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SICHERHEIT 7.0 – 7 Goldene Regeln für VISION ZERO

Industrie 4.0 – Mining 4.0: das haben Sie vielleicht schon gehört? Diese Schlagwörter bedeuten die nächste Stufe industrieller Produktion. Internet und Produktionstechnologien wachsen zusammen. Maschinen kommunizieren untereinander, egal, wo sie gerade stehen. „Das Internet der Dinge“ ist der zugehörige Begriff. Was aber meint SAFETY 7.0? Das ist neu und traditionell zugleich.

Auch hier geht es um Erfolg von Unternehmen, um effiziente Produktion. Aber es geht um mehr: es geht um unser Leben und um unsere Gesundheit – also um das höchste Gut auf dieser Welt. Was genau SAFETY 7.0 bedeutet, wofür die Zahl 0 steht und wofür die Zahl 7 und was das alles mit Bergbau zu tun hat, das wird im nachfolgenden Beitrag erläutert.

Autor:
Dipl.-Ing. Helmut Ehnes, Generalsekräter der International Section on Prevention in the Mining Industry (ISSA Mining), Bochum, und Leiter Prävention der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), Langenhagen

Bergbau ist ein faszinierendes Unterfangen. Bergbau ist unverzichtbar für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes, ob es nun um Infrastruktur, Energieversorgung oder um Rohstoffe für die industrielle Produktion geht. Aus dem Bergbau kommen viele technologische Entwicklungen und Innovationen, die heute alltäglich in unserem Leben anzutreffen sind. Bergbau ist beeindruckend, großartig und fasziniert die Menschen immer wieder durch die gewaltigen Dimensionen. Bergleute in aller Welt arbeiten aber noch immer schwer und sind daher in besonderer Weise miteinander verbunden – im Bergbau ist einer für den anderen da, man muss sich aufeinander verlassen können. Das schweißt zusammen.

Auf der anderen Seite gehören Bergbau und Unglücke zur Normalität in den Medien und damit auch in unserer Wahrnehmung. Nahezu täglich ereignen sich irgendwo auf der Welt Arbeitsunfälle und Katastrophen im Bergbau, in Steinbrüchen oder in Rohstoffbetrieben – oftmals mit schwersten Verletzungen für die betroffenen Bergleute oder sogar tödlichem Ausgang und damit dramatischen Konsequenzen für die Familien der Verunglückten. Ob in China, Indien, Russland oder irgendwo in Afrika, Asien oder Amerika – zumeist passiert es nicht vor unserer Haustür oder gar in der Nachbarschaft. Deshalb nehmen wir im täglichen Konzert der Negativschlagzeilen die meisten dieser Katastrophen gar nicht mehr wahr und haken sie unter der Überschrift „Nichts Besonderes“ ab, weil es tagtäglich schrecklichere Nachrichten über Kriege, Bürgerkriege, Hungersnöte oder Umweltkatastrophen gibt.

Anders wird es erst, wenn die Zahl der Toten dramatisch ist, wenn wir persönlich betroffen oder nah dran sind oder wenn wir bei Rettungsaktionen live dabei sein können. In Europa haben zuletzt vor allem diese drei Bergbauunglücke Medienresonanz erzeugt:

  • das Grubenunglück von San José/Chile in der Atacama-Wüste, bei dem im August 2010 in dem Kupfer- und Goldbergwerk 33 Bergleute infolge eines Bergschlags in 700 m Tiefe eingeschlossen wurden und in einer dramatischen Rettungsaktion 69 Tage später gerettet werden konnten,
  • das Unglück am 1. Oktober 2013 im thüringischen Kaliwerk Unterbreizbach/Deutschland mit drei Toten aufgrund eines gewaltigen Kohlendioxidausbruches und
  • das jüngste Bergbauunglück im Mai 2014 in Soma/Türkei mit 301 toten und 85 verletzten Bergleuten aufgrund eines Grubenbrandes in einem Braunkohlenbergwerk.
Fig. 1. Zero is within grasp. This is the experience of both smaller and larger companies when they integrate VISION ZERO into theircompany culture.Bild 1. Die Null ist greifbar: Das erleben kleine wie große Betriebe, wenn sie VISION ZERO in ihre Unternehmenskultur integrieren. Photo / Foto: BG RCI

Fig. 1. Zero is within grasp. This is the experience of both smaller and larger companies when they integrate VISION ZERO into theircompany culture.Bild 1. Die Null ist greifbar: Das erleben kleine wie große Betriebe,
wenn sie VISION ZERO in ihre Unternehmenskultur integrieren.
Photo / Foto: BG RCI

Diese schrecklichen und dramatischen Ereignisse stellen aber natürlich nur die Spitze des legendären Eisbergs dar. Tagtäglich ereignen sich auch in Ländern, in denen die Arbeitssicherheit einen hohen Entwicklungsstand einnimmt, noch immer Arbeitsunfälle im Bergbau, teilweise mit schweren Gesundheitsfolgen. Im Durchschnitt der letzten Jahre werden z. B. in Deutschland jährlich etwa zehn Arbeitnehmer im Bergbau und in der Rohstoffindustrie bei Arbeitsunfällen tödlich verletzt. International gibt es keine genauen statistischen Zahlen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) in Genf/Schweiz schätzt aber, dass weltweit jedes Jahr über 300.000 Arbeitsunfälle mit Todesfolge eintreten und über zwei Millionen Menschen infolge von Berufskrankheiten sterben. Für den Bergbau wird vermutet, dass das Risiko für einen tödlichen Arbeitsunfall weltweit etwa achtfach höher liegt als es der Anzahl der Arbeitsplätze in diesem Industriezweig entsprechen würde. Betroffen sind nicht nur große Bergbaubetriebe, sondern vor allem auch Bergbau von kleinen und mittleren Unternehmen oder illegaler Bergbau, der in vielen Ländern noch immer anzutreffen ist.

Sollen wir uns also gemäß dem Motto „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ mit dieser Situation abfinden? Welche Konsequenzen kann man ziehen und vor allem wie kann man die Situation verbessern?

Prävention im Bergbau = humanitäre Verpflichtung für Jeden

Sicher werden wir uns in der zivilisierten Welt schnell einig, dass es keine Diskussion darüber geben darf, ob man Menschenleben und Gesundheit bewahren muss. Es ist die soziale und humanitäre Pflicht jedes Entscheidungsträgers, das Menschenmögliche zu tun, um Arbeitsunfälle und Erkrankungen mit allen geeigneten Mitteln zu verhindern. In der Pflicht sind in erster Linie die Unternehmer, die Vorstände und die Führungskräfte in allen Ebenen der Unternehmen. In der Pflicht sind aber auch die anderen sogenannten „Stakeholder“, also die Vertreter der Gewerkschaften, der Regierungen und Ministerien, der Aufsichtsorgane, der Forschungs- und Bildungseinrichtungen und sogar jeder einzelne Arbeitnehmer im Bergbau.

Prävention im Bergbau = zugleich ökonomische Notwendigkeit

Erfreulicherweise verbreitet sich inzwischen die Einsicht mehr und mehr, dass es nicht nur sozial ist, in Sicherheit zu investieren, sondern auch ökonomisch geboten ist. Grubenschließung, Produktionsstillstand, Qualitätsprobleme, enorme Unfallfolgekosten, Sachschäden, Akzeptanzprobleme, Fachkräftemangel oder schlechtes Image des einzelnen Unternehmens sowie der gesamten Branche sind nur einige der Stichworte, die hierzu genannt werden müssen. Die ILO geht sogar davon aus, dass weltweit durch unsichere Arbeitsbedingungen, Unfälle und Erkrankungen 4 % der Wirtschaftsleistung verloren gehen, in manchen Ländern sogar bis zu 10 %. Also Gründe genug, um jetzt zu handeln!

Was machen erfolgreiche Unternehmen anders?

Die Sektion Bergbau der Internationalen Vereinigung für soziale Sicherheit hat sich in den letzten Jahren intensiv mit der Frage befasst, welche Empfehlungen man geben kann, um die Arbeitssicherheit und den Schutz der Gesundheit der Beschäftigten im Bergbau zu gewährleisten. Im Rahmen der Analyse wurde auch untersucht, was „sichere“ Bergbauunternehmen von „unsicheren“ unterscheidet.
Die Analyse ergab, dass erfolgreiche Ansätze von systematischer Arbeitssicherheitsarbeit weit in die Geschichte zurückreichen.

Im Jahr 1799 schiffte sich Eleuthère Irénée du Pont für die Überfahrt in die USA ein, wo er sich in Wilmington, Delaware, unweit von Philadelphia niederließ. Im Juli 1802 investierte er 36.000  $ in die Gründung einer Schwarzpulvermanufaktur an den Ufern des Flusses Brandywine, die 18 Mitarbeiter beschäftigte. DuPont Schwarzpulver ebnete Wege für Straßen und Eisenbahnen und spielte schnell eine wichtige Rolle bei Aufbau und Expansion der noch jungen USA. Schon früh musste DuPont die schmerzliche Erfahrung machen, dass die Produktion von Schwarzpulver nicht ungefährlich war. Am 19. März 1818 zerstörte eine Explosion große Teile des Standortes. Unter den 36 Todesopfern befanden sich auch Freunde des Firmengründers. Als Konsequenz aus diesem Vorfall verankerte DuPont damals seine nach wie vor führende Sicherheitsphilosophie in der Unternehmenskultur. Als wesentliche Elemente verpflichtete er seine Manager, ihrer Verantwortung gerecht zu werden, indem er anordnete, dass sie ihre Wohnung auf dem Firmengelände in unmittelbarer Nähe der Pulvermühlen nehmen mussten – aus heutiger Sicht eine drastische, aber wirksame Maßnahme. Außerdem verankerte er die ersten Sicherheitsregeln und investierte in sicherere Produkte und sichere Produktionstechnik. DuPont gilt damit als Vater der Vision Zero Strategie, die noch heute wegweisend ist und Maßstäbe gesetzt hat.

Diesem Beispiel sind inzwischen schon viele Unternehmen, auch im Bergbau, gefolgt und haben bewiesen, dass es möglich ist, mit der richtigen Strategie und den richtigen Maßnahmen auch in einem durch hohes Risikopotential geprägten Metier die Anzahl der Arbeitsunfälle systematisch und kontinuierlich zu reduzieren, indem man der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit Vorrang gibt. Gute Beispiele gibt es aus vielen Ländern, z. B. aus Kanada, Chile oder auch aus Deutschland. Herausragend ist das Beispiel der RAG Aktiengesellschaft, Herne, im deutschen Steinkohlenbergbau, wo man in der Lage war, seit den 1960er Jahren die Anzahl der tödlichen Arbeitsunfälle von mehreren Hundert pro Jahr auf Null zu senken und die Unfallquote auf heute 4,1 meldepflichtige Arbeitsunfälle je eine Million Arbeitsstunden zu reduzieren. Damit ist der deutsche Steinkohlenbergbau wesentlich sicherer als die gesamte gewerbliche Wirtschaft in Deutschland (Unfallquote 15,5/1 Mio. Ah) und der sicherste Bergbau der Welt. Das Know-how der RAG Aktiengesellschaft ist mittlerweile international gefragt.

VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit! – Die neue globale Präventionsstrategie von ISSA Mining

Aufgrund der langjährigen Erfahrungen in der Beratung der Bergbauunternehmen und auf der Basis vielfältiger Diskussionsprozesse hat der Vorstand von ISSA Mining im Jahr 2012 beschlossen, die neue globale Präventionsstrategie der Sektion unter das Leitmotiv „VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit!“ zu stellen und zukünftig alle Präventionsangebote und Maßnahmen hieran auszurichten.

Fig. 2. Efficient prevention is an ongoing cycle of finely meshed measures. It is stimulated by transparent communication in a company. Bild 2. Effiziente Prävention ist ein stetiger Kreislauf eng verzahnter Maßnahmen. Transparente Kommunikation im Unternehmen treibt ihn an. Source / Quelle: ISSA Mining

Fig. 2. Efficient prevention is an ongoing cycle of finely meshed measures. It is stimulated by transparent communication in a company. Bild 2. Effiziente Prävention ist ein stetiger Kreislauf eng verzahnter Maßnahmen. Transparente Kommunikation im Unternehmen treibt ihn an. Source / Quelle: ISSA Mining

Die Präventionsstrategie „VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit!“ transportiert eine klare Botschaft. Sie geht davon aus, dass durch geeignete präventive Maßnahmen eine Arbeitswelt im Bergbau und in der mineralgewinnenden Industrie erreicht werden kann, bei der niemand bei der Arbeit getötet oder so schwer verletzt wird bzw. erkrankt, dass er lebenslange Schäden davonträgt. „VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit!“ bedeutet nicht „Null Risiko bei der Arbeit“. Wie im ganzen Leben sind auch bei der Arbeit, vor allem im Bergbau, Risiken nicht zu vermeiden – sie müssen aber durch geeignete Maßnahmen soweit reduziert werden, dass Verletzungen und Erkrankungen vermieden werden. Dabei hat es sich bewährt, die Ableitung von Maßnahmen insbesondere auf die vier Handlungsfelder „Sichere und gesunde Technologie“, „Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsplatzumgebung“, „Kompetenz und Beteiligung von Menschen“ und „Klare Regelsetzung“ auszurichten. Die Orientierung auf tödliche und schwere Arbeitsunfälle bedeutet aber nicht, dass Bagatell-Unfälle oder auch Beinahe-Unfälle nicht im Fokus stehen sollen. Vielmehr zeigt die Erfahrung, dass auch diese Ereignisse positiv beeinflusst werden können, wenn sich die präventiven Maßnahmen in den Unternehmen zunächst auf die schwerwiegenden Fälle konzentrieren, weil das Thema Prävention damit die nötige Akzeptanz findet und ins Tagesgeschäft Eingang findet.

7 Goldene Regeln: Erprobt und akzeptiert zur betrieblichen Umsetzung

Bald nach Bekanntwerden von „VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit!“ wurden Anfragen an die Sektion herangetragen, wie man denn nun auf betrieblicher Ebene vorgehen solle, um sich dem ehrgeizigen Ziel von VISION ZERO zu nähern. Jede Strategie ist nur so gut wie sie in den Unternehmen verstanden wird, wie sie durch die Führungskräfte verinnerlicht werden kann und wie sie sich im Tagesgeschäft handhabbar umsetzen lässt. Hierzu benötigt man überschaubare Bausteine, die sich schrittweise im Betrieb realisieren lassen. Als Ergebnis der einzelnen Entwicklungsschritte und vielfältiger Abstimmungen mit Führungskräften, Vorständen, Bergbauexperten und mit Präventionsexperten wurden schließlich sieben einfache Regeln zur Umsetzung von „VISION ZERO. Sicherer Bergbau weltweit!“ herausdestilliert, die nach Einschätzung aller Stakeholder alle Facetten einer erfolgreichen Präventionsstrategie abdecken und die sich in Betrieben jeder Größenordnung umsetzen lassen: die 7 Goldenen Regeln.

Goldene Regel Nr. 1: Übernehmen sie Führung – zeigen sie Flagge!

Diese Empfehlung nimmt das Management in die Pflicht. Wenn seitens des Unternehmers oder des Vorstands nicht klar signalisiert wird, welchen Stellenwert die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz im Unternehmen haben und was von Führungskräften aller Ebenen, aber auch von den Beschäftigten erwartet wird, verpuffen alle weiteren Maßnahmen. Es muss deutlich werden, dass Sicherheit die moralische Pflicht aller ist und als Unternehmenswert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Dabei verbleibt die Verantwortung letztlich beim Vorstand und den Führungskräften – sie kann nicht auf Experten delegiert werden. Zwar ist es sicher sinnvoll, im Unternehmensleitbild aufzuschreiben, dass Sicherheit im Zweifel Vorrang vor Förderung hat. Bedeutsamer aber ist es, dies glaubwürdig zu leben. Sicherheit sollte daher erster Tagesordnungspunkt bei allen Sitzungen sein, das Top-Management muss sich seiner Vorbildwirkung bewusst sein und die Regeln strikt einhalten und dies auch persönlich bei unsicherem Verhalten einfordern.

Goldene Regel Nr. 2: Ermitteln sie systematisch alle Risiken und Gefahren!

In diesem Zusammenhang sollten mindestens zwei Wege beschritten werden: zum Einen fällt immer wieder auf, dass es noch immer viele Unternehmen gibt, die über das tatsächliche Arbeitsunfall- und Erkrankungsgeschehen nur unzureichend Kenntnis haben. Um diese Informationsquelle optimal zu nutzen, muss man z. B. sicherstellen, dass alle Ereignisse erfasst und gemeldet werden, möglichst auch Beinahe-Unfälle. Eine zu den wahren Ursachen führende Unfalluntersuchung gehört ebenso dazu wie eine Klassifizierung oder der Vergleich mit anderen.

Die zweite Facette dieser Regel ist die umfassende Gefährdungsbeurteilung. Hier geht es darum, alle Risiken und Gefährdungen systematisch, vollständig und regelmäßig zu ermitteln, hinsichtlich ihrer Bedeutung zu beurteilen, geeignete Kontrollmaßnahmen festzulegen und die Umsetzung und Befolgung der Maßnahmen zu überwachen. Besonders wichtig ist es, die Gefährdungsbeurteilung regelmäßig fortzuschreiben, die Bergleute selbst zu beteiligen und auch die „weichen“ Faktoren, wie z. B. psychische Belastungen einzubeziehen. Bei den ausgewählten Schutzmaßnahmen muss die richtige Rangfolge beachtet werden: Es ist besser, die Gefahr durch Änderung des Arbeitsverfahrens zu eliminieren oder einen gefährlichen Stoff durch einen ungefährlichen zu ersetzen, als den Beschäftigten die Benutzung persönlicher Schutzausrüstung vorzuschreiben bzw. verhaltensbedingte Maßnahmen zu treffen.

Goldene Regel Nr. 3: Erstellen sie ein Programm zur Verbesserung der Sicherheit und setzen sie sich überprüfbare Ziele!

Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip bringen nichts. Sie sollten Prioritäten setzen und Schwerpunkte auswählen, um zu vermeiden, dass ihre Investitionen verpuffen. Wichtig ist es, die Beschäftigten selbst und ihre Interessenvertreter von Anfang an mit einzubinden. Die Maßnahmen sollten die Handschrift des Unternehmens tragen und authentisch sein, umso glaubwürdiger und wirksamer sind sie. Gute innerbetriebliche Kommunikation ist – wie auch bei allen anderen Regeln – ein bedeutender Erfolgsfaktor. Auch hat es sich bewährt, Präventionsmaßnahmen in betriebliche Kampagnen mit Wiedererkennungswert einzubetten. Nicht jede Maßnahme muss mühevoll selbst erdacht werden – oftmals erleichtert die Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern, z. B. mit der Unfallversicherung, mit Industrieverbänden oder mit Fachverbänden, die Sache.

Goldene Regel Nr. 4: Sorgen sie für eine wirksame ­Arbeitsschutzorganisation!

Da die meisten Arbeitsunfälle bei tiefgreifender Ursachenforschung nicht etwa auf technische Ursachen zurückzuführen sind, sondern auf organisatorische Mängel, muss einer klaren Organisation besondere Bedeutung beigemessen werden. Dies umfasst unter anderem Themen wie Übertragung von Unternehmerpflichten, klare Regelung der Verantwortungsbereiche, Sicherstellung der erforderlichen Kompetenzen, regelmäßige Sicherheitsgespräche und Unterweisung, Erste Hilfe für den Notfall, Sicherheit bei Beschaffung neuer Technik, Einbeziehung von Fremd- oder Partnerfirmen. Eine gute Dokumentation ist hier besonders wichtig. Am besten ist es, ein Arbeitsschutz-Managementsystem zu etablieren und dessen Wirksamkeit ggf. durch ein externes Audit überprüfen zu lassen.

Goldene Regel Nr. 5: Setzen sie nur sichere gesundheitsgerechte Technik ein!

Regel Nr. 5 bezieht sich auf den Bereich „Sichere und gesundheitsgerechte Maschinen, Produktionsanlagen, technische Ausrüstung, Arbeitsplatzgestaltung und auch persönliche Schutzausrüstung“, also auf die sogenannte Verhältnisprävention. Am besten ist es, Risiken für die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz bereits bei der Anlagenplanung und bei der Neuanschaffung zu berücksichtigen und möglichst durch Auswahl geeigneter Technik zu vermeiden oder die erforderliche Sicherheitstechnik von vornherein vorzusehen. Zu berücksichtigen ist auch die Rangfolge der Schutzmaßnahmen: technische Lösungen sind organisatorischen Lösungen überlegen. Als letztes Mittel kommen persönliche Maßnahmen, z. B. die Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstungen, in Betracht. Regel Nr. 5 geht aber auch davon aus, dass hin und wieder Kompromisse bei sicherheitstechnischen Lösungen gefunden werden müssen, weil technische Lösungen mit hohen Investitionen verbunden sein können. Kompromisse können aber nur eingegangen werden, wenn gleichwertige organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen greifen.

Goldene Regel Nr. 6: Investieren sie in gute Ausbildung und sorgen sie für Kompetenz der Beschäftigten!

Sichere Technik alleine wird wirkungslos bleiben, wenn die Beschäftigten nicht mit ins Boot geholt werden und beteiligt werden. Dies bedeutet zunächst einmal, sich als Bergbauunternehmen systematisch um die Qualifikation seiner Arbeitnehmer zu kümmern und sicherzustellen, dass die erforderliche Kompetenz, auch im Arbeitsschutz, vorhanden ist, gefördert wird und weiter ausgebaut wird. Gerade im Bergbau ist es unverantwortlich, Bergleute in die Gruben zu schicken, die das Metier nur im Rahmen einer Kurzausbildung oder gar nicht gelernt haben. Kompetenz bedeutet aber auch, sich systematisch und kontinuierlich um Weiterbildung zu kümmern. Investieren sie in die Kompetenz ihrer Beschäftigten – es lohnt sich in jeder Hinsicht.

Goldene Regel Nr. 7: Investieren sie systematisch in Beteiligung und Motivation der Belegschaft!

Last but not least einige Worte zu Regel Nr. 7, die sicherlich eine der wichtigsten ist und sich ebenfalls mit den Beschäftigten befasst. Wenn es darum geht, Beschäftigte vom Einzelkämpfer zu einem guten Team zu führen, das Potential des Einzelnen zu nutzen und ein Bewusstsein für Sicherheit bei der Arbeit zu entwickeln, ist eines der wirksamsten Prinzipien „Partizipation“! Machen sie Betroffene zu Beteiligten! Übertragen sie Verantwortung auf die Individuen. Fragen sie ihre Beschäftigten nach deren Ideen und Beobachtungen, denn oft kennen die Arbeitnehmer kritische Situationen ganz genau und wissen, was sicher ist und was unsicher. Diesen Schatz gilt es zu heben. Das hat viel mit guter Führung, guter Kommunikation und mit einer guten Unternehmenskultur zu tun.

Fig. 3. Good technology is protective - such as this excavator ladder designed in an exemplary manner. Bild 3. Gute Technik schützt – etwa ein solch vorbildlich gestalteter Bagger-Aufstieg. Photo / Foto: BG RCI

Fig. 3. Good technology is protective – such as this excavator ladder designed in an exemplary manner. Bild 3. Gute Technik schützt – etwa ein solch vorbildlich gestalteter Bagger-Aufstieg. Photo / Foto: BG RCI

Fazit und Ausblick

Inzwischen wurde SAFETY 7.0, also VISION ZERO und die 7 Goldenen Regeln in vielen Kontinenten im Rahmen von Beratungsgesprächen oder Sicherheitskonferenzen zur Diskussion gestellt. Durchgängig gelobt werden die Klarheit, die Nachvollziehbarkeit und die Verständlichkeit der Strategie für sicheren Bergbau und das klar strukturierte überzeugende Maßnahmenpaket. ISSA Mining bietet zu VISION ZERO und zu den 7 Goldenen Regeln inzwischen umfassende Beratung für Mitglieder der Sektion. Die Grundzüge von VISION ZERO können auch im Rahmen eines dreitägigen Seminars vermittelt werden. Zusätzlich gibt es weiterführende Informationen mit Umsetzungsempfehlungen, Fakten und Guter Praxis zu jeder Regel. Checklisten – die sogenannten Checkpoints – erleichtern die systematische Implementierung.

Es ist geplant, zu jeder Regel vertiefende Checks für die einfache betriebliche Umsetzung zu entwickeln, die sich insbesondere an die Zielgruppe der kleinen und mittleren Bergbauunternehmen richten. Des Weiteren werden ab 2015 Regionalkonferenzen zu VISION ZERO und 7 Goldene Regeln in verschiedenen Kontinenten geplant, die unter der Federführung der regionalen Repräsentanten von ISSA Mining stattfinden werden. Besonders erfreulich ist, dass inzwischen bereits erste Arbeitgeberverbände im Bergbausektor, beispielsweise die Chamber of Construction in Chile, die Strategie für eigene Initiativen übernommen haben und auch andere Sektionen der IVSS Interesse an VISION ZERO zeigen. Des Weiteren haben die Mitglieder der Bergbau Sektion am 28. Und 29. August 2014 im Rahmen eines Strategieworkshops gemeinsam über weitere Umsetzungsinitiativen beraten und den neuen Arbeitsplan der Sektion beschlossen.

All dies lässt uns positiv in die Zukunft blicken: Es geht darum, weltweit deutlich zu machen, dass wirksame Prävention eben nicht nur eine soziale und humanitäre Pflicht ist, sondern eine sinnvolle Investition in die Zukunft des weltweiten Bergbaus und für den Erfolg jedes einzelnen Unternehmens. Fazit: ZERO is possible – NULL Unfälle ist möglich.

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