Home » SafeMine – Doktorandenausbildung im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau

SafeMine – Doktorandenausbildung im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau

Moderne Bergbauunternehmen, welche attraktive und sichere Arbeitsbedingungen bieten möchten, brauchen zukünftig entsprechend ausgebildetes Führungspersonal. Aus diesem Grund arbeiten vier der führenden europäischen Bergbauuniversitäten mit Industriepartnern zusammen, um ein gemeinsames, koordiniertes Programm zur Doktorandenausbildung mit Fokus auf Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau ins Leben zu rufen. Die Forschungsthemen basieren dabei auf aktuellen, industrierelevanten Forschungsfragen und Herausforderungen. Dieses Programm, SafeMine, bietet einen ganzheitlichen und strukturierten Ansatz, um den zukünftigen Bedarf an hochqualifiziertem Führungspersonal für den europäischen Bergbausektor im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz auszubilden.

Autoren: Dipl.-Ing. Alexander Hutwalker, Angela Binder M. Sc., Prof. Dr. Oliver Langefeld, Clausthal University of Technology, Clausthal-Zellerfeld/Germany, Prof. Dr. Robert Galler, Montanuniversität Leoben, Leoben/Austria, Prof. Dr. Jan Johansson, Luleå University of Technology, Luleå/Sweden, Lucas Weimer M. Sc., Tobias Braun M. Sc., Prof. Dr. Bernd Lottermoser, RWTH Aachen University, Aachen/Germany

Ausgangssituation und Bedarf

In den letzten Jahrzehnten hat die europäische Bergbauindustrie die Arbeitssicherheit in ihren Unternehmen erfolgreich verbessern können. Die Unfallzahlen sinken konstant seit den 1980er Jahren und die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz finden immer mehr Berücksichtigung in den Leitbildern der großen Rohstoffunternehmen (1). Jedoch gibt es aktuell in Europa, wie auch weltweit, einen Mangel an gut ausgebildeten Bergleuten und Bergbauingenieuren (2). Die zur Zeit beschäftigte Belegschaft altert und die Unternehmen finden nicht ausreichend junge, qualifizierte Menschen, um die freien Stellenangebote zu besetzen. Die Jugendlichen, die nach der Schule dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, haben das alte Bild des Bergbaus im Kopf: Bergbau ist dunkel, dreckig und gefährlich und wird daher nicht als Karriereoption angesehen.

Die Industrie verfügt im Bereich der Rohstoffgewinnung über tiefes technisches Wissen und erstklassiges Engineering, ebenso wie umfassende Kenntnisse zur Gefährdungsbeurteilung im untertägigen Bergbau sowie im Tagebau. Jedoch ist die Kommunikation und Vermittlung der Ansprüche an junge Fachleute im modernen Bergbau für die Unternehmen eine Herausforderung. Daher ist es wichtig, dass diese sich damit beschäftigen, wie sichere und attraktive Arbeitsplätze im Bereich Bergbau aussehen sollten. Weiterhin müssen sie sich damit auseinandersetzen, wie die Abläufe und Arbeiten der eigenen Betriebe derart angepasst werden können, dass sie sicherer und damit attraktiver werden. Um einen größtmöglichen Erfolg zu erzielen, sollten diese Änderungen auf aktuellen Forschungsergebnissen in den Bereichen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau sowie Attraktivität von Arbeitsplätzen beruhen.

Aus diesen Überlegungen heraus initiierten vier der führenden europäischen Bergbauuniversitäten das Projekt SafeMine, welches durch das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT), eine unabhängige Einrichtung der EU, gefördert wird. SafeMine ist ein gemeinsames, strukturiertes Programm zur Doktorandenausbildung, welches hochqualifizierte Führungskräfte im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau für die europäische Bergbauindustrie ausbilden wird. Dabei wird besonders berücksichtigt, wie nach aktuellen Forschungsergebnissen ein modernes, sicheres und damit attraktives Bergwerk aufgebaut und organisiert sein sollte. Denn die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft sollte stets die höchste Priorität der Bergbauunternehmen haben.

Vorgehensweise, Umfang und Ziel von SafeMine

Fig. 1. Linkage of the Project Phase with the whole PhD-Programme. // Bild 1. Einordnung der Projektphase in das Gesamtkonzept.

Die Projektlaufzeit von zwei Jahren umfasst die Entwicklung und Vorbereitung des Doktorandenprogramms sowie den Start in der anschließenden Pilot-Umsetzungsphase (Bild 1). An dieser ersten Einführung des Programms werden vier Doktoranden, einer an jeder Partneruniversität, teilnehmen. Deren Forschungsthemen, auf welchen die anzufertigenden Dissertationsschriften basieren, werden in enger Zusammenarbeit mit den im Konsortium vertretenen Unternehmen ausgewählt, um sicherzustellen, dass sich die Teilnehmer mit aktuell relevanten Themen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Bergbau beschäftigen. Dazu wurde ein Advisory Board, bestehend aus einem Vertreter jedes Industriepartners, gegründet.

Das Ziel von SafeMine ist es, ein umfassendes, gemeinsames Doktorandenprogramm zu entwickeln. Dazu wird im Projekt in einem ersten Schritt der zukünftige Bedarf der Bergbauindustrie im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz identifiziert. Zu diesem Zweck wird eine umfassende Umfrage, entwickelt vom Projektkonsortium und spezifisch auf die Anforderungen des Projekts zugeschnitten, mit Unternehmen aus dem Bereich Bergbau und Bergbauzulieferer durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Umfrage, zusammen mit den Ergebnissen einer zeitgleich stattfindenden Recherche zu bereits existierenden Ausbildungsprogrammen in diesem Bereich, bilden die Grundlage für eine Gap-Analyse. Mit deren Hilfe wird der Bedarf an Ausbildungsinhalten der zukünftigen Führungskräfte analysiert und darauf angepasst ein Curriculum für SafeMine entwickelt. Die hierfür konzipierten Kurse sind die Grundpfeiler des neuen, anspruchsvollen und zukunftsorientierten Doktorandenprogramms zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Bergbau. Die Kurse werden jeweils an den unterschiedlichen Partneruniversitäten angeboten.

Während der ersten Umsetzungsphase des Programms wird je ein Kurs in Luleå/Schweden und einer in Leoben/Österreich stattfinden. Neben den vier Doktoranden der ersten SafeMine-Runde können weitere Doktoranden sowie Masterstudierende der Partneruniversitäten an den Kursen teilnehmen, um ein größeres Publikum zu erreichen. Dadurch werden den Kursteilnehmern nicht nur neues Wissen und neue Fähigkeiten vermittelt, die Teilnahme an den Kursen steigert auch die internationale Kommunikation und Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Neben den Teilnehmern des universitären Umfelds können auch interessierte Industrieangehörige, welche eine Fortbildung in diesen Bereichen anstreben, an den Kursen teilnehmen.

Neben den halbjährlichen Treffen der Doktoranden in den Workshops findet ebenfalls ein halbjährliches, internes Treffen des Konsortiums statt, um einen effizienten Ablauf und qualitativ hochwertige Inhalte in SafeMine garantieren zu können. Diese Treffen, an denen sowohl die universitären als auch industriellen Partner teilnehmen, finden an den unterschiedlichen Standorten der Konsortiumspartner statt.

In naher Zukunft werden weitere Informationen zu SafeMine über eine Website zur Verfügung stehen.

Konsortium

Das SafeMine-Konsortium ist ein Zusammenschluss von Partnern aus Forschung und Industrie unterschiedlicher regionaler und thematischer Herkunft, welche sich mit ihren Erfahrungen und Schwerpunkten ausgezeichnet ergänzen. Die Gründungsuniversitäten, die Technische Universität Clausthal (Deutschland), die Technische Universität Luleå (Schweden), die RWTH Aachen University (Deutschland) und die Montanuniversität Leoben (Österreich), sind vier renommierte Bergbauhochschulen aus drei europäischen Staaten.

Das Institut für Bergbau der Technischen Universität (TU) Clausthal bringt seine langjährigen Erfahrungen im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz unter Tage in das Projekt ein. Insbesondere liegt der Fokus auf den Gefährdungsbeurteilungen, der Staubunterdrückung und Bewetterung, außerdem der Notfallprävention und den Notfallmaßnahmen. Auch die Entwicklung und Einführung innovativer Lehr- und Lernkonzepte ist ein wichtiger Punkt in der Ausbildung an der TU Clausthal. Die Universität verfügt über diverse Labore für studentische Arbeit und Forschung, weiterhin besteht eine Kooperation mit dem Weltkulturerbe Rammelsberg in Goslar. Dieses ehemalige Bergwerk dient nach über 1.000-jähriger Produktion nun als Lehr- und Forschungsbergwerk der TU Clausthal (Bild 2).

Fig. 2. Historic Main Entrance of Clausthal University of Technology. // Bild 2. Historischer Haupteingang der Technischen Universität Clausthal. Photo/Foto: TU Clausthal

Die Technische Universität Luleå (LTU) ist eine der führenden technischen Hochschulen in Schweden mit einem Themenschwerpunkt im Bergbau. Das Team des Center of Advanced Mining and Metallurgy (CAMM), welches die LTU bei SafeMine repräsentiert, verfügt über langjährige Erfahrungen in der Ausbildung und Forschung in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Bergbauindustrie. Der Forschungsbereich umfasst dabei die gesamte Wertschöpfungskette, von der Erkundung von Lagerstätten über die Gewinnung und Verarbeitung bis zum fertigen Produkt. Weiterhin ist die Attraktivität von Arbeitsplätzen im Bergbau einer der zentralen Forschungsbereiche der LTU (Bild 3).

Fig. 3. Department of Business Administration, Technology and Social Sciences at Luleå University of Technology. // Bild 3. Department of Business Administration, Technology and Social Sciences an der Technischen Universität Luleå. Photo/Foto: Luleå University of Technology.

Die RWTH Aachen University ist eine der neun führenden technischen Hochschulen in Deutschland (TU9). Das bei SafeMine teilnehmende Institute of Mineral Resources Engineering (MRE) beschäftigt sich in seiner Forschung seit dem Jahr 1880 mit allen Aspekten rund um die Kernthemen Bergbau und Rohstoffe. Heute konzentriert sich das MRE auf die drei Forschungsfelder Analyse und Bewertung von Lagerstätten, effiziente Erschließung von Lagerstätten und deren nachhaltige Gewinnung sowie dem Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz im Bergbau unter sowie über Tage (Bild 4).

Fig. 4. Institute of Mineral Resources Engineering (MRE) at RWTH Aachen University. // Bild 4. Institute of Mineral Resources Engineering (MRE) an der RWTH Aachen. Photo/Foto: MRE, RWTH Aachen

Die Montanuniversität Leoben (MUL) ist eine technische Universität mit Forschung in den Feldern Bergbau, Metallurgie und Materialwissenschaften. Das Forschungs- und Lehrprofil der MUL konzentriert sich dabei auf die Wertschöpfungskette von der Lager-stättenerkundung über die Produktion bis hin zum Recycling der Endprodukte. Neben dem Department Mineral Resources Engineering, welches sich intensiv mit Forschung zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz im Bergbau beschäftigt, beteiligt sich auch der Lehrstuhl für Thermoprozesstechnik (TPT) an SafeMine. TPT trägt mit seiner Expertise in der Feuer- und Explosionsverhütung sowie im Notfallmanagement zu SafeMine bei. Gute Kontakte zur Industrie und Rettungsorganisationen sowie ein eigenes Sicherheits- und Verbrennungstechniklabor runden das Profil des TPT ab (Bild 5).

Fig. 5. R&D, training and education facility “Zentrum am Berg” (ZAB) of Montanuniversität Leoben. // Bild 5. F&E, Trainings- und Lehreinrichtung „Zentrum am Berg” (ZAB) der Montanuniversität Leoben. Photo/Foto: Subsurface Engineering, Montanuniversität Leoben

Neben den vier universitären Partnern umfasst das SafeMine Konsortium ebenfalls Industriepartner. Die drei Gründungspartner aus der Industrie sind Dräger Safety AG & Co. KGaA (Deutschland), AUVA – Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Österreich) und Boliden AB (Schweden). Diese Diversität des Konsortiums garantiert die Entwicklung eines umfassenden Doktorandenprogramms mit aktuellen, industrierelevanten Themen und Forschungsschwerpunkten im Umfeld der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes im Bergbau.

Das SafeMine KickOff-Meeting fand im ersten Halbjahr 2018 an der TU Clausthal statt. In lebhaften und engagierten Diskussionen an zwei Tagen legten die teilnehmenden Partner den Grundstein für ein erfolgreiches und einmaliges Programm zur Doktorandenausbildung.

Ausblick

Die Förderung des EIT umfasst die zweijährige Entwicklungs- und Pilot-Einführungsphase von SafeMine. Diese Phase dient auch der Evaluierung des Konzepts und bietet noch die Möglichkeit zu kleineren Änderungen. Fällt die Bewertung des Projekts positiv aus, werden das Programm fortgeführt und weiterhin jährlich zwei Workshops für die Doktoranden an wechselnden Standorten durchgeführt. Nach einer Dauer von drei Jahren sollten die Teilnehmer ihre Forschungen abschließen und das SafeMine-Ausbildungsprogramm mit der Promotion beenden. Weiterhin ist angedacht, im Fall einer Fortführung des Programms die halbjährlich angebotenen Workshops als offene Online-Kurse (Massive Open Online Courses – MOOC) zu gestalten, um ein größeres, globales Publikum zu erreichen.

Unabhängig von der Entscheidung über die Fortsetzung des SafeMine-Programms wird den ersten vier teilnehmenden Doktoranden selbstverständlich ermöglicht, ihre Promotion fortzusetzen – auch bei einer möglichen Einstellung des Programms.

Im Fall einer positiven Bewertung des Programms wird eine Verstetigung von SafeMine als finanziell und wissenschaftlich nachhaltiges Ausbildungsprogramm angestrebt. Weiterhin strebt das Konsortium in diesem Fall ein EIT-Labeling für SafeMine an, um die Einzigartigkeit und den wissenschaftlichen Nutzen dieses Programms zu unterstreichen.

Ihr Unternehmen ist interessiert, als Industriepartner dem Konsortium beizutreten? Bitte melden Sie sich bei einem der Autoren für weiterführende Informationen!

Sie sind Student in einem Masterstudiengang und interessieren sich für die SafeMine-Doktorandenausbildung? Bitte schreiben Sie den Autoren, um laufend informiert zu bleiben!

Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis

(1) Shooks, M.; Johansson, B.; Andersson, E.; Lööw, J. (2014): Safety and Health in European Mining. Luleå University of Technology.

(2) Jamasmie, C. (2013): Mining industry to solve lack of skilled workers with technology: study. Hg. v. mining.com. Online verfügbar unter www.mining.com/mining-industry-to-solve-lack-of-skilled-workers-with-technology-study-68927, zuletzt geprüft am 27.07.2018.

Autoren: Dipl.-Ing. Alexander Hutwalker, Angela Binder M. Sc., Prof. Dr. Oliver Langefeld, Clausthal University of Technology, Clausthal-Zellerfeld/Germany, Prof. Dr. Robert Galler, Montanuniversität Leoben, Leoben/Austria, Prof. Dr. Jan Johansson, Luleå University of Technology, Luleå/Sweden, Lucas Weimer M. Sc., Tobias Braun M. Sc., Prof. Dr. Bernd Lottermoser, RWTH Aachen University, Aachen/Germany
Online_Abonnement