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Nutzung untertägiger Bergwerksinfrastruktur als Pumpspeicherkraftwerk

Pumpspeicherwerke sind eine gute Möglichkeit, elektrische Energie zu speichern. Normalerweise sind sie an größere Höhenunterschiede gebunden, sodass sie nur in bergigen Gegenden anzutreffen sind. Eine interessante Variante ist die Unterbringung mindestens des Unterbeckens im unterirdischen Raum. Hierfür gibt es die drei Varianten: Nutzung von stillgelegten Bergwerken, Nutzung von fördernden Bergwerken sowie Bau im unverritzten Gebirge. Die Studien für den Bau von Pumpspeicherwerken in stillgelegten oder fördernden Gruben werden vorgestellt und diskutiert. Für die Energiewende sind solche Pumpspeicherwerke unbedingt notwendig. Da sie zurzeit aber noch nicht wirtschaftlich errichtet werden können, ist die Politik hier gefordert, die Umsetzung voranzutreiben.

Autor: Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau der Technischen Universität (TU) Clausthal, Clausthal-Zellerfeld 

1  Einleitung

Die Windenergie hat in den letzten Jahren in Deutschland stark an Bedeutung gewonnen. Eine Besonderheit dieser Energie ist, dass sie verstärkt in den nördlichen und östlichen Ländern Deutschlands, vor allem den Küstenregionen erzeugt wird und eher im Westen und Süden benötigt wird. Darüber hinaus kann Windenergie nicht immer dann erzeugt werden, wenn ein Bedarf vorhanden ist. Langfristig muss also ein ausreichendes Speicher- und Transportkonzept vorhanden sein, um das Angebot der Windenergie dem Bedarf angleichen zu können. Benötigt werden Speicher für längerfristige Schwankungen im Wochen-, Monats- oder Jahresbereich sowie Speicher für kurzfristige Last- und Erzeugungsschwankungen. Für den ersten Fall konnten sich noch keine Technologien im großen Maßstab etablieren (1). Zu den kurzfristigen Speichern gehören u. a. auch hydrodynamische Pumpspeicherkraftwerke. Diese sind an größere Höhenunterschiede gebunden und bedürfen einer großen Fläche, was einen Eingriff in die natürliche Umwelt darstellt. Aus diesem Grund hat sich bereits im Jahr 2007 eine Forschergruppe am Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN), eine wissenschaftliche Einrichtung der Technischen Universität (TU) Clausthal, zusammengefunden, um weitere Lösungen für dieses Problem zu finden. Der Ansatz war, stillgelegte Bergwerke der Nachnutzung durch untertägige hydraulische Pumpspeicherkraftwerke zu unterziehen, um die durch Windenergie erzeugte elektrische Energie zu speichern. Beteiligt waren Experten aus den Bereichen Bergbau, Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Wirtschafts-, Sozial- und Rechtswissenschaften. In der Zwischenzeit haben am EFZN mehrere Tagungen mit einem transdisziplinären Dialog zum Thema „Pumpspeicher“ stattgefunden.

2  Untertägige Pumpspeicherkraftwerke

Fig. 1. Schematic sketch of underground pumped-storage power plant (1). // Bild 1. Prinzipskizze eines Pumpspeicherkraftwerks unter Tage (1).

Ein Pumpspeicherwerk arbeitet im Verbund mit Windkraftanlagen, indem es überschüssige, also gerade nicht verwertbare elektrische Energie, nutzt, um Wasser von einem niedrigen Niveau (Unterbecken) mittels Motor und Pumpe auf ein höheres Niveau (Oberbecken) zu pumpen (Bild 1). Die elektrische Energie wird in potentielle Energie des Wassers umgewandelt, wobei die gespeicherte Energie proportional zur Masse des Wassers und der Höhendifferenz ist. Wird elektrische Energie benötigt, wird das Wasser vom Oberbecken über eine Turbine in das Unterbecken zurückgeleitet und mit dem Generator Energie erzeugt. Üblicherweise erreichen heutige Pumpspeicherkraftwerke einen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 75 % (2).

Nutzt man nun untertägige Hohlräume, ist man nicht auf den Höhenunterschied durch Berge angewiesen. Mindestens das Unterbecken muss dann untertägig installiert sein. Außerdem ist die Belastung der Umwelt erheblich geringer, da weniger Fläche benötigt wird.

Grundsätzlich gibt es für untertägige Pumpspeicherkraftwerke drei Möglichkeiten (3):

  1. Pumpspeicherkraftwerke in stillgelegten Bergwerken,
  2. Pumpspeicherkraftwerke in aktiven Bergwerken und
  3. Pumpspeicherkraftwerke im unverritzten Gebirge.

Alle drei Varianten haben entsprechende Vor- und Nachteile, die im Folgenden diskutiert werden sollen. Grundsätzlich ist aber zu bedenken, je eher ein Hohlraum für ein Pumpspeicherwerk in die Planung eines Bergwerks einbezogen wird, desto preiswerter und nachhaltiger ist diese Lösung.

2.1  Pumpspeicher in stillgelegten Bergwerken

Ein ausführliches Projekt zu diesem Thema wurde am EFZN in Goslar im Jahr 2011 vorgestellt. Hierfür wurden alle alten Bergbauregionen Deutschlands untersucht und die Bergwerke auf ihre Eignung überprüft. Am meisten geeignet erschienen Erzbergwerke, da sie in geologisch stabilen Bereichen liegen und teilweise große Teufen aufweisen. Allerdings sind viele dieser Bergwerke schon sehr alt, sodass die Grubenbaue für ein modernes Pumpspeicherwerk kaum mehr uneingeschränkt nutzbar sind. Der Kali- und Salzbergbau bietet zwar große Grubenräume, kommt aber aufgrund der Löslichkeit der Lagerstätte nicht in Betracht. Hier ist der Einsatz von Süßwasser nicht möglich. Ein Einsatz von Laugen scheidet aufgrund des unterschiedlichen Kristallisationsverhaltens bei unterschiedlichen Temperaturen und der Maschinentechnik aus. Auch kann eine langzeitige Dichtheit und mechanische Stabilität der Grubenbaue nicht gewährleistet werden. Bergwerke des Spatbergbaus sind grundsätzlich wegen ihrer größeren Stabilität geeignet, werden aber meistens verfüllt, sodass keine größeren Hohlräume zur Verfügung stehen (1). Steinkohlenbergwerke bieten keine sicheren großen Resthohlräume. Diese müssten zusätzlich erschlossen werden. Außerdem ist das Steinkohlengebirge nicht dicht, sodass die für die Becken genutzten Hohlräume mit mehr oder weniger dichtem Ausbau versehen werden müssten. Weiterhin müssen die erforderlichen elektrischen Anlagen explosionssicher ausgeführt werden, was einem erheblichen Mehraufwand entspricht. Trotzdem befinden sich geeignete Bergbauregionen mit Bergwerken für Pumpspeicherkraftwerke hauptsächlich im Harz, Erzgebirge und Siegerland. Diese möglichen Bergwerke sind aber auch nur mit großem Aufwand für ein solches Projekt zu gebrauchen. Für das Projekt des EFZN wurde als Modellbergwerk u. a. das Verbundbergwerk Bad Grund näher betrachtet.

Die vorhandenen Strecken in dem alten Bergwerk kamen für ein solches Projekt nicht in Betracht, daher wurden sowohl ein neues Unter- als auch ein neues Oberbecken unter Tage in der Auffahrung vorgesehen. Diese wurden im Detail geplant und der Abtransport des Haufwerks bis auf die Halde simuliert. Eine Schachtsanierung war daher der erste Schritt, da entsprechende Maschinen für die untertägige Auffahrung gebraucht werden. Am einfachsten lässt sich ein Streckensystem von parallelen Strecken realisieren, da diese kostengünstig und gebirgsmechanisch in den geeigneten Bereichen aufgefahren werden können. Letztendlich spielt es für das Wasser keine Rolle, ob die Strecken gleich lang oder ggf. abgewinkelt sind. Entscheidend ist eine Entlüftung am Ende der Strecke, da bei ansteigendem Wasser die eingeschlossene Luft entweichen können muss. Dies kann einfach über Rohrleitungen gelöst werden. Die Streckenauffahrungen wurden mit dem Planungsprogramm VULCAN abgebildet und das Herein- und Herausströmen des Wassers wurde mit der Software ANSYS simuliert. Entscheidend ist eine größere, zentrale Strecke, die alle anderen verbindet. Die Simulation ergab, dass die Strömungsgeschwindigkeiten beherrschbar sind und maximal 3,7 m/s erreichen. Diese Studie, die im Wesentlichen von Forschern der TU Clausthal durchgeführt wurde, zeigte eindeutig die Machbarkeit des Projekts auf. Für das geplante Speichervolumen von 400 MWh bei einer Leistung von 100 MW konnten in der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung Investitionskosten von weniger als 2.000 €/kW aufgezeigt werden (1).

Eine andere Studie beschäftigt sich mit der Nutzung der unterirdischen Hohlräume im Bergwerk Prosper-Haniel für ein Pumpspeicherkraftwerk mit 200 MW (4, 5). Elf Partner aus fünf Einrichtungen, u. a. die Universität Duisburg-Essen und die Ruhr-Universität Bochum (RUB), haben im Zeitraum der Jahre 2012 bis 2014 die Machbarkeit eines solchen Projekts aufgezeigt. Es wurde gezeigt, dass bereits stillgelegte Anlagen des Steinkohlenbergbaus nicht geeignet sind und ein geschlossenes System einem offenen System, bei dem das Grubenwasser mit einbezogen wird, eindeutig vorzuziehen ist. Die Auffahrung des untertägigen Beckens würde mittels einer Vollschnittmaschine mit einem Durchmesser von 8 m hergestellt werden. Das Becken besteht in dieser Planung aus einer 16 km langen Ringstrecke, die mit massiven Beton-Tübbingen vollständig ausgebaut ist. Das Oberbecken liegt auf dem Gelände des heutigen Bergwerks, was die Kosten erheblich senkt. Als Zugänge dienen die noch offenen Schächte des Bergwerks. Die Investitionskosten werden mit bis zu 2.600 €/kW angegeben. Auch dieses Projekt scheint im Moment noch nicht wirtschaftlich umsetzbar zu sein.

Im Ausland wird ebenfalls über solche Projekte konkret nachgedacht. So werden z. B. in China etliche Bergwerke auf ihre Eignung als Pumpspeicherkraftwerke untersucht. Ein Beispiel eines Kupferbergwerks in der Provinz Yunnan nahe Kunming ist sehr erfolgversprechend, da das Bergwerk in den Bergen liegt und damit ein großer Höhenunterschied erreicht werden kann. Außerdem kann ein nahe gelegener Fluss teilweise umgeleitet werden und damit rein durch Laufwasser Energie erzeugen.

2.2  Pumpspeicherkraftwerke in aktiven Bergwerken

Eine weitere Studie der TU Clausthal hat ein mögliches Pumpspeicherkraftwerk im Bergwerk Wohlverwahrt-Nammen der Barbara Rohstoffbetriebe in Porta Westfalica aufgezeigt. Die Schichten haben ein Einfallen von rd. 20g nach Norden, sodass sich im Bergwerk ein für ein Pumpspeicherwerk ausreichender Höhenunterschied ergibt. Abgebaut wird im marin-sedimentären eisenoolithischen Horizont im unteren Korallenoolith. Die Hohlräume sind ausreichend groß für ein kleineres Pumpspeicherwerk mit Unter- und Oberbecken unter Tage. Das Pumpen des Wassers kann durch entsprechende Rohrleitungen erfolgen, die in die bereits aufgefahrenen quer verlaufenden Strecken verlegt werden können. Obwohl eine solche Anlage sehr geringer Investitionskosten bedürfte, konnte bisher kein interessierter Energieversorger gefunden werden. Eine Prinzipskizze zeigt Bild 2.

Fig. 2. Schematic sketch of a pumped-storage power plant at Wohlverwahrt-Nammen mine. // Bild 2. Prinzipskizze eines Pumpspeicherkraftwerks auf dem Bergwerk Wohlverwahrt-Nammen. Source/Quelle: Barbara Erzbergbau GmbH

2.3  Pumpspeicherkraftwerke im unverritzten Gebirge

Eine dritte Variante ist das Auffahren entsprechender Grubenräume für ein Unterbecken im unverritzten Gebirge. Dies hat mehrere große Vorteile. Erstens können die erforderlichen unterirdischen Räume dort aufgefahren werden, wo es das Gebirge unbedingt zulässt und zweitens können sie dort aufgefahren werden, wo die elektrische Energie erzeugt wird, nämlich in der Nähe der Windenergieparks. Nachteilig ist allerdings, dass entsprechende Schächte geteuft oder gebohrt werden müssen. Ein Oberbecken könnte übertägig gestaltet werden, wenn es aus Umweltgründen möglich ist. Damit müssten die Investitionskosten relativ überschaubar bleiben.

3  Bewertung

Alle drei Möglichkeiten der Realisierung von Pumpspeicherkraftwerken unter Tage sind als technisch machbar anzusehen. Die Kosten sind – wie bei jedem Tunnelbauprojekt auch – relativ schwer zu kalkulieren. Kostenüberschreitungen von 50 % gegenüber der geplanten Summe sind keine Seltenheit. Vielleicht liegt es daran, dass solche Projekte noch nicht realisiert wurden. Sicher ist allerdings, dass die Energiewende ohne solche Speicherprojekte nur schwer umsetzbar ist. Die Politik ist hier also in der Pflicht. Die Lagerstätte der Barbara Rohstoffbetriebe eignet sich z. B. hervorragend für ein solches Projekt sowohl in aktiven Bergwerken als auch in unverritzten Flächen. Solche Flächen, auch für ein größeres Projekt, sind dort ausreichend vorhanden.

Technisch ist das Pumpspeicherkraftwerk im unverritzten Gebirge eindeutig zu bevorzugen, da es direkt, oder zumindest in der Nähe der Windenergieparks gebaut werden kann. Das Nutzen von Grubenbauen geschlossener oder schließender Bergwerke hat natürlich Kostenvorteile, da die beiden erforderlichen Schächte nicht neu gebaut werden müssen. Andererseits kann eine Schachtsanierung für ältere, bereits geschlossene Bergwerke ebenfalls sehr teuer sein. Eine sinnvolle weitere Nutzung von Grubenbauen kann nur dann wirtschaftlich sein, wenn die geplanten Hohlräume schon bei ihrer Auffahrung entsprechend ausgestattet werden. Diese „Zusatzausstattung“ kann bei der Auffahrung mit geringen Mehrkosten möglich sein. Das Institut für Bergbau der TU Clausthal entwickelte bereits im Jahr 2013 das „blue mining“-Konzept, das eine Nachnutzung von Bergwerken bereits in der Planungsphase vorsieht (3, 6).

4  Ausblick

Konzepte und Studien liegen für untertägige Pumpspeicherkraftwerke in ausreichender Anzahl vor. Auch große Automobilkonzerne, die erhebliche Mengen an Energie benötigen, und Energieversorger haben solche Untersuchungen bereits durchgeführt. Die Machbarkeit in verschiedenen Horizonten wurde mehrfach nachgewiesen. Der nächste Schritt muss die Umsetzung eines solchen Projekts sein. Wenn die Wirtschaft hier zu vorsichtig ist, muss die Politik einspringen, denn sie verlangt die Umsetzung der Energiewende.

Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

(1) Beck, H.-P.; Schmidt, M. (Hrsg.); Langefeld, O. e.a.: Windenergiespeicherung durch Nachnutzung stillgelegter Bergwerke. Abschlussbericht des EFZN, Goslar; 31.08.2011; ISBN 978-3-942216-54-8.

(2) Giesecke, J.; Mosonyi,E.: Wasserkraftanlagen Planung, Bau und Betrieb. 5. Aktualisierte und erweiterte Auflage – Berlin; Springer 2009.

(3) Langefeld, O.; Kellner, M.: “Blue Mining” – The future of Mining. Proceedings 6th International Conference on Sustainable Development in the Minerals Industry, 30 June – 3 July 2013, Milos Island, Greece.

(4) Niemann, A. e.a.: Entwicklung eines Realisierungskonzeptes für die Nutzung von Anlagen des Steinkohlenbergbaus als unterirdi
sche Pumpspeicherkraftwerke – zusammenfassender Abschlussbericht. Förderkennzeichen 64.65.69-PRO-0039; gefördert durch NRW und EU.

(5) Niemann, A.; Balmes, J. P.; Schreiber, U.; Wagner, H.-J.; Friedrich, T.: Ein untertägiges Pumpspeicherwerk am Bergwerk -Prosper-Haniel in Bottrop – Sachstand und Perspektiven. Mining Report Glückauf (154), Heft 3/2018; S. 214 – 223.

(6) Langefeld, O., Binder, A.: Responsible Mining. Mining Report Glückauf (154), Heft 1/2018; S. 20 – 27.

Autor: Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau der Technischen Universität (TU) Clausthal, Clausthal-Zellerfeld 
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