1 Grundzüge der neuen nationalen Rohstoffstrategie
Die deutsche Bundesregierung hat seit einiger Zeit eine neue nationale Rohstoffstrategie vorbereitet. In der am 6. November 2019 vorgelegten „Halbzeitbilanz“ der Großen Koalition, offiziell: „Bestandsaufnahme über die Umsetzung des Koalitionsvertrags durch die Bundesregierung“, heißt es: „Der führende Technologiestandort und die Exportnation Deutschland sind auf eine sichere Ressourcenversorgung angewiesen. Wir werden noch in diesem Jahr die Rohstoffstrategie von 2010 fortschreiben. Angesichts einer Vielzahl neuer, globaler Herausforderungen wollen wir Unternehmen bei einer sicheren und nachhaltigen Rohstoffversorgung unterstützen und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken“(1). Die neue Rohstoffstrategie ist dann am 15. Januar 2020 veröffentlicht worden. Wie ausgeführt, wird damit die erste Rohstoffstrategie der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 (2) fortgeschrieben und an diverse neue rohstoffpolitische Herausforderungen angepasst (Bild 1). Der Fokus liegt erklärtermaßen auf der Rohstoffsicherung der deutschen Wirtschaft und der Stärkung der industriellen Wertschöpfung in Deutschland, die Rohstoffversorgung soll aber auch insgesamt verantwortungsvoll und nachhaltig gestalten werden (3). Das Thema Nachbergbau ist jedoch in die neue Rohstoffstrategie noch wenig einbezogen, im Hinblick auf das Postulat der Nachhaltigkeit ein Mangel.
Die erste nationale Rohstoffstrategie von 2010 war nach offizieller Angabe gerichtet auf die Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nicht-energetischen mineralischen Rohstoffen, womit sie von der nationalen Energiewende und den damit verbundenen Rohstofffragen separiert wurde. Vorausgegangen waren dieser Rohstoffstrategie bereits die 2007 von der Bundesregierung formulierten „Elemente einer Rohstoffstrategie“ und die zeitgleich erfolgte Einsetzung eines Interministeriellen Ausschusses Rohstoffe sowie die 2008 etablierte EU-Rohstoffinitiative. Das belegt den Bedeutungszuwachs der Rohstofffragen und der Rohstoffpolitik, die zu dieser Zeit allerdings geprägt waren von der Boom-Phase des „Rohstoff-Superzyklus“ zu Beginn der 2000er Jahre verbunden mit einer Zuspitzung der Liefer- und Preisrisiken auf vielen internationalen Rohstoffmärkten. Dem sollte nach Auffassung der damaligen Bundesregierung in erster Linie ein ordnungspolitischer Rahmen entgegengestellt werden, nach dem es grundsätzlich die Aufgabe der Unternehmen selbst ist, ihre Rohstoffversorgung sicherzustellen. Das sollte jedoch staatlicherseits durch eine Reihe von Maßnahmen flankiert werden, insbesondere durch die aktive politische Bekämpfung von Handelshemmnissen und Wettbewerbsverzerrungen auf den internationalen Märkten. Darüber hinaus sollten im Inland die Rohstoff- und Materialeffizienz – dazu 2012 Verabschiedung des Ressourceneffizienzprogramms ProgRess – und das Recycling gefördert werden, die Diversifizierung der Rohstoffbezugsquellen vorangetrieben – hier u. a. durch Investitions- und Kreditgarantien für Rohstoffvorhaben im Ausland oder einen Appell an die Länder, heimische Rohstoffgewinnung in der Raumplanung angemessen zu berücksichtigen – sowie internationale Rohstoffpartnerschaften eingegangen und nicht zuletzt die Entwicklungszusammenarbeit auch auf Rohstofffragen ausgeweitet werden. Ergänzend ist bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die Deutsche Rohstoff-agentur (DERA) als spezifische rohstoffwirtschaftliche Informations- und Dialogplattform eingerichtet worden (Bild 2).
Gelungen ist es, mit dieser ersten Rohstoffstrategie das Rohstoffbewusstsein in Wirtschaft und Gesellschaft ein Stück weit zu steigern, auch wenn es nach wie vor in vieler Hinsicht unterentwickelt zu sein scheint. Die einzelnen Maßnahmen dieser Strategie waren, wie man im Nachhinein pauschal zusammenfassend feststellen kann, lediglich bedingt erfolgreich. Mit der geplanten neuen Rohstoffstrategie soll auch eine gründliche Bilanz dazu erstellt werden. Offensichtlich ist, studiert man den Text der Rohstoffstrategie 2010 genauer, dass Aspekte der Nachhaltigkeit 2010 noch kaum berücksichtigt wurden und Belange des Nachbergbaus gar nicht vorkamen, zumal Energierohstoffe und damit auch die Kohle ganz ausgeklammert worden waren. Klar ist ebenso, dass die gesamtwirtschaftliche, technologische und politische Entwicklung inzwischen teils neue, teils stark veränderte Herausforderungen an die Rohstoffpolitik stellt. Die Veränderungen sind auch im Rohstoffsektor so tiefgreifend, dass die Bundesregierung hier wie in anderen Bereichen nach langfristig vorausschauenden, also strategisch angelegten Antworten sucht (ähnlich wie auch bei der Klimastrategie, der Digitalstrategie, der Wasserstoffstrategie …) und eine systematische Trennung von der Energiewende bzw. Energierohstoffen nicht mehr sinnvoll erscheint. Die Bundesregierung sieht die Rohstoffpolitik nun als integralen Teil ihrer Industriepolitik an, die Rohstoffstrategie somit als Teil einer weiter gefassten Industriestrategie für die deutsche Volkswirtschaft mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu stärken und industrielle Arbeitsplätze zu erhalten. Dies folgt der Einsicht, dass Rohstoffe am Anfang jeder industriellen Wertschöpfung stehen und Deutschland als einer der weltweit führenden Technologiestandorte und industriegeprägte Exportnation in hohem Maß auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen ist. Durch seine starke Industrie zählt Deutschland im internationalen Vergleich zu den großen Rohstoffverbrauchern. Zugleich gibt es aber auch eine wirtschaftlich bedeutende rohstoffgewinnende Industrie hierzulande (5).
Dementsprechend muss dem Umgang mit Rohstoffen volkswirtschaftlich in Deutschland ein hoher Stellenwert zugemessen werden, von der nachhaltigen Gewinnung über die intelligente Nutzung von Rohstoffen bis zur verantwortungsvollen Regelung der Folgen und Hinterlassenschaften. Der politische Fokus wird jedoch nach wie vor bei der Deckung des Rohstoffbedarfs gesetzt. Beherrschende Rohstoffthemen sind gegenwärtig nach eigener Angabe des Bundeswirtschaftsministeriums z. B. (6):
- erhebliche Nachfrageveränderungen aufgrund von Technologieentwicklungen mit teils disruptiver Wirkung (etwa durch die Energiewende und die Elektrifizierung der Mobilität, wodurch sich der Rohstoffbedarf verlagert hin zu „Zukunftsrohstoffen“ wie Kupfer, Seltene Erden oder Lithium etc.),
- die Zunahme von Handelsstreitigkeiten und -beschränkungen (Protektionismus),
- Marktverzerrungen durch direkte staatliche Eingriffe in die Rohstoffbeschaffung,
- die hohe Marktmacht einzelner Unternehmen und Länder namentlich China.
Mehr Gewicht als zuvor haben in den rohstoffpolitischen Erwägungen überdies die Akzeptanzfragen und das gesellschaftliche Rohstoffbewusstsein bekommen. Die BGR soll ausdrücklich zwecks Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz beauftragt werden, „Rohstoffinformationen in allgemeinverständlicher Sprache aufzubereiten und Schulen sowie der breiten Bevölkerung zur Verfügung zu stellen“, also eine Art Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungsstrategie zum Themenkomplex Rohstoffe zu initiieren. Zugleich bleibt es auch in der neuen deutschen Rohstoffstrategie bei den drei zentralen Säulen der Rohstoffversorgung: heimische Rohstoffe, Importe von Rohstoffen und Recycling zur Rückgewinnung von bereits eingesetzten Rohstoffen. Dabei decken heimische Rohstoffe, was in der deutschen Öffentlichkeit erstaunlich wenig bekannt ist, noch immer einen Großteil der jährlich von der deutschen Volkswirtschaft benötigten Rohstoffe, und es gibt hierzulande bedeutende inländische Rohstoffvorkommen und einen immer noch beachtlichen heimischen Bergbau. Das betrifft nicht nur den inzwischen ausgelaufenen Steinkohlenbergbau und den noch aktiven Braunkohlenbergbau, sondern auch etwa den Bergbau auf Kali und Salze, Steine und Erden oder bestimmte Industriemineralien. Anders ist die Lage bei Metallen sowie dem Gros der Industrieminerale und der Energierohstoffe, hier mit dem her-ausragenden Beispiel des Mineralöls als nach wie vor quantitativ wichtigstem Energieträger im nationalen Energiemix, die ganz oder weit überwiegend importiert werden müssen.
Bei den Energierohstoffen gibt es unterdessen noch eine sehr beträchtliche heimische Produktion von Braunkohle – und außerdem zwar nicht mehr abgebaute, aber technisch gewinnbare große Vorkommen an Steinkohle – auch wenn die Bedeutung der Kohle für die Strom- und Energieversorgung wegen des beschlossenen Ausstiegs aus der Kohleverstromung schrittweise abnehmen und in weniger als zwei Jahrzehnten verschwunden sein wird. Statt der Kohle werden aber dann voraussichtlich der Energierohstoff Gas sowie Metalle und Industrieminerale für neue Energietechnologien an rohstofflicher Bedeutung gewinnen. Die Energiewende insgesamt kommt nicht ohne eine verstärkte Nutzung von „Zukunfts-“ oder „Hightech-Rohstoffen“ aus, wie sie oben schon erwähnt worden sind. Durch die Energiewende kommt es auch zu Verschiebungen bei der Rohstoffbedarfs-deckung wie das Beispiel der Gipsindustrie verdeutlicht, die ihren Bedarf an Gips als Baurohstoff derzeit noch überwiegend aus REA-Gips der Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken deckt und deshalb künftig verstärkt Naturgips gewinnen oder gebrauchten Gips wiederaufarbeiten muss.
Nicht allein bei den Energierohstoffen betont die Bundesregierung 2019/2020 deutlich stärker als 2010 nun Aspekte der Nachhaltigkeit. Ganz explizit bei der Problematik der Lieferketten und beim Recycling von Rohstoffen. Aber auch zugunsten der heimischen Rohstoffgewinnung wird ausdrücklich angeführt, dass ohne diese Versorgungsengpässe auftreten könnten, die zu Verteuerungen und auch zu höheren Umwelt- und Klimaeinträgen führen würden, wenn notwendige Rohstoffe alternativ importiert und über größere Entfernungen transportiert werden müssen. Das gilt z. B. auch für die Kokskohle, deren heimische Produktion mit dem 2018 vollendeten Auslauf des Steinkohlenbergbaus eingestellt wurde, womit sie nunmehr vollständig importiert werden muss und mittlerweile zu den nach amtlicher Einschätzung der von der EU-Kommission eingesetzten Raw Materials Supply Group bezüglich ihrer Lieferrisiken in der EU zu den sogenannten kritischen Rohstoffen zu zählen ist.
Verhalten hat sich die neue Rohstoffstrategie auch einem anderen Kriterium der Nachhaltigkeit in diesem Kontext genähert, nämlich dem Thema „Nachhaltige Bergbauschließung“ und damit wesentlichen Aspekten des Nachbergbaus. So heißt es in einer Entwurfsfassung: „Die umwelt- und sozialverträgliche Nachsorge nach Beendigung des Rohstoffabbaus ist ein Kernthema der Rohstoffgewinnung“. Die Bundesregierung unterstützt daher eine „ordnungsgerechte Bergbauschließung und die Transformation von Bergbauregionen, wie z. B. ehemaliger Kohlegewinnungsgebiete. Neben einem Schutz von Mensch und Umwelt steht dabei auch der strukturelle Wandel der Regionen im Fokus.“ Im Weiteren wird als Beispiel für die Umsetzung dieser Einsicht auf die geplante Gründung einer BGR-Außenstelle „Nachhaltiger Umbau einer Bergbaufolgelandschaft“ in der Region Brandenburg/Sachsen hingewiesen, um das „Know-how einer umweltgerechten und nachhaltigen Bergbauschließung zu bündeln und auch international zu verbreiten.“
Unter der Überschrift „Verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung“ wird zudem daran erinnert, dass das deutsche Bergrecht bereits bei der Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen bergrechtlich zwingend vorgeschriebene Verfahren für die Berücksichtigung von Umweltbelangen auch nach Beendigung der Abbautätigkeit beinhalten. Stets nur temporär genutzte Abbauflächen müssen nach Abbauende wieder für eine Folgenutzung zur Verfügung gestellt werden, wobei ein Interessenausgleich ökologischer und ökonomischer Belange bezüglich der Art dieser Folgenutzung nötig sei. Im internationalen Kontext wird u. a. auf entsprechende UN-Leitlinien, die Rohstoff-Transparenzinitiative EITI sowie Herausforderungen des umweltschonenden Abbaus und auch der „Eindämmung der Gefährdung durch Bergbau-Altlasten“ hingewiesen.
Es ist in jedem Fall sehr zu begrüßen, dass von der neuen Rohstoffstrategie die „Nachsorge nach Beendigung des Rohstoffabbaus als Kernthema“ anerkannt wird, denn jeglicher Bergbau ist endlich, sei es aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen, die zur Einstellung der Gewinnungstätigkeit führen, oder infolge physischer Erschöpfung der Lagerstätte. Deshalb geht jeder Bergbau, das ist von Anfang an klar, irgendwann in den Auslauf und dann zwangsläufig in eine mehr oder weniger lange, unter Umständen sogar ewige Nachbergbauphase über, die mit mehr oder weniger großen ökologischen, sozialen und ökonomischen Folgeproblemen verbunden ist, die einer adäquaten Lösung bedürfen. Wenig verständlich ist deshalb, wie zurückhaltend das Thema Nachbergbau hier adressiert und wie schwach der Erfolgsanspruch von regionaler „Transformation“ und „strukturellem Wandel“ zum Ausdruck gebracht wird, auch wenn die bisherigen nationalen Erfahrungen überschaubar und Transformationsrisiken nicht zu übersehen sind. Doch die Bundesregierung hätte durchaus gute Gründe und auch Belege eigener Maßnahmen, um diese Thematik offensiver anzugehen und zudem im internationalen Vergleich positiv zu besetzen.
2 Nachhaltigkeitsanspruch und Nachbergbauaspekte in der neuen deutschen Rohstoffstrategie
Wie bereits erläutert, gibt es keine Gewinnung endlicher Rohstoffe, d. h. keinen Bergbau, ohne einen Nachbergbau. Unter Nachbergbau lässt sich die Gesamtheit der Aufgaben und Prozesse begreifen, die nach Beendigung der Rohstoffgewinnung als deren Folge entstehen. Oder um es in den Worten des Forschungszentrums Nachbergbau (FZN) der Bochumer Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) auszudrücken: „Nachbergbau ist all das, was nach dem eigentlichen Abbaubetrieb in und um die Lagerstätte herum stattfindet – ein weites Feld …“(7), von der die Zukunftsfähigkeit der ehemaligen Bergbauregionen maßgeblich beeinflusst wird. Im Sinne des Nachhaltigkeitspostulats und der UN-Nachhaltigkeitsziele, zu denen sich ja auch die Bundesregierung völkerrechtlich verbindlich bekannt hat (8), ist das von der deutschen Rohstoffpolitik prinzipiell zu berücksichtigen (Bild 3).
Die rohstoffpolitische Verantwortung der zuständigen Bundes- und Landesregierungen für den heimischen Bergbau ist dabei unabweisbar, zumal diese im Bundesberggesetz (BBergG) und anderen bergrechtlichen Bestimmungen ohnehin festgelegt ist. Hinsichtlich der großen Rohstoffimporte nach Deutschland und der hiesigen Rohstoffverarbeitung oder des Auslandsbergbaus deutscher Unternehmen besteht zumindest eine Mitverantwortung sowohl bezüglich der jeweiligen Bedingungen der Rohstoffgewinnung als auch mit Blick auf den betreffenden Nachbergbau nach deren Einstellung. Insofern gehört das Thema Nachbergbau zwingend und hinreichend ausführlich in die nationale Rohstoffstrategie, wenn diese dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht werden soll. Dabei geht es indes über die „nachhaltige Bergbauschließung“ und Fragen der „umwelt- und sozialverträglichen Nachsorge“ hinaus, weil sich die Problemstellungen zeitlich und sachlich nur bedingt eingrenzen lassen, da sie nicht zuletzt mit „Ewigkeitsaufgaben“ und weiteren Aufgaben der ökonomischen Zukunftsgestaltung verbunden sind, z. T. auch Folgelasten längst vergangenen Bergbaus miteinschließen müssen.
In der Praxis wird dieser erweiterte Ansatz auch verfolgt, schlicht weil Sachzwänge es gebieten. Doch in der deutschen Politik scheint im öffentlichen Rohstoffdiskurs immer noch ein stark verkürztes Nachhaltigkeitsbewusstsein vorzuherrschen. Darum hat der nationale Bergbaudachverband, die Vereinigung Rohstoffe und Bergbau e. V. (VRB), in seinen im Vorfeld dargelegten Überlegungen zur Anpassung der bestehenden Rohstoffstrategie auf die Bedeutung des Rohstoffbewusstseins für die Akzeptanz der Rohstoffpolitik hingewiesen und die Rohstoffstrategie selbst als Mittel zur Steigerung des Rohstoffbewusstseins eingestuft (9).
Im Weiteren wird von der VRB in ihren Überlegungen zur neuen Rohstoffstrategie der Themenkreis „Nachbergbau und Nachhaltigkeit“ relativ ausführlich beleuchtet und dazu sachgerecht ausgeführt: „Zum Bergbau gehört auch, dass er an einem bestimmten Ort eines Tages endet. Es bleiben Grundstücke, die für eine neue Nutzung vorzusehen sind. Das Thema Nach- bzw. Altbergbau ist aufgrund der hohen Anzahl von alten Tagesöffnungen, Schächten und Stollen deutschlandweit von großer Bedeutung. Aber nicht überall lässt sich der Altbergbau auf noch existierende verpflichtete Unternehmen zurückführen. Insbesondere bei ganz alten Bergbaubetrieben fehlen oft – auch bei den für die Regionen zuständigen Landesbehörden – aussagekräftige Unterlagen. Mit modernster Technik werden daher heute Altbergbaustandorte lokalisiert, bei Bedarf gesichert und in ein Monitoring überführt. Zu den Sicherungsmaßnahmen kommt die aktive Suche nach Tagesbruch-gefährdeten Bereichen hinzu und – sofern erforderlich – deren Sanierung. Soweit es um die Standsicherheit der teilweise jahrhundertalten Schächte aus fremden Zuständigkeitsbereichen geht, steht deutsches Expertenwissen derzeit noch ausreichend zur Verfügung, ggf. auch als Dienstleistung. Der Nachbergbau fasst die Folgearbeiten des Bergbaus zusammen, also die Altlasten- und die Ewigkeitsaufgaben. Dazu zählt, langfristige Nutzungskonzepte für ehemalige Bergbauflächen und -gebäude zu entwickeln und so einen wichtigen Beitrag zum regionalen Strukturwandel in den Revieren zu leisten. Nachbergbauliche Verantwortung besteht zudem in allen Fragen der Ewigkeitsaufgaben. Dazu gehören die Grubenwasserhaltung, die Grundwasserreinigung an ehemaligen Bergbau-(Kokerei-)Standorten sowie Poldermaßnahmen in übertägigen Bergsenkungsarealen und ein geotechnisches Monitoring. Ziel und Forderung im Rahmen der Rohstoffstrategie könnte sein, dass Deutschland das Leitbild der Nachhaltigkeit auch in Bezug auf den Nachbergbau verfolgt. Dies gilt insbesondere für den Erzbergbau und den Steinkohlenbergbau. Für die Regionen mit Braunkohlenbergbau wird sich durch die Maßnahmengesetze zugunsten der Regionen ein Leitbild ergeben. Dazu gehören neben der Berücksichtigung der relevanten ökologischen Fragen auch die sozialen und ökonomischen Aspekte. Beispielhaft sind die Empfehlungen der Kohlekommission, die als Vorbedingung für den Ausstieg aus der Kohleverstromung die Sozialverträglichkeit für die Beschäftigten sowie die wirtschaftliche Tragfähigkeit für die betroffen Unternehmen und Regionen herausstellen. Das sollte zwingend für alle betroffen Regionen gleichermaßen gelten (10).“
Damit thematisiert die VRB den Zusammenhang von Nachhaltigkeit der Rohstoffstrategie und Nachbergbau erheblich umfassender und differenzierter als das in den einschlägigen Papieren der Bundesregierung bislang der Fall gewesen ist. Dabei kann die Bundesregierung speziell in Bezug auf den heimischen Kohlebergbau und dessen Nachbergbau im internationalen Vergleich für Deutschland durchaus auf ein gutes Beispiel, wenn nicht sogar eine Vorreiterposition bei der „Just Transition“ verweisen, was bislang aber vorrangig als Beitrag zum Klimaschutz verbucht wird. Doch gerade unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit der Rohstoffpolitik wird viel mehr ein passender Schuh daraus. Nachfolgend werden sieben stichhaltige Gründe angeführt, warum die nationale Rohstoffstrategie dem Thema Nachbergbau noch stärkere Beachtung verleihen muss und auch verleihen kann, wenn sie zugleich den Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht werden will.
- Die 2007 politisch beschlossene Beendigung des subventionierten heimischen Steinkohlenbergbaus ist sozialverträglich gelungen, weil der Zeithorizont und die Rahmenbedingungen für den Anpassungs- und Auslaufprozess angemessen lange bzw. sachdienlich gesetzt worden sind. Gleichwohl waren dafür auch noch große Eigenanstrengungen seitens Unternehmen, Beschäftigten und Sozialpartnern für einen Personalabbau ohne Kündigungen „ins Bergfreie“ erforderlich. Von vornherein war dabei klar, dass das darauf ausgerichtete Subventionsregime wie auch schon zur Zeit des aktiven Steinkohlenbergbaus ebenso nach Bergbauende Vorkehrungen zur Finanzierung der noch verbliebenen temporären Altlasten der stillgelegten Kapazitäten vorsehen musste, also für eine umwelt- und sozialverträgliche Nachsorge der dann vollständigen und endgültigen Bergbauschließung (Bilder 4, 5).
Das ist vom Subventionsgeber – Bund und Bergbauländern – auch zugesagt und eingehalten worden. Umgekehrt hat das Unternehmen RAG Aktiengesellschaft seinen Part der Vereinbarungen verlässlich erfüllt. Zugleich ist von vornherein für das Finanzierungsproblem für die sogenannten Ewigkeitslasten (s. o.) eine privatwirtschaftliche Lösung durch die Gründung der RAG-Stiftung gefunden worden, deren Vermögen aus der Kapitalisierung des „weißen Bereichs“ des früheren diversifizierten RAG-Konzerns gebildet worden ist und die aus diesem – durch Anlagepolitik fortentwickelten – Vermögen die Ewigkeitskosten ohne Einsatz öffentlicher Mittel deckt. Nur in eventuellen außerordentlichen, aus heutiger Sicht hypothetischen Notfällen würde gemäß dem sogenannten Erblastenvertrag die öffentliche Hand einspringen – ein bislang weltweit einzigartiges, erfolgreich umgesetztes und mit dem Nachhaltigkeitsanspruch kompatibles Konzept. Dieses inkludiert auch, dass die RAG-Stiftung laut ihrer Satzung die Möglichkeit hat, aus ihren Vermögenserträgen Bildung, Wissenschaft und Kultur in den Steinkohlenbergbauregionen zu fördern. Das tut sie u. a., indem sie die THGA und das dort eingerichtete FZN insbesondere durch Finanzierung einer Stiftungsprofessur und Forschungsaufträge fördert und so die wissenschaftliche Begleitung des Nachbergbaus aktiv unterstützt. Mit einer Reihe weiterer Bildungsprojekte trägt sie ebenfalls zum Strukturwandel der Regionen bei. Auch in dieser Hinsicht ist die Nachhaltigkeit der Bergbauschließung verknüpft mit der zukunftsgerichteten Ausrichtung des – in diesem Fall zeitlich teilweise unbegrenzbar entstandenen – Nachbergbaus (11).
- Im Rahmen der 2018 politisch beschlossenen und 2019 – orientiert an den Empfehlungen der dafür eingesetzten Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ (landläufig: Kohlekommission) (12) – vorgesehenen gesetzlichen Regelungen zum Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland (Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen, Kohleausstiegsgesetz), die zugleich den Auslauf des Braunkohlenbergbaus hierzulande bedeuten, ist der Nachbergbau der Braunkohle von vornherein mitbedacht und vor allem regionalpolitisch weitaus umfassender adressiert worden, als das beim Auslauf des Steinkohlenbergbaus der Fall war. Das betrifft zum einen die Berücksichtigung finanzieller Vorkehrungen für die Nachsorge der Tagebaue in Verbindung mit den Entschädigungszahlungen für die vorzeitige Beendigung des Kraftwerks/Tagebau-Verbunds im Braunkohlensektor. Zum anderen hat der Bund mit Beteiligung der Bergbauländer massive Strukturhilfen für die betroffenen Braunkohlenregionen und Steinkohlenkraftwerksstandorte zugesagt, die sich über fast 20 Jahre – bis 2038, dem geplanten Enddatum für die Kohleverstromung in Deutschland – insgesamt auf bis zu 40 Mrd. € belaufen und insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen und lokalen Infrastruktur im weiteren Sinne beinhalten, wobei zugleich ebenso Nachhaltigkeitsziele verfolgt werden (13). Die Auswahl der Förderbereiche verfolgt nämlich nach § 4 Abs. 2 Entwurf Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen explizit den Zweck, Investitionen anzuregen, die beitragen zu „1. Schaffung und Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in den Fördergebieten …, 2. Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur und Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes in den Fördergebieten … oder 3. Verwirklichung von Nachhaltigkeitszielen im Rahmen der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.“ Voraussetzung für diese Fördermaßnahmen ist, dass zuvor die Stilllegung der Kohleanlagen in den Revieren in dem vorgesehenen Umfang erfolgt oder rechtsverbindlich vereinbart worden ist. Sie greifen also erst, was die Braunkohle betrifft, mit Beginn der Nachbergbauzeit. Für die Steinkohle gibt es gemäß Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen keine Steinkohlenreviere bzw. „Steinkohleregionen“, sondern nur Steinkohlenkraftwerksstandorte, weil der Ausstieg aus der Steinkohlenverstromung nicht mit der vorher schon beschlossenen und vollzogenen Beendigung des Steinkohlenbergbaus gleichgesetzt wird. Für den Nachbergbau der heimischen Steinkohle bzw. deren Reviere gibt es demzufolge keine entsprechende Strukturförderung. Nichtsdestoweniger stehen sieben der neun förderfähigen „strukturschwachen Standorte von Steinkohlekraftwerken“ aufgrund der historisch entwickelten Nähe der Kraftwerke zu den Lagerstätten bzw. Abbaustandorten in den klassischen Steinkohlenrevieren an Ruhr und Saar (14). Auch vor diesem Hintergrund ist es schwer verständlich, warum die Bundesregierung die in der neuen Rohstoffstrategie thematisierte „nachhaltige Bergbauschließung“ nicht stärker mit ihren schon auf den Weg gebrachten großen eigenen Anstrengungen unterlegt, die Folgen dieser Schließungen abzufedern und nachhaltig zu gestalten.
- Der letztgenannte Punkt gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn bedacht wird, dass die mit den Strukturhilfen für die Kohleregionen zu fördernde Regionalentwicklung der Braunkohlenregionen und Steinkohlenkraftwerksstandorte unter energie- und industriepolitischen Aspekten selbst auf eine gesicherte Rohstoffversorgung angewiesen ist. Das gilt beispielsweise für die Baurohstoffe, andere Mineralien und Metalle, die im Zuge der angekündigten umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen für die Kohleregionen benötigt werden. Es gilt aber auch gerade im Hinblick auf die sogenannten Zukunftsrohstoffe, da eine Vielzahl der Fördermaßnahmen spezifisch so angelegt ist, dass sie die Energiewende und den Klimaschutz unterstützen sollen und einige der Einzelmaßnahmen ganz gezielt auf Projekte im Bereich der E-Mobilität, Power-to-X-Anlagen, „Reallabore“ für Energiewendetechnologien oder erneuerbare Wertschöpfungsketten abzielen. Ähnliches gilt für das mit dem in § 15 des Entwurfs des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen aufgelegten „Bundesförderprogramm Zukunft Revier“, mit dem Projekte in den Kohleregionen – hier sind die Steinkohlenkraftwerksstandorte eingeschlossen – unterstützt werden sollen, welche diesen helfen, sich zu „bundesweiten Modellregionen einer treibhausgasneutralen, ressourceneffizienten und nachhaltigen Entwicklung zu wandeln.“ Demnach müssten sogar alle Teilbereiche der neuen nationalen Rohstoffstrategie, die zur Dekarbonisierung, effizienteren Rohstoffgewinnung und -nutzung sowie zur Nachhaltigkeit im Rohstoffsektor generell beitragen, also praktisch fast die gesamte Rohstoffstrategie, eigentlich mit Priorität dem Strukturwandel der Kohleregionen gewidmet werden.
- Umgekehrt erschließt der in den Kohleregionen unter den Vorzeichen von Energiewende und Klimaschutz geplante Strukturwandel einige zusätzliche Quellen für Energierohstoffe, die von der neuen Rohstoffstrategie nicht vernachlässigt werden sollten. Das wird etwa deutlich an dem nach § 17 Nr. 20 Entwurf Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen vorgesehenen Aufbau eines Fraunhofer-Zentrums für Geothermie und Energieinfrastrukturen, mit dem geothermische Potentiale vormaliger Kohleabbaugebiete besser erforscht und erschlossen werden sollen. Im Nachbergbau des Steinkohlenbergbaus laufen ohnehin schon mehrere Projekte etwa zur weiteren bzw. neuen energetischen Nutzung von Grubengas und Grubenwasserwärme nach Stilllegung der Anlagen. Grubenwasserwärme, beispielhaft sei das Projekt auf dem ehemaligen Steinkohlenbergwerk Robert Müser in Bochum erwähnt, ist dabei nichts anderes als eine spezifische Erscheinungsform der energetischen Geothermie (15). Geeignete ehemalige Gelände und Infrastrukturen des Steinkohlenbergbaus wie des Braunkohlenbergbaus (Halden, Brachflächen) werden zudem schon länger als Standorte für Windkraft- und Photovoltaikanlagen genutzt und bilden insofern eine Art „Flächenrohstoff“. Auf dem Rückzugsgelände des Steinkohlenbergwerks Ibbenbüren ist überdies in Verbindung mit der geplanten neuen Forschungsstätte für die Batteriezellproduktion in Münster ein Forschungsstandort für das Batterierecycling geplant. Speziell im Rheinischen Braunkohlenrevier soll gemäß Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen eine „Modellregion Bioökonomie“ entwickelt werden, die u. a. die Verwendung von Biomasse als Rohstoff voranbringen soll. Andere Vorhaben, die gezielt in den Kohleregionen platziert werden, dienen der Förderung alternativer Kraft- oder Brennstoffe. Die Forschungsinitiative „Reallabore der Energiewende“ hat u. a. die Nutzung vormaliger Kohlekraftwerke als Wärmespeicher zum Gegenstand. Im Zuge des Kohleausstiegs sollen gemäß Referentenentwurf Kohleausstiegsgesetz bestehende Kohlekraftwerke als Kraftwerksanlagen in Betrieb bleiben können, falls sie, insbesondere wenn sie mit Kraft-Wärme-Kopplung ausgestattet sind und zur regionalen Fernwärmeversorgung beitragen, auf Gas umgestellt werden. Ein Pilotprojekt der STEAG GmbH am Steinkohlenkraftwerkstandort Völklingen-Fenne zielt auf die Bereitstellung von grünem Gas aus Wasserstoff („Hydro-Hub Fenne“) (16).
- Die von der EU-Kommission 2017 gestartete und inzwischen verlängerte Initiative „Coal Regions in Transition“ (Bild 6), die EU-weit gilt und inzwischen ähnlich gelagerte Initiativen in Kooperation mit Nicht-EU-Ländern wie der Ukraine und Regionen auch außerhalb Europas verfolgt, zielt darauf, im Rahmen der Dekarbonisierungsstrategie der EU eine „Just Transition“ für die 41 Kohleregionen der EU zu ermöglichen, also einen gerechten und nachhaltigen Strukturwandel auch für diejenigen Regionen, die bis dahin stark von der Kohlegewinnung abhängig (gewesen) sind und insofern den Nachbergbau erfolgreich zu gestalten haben.
Dazu sollen ihnen alle bestehenden und ebenso die in den nächsten EU-Haushalten – zunächst für 2021 bis 2027 – verfügbaren Strukturförderungsmöglichkeiten der EU erschlossen werden, insbesondere durch den vorgesehenen neuen EU- Just Transition Fund. Die EU-Kommission organisiert für diese Initiative regelmäßige Dialogplattformen, auf denen neben der Vermittlung von Sachinformationen und Netzwerken zugleich ein fruchtbarer Erfahrungsaustausch über relevante aktuelle und frühere Projekte für den Wandel von Kohleregionen weg von der Kohle angeregt wird. Diese Initiative schließt natürlich auch die deutschen Kohleregionen ein und dabei anders als das nationale Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen ebenso die stillgelegten deutschen Steinkohlenreviere, die nach EU-Maßgabe weiter förderungswürdige Kohleregionen sind. Die bisherige Arbeit dieser Initiative demonstriert zugleich, dass die vorgenannten rohstofflichen Erwägungen aus dem Nachbergbau der Kohle auf nationaler Ebene genauso auf der EU-Ebene gelten. Da die neue nationale Rohstoffstrategie an verschiedenen Stellen die europäische Dimension und Zusammenarbeit besonders betont, gehört somit auch von daher der Nachbergbau in diesen Kontext (17).
- Nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch international sind der Nachbergbau und gerade der Nachbergbau der Kohlegewinnung ein Thema, das nicht nur jetzt schon in vielen Ländern bedeutsam ist, sondern noch an Bedeutung gewinnen wird, weil in den kommenden Jahrzehnten im Kohlebergbau weltweit mit zunehmenden Stilllegungen zu rechnen ist. Die globalen Tendenzen in der Umwelt- und Klimapolitik, aber auch die Entwicklungen auf den Energiemärkten und der technische Fortschritt im Kohleabbau selbst forcieren diesen Stilllegungsdruck (18). Mit einer Darlegung und eigenen Demonstration, wie das nachhaltig zu bewältigen ist, vermag Deutschland hier eine wirkliche Vorbildfunktion mit guten Praxisbeispielen zu geben. Eine internationale Vorreiterrolle wird ja für die deutsche Klimapolitik insgesamt angestrebt, was bisher allerdings nur sehr begrenzt gelungen und möglicherweise ein vermessener Anspruch ist, weil die hiesigen natürlichen Gegebenheiten und wirtschaftlichen Strukturen, die wesentliche Rolle der Industrie für unsere Volkswirtschaft und der in Deutschland erreichte hohe Lebensstandard wenig zum weltweiten Exempel taugen. Mit einer verstärkt auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Rohstoffpolitik, die einer gesicherten, bezahlbaren, sozialen und ökologischen Kriterien entsprechenden Rohstoffversorgung ebenso angemessen Rechnung trägt wie einem adäquaten Nachbergbau nach dem Ende der Rohstoff- und speziell der Kohlegewinnung, könnte eine solche exemplarische internationale Vorreiterrolle eher und überzeugender erreicht werden.
- Abschließend bedarf es wohl kaum noch einer Erläuterung, dass angesichts der heutzutage vielfältigen Akzeptanzprobleme für umweltbelastende ökonomische Aktivitäten nicht nur, aber auch im Bergbausektor die Akzeptanz für eine Rohstoffstrategie im Allgemeinen und für die heimische Rohstoffgewinnung im Besonderen erhöht würde, wenn sie von vornherein mit Konzepten für den Nachbergbau verknüpft werden. Wenn also klar ist, dass die Folgen jeglicher Rohstoffproduktion für Menschen und Umwelt auch nach deren Beendigung in sachgemäßer Weise beachtet und bearbeitet werden. Die neue nationale Rohstoffstrategie will erklärtermaßen die Akzeptanz für die Rohstoffgewinnung stärken, ein gesellschaftliches Verständnis für die Bedeutung von Bodenschätzen schaffen und das Rohstoffbewusstsein in der deutschen Öffentlichkeit verbessern. Dafür sollen die Zusammenhänge zwischen Rohstoffproduktion, der Vielzahl daraus entstehender Produkte des Alltags, der Infrastruktur und für Zukunftstechnologien, die damit verbundene Wertschöpfung, aber auch die realen Auswirkungen auf Umwelt und Klima öffentlich stärker dargestellt und vermittelt werden. Wirklich „rund“ kann dieser Ansatz aber nur werden, wenn auch der Nachbergbau thematisiert und einbezogen wird.
References/Quellenverzeichnis
References/Quellenverzeichnis
(1) Abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/1688860/8fc0065fec44576e75b8217f265bec2a/2019-11-06-bestandsaufnahme-data.pdf?download=1 ; ähnliche Aussagen finden sich in der Ende November 2019 vom BMWi vorgelegten überarbeiteten „Industriestrategie 2030“, die eine „Politik für mehr industrielle Wettbewerbsfähigkeit“ verspricht, dafür ein breites Themenspektrum anspricht und einen eigenen Abschnitt übertitelt (S. 17) „Rohstoffversorgung sichern und Kreislaufwirtschaft voranbringen“, in dem auf die in Arbeit befindliche Fortschreibung der Rohstoffstrategie verwiesen wird. Vgl. dazu auch die Einschätzung von C. Tutt: „Regierung will der Industrie den Nachschub sichern“ in der Wirtschaftswoche vom 8.11.2019.
(2) Die vorherige Rohstoffstrategie 2010 ist abrufbar etwa unter: http://www.rohstoffwissen.org/fileadmin/downloads/160720.rohstoffstrategie-der-bundesregierung.pdf
(6) Die letzte umfassende Bestandsaufnahme sowohl der direkten als auch der indirekten und induzierten volkswirtschaftlichen Produktions- und Beschäftigungseffekte der inländischen Rohstoffgewinnung wurde vor wenigen Jahren geleistet durch E. Hillebrand/EEFA-Institut: Branchenanalyse Rohstoffindustrie, Studie im Auftrag der Hans Böckler-Stiftung, Düsseldorf 2016.
(7) Vgl. https://fzn.thga.de
(8) Siehe etwa https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/nachhaltigkeitspolitik/ziele-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung-weltweit-355966
(9) VRB-Jahresbericht 2019, Berlin S. 22.
(10) Ebenda S. 24.f.
(11) Siehe dazu u. a. RAG: 1968-2018. Meilensteine. Erfolge. Perspektiven. Essen 2019, die Eigenpräsentation der RAG-Stiftung einschließlich der Angaben zu ihrer Satzung auf https://www.rag-stiftung.de und die internationale Einordnung des Stilllegungsprozesses des deutschen Steinkohlenbergbaus in: van de Loo, K.: Das Social Engineering der Stilllegungen von Kohlebergwerken – Weltbankreport, internationale Forschungslücken und Reflexionen aus deutscher Sicht. In: Mining Report Glückauf 155 (2019) Nr. 4, S. 394 – 412, insb. S. 408f.
(12) Zur Darstellung und Würdigung der Empfehlungen der Kohlekommission siehe van de Loo, K.: Der Kohleausstieg – ein energie- und regionalwirtschaftliches Abenteuer. In: Mining Report Glückauf 155 (2019) Nr. 2, S. 178 – 193.
(13) Siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen vom 23.9.2019, Bundestagsdrucksache 19/13398.
(14) Die beiden Ausnahmen sind die küstennahen Kommunen Wilhelmshaven und Rostock. Förderfähig nach § 12 Gesetzentwurf Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen als strukturschwache Standorte von Steinkohlekraftwerken, an denen der Steinkohlesektor eine erhebliche wirtschaftliche Relevanz besitzt, sind im Übrigen fünf Kommunen im Ruhrrevier – Duisburg, Gelsenkirchen, Hamm, Herne und Unna – sowie zwei im Saarrevier, hier der Regionalverband Saarbrücken und der Landkreis Saarlouis.
(15) Einen Überblick der „Entwicklung von innovativen und effizienten Wärmenutzungskonzepten unter Berücksichtigung der Bergbauinfrastruktur im Ruhrgebiet findet sich auf der an der Ruhr-Universität Bochum/Lehrstuhl für Energiesysteme und Energiewirtschaft eingerichteten Homepage „Grubenwasser-Ruhr“, abrufbar unter: https://www.gw-ruhr.rub.de; ein ähnliches Vorhaben in einer anderen Region wird mit dem deutsch-tschechischen Verbundprojekt GeoMAP der TU Freiberg und der TU Ostrava verfolgt, siehe https://tu-freiberg.de/fakult4/iwtt/ttd/geomap
(16) Siehe Saarbrücker Zeitung vom 20.11.2019: Der (Wasser-)Stoff, aus dem die Träume sind.
(17) Die EU-Kommission informiert über Anliegen und Arbeit dieser Initiative unter: https://ec.europa.eu/energy/en/topics/oil-gas-and-coal/EU-coal-regions/coal-regions-transition;
zuletzt wurde auf dem Annual Political Dialogue am 25./26.11.2019 in Görlitz/Sachsen eine Art Jahresbilanz der erreichten Fortschritte und Perspektiven gezogen.
(18) Ausführlicher begründet wird dies im Report der Weltbank „Managing Mine Closure: A Just Transition for All“ für die Weltklimakonferenz in Kattowitz im Dezember 2018, abrufbar unter: https://www.worldbank.org/en/topic/extractiveindustries/publication/managing-coal-mine-closure; vgl. dazu auch van de Loo, K.: Social Engineering…, a.a.O.