Fig. 1. The reliable supply of the power plants on the Rhine, Ruhr and Saar was one of the main tasks of RAG Verkauf. // Bild 1. Die zuverlässige Versorgung der Kraftwerke an Rhein, Ruhr und Saar gehörte zu den Hauptaufgaben von RAG Verkauf. Photo/Foto: RAG

RAG Verkauf stellt Tätigkeiten ein

Fast sieben Jahrzehnte lang leistete die RAG Verkauf GmbH, Herne, einen wesentlichen Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschland (Bild 1). Eine Erfolgsgeschichte, deren letztes Kapitel zum Jahreswechsel endet. Am 31. Dezember 2020 – gut zwei Jahre nach der Stilllegung der letzten beiden RAG-Bergwerke – stellt auch der ehemalige Vermarkter heimischer Steinkohle und einst größte deutsche Kohlenimporteuer seine Tätigkeit ein – aber nicht, ohne der Belegschaft sowie einzelnen Geschäfts- und Produktfeldern den Weg in die Zukunft zu ebnen.

„RAG Verkauf hat immer eine entscheidende Rolle für den RAG-Konzern gespielt“, sagt Michael Kalthoff, RAG-Finanzvorstand und Vorsitzender des Beirats von RAG Verkauf. Dank detaillierter Marktkenntnisse und sehr guter Kundenkontakte sei es den Verkaufsspezialisten auch in schwierigen Zeiten immer gelungen, die Förderung der heimischen Bergwerke zuverlässig abzusetzen. Eine außerordentliche Leistung, die auch notwendig war, um den gesamten Auslaufprozess des deutschen Steinkohlenbergbaus sozialverträglich zu ermöglichen. Denn die notwendigen öffentlichen finanziellen Hilfen gab es nicht für die geförderte, sondern für die verkaufte Tonne Steinkohle. Hierfür, so Kalthoff, gebühre allen Mitarbeitern der RAG Verkauf der Dank und die Anerkennung der gesamten Konzernbelegschaft.

Trotz dieser Erfolge und eines erfolgreichen Umstrukturierungs- und Entwicklungsprozesses sei es dennoch unausweichlich, den Geschäftsbetrieb von RAG Verkauf zum Jahresende einzustellen. Denn ohne den heimischen Steinkohlenbergbau sei die RAG in der Nachbergbau-Ära nun einfach nicht mehr der sogenannte „Best Owner“. Umso mehr erfreue es Kalthoff, dass es in einem gemeinsamen Kraftakt mit dem Sozialpartner gelang, das Unternehmen ohne Verwerfungen zu beenden.

Beschäftigte RAG Verkauf zu Hochzeiten mehr als 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, waren es im November 2020 gerade noch 16. Die Mittel beim sozialverträglichen Personalabbau umfassten im Wesentlichen die Vermittlung von Arbeit in Arbeit über die Veräußerung ganzer Geschäftsfelder einschließlich Arbeitsplatzgarantie für das RAG Verkauf-Personal sowie Altersteilzeitmodelle. „Für die erfolgreiche Umsetzung gilt allen Beteiligten mein herzlicher Dank“, sagt Kalthoff. „Und ganz besonders unserem Sozialpartner, der während all dieser Zeit immer an unserer Seite stand.“

Der 1968 geschlossene und 1985 verlängerte Hüttenvertrag und der 1977 mit seinen Ergänzungsvereinbarungen geschlossene Jahrhundertvertrag zwischen Bergbau und Elektrizitätswirtschaft waren bis in die 1990er Jahre die Basis für die Lieferungen an deutscher Kohle (Bild 2).

Fig. 2. Full supply chains: RAG Verkauf used ships, trains or lorries for the goods transport. // Bild 2. Vollständige Lieferketten: RAG Verkauf nutzte Schiff, Bahn oder Lkw für den Gütertransport. Photo/Foto: RAG

„Seit 1996 erfolgt der Verkauf der deutschen Kohle in Konkurrenz zum Weltmarktpreis. Wir sind stolz darauf, dass RAG Verkauf seitdem über 0,6 Mrd. t an Kohle und Koks vermarktet hat“, sagt Manfred Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Über all diese Jahre konnten durch die hohe Identifikation und Motivation unserer Mitarbeiter die Ziele von RAG Verkauf erreicht werden.“

Seit der Gründung 1953, damals noch unter dem Namen Präsident Ruhrkohlen Verkaufsgesellschaft mbH, verfolgte das Unternehmen ein wesentliches Kerngeschäft: die Vermarktung deutscher Steinkohle. Lieferungen von Fein-, Grob- und Ballastkohlen an die Kraftwirtschaft stellten den größten Geschäftsbereich dar. Neben großen Energieversorgungsunternehmen gehörten vor allem Stadtwerke und kommunale Versorger zu den Kunden. Über den Großhandel gingen zudem Nusskohlen in den Wärmemarkt an nichtverstromende Kleinverbraucher wie Gärtnereien oder auch als Hausbrand an öffentliche Gebäude und Privathaushalte.

Die Großkunden der eisenschaffenden Industrie nahmen Kokskohlen für ihre Kokereien sowie Koks und Einblaskohle für den direkten Einsatz in ihren Hochöfen ab. RAG Verkauf zeichnete zudem für den Verkauf von Gießereikoks, Brechkoks und Koksgrus verantwortlich. Hinzu kamen Produkte der „Weißen Seite“ der Kokereien, vor allem Gas und Kohlenwertstoffe wie Teer und Ammoniak, die der chemischen Industrie als Grundstoff für zahlreiche Produkte dienen – von Zahnpasta über Kunststoffe bis zu Düngemitteln.

Im Lauf der Jahre kamen weitere Geschäftstätigkeiten hinzu, etwa die Vermarktung von Bergematerial, das mit der Kohleproduktion anfiel, und das Stoffstrommanagement zur ressourcenschonenden Aufbereitung und Wiederverwendung unterschiedlichster Materialien. Dazu gehört auch die kostenoptimierte und termingerechte standsichere Verfüllung der nicht mehr benötigten Schächte der RAG, die Grundvoraussetzung für die Befreiung der entsprechenden Bergbauflächen aus der Bergaufsicht und damit auch für die Neuansiedlung von Unternehmen und Arbeitsplätzen ist.

Seit Mitte der 1990er Jahre vermarktete RAG Verkauf zusätzlich zur deutschen auch internationale Steinkohle und entwickelte sich 1998 zum größten Kohleimporteur Deutschlands. Die für die Kokerei Prosper notwendige Importkokskohle beschaffte das Unternehmen direkt bei Produzenten in Australien, den USA und in Kanada. Hieran änderte auch der Verkauf der Kokerei an ArcelorMittal Bremen im Jahr 2011 nichts, den RAG Verkauf mit verhandelte.

Mit dem Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus änderte sich auch das Geschäft. Die direkte Vermarktung von Steinkohle und Koks ist abgeschlossen. Um dem Geschäftsbereich „Internationaler Kohle- und Kokshandel“ eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, veräußerte RAG Verkauf ihn im August 2018 an Xcoal Energy & Resources Germany GmbH mit Sitz in Essen. Bis Ende des Jahres 2020 sicherte RAG Verkauf die kaufmännische Restabwicklung der deutschen Kohle und entwickelt das Geschäftsfeld Stoffstrommanagement weiter, darunter vor allem die Schachtverfüllungen. Ab 2021 wird dieses Geschäftsfeld unter dem Dach der RAG Montan Immobilien GmbH fortgeführt. (RAG/Si)

 

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