen bis hin zum Abschlussbetriebsplan zu erfüllen sind – in Verantwortung, soweit es um damit zusammenhängende bisherige oder künftige öffentliche Infrastruktur geht, die öffentliche Hand. Was die Entwicklung hin zur Neunutzung der Ressourcen eines nachbergbaulichen Standorts betrifft, kommen mit Fragen der regionalpolitischen Planung realiter immer auch politische Macht- und Interessenaspekte ins Spiel und damit der von Arndt thematisierte Wille zur Vertretung der eigenen Interessen. Ohne engagierte Vertreter für die Standortentwicklung und hinreichende politische Unterstützung möglicherweise gegen Widerstände und andere Interessen, ist wenig zu erreichen. Unter Umständen erfordert das Dialogverfahren, Beteiligung und Kompromisse und meist einen hinreichend langen Atem. Diese Einsicht wirft zugleich ein allgemeines Schlaglicht auf die Bedeutung der jeweiligen regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen und deren Ermöglichung wirtschaftlicher Entwicklungen. Diese haben für den standortgebundenen Nachbergbau stets eine besonders große Bedeutung, denn ansiedlungsbereite Unternehmen sind in ihrer wettbewerblichen Standortwahl und den dafür erforderlichen Investitionen frei, sich nach besseren Rahmenbedingungen umzuschauen.
Das führt noch einmal zurück zu den besagten ökonomischen Anreizen für Investitionen, den Arndtschen „Incentives“. Diese können in günstigen Preisen und Kosten der Grundstücke und Gebäude des Standorts bestehen, in Beihilfen, aber z. B. auch in unternehmensnahen Vor-Ort-Angeboten für spezielle Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder der Nähe und dem engen Kontakt zu für die Entwicklung im Nachbergbau relevanten Bildungs- und Forschungsinstitutionen. Wie in einer anderen Untersuchung zu den Beschäftigungsimpulsen in Nachbergbauregionen festgestellt worden ist, sollten derartige „Incentives … nicht breit gestreut, sondern möglichst gezielt auf bestimmte Problemgebiete zugeschnitten werden und erst dann zum Einsatz kommen, wenn die Finanzierung und Umsetzung grundlegender Infrastrukturleistungen sichergestellt ist“ (28).
Welterbe Zollverein – ein „Reallabor“ des Wandels und der nachbergbaulichen Evolution
Wie sehr der Nachbergbau ein Beispiel für ökonomische Evolution ist, lässt sich eindrücklich und anschaulich am Nachbergbau des deutschen Steinkohlenbergbaus und ganz speziell am heutigen Welterbe Zollverein aufzeigen, das inzwischen als Paradebeispiel erfolgreichen Strukturwandels an einem vormaligen Bergbaustandort und für dessen Entwicklung gilt. Mit Arndt könnte man auch von hoher Standortqualität sprechen.
Charakteristisches optisches Symbol ist der Doppelbock-Förderturm von Zollverein (Bild 6), der heute den Spitznamen „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ trägt und als eines der herausragenden Wahrzeichen der Region gilt. Den Namen „Zollverein“ trägt der Standort des ehemaligen Bergwerks und anschließender Kokerei in Essen übrigens nach dem 1834 gegründeten Deutschen Zollverein, der unter den Ländern des deutschen Bundes vor dem nationalen Kaiserreich eine Zollunion und damit einen wirtschaftlichen Binnenmarkt errichtete – der für Helmut Arndt eine ausgesprochen positive volkswirtschaftliche Entwicklung war, somit ein Name ganz in seinem Sinn.
Gegründet wurde die Zechengesellschaft Zollverein 1851 von dem Ruhrgebietsindustriellen Franz Haniel, der mit ihr günstig gelegene Kokskohlevorkommen für seine Eisen- und Stahlproduktion erschloss und mit Zollverein das größte Steinkohlenbergwerk in Deutschland errichtete. Das heutige bauliche Gepräge des Campus-Eingangsbereichs, des Gründerschachts XII und der anliegenden Schachtanlagen 1, 2 und 8 stammt aus den 1920er Jahren von den renommierten Architekten Schupp und Kemmer unter dem Einfluss der Schule der „Neuen Sachlichkeit“, womit Zollverein einen Ruf als „schönste Zeche der Welt“ bekam. Das heutige Kokerei-Areal wurde in den 1950er Jahren erbaut und die dortige Kokerei-Anlage 1961 als zunächst größte in Europa in Betrieb genommen. Im Jahr 1968 kam Zollverein nach einer bewegten Eigentümergeschichte unter das Dach der damals neu gegründeten Ruhrkohle AG. Im Zuge des Anpassungsprozesses des deutschen Steinkohlenbergbaus erfolgte 1986 die Stilllegung der Zeche Zollverein, als letzte von historisch gut 190 Steinkohlenzechen allein im Gebiet der Stadt Essen. Im Jahr 1993 wurde dann auch die Kokerei aus wirtschaftlichen Gründen außer Betrieb genommen. (29)
Das Bergwerksgelände, später auch das Kokerei-Areal, wurden nach der Stilllegung vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen und unter Denkmalschutz gestellt, zunächst umfassend saniert, aber ansonsten weitegehend brachliegend gelassen. Im Jahr 1998 wurde die Entwicklungsgesellschaft Zollverein gegründet, die 2008 in die Stiftung Zollverein überführt worden ist, um einen Masterplan zu entwickeln, wie das Gelände und seine Gebäude zu einem lebendigen Kultur- und Wirtschaftsstandort umgestaltet werden können, ein markantes Beispiel für den Entwicklungswettbewerb bei Nachbergbaustandorten. Im Jahr 2001 gelang es dem Projekt, für den „Industriekomplex Zeche Zollverein“ den Titel des UNESCO-Welterbes der Kultur verliehen zu bekommen, was der Standortentwicklung mächtigen Auftrieb verliehen hat.
Zunächst war das Welterbe Zollverein, das eine Gesamtfläche von rd. 100 ha umfasst, ein sehr markantes Industrie- und Architekturdenkmal mit einem Denkmalpfad als Teil und Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur, umgeben vom Zollvereinpark, in dem sich rund um einige Kunstobjekte eine für die Region teils neuartige Flora und Fauna entwickelt hat, die als „Industrienatur“ bezeichnet wird. Daneben ist der Gebäudebestand schrittweise als Kulturstandort um- und ausgebaut worden, vom Red-Dot-Design-Museum über das architektonisch innovative, preisgekrönte SANAA-Gebäude (heute eine Event-Location), PACT Zollverein als choreograhisches Zentrum NRW, die zur Veranstaltungsstätte „Grand Hall“ umgebaute ehemalige Kompressorenhalle und die kulturelle Nutzung auch anderer Gebäude und Anlagen für Sonderveranstaltungen oder Ausstellungen oder beispielsweise im Kokerei-Areal im Winter für eine Eisbahn bis zur Neuansiedlung der Keramischen Werkstätten Margaretenhöhe sowie des Ruhrmuseums in der ehemaligen Kohlenwäsche als zentrales Regionalmuseum des Ruhrgebiets. Auf dem Campus Zollverein kam 2017 das neue Quartier Nord der Folkwang Universität der Künste für deren Fachbereich Gestaltung mit rd. 500 Studenten hinzu. Vor diesem Hintergrund ist Zollverein auch zu einer beliebten Kulisse für Film und Fernsehen oder für regionale Großveranstaltungen wie bei der zentralen Feier des Ruhrgebiets als Kulturhauptstadt Europas 2010 oder der Ruhrtriennale geworden. Das Welterbe Zollverein ist zudem ein Tourismusmagnet und war mit ca. 1,5 Mio. Besuchern pro Jahr (2011 bis 2017) das meist frequentierte Ausflugsziel der Metropole Ruhr und nach dem Kölner Dom das zweithäufigste in Nordrhein-Westfalen geworden. Diese Entwicklungen folgen einem weltweit beobachteten Muster für die Nutzung von nachbergbaulichen Standorten. Die 2020 dazu veröffentlichte CSRM-Studie hat für solche Neunutzungen („Repurposing“), so sie denn überhaupt planmäßig vorgenommen werden, was im globalen Maßstab noch eine große Ausnahme ist, zu über 60 % kultur- und naturnahe Neunutzungen festgestellt (30).
Inzwischen haben sich daraus aber auch bedeutsame privatwirtschaftliche Aktivitäten auf und Standortentscheidungen für Zollverein ergeben. Symbolhaft und wegbereitend waren dafür Standortentscheidungen des einstigen Bergbaubetreibers selbst. Die RAG Montan Immobilien GmbH verlegte 2012 ihren Hauptsitz nach Zollverein, im Jahr 2017 folgten zunächst der Gesamtverband Steinkohle (heute Branchenverband Steinkohle und Nachbergbau – bsn e. V.) und die neuen Sitze der Hauptverwaltung der RAG Aktiengesellschaft, die den Nachbergbau der Ruhrkohle operativ betreibt, gemeinsam mit dem der RAG-Stiftung, welche die Ewigkeitsaufgaben des stillgelegten Steinkohlenbergbaus aus der Kapitalanlage des ehemals „weißen Bereichs“ der RAG finanziert und darüber hinaus Bildung, Wissenschaft und Kultur in den ehemaligen Bergbauregionen fördert. Vom einstigen Bergbaubetrieb auf Zollverein und dessen genuinen Aufgaben im Nachbergbau ist heute lediglich noch eine Funktion als untertägiger Wasserhaltungsstandort verblieben. Der Betreiber RAG ist nach der vollständigen Stilllegung des heimischen Steinkohlenbergbaus zu einem reinen Nachbergbauunternehmen mit den Geschäftsfeldern, Grubenwasserhaltung einschließlich Poldermanagement und Grundwasserreinigung, Altlastensanierung und Bearbeitung von Bergschäden sowie Entwicklung der Bergbauflächen und -immobilien geworden (Bild 7), dessen Beschäftigtenzahl im Zuge der mehr als 50-jährigen nahezu kontinuierlichen, gleichwohl sozialverträglich gelungenen Anpassung von anfänglich knapp 180.000 (im gesamten deutschen Steinkohlenbergbau rd. 260.000) auf nunmehr unter 800 geschrumpft ist.
Auf dem Standort Zollverein sind unterdessen auf dieser Basis sozusagen evolutionär viele neue Unternehmenssitze und Betriebe entstanden. Nach den Begleitaktivitäten zu den Kultureinrichtungen in Bereichen wie Gastronomie, kulturellem Merchandising, Event- und Freizeitgeschäfte haben sich diverses Kleingewerbe (Herstellung und Vertrieb Design, Schmuck, Möbel oder sogar Seife und ein privates Tanzstudio), aber auch eine Bildungsstätte des TÜV, ein Pflegedienst und ein Hotel angesiedelt. Eine 2017 von der Stiftung Zollverein beauftragte Prognos-Studie ermittelte für 2016 gut 1.000 direkte neue Beschäftigungsverhältnisse auf dem gesamten Welterbe-Areal. Zusammen mit den indirekten und (konsum-)induzierten Effekten wurden zu dieser Zeit rd. 1.300 Arbeitsplätze mittels der wirtschaftlichen Nutzungen des Standorts Zollverein gesichert. Prognos schätzte, dass zudem rd. 760 Arbeitsplätze in der Stadt Essen der touristischen Nachfrage durch Zollverein-Besucher hinzuzurechnen waren. Außerdem entstanden fast 700 temporäre Beschäftigungsverhältnisse durch öffentliche und private Investitionen in Baumaßnahmen, Instandhaltung oder Geländeaufbereitung. Laut der Prognos-Studie wurden 1990 bis 2016 insgesamt 334 Mio. € an öffentlichen Investitionen für die Entwicklung von Zollverein bewilligt und für den Zeitraum 2017 bis 2025 ein weiteres Investitionsvolumen von 108 Mio. € vorgesehen. Diese Investitionen haben nicht nur positive Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzeffekte für die umliegenden strukturschwachen Stadtteile und die Stadt Essen insgesamt sowie die vorwiegend mittelständische lokale und regionale Wirtschaft, sondern sie führen auch zu zusätzliche Steuerreinahmen (Umsatz-, Gewerbe-, Einkommen- und Körperschaftsteuer etc.) für die öffentliche Hand. (31)
Allein mit der RAG und der RAG-Stiftung sind seither mehr als 200 direkte Arbeitsplätze und ein beträchtliches wirtschaftliches Potential auf dem Standort Zollverein dazugekommen. Mittlerweile hat u. a. auch die Unternehmensberatung Accenture einen Sitz auf Zollverein, die von der Landesregierung Nordrhein-Westfalens 2018 gestartete und als Langfristprojekt fortgeführte Ruhrkonferenz hat dort ihr zentrales Büro eingerichtet, ebenso der Start-up-Hub Ruhr. Zusammen mit dem 2021 installierten „Digitalcampus Zollverein“ als Impulsgeber und Netzwerk-Plattform für das „Digital Co-Working“ in der Metropole Ruhr von Unternehmen, Start-ups und anderen Akteuren haben nun mehr als 150 Unternehmen und Organisationen neue wirtschaftliche Aktivitäten in und um den Standort Zollverein entfaltet. (32)
Insofern ist Zollverein bis dato ein echtes Erfolgsbeispiel ökonomischer Evolution. Das heißt keineswegs, dass alle Nachbergbaustandorte in der Welt auch nur annähernd vergleichbare Entwicklungen nehmen können. Dafür kommt es immer auf die spezifischen Standort- und Rahmenbedingungen an. Evolution bedeutet stets teilweise und manchmal auch ganz den Untergang von alten Strukturen, wobei ein „Standort“ als geografischer Raum natürlich nicht verschwindet. Aber er kann eben sozio-ökonomisch ins Abseits oder in eine Abwärtsspirale geraten. Der Standort Zollverein ist indessen ein Musterbeispiel dafür, wie Neuerungen und Anpassungen auch nach dem Ende des alten Geschäftsmodells Bergbau marktwirtschaftliche Entwicklungen kreieren, in Gang setzen und mit Erfolg in neues Wachstum führen können. An diesem Beispiel zeigt sich ebenso, dass Entwicklungsinvestitionen Reifezeit benötigen, dann aber auch einen Entwicklungsmultiplikator auslösen können. Die Stiftung Zollverein spricht in ihrem eigenen Selbstverständnis hierzu von einer „Zukunftswerkstatt“ (Bild 8) (33).
References / Quellenverzeichnis
References / Quellenverzeichnis
(1) So hat der neue grüne Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck am 24.3.2022 vor dem Deutschen Bundestag in seiner Rede zur Zeitenwende in der deutschen Energiepolitik nach dem militärischen Angriff Russlands auf die Ukraine angekündigt, dass die deutsche Energieversorgung auf eine breitere Basis (als bisher vorgesehen) gestellt und insbesondere die hohe Abhängigkeit von fossilen Energieimporten so schnell wie möglich reduziert werden müsste. Dabei könnte auch die heimische Braunkohle zumindest vorübergehend eine gewisse Rolle spielen. Siehe https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/energiepolitik-zeitenwende-2020106
(2) Ausgangslage, Ziele, Inhalte, Werkzeuge und auch die Probleme dieser Coal Regions in Transition Initiative (inzwischen umfirmiert und erweitert zur EU Just Transition Initiative) werden erläutert in: van de Loo, K.: Werkzeuge für den Wandel – wie die EU die „Coal Transition“ bewerkstelligen will, in: Mining Report Glückauf 157 (2021) Nr. 6, S. 528 – 550.
(3) Zu dieser internationalen Allianz und ihrem Selbstverständnis siehe: https://www.poweringpastcoal.org/news/press-release/new-ppca-members-tip-the-scales-towards-consigning-coal-to-history-at-cop26
(4) World Bank Group; Stanley, M. S. et al.: Managing Coal Mine Closures: Achieving a Just Transition for All, Washington/D.C. 2018, download: https://www.worldbank.org/en/topic/extractiveindustries/publication/managing-coal-mine-closure
(5) Siehe dazu auch die Erörterung des Weltbankreports in van de Loo, K.: Das „Social Engineering“ der Stilllegungen von Kohlebergwerken – Weltbankreport, internationale Forschungslücken und Reflexionen aus deutscher Sicht. In: Mining Report Glückauf 155 (2019) Nr. 4, S. 394 – 412, hier insb. S.395f.
(6) Siehe die Broschüre des Forschungszentrums Nachbergbau: Damit Bergbauregionen Zukunft haben, Bochum 2020, S. 5.
(7) van de Loo, K.: Nachbergbau – ein neues Forschungsprogramm auch für die Wirtschaftswissenschaft. In: Mining Report Glückauf 154 (2018) Nr. 3, S. 245 – 260.
(8) Siehe dazu insb. Kretschmann, J.: Post-Mining – a Holistic Approach. In: Mining, Metallurgy and Exploration, published online 23 July 2020 (https://doi.org/10.1007/s42461-020-00265-y).
(9) Vgl. van de Loo, K.: Nachbergbau – ein Forschungsprogramm auch für die Wirtschaftswissenschaft, a.a.O., S. 246f.
(10) Arndt, H.: Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung. Die Evolutorische Wirtschafstheorie in ihrer Bedeutung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik, 3., erg. Aufl., Berlin 2021, S. 19.
(11) Ebenda S. 20.
(12) Ebenda S. 24ff., S. 127.
(13) Akerlof, G. A.: The Market for Lemons: Quality Uncertainty and the Market Mechanism. In: Quarterly Journal of Economics, Bd. 84 (1970) Nr. 3, S. 488 – 500.
(14) Ebenda S. 29f.
(15) Siehe dazu beispielswiese Herdzina, K.; Seiter, S.: Einführung in die Mikroökonomik, 12. Aufl., München 2015, insb. S. 219ff., S. 242ff.
(16) Vgl. Mankiw, N. G.; Taylor, M. P.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 8. Aufl., Stuttgart 2020, insb. S. 999ff., S. 680ff., S. 720ff.
(17) Siehe dazu Göbel, E.: Neue Institutionenökonomik. Grundlagen, Ansätze und Kritik, München 2021.
(18) Ein maßgeblicher Vertreter in der deutschen Fachliteratur hierzu ist (und war es schon vor geraumer Zeit) Hermann-Pillath, C.: Grundriss der Evolutionsökonomik, München 2002.
(19) Ebenda S. 22f.
(20) van de Loo, K.: Marktstruktur und Wettbewerbsbeschränkung, Eine kritische Analyse der konzeptionellen und theoretischen Grundlagen strukturorientierter Wettbewerbspolitik, Frankfurt a. M. u. a. 1992.
(21) Arndt, H.: Markt und Macht, 2. Aufl., Tübingen 1973.
(22) Arndt, H.: Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung. Die Evolutorische Wirtschafstheorie in ihrer Bedeutung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik, a.a.O., hier: Prof. Heinz. J. Bontrup S. I – XLVI.
(23) Arndt, H.: Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung. Die Evolutorische Wirtschafstheorie in ihrer Bedeutung für die Wirtschafts- und Finanzpolitik, a.a.O., S. 5.
(24) Ebenda S. 5f., speziell zu Jevons S. 170ff.
(25) Ebenda.
(26) Ebenda insb. S. 245ff. zur Wirtschafts- und Finanzpolitik; auch alle nachfolgenden Abschnitte über Arndt und zu seinen Aussagen und Zitaten beziehen sich als Quelle auf eben dieses Lehrbuch von Arndt zur Wirtschaftsentwicklung.
(27) Im Lehrbuch der Wirtschaftsentwicklung erwähnt er einmal am Rande die Kohlevorräte des Ruhrgebiets als früheren Standortvorteil (ebenda S. 226), der allerdings durch die energiewirtschaftliche Entwicklung, sprich: billige Energieimporte, hinfällig geworden wäre.
(28) Siehe dazu vertiefend van de Loo, K.; Tiganj, J.: Beschäftigungsimpulse für (Kohle-) Nachbergbauregionen. In: Mining Report Glückauf 157 (2021) Nr.1, S. 22 – 40, insb. S. 32ff.
(29) Zur Historie und Entwicklung der Zeche und Kokerei Zollverein siehe Stiftung Zollverein (Hrsg.): ZOLLVEREIN – Welterbe und Zukunftswerkstatt, Berlin 2018; ferner ältere Beiträge, wie z. B. Geschichtswerkstatt Zollverein (Hrsg.): Zeche Zollverein. Einblicke in die Geschichte eines großen Bergwerks, Essen 1996; Grabe, V. (Hrsg.): Welterbe Zollverein. Geschichte und Gegenwart der Zeche und Zollverein, Essen 2008; Buschmann, W.: Zeche und Kokerei Zollverein in Essen, 2. Aufl., Köln 2010.
(30) Siehe dazu auch van de Loo, K.: Anhaltende Nachbergbaudefizite der Rohstoffpolitik und Neunutzung von Bergwerken. In: Mining Report Glückauf 157 (2021) Nr. 4, S. 318 – 333, speziell zur CSRM-Studie S. 326f.
(31) Basis-Informationen Zollverein. Stand Mai 2018, abrufbar unter www.zollverein.de
(32) Siehe Porträt „Digital Campus Zollverein“ auf https://campus-zollverein.de
(33) So schon der Titel der Publikation der Stiftung Zollverein (Hrsg.): ZOLLVEREIN – Welterbe und Zukunftswerkstatt, Berlin 2018.