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Wettertechnik im 21.Jahrhundert – Entwicklung adaptiver wettertechnischer Systeme

Der Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung hat im letzten Jahrzehnt zunehmend an Bedeutung gewonnen. Hauptgründe hierfür sind die Entwicklung der Gewinnungsaktivitäten in immer größere Teufen mit einer zunehmenden flächenhaften Ausdehnung, der verstärkte Einsatz von dieselbetriebenen Maschinen sowie verschärfte Auflagen und Grenzwerte im Bereich der Arbeitssicherheit, des Gesundheits- sowie Umweltschutzes. Um diesen Anforderungen gerecht werden und die Rentabilität von rohstoffgewinnenden Betrieben auch weiterhin gewährleisten zu können, ist die Entwicklung neuer ganzheitlicher Ansätze, Methoden und Modelle für eine bedarfsgerechte Versorgung der einzelnen Betriebspunkte mit Frischwettern zu jedem Zeitpunkt notwendig. Aktuelle Ansätze konzentrieren sich auf die Entwicklung und Implementierung von Lösungen für eine bedarfsgerechte Bewetterung, auch bezeichnet als “Ventilation on Demand” (VOD). Darauf aufbauend ergeben sich für das smarte Bergwerk der Zukunft neue Potentiale, die eine Weiterentwicklung wettertechnischer Systeme in Richtung adaptiver Systeme ermöglichen. Im vorliegenden Artikel werden ein ganzheitlicher Ansatz für ein solches adaptives wettertechnisches System vorgestellt und Kernelemente beschrieben. Es werden die Auswirkungen auf die Ausbildung von zukünftigen Bergbauingenieuren im Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung diskutiert und ein innovativer ganzheitlicher Lehr- und Lernansatz vorgestellt.

Autor: Dr.-Ing. Elisabeth Clausen, Institut für Bergbau, Technische Universität (TU) Clausthal, Clausthal-Zellerfeld

1  Einleitung

Die Wettertechnik kann als die Lebensader eines Bergwerks bezeichnet werden: die einziehenden Wetterwege sind vergleichbar mit den Arterien, die Sauerstoff zu den Arbeitsbereichen führen und die ausziehenden Wetterwege mit den Venen, welche die auftretenden Schadstoffe in die Umgebung ableiten (1). Eine effektive und effiziente Wettertechnik mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Versorgung der Betriebspunkte mit den notwendigen Frischwettern, einer Verdünnung und Abführung von Schadstoffen sowie der Herstellung eines angenehmen Grubenklimas ist daher notwendig, um sichere Arbeitsbedingungen unter Tage gewährleisten zu können. Dies wird umso bedeutsamer vor dem Hintergrund, dass die Wettertechnik einen Großteil am Energiebedarf eines Bergwerks ausmacht – in den meisten Fällen zwischen 40 % und 50 % (2, 3). Darüber hinaus führen hohe Energieverbräuche durch die Freisetzung von Treibhausgasen sowie die Verwendung von gewissen Kältemitteln zu negativen Umwelteinwirkungen (4). Bergbauunternehmen als Hauptenergieverbraucher sehen sich daher zunehmend gezwungen, sowohl die Energieintensität als auch Treibhausgasemissionen zu vermeiden bzw. zu minimieren (3, 4). Darüber hinaus gab es in den letzten Jahren einige Entwicklungen, die sich maßgeblich auf die Wettertechnik bzw. wettertechnischen Systeme ausgewirkt haben. Zu den wichtigsten Herausforderungen und Treibern zählen (5, 6):

  • Gewinnung unter zunehmend schwierigeren Abbaubedingungen, beispielsweise in extremer Hitze oder Kälte,
  • zunehmende Teufe der Gewinnungsaktivitäten,
  • zunehmende Komplexität der Lagerstätten, einhergehend mit einer Erweiterung der Streckennetze und -systeme sowie einer zunehmenden Anzahl von (parallelen) Vorrichtungs- und Gewinnungsbetrieben,
  • zunehmende Mechanisierung durch den Einsatz von Gleislosfahrzeugen, den verstärkten Einsatz von leistungsfähigen dieselbetriebenen sowie sonstigen Maschinen und
  • Reduzierung der Arbeitsplatzgrenzwerte in Hinblick auf einzelne Schadstoffe (7).

Um diesen Anforderungen gerecht werden und die Rentabilität von rohstoffgewinnenden Betrieben auch weiterhin gewährleisten zu können, ist die Entwicklung ganzheitlicher Ansätze, Methoden und Modelle notwendig. Aktuelle Trends und technologische Entwicklungen, die auf der erfolgreichen Integration und Implementierung von Sensorik, modernen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie Verfahren der künstlichen Intelligenz basieren, bieten neue Chancen und Möglichkeiten.

Aktuelle Ansätze und Entwicklungen für eine Steigerung der Effizienz von wettertechnischen Systemen konzentrieren sich beispielsweise auf eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit von (Haupt-)Grubenlüftern durch neuartige Materialien und Designs, auf eine effektivere Kontrolle und Steuerung von Schleichwetterströmen und Kreisläufen sowie auf die Entwicklung und Implementierung von Systemen für eine bedarfsgerechte Wetterführung (Ventilation on Demand – VOD) (3, 8, 9). Um darüber hinaus die Produktion, Fördertechnik und Logistik sowie Wartung und Instandhaltung mit der Wettertechnik zu verknüpfen und diese in die anderen Bereiche zu integrieren, wird unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen im Bereich der Sensorik und Umfelderkennung und -analyse im folgenden Abschnitt ein ganzheitliches Konzept für ein adaptives wettertechnisches System vorgestellt. Darüber hinaus werden die Konsequenzen, die sich aus der technologischen Entwicklung in Richtung Bergbau 4.0 ergeben, für die Ausbildung von zukünftigen Bergbauingenieuren diskutiert sowie ein innovatives Lehr-/Lernkonzept vorgestellt.

2  Adaptive wettertechnische Systeme

Die Hauptaufgaben der Wettertechnik und Klimatisierung bestehen für die Gewährleistung eines sicheren Betriebs in der bedarfsgerechten Versorgung aller Betriebspunkte mit Frischwettern in ausreichender Menge und Qualität, der gezielten Verdünnung und Abführung von Schadstoffen sowie der Herstellung eines angenehmen Grubenklimas. Die Definition und damit einhergehenden Anforderungen an einen sicheren Betrieb variieren von Land zu Land in Abhängigkeit der jeweiligen Bergbauvergangenheit, der zu erwartenden (Haupt-)Schadstoffe, der mit den Risiken verbundenen zu erwartenden Gefahren sowie den politischen und sozialen Strukturen der einzelnen Länder (1). Nichtsdestotrotz besteht die Grundlage für einen sicheren, effektiven und effizienten Betrieb in der Identifikation und Quantifizierung von Risiken, wie beispielsweise Gase, Staub, Hitze und Feuchtigkeit, Radioaktivität, Explosionen und Feuer sowie der Entwicklung von daran angepassten Kontroll- und Steuerungsstrategien (Bild 1).

Fig. 1. Adaptive mine ventilation system. // Bild 1. Adaptives wettertechnisches System. Source/Quelle: TUC

Bei den Faktoren, die das Auftreten von diesen Gefahren beeinflussen, handelt es sich einerseits um natürliche Gegebenheiten, wie Teufe der Gewinnungsaktivitäten, Geologie, Gasinhalt des Gebirges sowie physikalische und geochemische Eigenschaften der Gesteine sowie andererseits um Planungs- und Auslegungsfaktoren, wie Abbauverfahren, Zuschnitt sowie Art, Größe und Einsatzort der Maschinen. Neben ergänzenden Maßnahmen, wie Staubbekämpfung mittels Bedüsung oder der Einsatz von Kälteanlagen, wird die Wetterführung in erster Linie durch den Einsatz von (Hauptgruben-)Lüftern sowie durch verschiedene Formen der Sonderbewetterung gesteuert (1). In Verbindung mit der zunehmenden Einführung von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Sensorik in den untertägigen Bergbau, konzentrieren sich aktuelle Ansätze für eine effiziente Steuerung von wettertechnischen Systemen in erster Linie auf die Entwicklung von Steuerungssystemen für eine bedarfsgerechte Bewetterung im Sinne von VOD, wie ABB SmartVentilation (10) oder Howden Simsmart (11). Das Konzept VOD sowie erfolgreich angewandte Beispiele werden in den Beiträgen von Dicks/Clausen, S. 334 bis 341, und Engler/Kegenhoff/Papesch, S. 342 bis 355, in diesem Heft vorgestellt und beschrieben.

Zur weiteren Optimierung wettertechnischer Systeme und deren Interaktion mit den (Abbau-)Prozessen ist es sinnvoll, darüber hinausgehende ganzheitliche Ansätze zur adaptiven Bewetterung zu entwickeln. Bei heutigen Systemen zur bedarfsgerechten Bewetterung handelt es sich in erster Linie um solche, die auf aktuelle Messwerte der Sensorik reagieren. Fortschrittlichere wettertechnische Systeme sollten mit dynamischen Simulationen gekoppelt werden und „machine learning“ verwenden, um somit prädiktive Modelle zur Echtzeitoptimierung zu nutzen. Ein solches wettertechnisches System kann als cyber-physikalisches System verstanden werden. Dabei handelt es sich um die nächste Generation vernetzter eingebetteter Systeme, die eine Vielzahl und breite Palette an innovativen Anwendungen und Dienstleistungen ermöglicht (12). Die physische Komponente umfasst alle Objekte, Sensoren und Aktuatoren im System. Das eigentliche System beinhaltet einen ganzheitlichen systemischen Ansatz unter Berücksichtigung des Kontexts und der Beziehungen zwischen den verschiedenen Objekten und Entitäten im System. Alle Informationen sind im Cyber-System verfügbar, was die Prozessmodellierung, (Echtzeit-) Simulation und Optimierung auf Basis selbstlernender Modelle und Kommunikation innerhalb des Netzwerks ermöglicht (13). Um sich an verändernde Umgebungen und Bedingungen anpassen und mit neuen (vorher) undefinierten Situationen umgehen zu können, wird nicht nur der eigentliche Betrieb gesteuert, sondern er ist auch im Sinne einer kontext- und zielbewussten Situationserkennung adaptiv (14).

Die Basis für die Entwicklung von adaptiven Bewetterungssystemen ist neben dem Einsatz geeigneter Informations- und Kommunikationstechnologien und -strukturen ein detailliertes Verständnis vom System selbst, die Kenntnis über den Status und die Position relevanter Objekte, das Wissen über deren Verhalten und ihrer Beziehungen untereinander sowie das Verständnis über die Auswirkungen von Veränderungen auf das Systemverhalten. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist es notwendig, einerseits das gesamte wettertechnische System durch eine detaillierte Wetternetzanalyse und -berechnung sowie andererseits durch eine Analyse der Strömungsverhältnisse vor Ort unter Einbeziehung zusätzlicher Eigenschaften der Fluide im Sinne eines hierarchischen Ansatzes zu berücksichtigen.

2.1  Softwarelösungen für die Wetternetzberechnung

Die Analyse von Wetternetzen und deren Berechnung wird heutzutage in der Regel durch den Einsatz von speziellen Softwarelösungen unterstützt. Weit verbreitet und zumeist kommerziell verfügbare Softwarelösungen sind beispielsweise VNETPC und MINE FIRE von Mine Ventilation Associates (MVA) (15), ICAMPS MineVent von Ohio Automation (16), VUMA von Bluhm Burton Engineering (17), VENTSIM Visual von Chasm Consulting (18) sowie MULTIFLUX (nicht kommerziell verfügbar) von der University of Reno (19). Die Softwarepakete sind dazu geeignet, kompressible Strömungen, Drücke, thermodynamische Eigenschaften und teilweise natürliche Bewetterung, instationäre Strömungen, das Verhalten des wettertechnischen Systems im Brandfall sowie wirtschaftliche Faktoren zu berücksichtigen und nachzubilden. Die Grundlage für diese Berechnungen bilden numerische Lösungsverfahren nach Hardy-Cross, welche die zugrunde liegenden Gleichungssysteme iterativ solange lösen, bis ein akzeptabler Restfehlerwert erreicht wird. Diese Softwarelösungen werden hauptsächlich für Planungszwecke eingesetzt (20). Neuere Entwicklungen beinhalten ebenfalls die Echtzeitintegration von Messwerten von Sensoren und ermöglichen somit dynamische Simulationen und prädiktive Analysen (s. Stewart/Aminossadati/Kizil, S. 356 bis 363).

2.2  Numerische Strömungssimulationen

Mathematische Modelle zur Betrachtung strömungsdynamischer Prozesse an Abbauorten, welche die Eigenschaften der Gase – u. a. Druck, Temperatur, Wettergeschwindigkeit, Dichte – berücksichtigen, können nicht mehr analytisch gelöst werden. Daher werden numerische Strömungssimulationen (Computational Fluid Dynamics – CFD) zur Betrachtung dieser Prozesse genutzt. Für die mathematische Modellierung werden Modellvereinfachungen vorgenommen, welche die Zusammenhänge zwischen Wettergeschwindigkeit, Druck, Temperatur und Dichte eines Fluids beschreiben und die mittels numerischer Verfahren gelöst werden. Durch die Definition von Randbedingungen werden weitere Vereinfachungen durchgeführt. Der zugrundeliegende und betrachtete Bereich wird in kleinere Volumenelemente eingeteilt (Diskretisierung), die wiederum als Vernetzung, Gitter oder Mesh bezeichnet werden. Die Gleichungen, die für die Beschreibung der Strömung genutzt werden, sind iterativ für diese Volumenelemente zu lösen. Numerische Strömungssimulationen können sowohl Mehrphasenströmungen als auch beispielsweise den Transport von Partikeln abbilden. Mehrphasensimulationen verwenden häufig das Euler-Euler Modell, bei dem die einzelnen Phasen als Kontinua betrachtet und letztlich Anteile der einzelnen Phasen pro Volumenelement berechnet werden (21, 22). Die Simulationen können für sowohl stationäre – z. B. konstantes Strömungsfeld – als auch instationäre (zeitabhängige) Zustände durchgeführt werden. Instationäre Simulationen werden häufig für den Transport und die Ausbreitung von Gasen verwendet.

Die Vorteile beim Einsatz numerischer Strömungssimulationen bestehen darin, dass die Ergebnisse für jeden Punkt im betrachteten Raum erfasst sowie im Gegensatz zu großmaßstäblichen Versuchen Variationen der einzelnen Parameter des Modells zur Optimierung des Gesamtsystems mittels numerischer Strömungssimulationen kostengünstig und zeiteffizient durchgeführt werden können. Zu beachten ist, dass die Qualität einer Simulation stark von der Modellgüte und einer sorgfältigen Validierung des initialen Modells abhängt. Typische Anwendungsfelder in der Wettertechnik umfassen beispielsweise die Analyse des Verhaltens von Gasen in schwierigen Geologien (23), das Ausbreitungsverhalten von Sprengschwaden (24), die Bildung und Auswirkungen von wettertechnischen Kreisläufen oder das Verhalten dynamischer Gasquellen, wie beispielsweise Fahrlader (22, 25).

2.3  Integrierter hierarchischer Ansatz

Um die Vorteile von beiden Methoden für die Modellierung und Analyse von wettertechnischen Prozessen und Strömungen – Software für die Wetternetzberechnung und numerische Strömungssimulation – zu vereinen, bietet sich ein hierarchischer Ansatz an. Dieser hierarchische Ansatz integriert iterativ die Ergebnisse aus den einzelnen Modellen in Abhängigkeit ihrer individuellen Eignung, d. h. die Ergebnisse, die sich aus der Analyse und Optimierung der Strömungsverhältnisse vor Ort mittels CFD ergeben, werden in das übergeordnete Wetternetz integriert und in Hinblick auf ihre Machbarkeit analysiert und ggf. angepasst (21, 22, 23). Die Hauptaufgaben der Wetternetz-Software innerhalb des hierarchischen Ansatzes bestehen in der Darstellung und Modellierung des gesamten Wetternetzes, der Wetternetzberechnung unter Berücksichtigung der Kompressibilität und thermodynamischer Effekte, der Analyse von Effekten und Reaktionen auf Veränderungen im System sowie in der Prüfung der Ergebnisse aus der numerischen Strömungssimulation in Hinblick auf Plausibilität und Machbarkeit. Die Hauptaufgaben der numerischen Strömungssimulation bestehen in der (Mehrphasen-)Modellierung und Simulation von strömungsdynamischen Prozessen für einen Bereich mit begrenzter räumlicher Ausdehnung (Abbaubereich) unter Berücksichtigung von relevanten Eigenschaften der Strömung, wie Druck, Temperatur, Wärme und Beschleunigung mit dem Ziel, die Strömungsverhältnisse vor Ort zu analysieren und Strategien für eine bestmögliche Bewetterung abzuleiten.

3  Konsequenzen für die Ausbildung von zukünftigen Bergbauingenieuren im Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung

Technologische Innovationen bilden das Kernelement für eine zukünftige nachhaltige Entwicklung im Rohstoffsektor (26). Die zunehmende Digitalisierung und Entwicklung des Bergbaus in Richtung Bergbau 4.0 (27) erfordert als Grundlage für technologische Innovationen damit einhergehend auch ein angepasstes Anforderungs- und Ausbildungsprofil für zukünftige Bergbau-ingenieure. Die Bergbauingenieure der Zukunft werden unterschiedliche Kompetenzen integrieren und zunehmend interdisziplinäre Teams koor-dinieren (28). Die Erwartungen an Hochschulabsolventen werden zunehmend komplexer, sodass sie heutzutage neben einem ausgeprägten Fachwissen ein hohes Maß an weiteren Schlüsselqualifikationen, wie Selbst-, Sozial- und Methodenkompetenz, Innovationsfähigkeit oder die Fähigkeit zur Führung von und Mitarbeit in interdisziplinären und ggf. internationalen Teams aufweisen sollten. Für die Lehre entsteht daraus der Anspruch, den Erwerb fachlicher und überfachlicher Kompetenzen, wie u. a. selbstständiges Arbeiten (persönliche Kompetenzen), Analyse- und Entscheidungsfähigkeit (Methodenkompetenzen) oder Kommunikations-, Team-, Kritikfähigkeit (soziale Kompetenzen), während des Studiums zu verzahnen. Traditionelle Lehr- und Lernansätze erfüllen die aus diesem Anspruch resultierenden Anforderungen an die universitäre Ausbildung zumeist nicht umfassend genug, sodass es notwendig ist, die Ausbildungsformen und -konzepte von zukünftigen Bergbauingenieuren zu überdenken.

In den vergangenen fünf Jahren wurde die Ausbildung im Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung an der Technischen Universität (TU) Clausthal grundlegend umgestaltet. Das übergeordnete Ziel bestand darin, innovative, (inter-)aktive und kooperative Lehr- und Lernformen in die Lehre zu integrieren, bei denen konsequent die Ziele der Förderung des selbstorganisierten und selbstgesteuerten Lernens, der Entwicklung von Lernstrategien neben dem eigentlichen Wissenserwerb sowie der konsequenten Ausrichtung des Lernens auf intendierte Lernziele, daran angepasste Prüfungsformate sowie Lehr-/Lernaktivitäten im Sinne des Constructive Alignements verfolgt wurden. Das entwickelte Lehr/Lernkonzept InVent (Innovations in Mine Ventilation Education) umfasst neben einer Integration von aktiven und kooperativen Lehr/Lernformen in die Vorlesung weitere Elemente für eine Förderung der praxisorientierten Lehr- und Lernkultur, wie das Lernen im Labor (Bild 2), das Lernen an authentischen Lernorten, wie beispielsweise am Rammelsberg, sowie projektbasiertes Lernen anhand von realen Problem- und Fragestellungen, wie beispielsweise am Sasso San Gottardo, Schweiz (29, 30, 31). Die Studierenden werden so in die Lage versetzt, sich durch projektorientiertes Arbeiten sowie problembasiertes oder forschendes (engl.: (to) invent) Lernen das Wissen selbstständig anzueignen.

Fig. 2. Ventilation lab at Clausthal University of Technology. // Bild 2. Wetterlabor an der TU Clausthal. Source/Quelle: TUC

Zukünftige Erweiterungen werden sich auf die Entwicklung von interdisziplinären projektbasierten Lehr/Lernansätzen sowie auf die Einbindung von Elementen aus den Bereichen Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) konzentrieren (32).

4  Zusammenfassung

Eine effektive und effiziente Wettertechnik ist essentiell notwendig, um sichere Arbeitsbedingungen unter Tage gewährleisten zu können. Insbesondere im letzten Jahrzehnt hat der Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung aufgrund einer zunehmenden Teufe der Abbauaktivitäten mit größeren flächenhaften Ausdehnungen, einem höheren Mechanisierungsgrad sowie gestiegenen (rechtlichen) Anforderungen im Bereich der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes, zunehmend an Bedeutung gewonnen. Um diesen steigenden Anforderungen gerecht werden zu können, konzentrieren sich aktuelle Entwicklungen zunehmend auf VOD-Lösungen im Sinne einer gezielten Steuerung sowohl der primären Wetterführung als auch der im Vor-Ort-Bereich.

Bei heutigen VOD-Systemen handelt es sich in erster Linie um solche, die auf aktuelle Messwerte der Sensorik reagieren. Das im Rahmen des Artikels vorgeschlagene Konzept für ein adaptives wettertechnisches System beinhaltet eine weitergehende Integration und Interaktion zwischen dem wettertechnischen System und relevanten (Abbau-)Prozessen durch eine Kopplung mit dynamischen Simulationen und Verfahren des „machine learnings“, um somit prädiktive Modelle zur Echtzeitoptimierung nutzen zu können. Das wettertechnische System als solches kann als cyber-physikalisches System aufgefasst werden mit einer „engen Verzahnung und Abstimmung zwischen rechnergestützten und physikalischen Elementen“ (33). Die Basis für die Entwicklung dieser Systeme ist neben dem Einsatz geeigneter IKT-Strukturen ein detailliertes Verständnis vom System selbst, die Kenntnis über den Status und die Position relevanter Objekte und Prozesse, das Wissen über deren Verhalten und ihrer Beziehungen untereinander sowie das Verständnis über die Auswirkungen von Veränderungen auf das Systemverhalten. Teilweise kann dies durch den Einsatz von rechnergestützten Verfahren zur Wetternetzberechnung und numerischer Strömungssimulation sowie deren Integration im Sinne eines hierarchischen Ansatzes realisiert werden.

Darüber hinaus wurden die Konsequenzen der Entwicklung des Bergbausektors in Richtung Bergbau 4.0 auf das Ausbildungs- und Anforderungsprofil zukünftiger Bergbauingenieure aufgezeigt und ein innovatives Lehr/Lernkonzept (InVent) für den Bereich der Wettertechnik und Klimatisierung vorgestellt.

References / Quellenverzeichnis

References / Quellenverzeichnis

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Autor: Dr.-Ing. Elisabeth Clausen, Institut für Bergbau, Technische Universität (TU) Clausthal, Clausthal-Zellerfeld

 

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