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SOMP 2018 – Grußwort der RAG Aktiengesellschaft

Fig. 1. RAG CEO Peter Schrimpf presented the role of his company to international guests. // Bild 1. Der RAG-Vorstandsvorsitzende Peter Schrimpf stellte den internationalen Gästen die Rolle seines Unternehmens vor. Photo/Foto: THGA

Es ist mir eine Ehre, Sie alle zur 9. Regionalkonferenz der Society of Mining Professors (SOMP) an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) bei uns in Bochum begrüßen zu dürfen. Als Vorsitzender des Hochschulrats dieser renommierten Universität möchte ich Ihnen an dieser Stelle für Ihr Kommen und noch mehr für Ihren Willen danken, Ihr geschätztes Wissen mit uns zu teilen (Bild 1).

Im Lauf der über 250 Jahre des Abbaus von deutscher Steinkohle hat sich Deutschland zu einem Vorreiter in Sachen Bergbautechnologie entwickelt. Nun, die Ära des Steinkohlenbergbaus in Deutschland endet mit Ausklingen des Jahres 2018. Dies ist daher ein historisches Treffen, zu welchem wir uns hier versammelt haben, denn wir stehen an der Scheide von produzierendem Bergbau zu Nachbergbau. Angesichts der zahlreichen technologischen Errungenschaften, die bis hierhin erzielt wurden, stehen unter dem Thema „Technological Footprints of German Hard Coal Mining“ eben diese bei dieser Konferenz im Vordergrund. Wir geben damit unser Vermächtnis ab und den Stab symbolisch an Sie alle weiter – Sie, als die internationale Repräsentanz des Bergbaus (Bild 2).

Fig. 2. Internationally networked: approximately 105 industry experts from all over the world together. // Bild 2. International vernetzt: An der THGA kamen rd. 105 Branchenexperten aus aller Welt zusammen. Photo/Foto: THGA

Wir werden uns aber nicht nur mit der Vergangenheit auseinandersetzen, sondern auch mit der Zukunft: In Deutschland wurden über 10 Mrd. t Kohle gefördert. Das Land ist auf Kohle gewachsen, die Kohle hat das Land zu dem gemacht, was es heute ist – eine der erfolgreichsten Wirtschaften der Welt. Der deutsche Bergbau ist allgemein bekannt für seine Innovationen, sein Verantwortungsbewusstsein und seine Sozialverträglichkeit. Diese Konferenz wird das innovative Potential der Branche ganz deutlich in den Vordergrund stellen. Und Sie, liebe Experten, sind herzlich eingeladen, unsere Themen lebhaft zu diskutieren.

Als Vorstandsvorsitzender der RAG Aktiengesellschaft und gerade wegen meiner langjährigen Erfahrung im Bereich Personal, möchte ich die Bereiche Verantwortungsbewusstsein und Sozialverträglichkeit noch einmal gesondert aufführen. Zu Hochzeiten war die RAG mit fast 600.000 Mitarbeitern größter Arbeitgeber in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Saarland. Der Bergbau hat ganze Regionen geformt. Der Erfolg beruhte nicht einzig auf Technologien, sondern auch auf den Menschen, die im Betrieb selbst ausgebildet und weitergebildet wurden. Besonders Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sind hier elementare Bestandteile gewesen.

Die RAG hat seit ihrer Gründung im Jahr 1969 über 100.000 junge Menschen ausgebildet und somit einen gewissen Personalbedarf intern selbst gedeckt. Demnach konnten die erfolgreich Ausgebildeten in der Regel übernommen werden. Die Ausrichtung der Ausbildungsberufe wurde dabei regelmäßig den aktuellen betrieblichen Entwicklungen angepasst. Das duale Ausbildungssystem, wie es bei uns in Deutschland üblich ist, garantierte dabei die ideale Verknüpfung von praktischen – erlernt am Arbeitsplatz – und theoretischen – erlernt in den Berufsschulen – Fähigkeiten. In enger Zusammenarbeit mit den Hochschulen und insbesondere der THGA, wurden Ingenieure für die höheren Laufbahnen ausgebildet. Darüber hinaus bestanden Möglichkeiten der Kombination von Ausbildung und Studium, für Teilzeitstudien, Praktika und Abschlussarbeiten.

Der näher rückende Ausstieg aus der Steinkohle brachte die RAG zuletzt aber in eine völlig neue Situation. Es galt nun, Personal sozialverträglich abzubauen. Der Rahmen hierfür wurde vom Management vorgegeben und in enger Abstimmung mit den Angestellten, dem Betriebsrat und den Gewerkschaften umgesetzt. Gemeinsam gelang es, den Personalstamm ohne betriebsbedingte Kündigungen von 30.000 im Jahr 2007 auf inzwischen rd. 3.420 zu reduzieren. Bis zum Jahr 2022 soll der Personalabbau mit dann noch verbleibenden 466 Mitarbeitern abgeschlossen sein.

Der Personalabbau wurde besonders durch die Möglichkeiten zum Vorruhestand und das Wechseln zwischen Betrieben oder Abteilungen sozialverträglich möglich. Gleichzeitig haben wir Wege in andere Branchen für unser jüngeres Personal aufgezeigt, dem die RAG selbst keine Zukunft mehr bieten konnte. Unterstützung bei der Jobsuche sowie -auswahl und gezielte Umschulungen halfen unseren Kollegen, andere Wege zu beschreiten. Ich selbst freue mich, auf viele Beispiele zurückblicken zu können, in denen wir unseren ehemaligen Kollegen den Einstieg in neue Karrieren ermöglicht haben.

Unabhängig von der Karrierestufe wurde und wird das Thema Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bei der RAG behandelt, denn dies geht alle etwas an. In den frühen Jahren der Industrialisierung war die Arbeit im Kohlenbergbau, gelinde gesagt, extrem gefährlich. Mit dem Fortschreiten der Technologieentwicklung sank die Zahl der Arbeitsunfälle. Mitte der 1990er Jahre waren es nur noch 60 Unfälle je eine Million Arbeitsstunden, und dennoch wurde das als viel zu viel angesehen und eine weitere Verbesserung der Situation angekündigt. Das Thema Arbeitssicherheit wurde als grundlegendes Unternehmensziel als ähnlich wichtig definiert, wie der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens.

Der innovative technologische Prozess im Bergbau verbesserte sowohl die Effizienz als auch die Sicherheit in den Betrieben. Die Unfallquoten sanken weiter. Der letzte tödliche Arbeitsunfall hatte sich im Jahr 2012 ereignet und die vorläufige Unfallzahl für das Jahr 2018 liegt bei 2,4 Ereignissen je eine Million Arbeitsstunden.

Dass wir trotz bereits sehr niedriger Unfallzahlen eine weitere Verbesserung erreichen konnten, macht uns stolz und zufrieden, insbesondere im Angesicht des Ausscheidens aus der Kohle. Wir hätten uns nämlich genauso gut damit entschuldigen können, dass bald ohnehin alles zu Ende gehen würde, doch ganz im Gegenteil dazu haben wir unsere Bemühungen verstärkt und Arbeitssicherheit auf die Tagesordnung gebracht. Wichtig war es dabei, den Blick für die Sicherheit am Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Es war eine Herausforderung, die weiter schrumpfende und alternde Belegschaft entsprechend zu motivieren, gerade weil für viele der Blick in die Zukunft ungewiss war. Die etablierten Programme wurden um neue Formate ergänzt, wie beispielsweise die Fünf-Minuten-Sicherheitsgespräche.

Die RAG ist Teilnehmer des bekannten Programms VISION ZERO, welches hier von der BG RCI betreut wird und ein allgemein unfallfreies Arbeiten anstrebt. Darüber hinaus hat die RAG ein völlig neuartiges und preisgekröntes System etabliert, bei dem der Mitarbeiter selbst im Fokus steht. Die Gefahren beim alltäglichen Arbeiten werden dabei in den Vordergrund gerückt. Wir ermutigen jeden, die Entwicklung und Ausführung neuer Maßnahmen mitzugestalten. Denjenigen, die letztlich die harten Arbeiten ausführen, Wertschätzung entgegenzubringen, ist gleichermaßen Schlüssel zum Erfolg, wie verbesserte Technologien selbst.

Als Kind einer Bergbaufamilie und schließlich selbst als Bergmann darf ich sagen, dass ich mit der Bergbauwelt mitfühle, jetzt, da die deutsche Steinkohle nur noch Geschichte sein wird. Doch lassen Sie mich Mut machen, denn das Ende der Kohle bedeutet nicht das Ende unserer Bemühungen. Es gibt noch einiges zu erreichen!

Der Bergbau hat ohne Zweifel Spuren hinterlassen und wird uns auch nach der Schließung der letzten Zeche mit seinen Ewigkeitslasten immerwährend beschäftigen: die optimierte Führung der Grubenwässer zur Entlastung der Flüsse, der Dammbau zur Verhinderung von Versumpfung oder Überschwemmungen, die Behandlung von Gruben- und Grundwasser, die Aufbereitung von kontaminierten Böden, Halden etc. All diese Aufgaben erfordern innovative und nachhaltige Technologien und einen aktiven und offenen Umgang mit Behörden und der Öffentlichkeit. Daher werden wir weiter den Weg des Fortschritts und des Dialogs gehen, um schließlich einen ökologischen, nachhaltigen und sozialverträglichen Nachbergbau zu ermöglichen. Gleichsam wollen wir die Welt an unserem Fortschritt teilhaben lassen – für mehr Effizienz, mehr Nachhaltigkeit und mehr Sicherheit weltweit.

Zuletzt möchte ich Prof. Kretschmann und seinem Team meinen ganz besonderen Dank für die hervorragende Organisation dieser Veranstaltung aussprechen. Ich möchte uns alle ermutigen, diese besondere Zusammenkunft als Gelegenheit zu nutzen, lebhaft über die Entwicklungen der Vergangenheit zu diskutieren und zugleich ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass der Weg des Fortschritts längst nicht bis zum Ende gegangen ist.

Glück auf!

Peter Schrimpf
Vorsitzender des Vorstands,
RAG Aktiengesellschaft, Essen

 

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