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Systematische Umfrage zur Erfassung der Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau

Die Gleichstellung der Geschlechter bleibt ein kritisches Thema im Bergbau, insbesondere in Deutschland, wo die Herausforderungen, mit denen Frauen konfrontiert sind, oft unzureichend erfasst sind. Diese Studie hat zum Ziel, diese Herausforderungen sowie den aktuellen Stand der Geschlechtergerechtigkeit unter weiblichen Fachkräften im Bergbau systematisch zu bewerten. Das Ziel ist es, ein erstes Verständnis für die Fragen der Geschlechtergerechtigkeit in diesem Kontext zu gewinnen und umsetzbare Maßnahmen zur Verbesserung zu formulieren. Mittels einer Umfrage unter rd. 60 Frauen im Bergbau wurden Erfahrungen und Perspektiven gesammelt und quantitativ und qualitativ analysiert. Die Daten wurden durch strukturierte Online-Interviews gesammelt, die sich auf verschiedene Aspekte geschlechtsspezifischer Einschränkungen, Motivation und Vorbilder konzentrierten. Die Ergebnisse zeigen signifikante Barrieren für die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen, einschließlich sexualisierter Gewalt, Diskriminierung in Bewerbungsverfahren, ungleicher Chancen für Führungspositionen und männlich zentrierter Ausrüstung in der körperlichen Arbeit. Trotz dieser Herausforderungen zeigten viele Befragte Resilienz und intrinsische Motivation, oft inspiriert von erfolgreichen weiblichen Vorbildern in der Branche. Die Studie bietet konkrete Strategien für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um die Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau zu fördern, und skizziert praktische, theoretische und politische Implikationen zur Förderung gleicher Chancen im Sektor.

Authors/Autor:innen: Dr.-Ing. Angela Binder, Mareike Schubert M.Sc., Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau, Technische Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld

Hintergrund und Zielsetzung

Die Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau ist ein wichtiges und aktuelles Thema, das sowohl die akademische Forschung als auch die industrielle Praxis betrifft. Die Herausforderungen von Frauen im Bergbau sind im Einzelfall bekannt, jedoch selten systematisch dargestellt. Verschiedene Studien fokussieren sich hierbei auf eher lokale Gruppen wie südafrikanische Bergwerke (1), spezielle Länder oder Regionen wie beispielsweise Ghana (2, 3, 4), Zambia (5), Schweden (6), oder Brasilien (7). Der Fokus der Studien schwankt zwischen weiblichen Bergleuten und Personen im Management. Es werden folgende Herausforderungen identifiziert: physische Einschränkungen und unzureichende persönliche Schutzausrüstung, Beschäftigungsbeschränkungen wegen Schwangerschaft und Stillzeit, Vorurteile und Widerstand von männlichen Kollegen, Diskriminierung und Sexismus, begrenzte Aufstiegschancen aufgrund unbewusster Vorurteile und mangelnder Mentorschaft, unzureichende Unterstützung für Mutterschaft und Kinderbetreuung, historische und rechtliche Barrieren wie Arbeitsverbote für Frauen, mangelnde weibliche Vorbilder und geringe Sichtbarkeit in Führungspositionen sowie die Notwendigkeit, die Attraktivität von Bergbaukarrieren für Frauen zu erhöhen.

Den europäischen (mit Ausnahme von Schweden) und insbesondere den deutschen Raum bilden diese Studien nicht ab. Daher besteht die Notwendigkeit speziell in dieser Gruppe eine Befragung durchzuführen. Ziel ist die Erfassung eines initialen Eindrucks der Situation besonders in Deutschland zu Geschlechtergerechtigkeit und Herausforderung, um daraus Maßnahmen abzuleiten. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde eine systematische Befragung entwickelt und durchgeführt. Der vorliegende Beitrag stellt die Ergebnisse dieser Befragung vor und bietet einen Einblick in den aktuellen Stand der Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau.

Forschungsmethodik

Als Methode wurde ein voll teilstandardisiertes Interview mit einer internetgestützten Beantwortung über die Plattform LimeSurvey gewählt. Der Fragebogen wurde nach der SPSS-Methode (Sammeln, Prüfen, Sortieren, Subsummieren) entwickelt. Die Kriterien für die Fragen wurden durch eine formale Prüfung sowie eine Sichtung des Interviews durch Dritte bewertet. Für die Sortierung wurde ein Aufbau in drei Schritten aus generierendem Einstieg, systematischen Hauptteil und einer offenen Abschlussfrage am Ende gewählt. Als Zielstellung und besondere Aspekte wurden die Vielfalt der Befragten, die Identifikation von Herausforderungen und Vorbildern sowie die zeitliche Einschränkung sowie das System selbst identifiziert. Daher wurde der Fragebogen zweisprachig auf Deutsch und Englisch bereitgestellt, wobei zwischen den Sprachen gewechselt werden konnte.

Nach dem Subsummieren wurde der Fragebogen entwickelt, der aus fünf Bereichen besteht. Im ersten Teil werden grundlegende demografische Informationen erfasst, wie Alter, Geburtsland, Ausbildungsland, aktuelles Arbeitsland (falls berufstätig), beruflicher Status (Arbeit, Arbeitsort, Studium), Elternschaft und Studienfach. Diese Informationen dienten der Einordnung und Beschreibung des Datensatzes. Ziel des zweiten Teils ist es, individuelle Eindrücke zu sammeln. Die offenenen Fragen zielen auf Einschränkungen und Herausforderungen in Ausbildung und Beruf, die mit dem Geschlecht zusammenhängen, die Motivation besonders bei Schwierigkeiten sowie auf Vorbilder als Frau im Bergbau ab. Im dritten Teil werden geschlossene Fragen gestellt, die sich auf sechs verschiedene Punkte beziehen, welche aus den Ergebnissen anderer Studien abgeleitet wurden. Diese Fragen prüfen, ob die Person Einschränkungen erfahren hat oder sich der Problematik bewusst ist. Des Weiteren wird nach Ausschluss von Arbeitstätigkeiten aufgrund von Geschlecht bzw. Schwangerschaft/Mutterschaft gefragt. Abschließend zu diesem Block werden die Teilnehmenden befragt, ob sie intern oder extern mangelnden Respekt aufgrund ihres Geschlechts erfahren haben und ihre Expertise nicht anerkannt wurde. Es besteht die Möglichkeit, sich ergänzend zu den Antworten in Freitextform zu äußern, um Details zu Erfahrungen bzw. Kenntnissen zu schildern. Im vierten Teil steht die Frage „Was kann und sollte Ihrer Meinung nach jeder einzelne Mitarbeiter im Bergbau tun, damit mehr Geschlechtergerechtigkeit erreicht wird?“, wobei im englischen das Geschlecht zusätzlich angemerkt wird. Abschließend haben die Befragten die Möglichkeit, Anmerkungen und Ergänzungen zu machen.

Nach der Umsetzung und Test in LimeSurvey wurden über E-Mail und soziale Medien (Instagram/ LinkedIn) Frauen im Bergbau aufgerufen, ihre Erfahrung zu teilen und die Umfrage weiterzuleiten. Hierbei wurde klargestellt, dass mit „Frauen im Bergbau“alle Frauen gemeint sind, die im Bereich der Rohstoffgewinnung tätig sind, sei es in der Aufbereitung, im Bergbauingenieurwesen, in der Geologie oder in anderen verwandten Bereichen. Die Umfrage lief vom 06. Juni bis zum 30. Juli 2024 und wurde anonymisiert durchgeführt, um die Privatsphäre der Teilnehmerinnen zu schützen. Angesichts der relativ kleinen Gemeinschaft im Bergbau könnten dennoch potentiell Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden. Daher hatten die Teilnehmerinnen die Freiheit, Fragen nach eigenem Ermessen zu beantworten und mussten nicht alle Fragen ausfüllen, um an der Umfrage teilzunehmen. Die erhobenen Daten wurden streng vertraulich behandelt.

Zur Auswertung wurden nur abgeschlossene Umfragen berücksichtigt. Die Datensätze wurden zunächst gesichtet und angeglichen. Hierbei wurden Länder in der Schreibweise vereinheitlicht und Studiengänge in 13 Gruppen zusammengefasst. Neben einer deskriptiven Analyse zur Beschreibung des Datensatzes wurden die geschlossenen Fragen quantitativ über MS Excel analysiert. Die Ergebnisse der offenen Fragen wurden gesichtet, qualitativ mit einem LLM (hier gpt-4o) in einem geschützten Raum analysiert und die Ergebnisse durch Vieraugensichtung validiert und spezifiziert.

Ergebnisse der Befragung

Aus der Befragung ergibt sich ein Datensatz mit den Angaben zur Person sowie ihren Angaben zu den vorgestellten Fragen. Im folgenden Abschnitt wird zunächst die Charakteristik der antwortenden Personen vorgestellt und in einem weiteren Abschnitt auf die Ergebnisse eingegangen.

Datensatzbeschreibung und -analyse

Insgesamt absolvierten 67 Personen die Umfrage vollständig. Vier Personen gaben ein männliches Geschlecht an. Diese Antworten finden im Folgenden keine Berücksichtigung. Die folgenden Daten beziehen sich auf die 63 weiblichen Personen, die geantwortet haben. Eine nicht-binäre Geschlechtsidentität wurde von keiner Person angegeben.

Im Durchschnitt wurden die Befragten im Jahr 1985 geboren. Bild 1 zeigt die Verteilung der Jahrgänge in 10er Klassen. Der Fokus der befragten liegt hierbei zwischen 1975 und 1994 mit rd. 71 % der Befragten. Die Personen decken eine Spanne von 62 bis 22 Jahren ab.

Fig. 1. Distribution of birth years in decadal intervals. // Bild 1. Verteilung der Geburtsjahrgänge in 10er Intervallen.

Die Gruppe der Antworten besteht zum weit überwiegenden Teil aus vollzeitarbeitenden Frauen (76 %). 13 % der Befragten geben an, in Teilzeit zu arbeiten. Einzelne Personen sind selbstständig tätig (2) oder arbeitsuchend (1). 17 % der Befragten studieren, von diesen arbeiten je drei in Voll- bzw. Teilzeit und eine Person kombiniert die Vollzeittätigkeit mit einer Selbstständigkeit.

In Bezug auf ihre Tätigkeit gaben drei Personen eine Elternschaft an. Je eine Person kombiniert dieses mit einer Vollzeit-, Teilzeit- bzw. Studientätigkeit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass mehr Befragte Kinder haben.

Die Gruppe der Antwortenden ist sehr deutsch geprägt, was durch das Geburtsland, das Ausbildungsland und auch das Arbeitsland gezeigt wird. Gleichzeitig zeigt sich auch eine gewisse Breite. Insgesamt werden 22 verschiedene Länder angegeben. 33 % der Antwortenden sind in einem deutschen Staat geboren. Mehr als eine Person geben folgende Geburtsländer an: Vereinigte Staaten (8), Kanada und Großbritannien (je 4), Kroatien, Iran und Kenia (je 3), Österreich und Ghana (je 2).

In Bezug auf den Ausbildungsort machen über 70 % der Befragten Angaben zu Schul-, Bachelor- / Vordiplom und Master / Diplom. Von 23 Befragten wird eine Angabe zum Promotionsstudium gemacht. Die Antwortenden sind fast ausschließlich Akademikerinnen. 70 % der Befragten wechselten das Ausbildungsland nicht. Rund ein Viertel wurde in zwei Ländern ausgebildet, drei bzw. eine Person(en) in drei bzw. vier Ländern. Insgesamt wurden 27 verschiedene Länder genannt, wobei der Schwerpunkt neben Deutschland auf Europa und Nordamerika liegt.

In Bezug auf die Studienfächer zeigt sich die Vielfalt des Bergbaus in Tabelle 1: Neben dem klaren Fokus im Bergbau nahmen viele Personen mit einem geowissenschaftlichen Studium sowie Ingenieurinnen teil.

Table 1. Named fields of study. // Tabelle 1. Studienbereiche der Befragten.

Auf Basis der ehemaligen und aktuellen Arbeitsorte kann aufgezeigt werden, aus welchen Bereichen der Welt die Befragten Erfahrungen einbringen können. Insgesamt wurden 38 Länder und zwei Regionen genannt. Wie Bild 2 zeigt, ist neben dem Fokusbereich Deutschland eine Vielzahl von Regionen berücksichtigt.

Fig. 2. Countries of employment history (past and present). // Bild 2. Länder der beruflichen Tätigkeit (aktuell und in der Vergangenheit).

Der Datensatz repräsentiert Akademikerinnen in einer breiten Altersspanne aus mehr als 20 Ländern, die im Bergbau arbeiten oder Bergbau studieren. Die durchschnittliche Teilnehmerin ist vor 38 Jahren in Deutschland geboren, hat ihre Ausbildung bis zum Master / Diplom auch in Deutschland absolviert und arbeitet jetzt in Deutschland. Neben dieser gibt es viele weitere individuelle Biographien von Frauen, die ihre Erfahrungen eingebracht haben. Daher kann man von einem internationalen Datensatz mit einem speziellen Fokus auf den deutschen Bergbau sprechen.

Analyse der Antworten

Wie bereits beschrieben, wurden in der Befragung Daten zu drei Teilbereichen erfasst, welche auch die Struktur der Ergebnisvorstellung bestimmen.

Einschränkungen, Herausforderungen und Motivation: Qualitative Ergebnisse

Im Teil der offenen Fragen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, in drei Fragen zu Einschränkungen, Herausforderungen, Motivation und Vorbildern Antworten in Freitextform zu geben. Aufgrund des starken Fokus auf Deutschland findet jeweils eine Einordnung der Antworten der Personen statt, die ausschließlich in Deutschland gearbeitet haben.

Auf die Frage nach geschlechtsspezifischen Einschränkungen und Herausforderungen wurden die Antworten sieben Kategorien zugeordnet:

  1. Sexismus und Diskriminierung – (27 Nennungen),
  2. Mangel an Unterstützung und Anerkennung – (19 Nennungen),
  3. Boy’s Club Culture / männlich dominiertes Umfeld – (10 Nennungen),
  4. ungleiche Chancen und Bezahlung – (10 Nennungen),
  5. Vereinbarkeit mit familiärer Verantwortung – (7 Nennungen),
  6. körperliche Stärke und Herausforderungen – (6 Nennungen) und
  7. Mobbing und Belästigung – (6 Nennungen).

Die Personen mit rein deutscher Arbeitserfahrung erwähnten doppelt so häufig Herausforderungen in den Bereichen 5, 6 und 7. In den anderen Bereichen liegt eine ähnliche Häufigkeit vor.

In der Kategorie „Sexismus und Diskriminierung“ werden Geschlechtsdiskriminierung am Arbeitsplatz, bestimmte Vorurteile in Einstellungsprozessen, unpassende Kommentare und Witze über Geschlechter, ungerechte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, Bezeichnungen wie „bossy“ und andere Stereotype, Schwierigkeiten des Managements, mit einer Frau zusammenzuarbeiten, Kommentare, die das Geschlecht als Problem ansprechen, professionelle Unterschätzung von Frauen, offensichtliche Missachtung der Perspektive von Frauen bei Besprechungen und voreingenommene Annahmen über die Fähigkeiten von Frauen erwähnt. Beispielsweise wurde berichtet, dass Frauen im Beruf sexuelle Belästigung und Diskriminierung erfahren haben. Einige Arbeitgeber waren zögerlich, Frauen aufgrund geschlechtsspezifischer Vorurteile einzustellen, und bevorzugten männliche Kandidaten. Frauen wurden oft mit unangebrachten Kommentaren und Witzen konfrontiert, die ihre Fähigkeiten und ihren Platz im Beruf in Frage stellten.

In der Kategorie „Mangel an Unterstützung und Anerkennung“ werden sowohl Beispiele für eine mangelnde materielle Unterstützung, wie die Bereitstellung von passender Arbeitskleidung, persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Hygieneartikel sowie Infrastruktur (Umkleiden, Toiletten) als auch für mangelnde persönliche Unterstützung genannt. Im zweiten Bereich reicht die Spanne von der Verweigerung der Einstellung, über das Ignorieren von Kompetenz und Meinung sowie die abfälligen Kommentare und das Übersehen der Person. Diese Punkte knüpfen stark an die Kategorie des männlich dominierten Arbeitsfelds an. In diesem Bereich wird die Mentalität eines Herrenklubs mit Stereotypen bemerkt sowie die soziale Exklusion und die patriarchale Ausrichtung.

An diesem Punkt schließen auch die Äußerungen zu Mobbing und Belästigung an. Mehrfach wird hier sexuelle Belästigung genannt. Auf „betrieblicher Ebene“ bestehen der Gender-Paygap sowie ungleiche Beförderung und Verantwortungsübergabe. Herausforderungen durch geringe Kraft und Größe werden von wenigen Personen benannt, wobei dies gleichzeitig mehr als Denkeinschränkungen durch andere und ein überwindbares Problem kommentiert wird.

In der Kategorie „Vereinbarkeit mit familiärer Verantwortung“ wird besonders häufig die Schwierigkeit durch Mutterschaft, insbesondere in Bezug auf Schwangerschaft und Mutterschutz/Elternzeit, gesehen, die eine zusätzliche Last durch Betreuungsorganisation und Einschränkungen in der Beschäftigung und Berücksichtigung für Aufgaben bewirkt.

Zusammengefasst erweisen sich geschlechtsspezifische Einschränkungen und Herausforderungen im Arbeitsumfeld als vielschichtig und betreffen verschiedene Aspekte von Diskriminierung, mangelnder Unterstützung, ungleichen Chancen und kulturellen Hindernissen.

Auf die Frage nach der Motivation insbesondere in schwierigen Situationen wurden die Antworten acht Kategorien zugeordnet:

  1. persönliche Motivation und innerer Antrieb (13 Nennungen),
  2. sich beweisen / Trotz (8 Nennungen),
  3. Veränderung bewirken (8 Nennungen),
  4. Unterstützung anderer (6 Nennungen),
  5. Vorbilder (5 Nennungen),
  6. Arbeitszufriedenheit und berufliche Erfüllung (3 Nennungen),
  7. Glaube und Überzeugung (3 Nennungen) und
  8. Kinder und Familie (2 Nennungen).

Auffällig ist, dass in der Gruppe der Personen mit nur deutscher Berufserfahrung die Kategorien 1 und 3 doppelt bzw. 1,5x so häufig genannt wurden, während es keine Nennung in den Kategorien 5, 6 und 7 gibt.

In der Kategorie „Persönliche Motivation und innerer Antrieb“ äußerten viele, dass sie ihren persönlichen Ehrgeiz und die Freude daran, Herausforderungen zu überwinden, als besonders motivierend empfinden. Aussagen wie „Geht nicht gibt es nicht“ und „Der Ausblick, die Schwierigkeit überwunden zu haben und es „abhaken“ zu können“ zeigen eine starke innere Triebkraft. Mehrfach wurde auch betont, dass der individuelle Ehrgeiz und das Selbstbewusstsein durch das Bewältigen von Schwierigkeiten gestärkt wurden.

In der Kategorie „Sich beweisen / Trotz“ wurde häufig der Wunsch genannt, sich selbst und anderen zu beweisen, dass sie genauso fähig sind wie ihre männlichen Kollegen. Aussagen wie „Ich bin genauso gut wie die Männer, allerdings musste ich es beweisen“ und „Männern zu beweisen, dass man Dinge doch kann“ verdeutlichen diesen Antrieb. Diese Antworten zeigen, dass negative Erfahrungen als Ansporn dienen können, um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und Vorurteile zu entkräften.

In der Kategorie „Veränderung bewirken“ heben viele die Motivation hervor, positive Veränderungen zu bewirken und ein Vorbild zu sein. Aussagen wie „Mit anderen Personen zu sprechen und aufzuzeigen, wo das System Grenzen und Probleme hat“ sowie „Die Fähigkeit, Veränderungen zu schaffen“ verdeutlichen den Wunsch, das Umfeld zu verbessern und bestehende Barrieren zu überwinden.

In der Kategorie „Unterstützung anderer“ wird der Zusammenhalt und die Unterstützung durch Kolleg:innen und Familie als bedeutender Motivationsfaktor beschrieben. Aussagen wie „der enge Zusammenhalt der wenigen Frauen im Bergbau“ und „when the people around me don’t make me feel like I should do less or can’t work as well as men“ zeigen, dass Unterstützung von außen hilft, Herausforderungen besser zu meistern.

Die weiteren Kategorien waren ebenfalls präsent, wenn auch in geringerer Häufigkeit. Diese Antworten unterstreichen individuelle Quellen der Inspiration und Zufriedenheit, die im beruflichen Alltag motivieren. Kinder und Familie wurden in einigen Fällen auch als bedeutsamer Antrieb genannt, besonders im Hinblick darauf, ein besseres Umfeld für zukünftige Generationen zu schaffen.

Zusammengefasst erweisen sich die verschiedenen Motivationsquellen in schwierigen Situationen als vielschichtig mit einem besonders starken Fokus auf persönlicher Motivation und innerem Antrieb. Darüber hinaus spielen der Wunsch, positive Veränderungen zu bewirken, sich zu beweisen sowie die Unterstützung durch andere eine wesentliche Rolle, wobei die Bedeutung dieser Kategorien bei Personen mit rein deutscher Arbeitserfahrung besonders ausgeprägt ist.

Auf die Frage nach den Vorbildern als Frau im Bergbau wurden die Antworten acht Kategorien mit teilweise mehreren Unterpunkten zugeordnet. Die Subsummierung für die einzelnen Kategorien ist in Tabelle 2 aufgeführt, wobei zusätzlich die Zuordnung für die Gruppe der Personen mit reiner Arbeitserfahrung in Deutschland ausgewiesen ist. Die Analyse der Antwortkategorien auf die Frage nach den Vorbildern im Bergbau zeigt eine vielfältige Verteilung der Vorbilder. Die am häufigsten genannten Gruppen sind spezifische Personen im Bergbau sowie allgemein erfolgreiche Frauen im Bergbau, Kollegen und Hochschulangehörige.

Table 2. Role model categories with frequency of mentions. // Tabelle 2. Kategorien der Vorbilder mit Anzahl der jeweiligen Zuordnungen.

Der häufigste Typ von Vorbildern sind spezifische weibliche Personen im Bergbau, welche insgesamt zwölfmal genannt wurden. Dies zeigt, dass zahlreiche Befragte konkrete Frauen im Bergbau als Vorbilder betrachten. So wurde beispielweise genannt: „My role model as a woman in the mining industry is my first boss, who is a woman.“ Als nächstes folgen allgemein erfolgreiche Frauen im Bergbau, die ebenfalls zwölf Nennungen erhalten haben. Diese Kategorie verdeutlicht, dass neben spezifischen Persönlichkeiten auch der allgemeine Erfolg von Frauen in der Branche ein bedeutender Motivationsfaktor ist. Die Antworten spiegeln hierbei wider, dass Erfolg auch im Bestehen und sich Durchsetzen als Frau im Bergbau gesehen wird, wie in der Aussage „The women that have come before me and the women that will come after. The women that have successfully created change and are leaders.“ Kolleg:innen generell wurden insgesamt 20 Mal als Inspirationsquelle genannt, wobei die Anzahl der Kolleginnen (8) und Kollegen (7) relativ ausgewogen ist. Es gibt auch einige nicht spezifizierte Nennungen (3). Auf Hochschulangehörige entfielen insgesamt elf Nennungen, wobei weibliche Figuren (8) dominieren. Dies zeigt, dass akademische Figuren insbesondere weibliche akademische Persönlichkeiten, eine wichtige Rolle spielen. Mit zehn Nennungen relativ häufig war die Aussage, keine spezifischen Vorbilder zu haben. Dies zeigt, dass eine beträchtliche Anzahl der Befragten keine klaren Vorbilder identifizieren konnte. Aus der deutschen Gruppe wurde auch erwähnt: „Aufgrund meiner Fachrichtung habe ich leider kein Vorbild im Bereich des Bergbaus.“Außerdem wurde dreimal angegeben, dass die Vorbilder im Allgemeinen Männer sind, wie z. B. „Still men, like my former professors or successful colleagues.“ Zusätzliche öffentliche Persönlichkeiten wurden zweimal als Vorbilder genannt. Auch wurden von zwei Personen Familienmitglieder genannt, wie z. B. „My mom is my work role model as a woman. She is not in the mining industry, but she started working when she was 40.“

Im Vergleich erwähnt die „deutsche“ Gruppe doppelt so häufig keine Vorbilder zu haben und verstärkt spezifische weibliche Personen im Bergbau sowie Kollegen. Hervorzuheben sind außerdem Antworten, die das Fehlen von Frauen im Bergbau als Vorbilder in Bereichen wie Vereinbarkeit sowie höherem Management anmerken, sowie die Antwort, dass alle Personen, die wahrhaft an Gleichstellung glauben („All people who are truly believing in equality.“) Vorbilder sind.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Vielfalt der Vorbilder und ihre unterschiedlichen Hintergründe den Bedarf und die Wichtigkeit widerspiegeln, dass Frauen im Bergbau sichtbare und inspirierende Rollenmodelle haben. Dies unterstreicht die Bedeutung von spezifischen weiblichen Persönlichkeiten, erfolgreichen Frauen im Bergbau und Unterstützung durch Kolleg:innen und akademische Figuren, besonders im Hinblick auf die Steigerung der Geschlechterdiversität und -gerechtigkeit in der Branche.

Einschränkungen und mangelnder Respekt: Quantitative Ergebnisse

Im zweiten Fragenbereich der Umfrage wurden die Teilnehmenden zu Einschränkungen, Ausschluss bzw. Ausgrenzung und mangelndem Respekt aufgrund des Geschlechts befragt. Zu den jeweiligen Fragen konnten sie angeben, ob sie selbst betroffen waren oder sind, sie sich der Problematik bewusst sind oder Betroffene kennen. Da es mehrere Rückmeldungen zum Verständnis des zweiten Teils gab und die Antworten nicht schlüssig sind, wird im Folgenden nur der Teil der Betroffenheit ausgewertet.

Zu allen Bereichen bestand die Möglichkeit, in Freitextform weitere Ausführungen zu machen.

Table 3. Barriers to education and career. // Tabelle 3. Einschränkung in Ausbildung und Beruf.

Im ersten Bereich wurde nach Einschränkungen in Ausbildung und Beruf durch sexualisierte Gewalt, Gleichstellung bei Bewerbungen, Chancengleichheit für Führungspositionen, Körperliche Arbeit, männlich-zentrierte Ausstattung z. B. PPE, Kleidung, Anordnungen, und gesetzlichen Regelungen, z. B. generelles Verbot von Frauenarbeit, gefragt. Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse in der Übersicht. Im Durchschnitt machte ein Drittel der Befragten keine Angabe zur Betroffenheit, was auf eine Grauzone hinweisen kann.

Die Auswertung der Befragung zeigt deutliche Unterschiede in den Erfahrungen sowie im Bewusstsein hinsichtlich verschiedener Themenbereiche zwischen den Befragten.

In Bezug auf sexualisierte Gewalt geben rd. 10 % der Befragten an, dass sie durch sexualisierte Gewalt in Ausbildung oder beruflicher Tätigkeit eingeschränkt worden sind. Es wird von „Flirts“, anzüglichen Bemerkungen, Schikane und Belästigung berichtet. Auch wenn 60 % der Befragten angeben, nicht persönlich betroffen zu sein, gibt es dennoch Grenzüberschreitungen, die nicht zu tolerieren sind.

Rund ein Viertel der Befragten wurde aufgrund ihres Geschlechts in Bewerbungsverfahren benachteiligt. Neben Erfahrungen, bei denen männliche Kandidaten trotz geringerer Qualifikation bevorzugt wurden, wird ebenfalls von Absagen an Personen berichtet, die potentiell schwanger werden könnten. Besonders alarmierend ist ein Fall, in dem eine rechtswidrige Zusage unterschrieben werden sollte, die eine Verpflichtung beinhaltete, in den nächsten Jahren nicht durch eine Schwangerschaft auszufallen. Eine Befragte sieht die Problematik weniger in Deutschland als in Kamerun, bemerkt jedoch, dass in diesem Bereich Rassismus eine zusätzliche Rolle spielt. Somit sind schwarze Frauen durch intersektionale Einschränkungen besonders betroffen.

Die Häufigkeit der Antworten im Bereich der Chancengleichheit in Bezug auf Führungspositionen ist vergleichbar zur vorherigen Kategorie. Ergänzend wird hierbei auf die massive „gläserne Decke“ in Deutschland hingewiesen, die sich besonders durch die Ausrichtung des Kinderbetreuungs- und Bildungssystems am Alleinverdiener verstärkt.

In Bezug auf Einschränkungen durch körperliche Arbeit geben 38 % der Befragten an, eingeschränkt gewesen zu sein, während 29 % dies verneinen. Beispiele hierfür sind nicht nur fehlende Kraft, sondern besonders die Ausrichtung der Maschinen und Anlagen auf einen Männerkörper, der im Durchschnitt größer ist. Dies spiegelt sich in den Antworten zur männlich-zentrierten Ausstattung wider, durch die fast die Hälfte der Befragten schon einmal eingeschränkt wurde. Besonders wird hier Schutzausrüstung wie PSA und Arbeitskleidung genannt. Nur rund ein Viertel gibt an, diese Erfahrung noch nicht gemacht zu haben.

Abschließend zeigt sich in der Kategorie „Gesetzliche Regelungen“ (generelles Verbot von Frauenarbeit), dass 14 % der Befragten hier schon einmal Einschränkungen erfahren haben, während 59 % dies verneinen.

Es wird deutlich, dass trotz Fortschritten in einigen Bereichen, zahlreiche strukturelle Barrieren und Ungleichheiten bestehen bleiben. Diese Herausforderungen müssen fortgesetzt adressiert werden, um eine umfassende Chancengleichheit zu gewährleisten.

Zusätzlich zu Einschränkungen wurde nach Ausschluss von Arbeiten aufgrund des Geschlechts oder Schwangerschaft bzw. Mutterschutz gefragt. Hier gaben 41 % der Befragten an, bereits wegen ihres Geschlechts ausgeschlossen worden zu sein. 24 % wurden wegen Schwanger- oder Mutterschaft ausgeschlossen. In Bezug hierauf wird mehrfach ergänzt, dass teilweise dieser Ausschluss zum Schutze diente und nicht in Zusammenhang mit Diskriminierung steht. Eine andere Person sieht es jedoch als starke Einschränkung, insbesondere in Bezug auf Reisetätigkeiten und untertägige Arbeit, die besonders bei mehreren Schwangerschaften beispielsweise durch Fehlgeburten schwierig planbar ist.

In Bezug auf den professionellen Umgang mit Frauen gibt die Mehrheit an, schon mal durch Kolleg:innen (51 %) oder andere Personen (57 %) nicht respektiert worden zu sein. 52 % gaben an, dass ihre Kompetenzen aufgrund des Geschlechts nicht berücksichtigt wurde. Als Beispiele werden angeführt: Marginalisierung in Projektarbeit durch Vorgesetzten, Aufforderung der Projektleiterin zum Kaffeekochen trotz extra Personal dafür, Kommentierung von Kleidung, mangelnder Respekt in der Arbeit über und unter Tage, belächelt und übergangen werden in Meetings, Einschüchterung und verbale Gewalt trotz korrekter Arbeit. Diese Beispiele verdeutlichen die Herausforderungen und den mangelnden Respekt, mit dem viele Frauen im Beruf konfrontiert sind.

Differenziert man die Ergebnisse insgesamt nach Altersgruppen, zeigt sich, dass die Altersgruppe 1965/74 mit Ausnahme von sexualisierter Gewalt und Mutterschaft stärker betroffen ist. Gleichzeitig ist die jüngste Altersgruppe 1994/2004 in allen Bereichen weniger betroffen, insbesondere in Bezug auf Respekt und Expertise. Die Gruppe der zwischen 1975 und 1984 geboren, weist überdurchschnittliche Einschränkungen in Bezug auf Mutterschaft auf.

Bei einer Differenzierung nach Personen, die promovieren oder promoviert haben und damit mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in einem akademischen Umfeld arbeiten, zeigen sich für diese Gruppe leicht stärkere Einschränkungen in Bezug auf Gleichstellung bei Bewerbungen (28 % zu 21 %) sowie in Bezug auf Führungspositionen (32 % zu 24 %). Die Berichte zu sexueller Gewalt sind in dieser Gruppe weniger vertreten. In Bezug auf die anderen Kategorien zeigt sich eine höhere Betroffenheit in der Gruppe insbesondere in Bezug auf Mutterschutz (36 % zu 16 %). Gleichzeitig berichten diese Personen über weniger Mangel an Respekt durch Kollegen (44 % zu 55 %) sowie Infragestellung der Expertise (44 % zu 58 %), während der Mangel an Respekt von anderen kaum abweicht.

Es wird deutlich, dass trotz Fortschritten in einigen Bereichen, die ebenfalls durch Kommentare zu Offenheit und Familienfreundlichkeit zu belegen sind, weiterhin erhebliche strukturelle Barrieren und Ungleichheiten bestehen, die gezielte Maßnahmen erfordern. Die Daten unterstreichen die Notwendigkeit intensiverer Sensibilisierung und Veränderungen in der Arbeitsumgebung zur Sicherstellung einer fairen und respektvollen Behandlung aller Mitarbeitenden.

Beitrag zu einer besseren Zukunft: Wünsche an Kollegen

Abschließend wurden alle Teilnehmenden befragt, welchen Beitrag jeder insbesondere männliche Mitarbeiter im Bergbau zur Erreichung von mehr Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau machen kann. Zusammenfassend soll sich jeder

  • für gleiche Bezahlung und Chancen einsetzen,
  • insbesondere zum Thema „Unconcious Bias“ weiterbilden, sensibilisieren und Maßnahmen zur Sensibilisierung fördern,
  • gegen die Sexualisierung von Frauen äußern und Geschlechtsstereotypen hinterfragen,
  • dafür einsetzen, zu einer inklusiven Arbeitsumgebung beizutragen und eine inklusive Kultur sowie entsprechende Maßnahmen, besonders in Führung und Kommunikation, zu fördern,
  • für Unterstützung und Mentorenschaft einsetzen und als Unterstützer handeln,
  • für die Einforderung von geschlechtergerechter Infrastruktur und Ausstattung einsetzen,
  • für Vereinbarkeit durch Arbeitsmodelle, Eltern-Kind-Büros und passende Kinderbetreuung einsetzen und
  • für eine gerechte Unternehmenspolitik und -strukturen beitragen und diese einfordern.

Diskussion der Ergebnisse

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Frauen im Bergbau nach wie vor erhebliche Herausforderungen und Einschränkungen aufgrund ihres Geschlechts erfahren. Etwa 10 % der Befragten gaben an, durch sexualisierte Gewalt in Ausbildung oder beruflicher Tätigkeit beeinträchtigt worden zu sein. Rund ein Viertel wurde in Bewerbungsverfahren aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, wobei Fälle von Bevorzugung männlicher Kandidaten und Diskriminierung potentiell schwangerer Frauen berichtet wurden. In Bezug auf Chancengleichheit in Führungspositionen und körperliche Arbeit gaben ebenfalls viele Frauen an, benachteiligt zu sein, was häufig auf strukturelle und physische Anpassungen an männliche Bedürfnisse zurückzuführen ist. Zusätzlich waren fast die Hälfte der Befragten durch männlich-zentrierte Ausstattung eingeschränkt. Dabei wurde auch die „gläserne Decke“ sowie die systematische Benachteiligung von Frauen im Bereich der Vereinbarung beruflicher und familiärer Verpflichtungen hervorgehoben.

Trotz dieser Herausforderungen zeigen die Antworten auch positive Aspekte, wie die Rolle von Vorbildern und die Motivation vieler Frauen, sich durchzusetzen und Veränderungen herbeizuführen. Viele Frauen nannten konkrete weibliche Vorbilder im Bergbau, die ihnen als Inspiration dienen, obwohl viele die Motivation aus sich selbst zielen und die Frauen als Vorbild haben, die es geschafft haben. Die Unterstützung durch Kolleg:innen sowie der Wunsch, positive Veränderungen für zukünftige Generationen zu bewirken, sind ebenfalls bedeutende Motivationsquellen. Zudem betonten die Befragten, dass männliche Kollegen durch Maßnahmen wie die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit, Sensibilisierung für unbewusste Vorurteile und aktive Unterstützung zur Verbesserung der Situation beitragen können.

Die Ergebnisse der Umfrage deuten eindeutig darauf hin, dass Frauen im Bergbau weiterhin erheblichen geschlechtsspezifischen Herausforderungen gegenüberstehen. Die zentrale Forschungsfrage, die darauf abzielte, die Erfahrungen und Perspektiven von Frauen im Bergbau zu erfassen, wird durch die Ergebnisse deutlich beantwortet. Hier einige wichtige Interpretationen:

  1. Sexualisierte Gewalt und Diskriminierung: Die Tatsache, dass rd. 10 % von etwa 60 Befragten von sexualisierter Gewalt berichten – was ungefähr jede sechste Frau im Bergbau betrifft – verdeutlicht die weiterhin bestehende Präsenz eines toxischen Arbeitsumfelds für Frauen. Diese Erfahrungen behindern nicht nur ihre berufliche Entwicklung, sondern beeinträchtigen auch ihr allgemeines Wohlbefinden.
  2. Benachteiligung in Bewerbungsverfahren: Rund ein Viertel der Frauen berichten von Diskriminierung in Bewerbungsverfahren, was zeigt, dass geschlechtsspezifische Vorurteile tief im Rekrutierungsprozess verwurzelt sind. Diese Benachteiligung behindert nicht nur den Zugang von Frauen zu beruflichen Möglichkeiten, sondern verstärkt auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten in der Branche.
  3. Chancengleichheit in Führungspositionen: Die Forschungsergebnisse bestätigen, dass Frauen nach wie vor Schwierigkeiten haben, Führungspositionen zu erreichen, was durch die „gläserne Decke“ symbolisiert wird. Diese strukturellen Barrieren hindern Frauen daran, höhere Positionen zu erreichen und dadurch Veränderungen von innen heraus zu bewirken.
  4. Körperliche Arbeit und männlich-zentrierte Ausstattung: Frauen erleben signifikante Einschränkungen durch auf Männerkörper angepasste Maschinen, Schutzausrüstungen sowie Infrastruktur, die sie nicht berücksichtigt. Diese fehlende Berücksichtigung weiblicher Bedürfnisse zeigt, dass viele Industrienormen und -praktiken frauenunfreundlich sind und einer dringenden Überarbeitung bedürfen. Auch Gebäude und weitere Einrichtungen aus dem Altbestand müssen so modernisiert werden, dass Infrastruktur für alle Geschlechter vorhanden ist.
  5. Positive Aspekte durch Vorbilder und Motivation: Trotz der Herausforderungen zeigen die Ergebnisse, dass Frauen durch starke Vorbilder und persönliche Motivation inspiriert werden, weiterzumachen und positive Veränderungen herbeizuführen. Häufig fehlen gleichwohl auch die Vorbilder und die Frauen haben sich aus der Resilienz eine intrinsische Motivation gebildet und orientieren sich an erfolgreichen Frauen im Bergbau. Dies bestätigt die Hypothese, dass Unterstützung und Vorbilder entscheidend für die berufliche Entwicklung und das Durchhaltevermögen von Frauen in der Branche sind.
  6. Rolle männlicher Kollegen: Die Antworten zeigen, dass männliche Kollegen eine bedeutende Rolle bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen spielen können, indem sie sich für gleiche Bezahlung und Chancen einsetzen, sich weiterbilden und eine inklusive Kultur fördern.
  7. Altersabhängige Antworten: Die Antworten unterscheiden sich stark abhängig von der Altersgruppe. Mögliche Gründe dafür können geringere Erfahrungen der jüngeren Generation oder ein Wandel hin zu besseren Arbeitsbedingungen sein. Es deutet darauf hin, dass Veränderungen in der Branche langsam stattfinden, aber auch dass jüngere Arbeiterinnen möglicherweise andere Perspektiven und Erwartungen haben.
  8. Frauen im akademischen Bereich: Die Antworten zeigen, dass promovierte und promovierende Frauen häufig von mehr Einschränkungen betroffen sind, gleichzeitig aber weniger mit mangelndem Respekt und infrage gestellter Expertise konfrontiert werden. Dies deutet darauf hin, dass Hochschulstrukturen weniger effektiv in der Unterstützung von Frauen sind als industrielle Strukturen, aber es gleichzeitig eine gewisse „Blase“ gibt, in der ein respektvollerer Umgang gepflegt wird.

Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass trotz bestehender Fortschritte weiterhin erhebliche strukturelle und kulturelle Barrieren bestehen, die gezielte Maßnahmen und Interventionen erfordern. Gleichzeitig unterstreichen sie die Bedeutung von Vorbildern und kollegialer Unterstützung als wichtige Faktoren zur Überwindung dieser Hürden.

Die Ergebnisse dieser Umfrage bestätigen viele der Herausforderungen und Themen, die in erwähnten Studien über die Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau beschrieben wurden. Ggf. durch die unterschiedliche Gruppe der antwortenden Personen werden die Einschränkung in Mutterschaft/Stillzeit weniger kritisch gesehen und ebenso die rechtlichen Barrieren.

Eine Stärke der Studie liegt darin, dass sie ein neues Bild auf die Erfahrungen und Perspektiven von Akademiker:innen im Bergbau in Deutschland aufzeigt, das bisher nicht bekannt war. Die großen Übereinstimmungen mit weltweiten Ergebnissen lassen darauf schließen, dass Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit auch auf den deutschen Kontext übertragbar sind. Die Ergebnisse zu Motivation und Vorbildern bieten zudem konkrete Ansätze, um Maßnahmen effektiver zu gestalten.

Gleichzeitig sind die Ergebnisse in ihrer Aussagekraft durch die Methodik eingeschränkt. Eines der Hauptprobleme ist die mögliche Stichprobenverzerrung. Da die Teilnahme freiwillig war, könnten sich vor allem diejenigen Frauen beteiligt haben, die ein starkes Interesse oder ausgeprägte Meinungen zum Thema haben. Dies könnte bestimmte Gruppen unterrepräsentieren, wie Frauen in höheren Führungspositionen, jene mit eingeschränktem Zugang zu den genutzten Netzwerken oder aufgrund von Zeitmangel durch Care-Arbeit. Besonders die unklaren Antworten zu Elternschaft lassen keine klaren Aussagen zu, da nicht klar ist, wie groß die Basis der Mütter und Frauen mit Kinderwunsch ist. Ein weiteres Problem ist die Antwortverzerrung. Teilnehmerinnen könnten dazu neigen, sozial erwünschte Antworten zu geben, anstatt ihre tatsächlichen Erfahrungen und Meinungen zu teilen. Obwohl die Umfrage anonymisiert durchgeführt wurde, besteht in der relativ kleinen Gemeinschaft des Bergbaus das Risiko, dass Antworten auf einzelne Personen zurückgeführt werden könnten, was die Ehrlichkeit der Antworten beeinträchtigen könnte.

Darüber hinaus könnten die standardisierten Fragen der systematischen Interviews die Tiefe der Antworten begrenzen und nuancierte Einblicke oder individuelle Erklärungen übersehen. Es gab keine Möglichkeit, unklare Antworten zu klären oder tiefer in interessante Themen einzutauchen. Zeitliche und ressourcenbedingte Einschränkungen stellten weitere Grenzen dar: Der einmonatige Erhebungszeitraum könnte nicht ausgereicht haben, um eine vollständig repräsentative Datenerhebung sicherzustellen, und begrenzte Ressourcen könnten die Anzahl der Interviews und die Detailtiefe der Erhebung beeinflusst haben.

Die Abhängigkeit von Online-Plattformen könnte ebenfalls die Teilnahme beeinflusst haben, insbesondere in Regionen mit schlechter Internetverbindung. Trotz der Verfügbarkeit der Umfrage in Deutsch und Englisch könnten sprachliche Nuancen und kulturelle Unterschiede die Interpretation der Fragen und Antworten beeinflusst haben. Zudem führte die Freiwilligkeit, nicht alle Fragen beantworten zu müssen, zu unvollständigen Datensätzen und möglicherweise zu Verzerrungen in der Analyse.

Die Ergebnisse dieser Studie haben wichtige Implikationen für die Praxis, theoretische Überlegungen und politische Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit in der Rohstoffindustrie.

Praktische Implikationen:

  1. Unternehmen: Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit für Unternehmen, genderspezifische Maßnahmen zu ergreifen, um ein inklusiveres Arbeitsumfeld zu schaffen. Dies könnte die Anpassung von Maschinen und Schutzausrüstungen beinhalten, damit sie für Frauen geeignet sind, sowie die Implementierung von Trainingsprogrammen zur Sensibilisierung für unbewusste Vorurteile unter Mitarbeitern.
  2. Mentoring-Programme: Die Bedeutung von Vorbildern und Unterstützung durch Kolleg:innen zeigt, dass Mentoring-Programme und Netzwerke für Frauen in der Branche ausgebaut werden sollten. Solche Programme können dazu beitragen, das berufliche Wachstum und die Zufriedenheit von Frauen zu fördern.
  3. Familienfreundliche Arbeitsmodelle: Unternehmen sollten Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern, darunter flexible Arbeitszeiten, Eltern-Kind-Büros und unterstützende Kinderbetreuungsangebote.

Theoretische Implikationen:

  1. Forschung zu intersektionalen Barrieren: Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung zu intersektionalen Barrieren, insbesondere wie Geschlecht und andere Identitätsmerkmale wie Ethnizität oder soziale Klasse sich auf Erfahrungen im Bergbau auswirken.
  2. Erweiterung des Forschungsrahmens: Die Studie legt nahe, dass zukünftige Forschung die vielfältigen biografischen Hintergründe und internationalen Erfahrungen umfassender berücksichtigen sollte, um ein noch breiteres Spektrum an Perspektiven zu erfassen.
  3. Fokussierung der Gruppe der Mütter und Frauen mit Kinderwunsch: Die Ergebnisse lassen aufgrund der Methodik und Datengrundlage keine klaren Schlüsse zu. Gleichzeitig geben sie Hinweise auf starke Einschränkungen dieser Gruppe.

Politische Implikationen:

  1. Regulierung und Richtlinien: Gesetzgeber und politische Entscheidungsträger:innen sollten auf die Studie zurückgreifen, um gendersensitive Politikmaßnahmen und Regulierungen zu entwickeln, die gleiche Chancen und sichere Arbeitsbedingungen für Frauen im Bergbau gewährleisten sowie auch bestehende Regelungen evaluieren.
  2. Förderung von Frauen in MINT-Bereichen: Bildungspolitische Maßnahmen sollten darauf abzielen, mehr Frauen für Berufe im Bergbau zu gewinnen und zu unterstützen, beispielsweise durch gezielte Stipendien, Ausbildungsprogramme und Initiativen zur Förderung von MINT-Fächern bei jungen Mädchen.

Die Studie liefert eine Grundlage für weiterführende Forschung, um spezifische Maßnahmen zu evaluieren und deren Effektivität zu überprüfen. Zukünftige Forschung sollte auch versuchen, repräsentativere Stichproben zu erreichen und tiefere, qualitative Einblicke in die individuellen Erfahrungen und Herausforderungen von Frauen im Bergbau zu gewinnen. Es wäre auch wertvoll, longitudinale Studien durchzuführen, um Veränderungen über die Zeit zu beobachten und die Langzeitwirkung von implementierten Maßnahmen zu bewerten. Diese Ergebnisse haben wichtige Implikationen für Unternehmenspraktiken, theoretische Forschung und politische Maßnahmen und können dazu beitragen, die Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau nachhaltig zu verbessern.

Abschließend lässt sich zur Diskussion sagen, dass die Umfrageergebnisse die anhaltenden geschlechtsspezifischen Herausforderungen im Bergbau klar aufzeigen. Frauen sind nach wie vor mit Diskriminierung, Vorurteilen und strukturellen Barrieren konfrontiert, die ihre berufliche Entwicklung behindern. Diese Barrieren betreffen alle Berufsbereiche, von Bewerbungsverfahren über Führungspositionen bis hin zu körperlicher Arbeit und unpassender Schutzausrüstung.

Dennoch zeigen die Ergebnisse auch positive Aspekte, wie die Bedeutung von Vorbildern und kollegialer Unterstützung für die Motivation und berufliche Zufriedenheit von Frauen in der Branche. Die Studienresultate bestätigen bestehende Theorien und internationale Forschungsergebnisse und bieten gleichzeitig konkrete Ansatzpunkte für praktische Maßnahmen und politische Interventionen.

Die Erkenntnisse dieser Studie unterstreichen die Dringlichkeit, gezielte Maßnahmen zu implementieren, um eine faire und inklusive Arbeitsumgebung zu fördern. Dies erfordert nicht nur strukturelle Änderungen innerhalb von Unternehmen, sondern auch umfassende politische Initiativen und eine verstärkte Sensibilisierung für Geschlechtergerechtigkeit. Nur durch gemeinsame Anstrengungen können wir die Geschlechterdiversität und -gerechtigkeit in der Rohstoffindustrie nachhaltig verbessern.

Zusammenfassung

Diese Studie untersucht anhand der Befragung von rd. 60 Frauen im Bergbau die Geschlechtergerechtigkeit und Herausforderungen mit speziellem Fokus auf den deutschen Bergbau. Ziel ist die Erfassung eines initialen Eindrucks der Situation besonders in Deutschland zur Geschlechtergerechtigkeit, um daraus Maßnahmen abzuleiten. Die quantitative und qualitative Auswertung zeigt, dass sexualisierte Gewalt, Diskriminierung, Benachteiligung in Bewerbungsverfahren, ungleiche Chancen in Bezug Führungspositionen und Männerzentrierung bei Hilfsmitteln der physischen Arbeit gegen die gleichberechtigte Teilhabe der Frauen am Arbeitsmarkt stehen. Gleichzeitig zeigt sich, dass sich aus der Resilienz der Frauen eine intrinsische Motivation gebildet hat und sie sich besonders an erfolgreichen Frauen im Bergbau orientierten. Diese Ergebnisse bieten konkrete Ansätze und Strategien für Arbeitgeber und Mitarbeiter, um die Geschlechtergerechtigkeit im Bergbau zu verbessern. Durch die Ableitung von praktischen, theoretischen und politischen Implikationen werden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung von Chancengleichheit vorgestellt.

Dank

Der Dank der Autor:innen gilt den Personen, die eine Rückmeldung zu den Fragenbögen gegeben und weitergeleitet haben, sowie den 67 Teilnehmenden der Befragung, die insgesamt mehr als 20 Stunden in ihre Antworten investierten.

References / Quellenverzeichnis

References / Quellenverzeichnis

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Authors/Autor:innen: Dr.-Ing. Angela Binder, Mareike Schubert M.Sc., Prof. Dr.-Ing. Oliver Langefeld, Institut für Bergbau, Technische Universität Clausthal (TUC), Clausthal-Zellerfeld
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