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Der Rohstoffsektor im Wandel: Wege zur Nachhaltigkeit

Beim Thema Rohstoffe denken die meisten an Kohle, Öl und Gas oder Eisenerz, Kupfer und Gold. In der öffentlichen Wahrnehmung dominiert ihre Bedeutung für Bereiche wie Energiegewinnung, Stahlerzeugung und Infrastruktur. Traditionell wird der Rohstoffsektor in der Gesellschaft vor allem mit der Gewinnung fossiler Energieträger in Verbindung gebracht. Nicht zuletzt das stellt den kompletten Bereich in den Fokus der öffentlichen Diskussion – auch abseits aktueller Ereignisse, die vor allem ein Schlaglicht auf das Geflecht internationaler Abhängigkeiten werfen.

Author/Autor: Jens-Peter Lux, Managing Director, DMT GROUP

Deutlich weniger Bewusstsein existiert dafür, wie sehr die durch den Bergbau gewonnen Rohstoffe mittlerweile alle Aspekte unseres modernen Lebens durchdringen. Viele wären sicherlich überrascht, wie viele Dinge, die man für selbstverständlich hält, ohne Bergbau gar nicht möglich wären. Das beginnt mit Baustoffen wie Kies und Kalk oder Dünger für die Nahrungsmittelproduktion und reicht bis zu den Mineralen, die für die Megathemen unserer Zeit wie die Digitalisierung und die Energiewende unerlässlich sind. Gerade sie gewinnen stetig an Bedeutung und können nach heutigem Stand schwer bzw. gar nicht subsituiert werden und die Recyclingkreisläufe im Industriemaßstab müssen stecken noch in den Anfängen.

Dennoch steht der gesamte Rohstoffsektor wie kaum eine andere Branche unter Druck: Energiewende, Verfügbarkeiten, globale Lieferketten, Preisentwicklungen und der eigene Anspruch Umweltbelastungen beständig zu verringern sind hier nur einige Stichworte.

Ohne Rohstoffe keine Zukunft

Der Bergbau ist – anders als manche populistische Lesart suggerieren mag – eine klare Zukunftsbranche. Als solche kommt sie um ein zentrales Thema nicht herum: die Nachhaltigkeit. Ihr wird in der Branche eine dominierende Rolle im 21. Jahrhundert zugeschrieben. Für Bergbau und Rohstoffbeschaffung bedeutet das einen tiefgreifenden Wandel. Konsequenterweise steht Nachhaltigkeit auch im Fokus unseres diesjährigen internationalen MiningForums.

Gerade für eine Branche, die so lebendige Traditionen pflegt und weltweit zu einer der ältesten überhaupt gehört, ist das eine erhebliche Herausforderung, denn eines ist klar: Ohne den Willen zu nachhaltigerem Wirtschaften, technologischen Innovationen und einem Kulturwandel hat der Bergbau keine Zukunft. U.a. Europa nimmt hier bereits eine Vorreiterrolle ein. Mit früher Bürgerbeteiligung, fairem Lastenausgleich und dem Einsatz modernster Technologien zum Schutz von Mensch und Natur werden bereits gute Erfahrungen gemacht. Doch unser Anspruch geht noch weiter: Die Branche muss daraufhin arbeiten, dass zum einen die vorhandenen Möglichkeiten möglichst überall zum Standard werden und zum anderen immer weiterentwickelt werden. Der Rohstoffsektor hat das Potential, insbesondere beim Umweltschutz, zum branchenübergreifenden Vorreiter zu werden.

Ohne Rohstoffbeschaffung ist die Zukunft der Menschheit zumindest ungewiss. Gleichzeitig müssen wir die Auswirkungen auf Mensch und Natur so gering wie möglich halten. Daher geht es nun darum, den Wandel zur Nachhaltigkeit zu realisieren. Hierzu gehören zentrale Fragen wie: Welche Rohstoffe können beziehungsweise müssen künftig überhaupt gefördert werden? Wie kann das nach den ESG-Kriterien (Environmental, Social, Government) geschehen? Und spätestens seit Corona und den geopolitischen Spannungen eben auch: Wie können internationale Lieferketten resilienter gemacht und einseitige Abhängigkeiten vermieden werden?

Wichtig ist zunächst einmal das Verständnis dafür, dass heute nahezu alles miteinander vernetzt ist und zusammenhängt. Die Bergbaubranche muss ein solches Verständnis entwickeln und auf breiter Basis implementieren. Hier ist bei vielen Akteuren noch Luft nach oben – und es gilt: Wer sich zuerst bewegt, mag kurzfristig ein Risiko eingehen – hat langfristig aber klare Vorteile. Denn nur wer nachhaltig wirtschaftet, wird sich am Ende auch nachhaltig auf dem Markt durchsetzen.

Soziale Verantwortung wahrnehmen

Nachhaltigkeit bezieht sich auch auf die soziale Verantwortung von Unternehmen. Das bedeutet für den Rohstoffsektor zum einen möglichst gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zum anderen bedeutet es, dass die soziale Perspektive auf Projekte erweitert wird. Die voranschreitende Vernetzung bedeutet auch: Es müssen alle Stakeholder einbezogen werden – nicht nur Branchenvertreter und Politik, sondern auch die Bürger, Gemeinden und Umweltverbände. Das allein löst noch keine konkreten Probleme, kann aber entscheidend dazu beitragen. So sollte künftig beispielsweise mehr Wertschöpfung am Ort der Rohstoffgewinnung stattfinden, um die lokale Bevölkerung stärker zu beteiligen – was die Akzeptanz der Unternehmen erhöht und deutlich macht, dass sie ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. Darüber hinaus sind detaillierte Informationen und ein Mitspracherecht der örtlichen Kommunen wichtig. Im Idealfall können Projekte durch Beteiligungsmaßnahmen für alle Seiten verbessert werden.

Abseits dessen haben große Konzerne wie auch kleinere Firmen inzwischen verstanden, dass ihnen die reine Fokussierung auf kurzfristige Profitmaximierung langfristig keinen echten Vorteil bringt und sie sogar auf Dauer aus dem Markt entfernen kann – damit also das Gegenteil von Nachhaltigkeit darstellt. Und das schlägt sich nicht nur auf die Umwelt und die betroffenen Menschen nieder, sondern auch auf das Image und die Glaubwürdigkeit. Da gerade die Bergbaubranche bei vielen Bürger/-innen nicht den besten Ruf hat, geht es hier nicht nur um Taten, sondern auch um aufklärende Worte jener Branchenvertreter, die in der Öffentlichkeit stehen.

Nachhaltigkeit ganzheitlich verstehen

Nachhaltigkeit muss ganzheitlich gesehen werden – und das betrifft Strategien und die Kommunikation genauso wie Prozesse und Technologien. Beim klassischen Bergbau würde das zum Beispiel bedeuten, dass die Transparenz bei der Rohstoffgewinnung und den Lieferketten so hoch wie irgend möglich sein sollte und dass selbstverständlich alle gesetzlichen Auflagen in Herkunfts- und Verarbeitungsländern ebenso wie höchste Standards nachweislich eingehalten bzw. mancherorts überhaupt implementiert werden. Auch sollten die sozialen Bedingungen bei der Rohstoffgewinnung nicht nur den Anforderungen entsprechen, sondern bestenfalls darüber hinausgehen.

Darüber hinaus müssen sich auch die Lieferketten selbst weiterentwickeln und immer mehr grüne Technologien bei Erschließung, Abbau und Aufbereitung von Rohstoffen zum Einsatz kommen. „Ganzheitlichkeit“ ist hier ein elementarer Begriff, denn es gilt, jedes Projekt – ob Green- oder Brownfield – in allen Aspekten von Beginn an bis zum letztendlichen Rückbau und zur Renaturierung in einigen Jahrzehnten durchzudenken und zu planen. Gerade hier hat Deutschland einen Vorsprung vor dem internationalen Wettbewerb. Der ‚Post Mining‘-Bereich ist weit entwickelt. So wird zum Beispiel intensiv geforscht, wie Geothermie im Grundwasser nach der Stilllegung einer Mine genutzt werden kann.

Dabei gilt mehr noch als anderswo: Wo das Know-how sitzt, sind auch die größten Chancen, wirklich relevante Ergebnisse zu erzielen. Die Vorreiterrolle, die Deutschland in diesem Bereich hat, ist Chance und Verpflichtung zugleich. Durch die andauernde Entwicklung unserer Tätigkeitsbereiche und Geschäftsfelder gelingt es uns Nachhaltigkeit und Wertschöpfung zu verbinden.

Ob Nachhaltigkeit im Berichtswesen mit entsprechender Standardisierung oder offensive Einbindung aller Beteiligten bzw. Betroffenen: Vieles, das vor zehn, zwanzig Jahren noch schwer vorstellbar erschien, ist heut bereits Realität. Und es zeigt vor allem eines: Die Branche hat ihre Verantwortung verstanden und angenommen. Nicht umsonst heißt es: Was im Bergbau machbar ist, ist es auch überall anderswo. Das Verständnis komplexer Zusammenhänge gehört zur DNA der Branche – und kann damit auch wertvolle Impulse für andere Bereiche geben.

Den Umstieg schaffen – mit smarten Technologien

Es geht um nichts Geringeres, als den Umstieg zu schaffen – hin zu einem umweltgerechteren Umgang mit Ressourcen von der Erkundung, der Gewinnung und Weiterverarbeitung über die Lieferkette bis zum finalen Produkt. Rohstoffe mit schlechter Umweltbilanz werden künftig kaum noch absetzbar sein. Wer sich hier nicht bewegt, teilt vermutlich bald schon das Schicksal aller Dinosaurier. Zumal auch hier neue, hochagile Player das Spielfeld betreten und manchen Platzhirsch in Bedrängnis bringen.

Dabei haben Technologien eine wichtige Funktion. Ein vollautomatisierter Abbau, wie er vielerorts bereits Realität ist, und der massive Einsatz digitaler Lösungen erhöhen Sicherheit und Effizienz. Die so genannten Best Available Technologies sind entscheidend beim Einsatz minimalinvasiver Abbaumethoden.

Digitale Lösungsansätze kommen auf allen Ebenen der Wertschöpfung zum Tragen – wie etwa bei den Analysen im Kontext der Erschließung, den Bodenprüfungen im Hinblick auf die Seismik in der jeweiligen Region. Ob Exploration, Abbau, ob Monitoring oder vorausschauende Wartung: Moderne Technik macht vieles möglich. Dabei kommt es jedoch zunehmend auf einen smarten Umgang mit dem Datenmaterial an, um einen Data Overkill zu vermeiden und stattdessen einen handfesten (Nachhaltigkeits-)Mehrwert aus den Analysen zu generieren.

Branche im Dialog – komplexe Zusammenhänge verstehen, Chancen nutzen

Nicht zuletzt ist auch die Tatsache relevant, dass die Branche offen und ergebnisorientiert diskutiert. Veranstaltungen wie das internationale MiningForum bieten hierfür eine gut geeignete Plattform: Hier können umfassende Stakeholder-Netzwerke aufgebaut und gepflegt – und vor allem die dringlichsten Fragen der Zeit erörtert werden: Wie kann der Zugang zu Rohstoffen für alle Menschen dauerhaft und stabil gesichert werden? Wie ist die Verfügbarkeit zu gewährleisten, damit ehrgeizige Projekte wie die elektrifizierte Verkehrswende zu realisieren sind? Dabei agieren die Teilnehmer des Forums auf einer beträchtlichen „Flughöhe“: Ziel ist es, eine 360-Grad-Perspektive auf alle relevanten Themenfelder zu gewährleisten – und die Veranstaltung damit auch zu einem Role Model zu machen, das ein Beispiel für andere Industrien geben kann.

Das MiningForum findet am 19. und 20. Mai 2022 im Estrel Berlin statt.

Veranstaltungspartner sind u.a. FAB, SBN, Technische Hochschule Georg Agricola, BSN (Branchenverband Steinkohle und Nachbergbau), TSU e.V., VBGU (Verband Bergbau, Geologie und Umwelt) oder der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).

Weitere Informationen:
www.the-miningforum.com

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