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Corona-Pandemie und Lehre im Bergbau

Mit dem Beginn der Corona-Pandemie wurden Kontakte eingeschränkt und Veranstaltungen verboten. Die Lehre musste sich anpassen. Online-Vorlesungen ersetzten Präsenzveranstaltungen. Das Institut für Bergbau und Spezialtiefbau der TU Bergakademie Freiberg, Freiberg, konnte entsprechende Lehrangebote sofort umsetzen und fand auch Regelungen für Praktika und Exkursionen.

Author/Autor: Dr.-Ing. Jürgen Weyer, Institut für Bergbau und Spezialtiefbau, Professur für Rohstoffabbau und Spezialverfahren unter Tage, TU Bergakademie Freiberg, Freiberg

Diskrepanz zwischen Geboten der Wissenschaft und -Beschränkungen der persönlichen Freiheit

Es begann zunächst, wie auch bei manchen anderen Erkrankungen. In Wuhan/China, einer Region mit 11 Mio. Einwohnern, gab es eine Reihe von Lungenentzündungen. Am 31. Dezember 2019 meldete China der World Health Organisation (WHO) dann eine Häufung von Lungenentzündungen. Der erste offiziell bestätigte Tote wurde in China am 11. Januar 2020 gemeldet. Am 24. Januar 2020 erreichte das Virus Europa. (1, 2)

Der erste Coronafall in Deutschland wurde am 28. Januar 2020 in Bayern diagnostiziert, die ersten beiden Todesfälle wurden am 9. März 2020 gemeldet (3, 4). Am 11. März 2020 wurde der Ausbruch durch die WHO als pandemisch charakterisiert (5). Es folgten neben vielen anderen Maßnahmen vor allem eine Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen, Schließung von Geschäften, Verbot von Veranstaltungen und in der Folge u. a. Probleme der Versorgung der Bevölkerung. In Deutschland war das u. a. Toilettenpapier, was trotz mehrfacher Beteuerung, dass es genug in den Lägern gäbe, über Wochen und Monate nicht in ausreichender Anzahl den Weg in die Regale der Geschäfte fand. So mancher fühlte sich auch zu Beginn 2022 in das Jahr 2020 zurückversetzt, wenn er die Schlagzeile von Business Insider Deutschland las: „Wieder wird das Klopapier knapp, aber Hamsterkäufe sind diesmal nicht der Grund“ (6). Der Grund lag dieses Mal in erhöhten Rohstoffpreisen, gestiegenen Energiepreisen und steigenden Kosten der Logistik. Sicher auch zu Teilen der Auswirkung der Pandemie geschuldet. Und dennoch wurden wieder ungute Gefühle wach.

Seit Beginn der Pandemie müssen sich Ärzte und Regierungen in aller Welt mit Skeptikern, Ungläubigen, aber auch „Pandemiemüden“ auseinandersetzen. „Ich kennen noch keine Toten in meinem Umfeld“, „das ist alles nur Panikmache“ sind zwei von vielen Argumenten, die man hin und wieder hört. Impfen soll helfen. Statistisch bewiesen, über weltweite unabhängige Studien letztlich als sicher und hochwirksam bestätigt, gibt es auch hier Zweifler und Impfgegner. Die eigene körperliche Unversehrtheit wird von einigen vorgeschoben, um nicht geimpft zu werden. Schaut man in die Vergangenheit, so sieht man, dass eine Impfung zur Verhinderung bleibender Lähmungen bei Polio, von häufig tödlich verlaufendem Wundstarrkrampf, blind oder geistig behindert geborenen Kindern bei Röteln oder Tod durch Diphtherie oder Pocken ein Segen für die Menschheit war. Gerade weil man noch sah und wusste, welche dramatischen Folgen Krankheiten ohne Impfung hatten, war diese in hohem Maße akzeptiert. In der damaligen DDR gab es eine Impfpflicht (7) für einige besonders gefährliche Krankheiten. In der Bundesrepublik gab es seit 1954 dagegen keine Impfpflicht (7). Im März 2020 wurde die Masern-Impfpflicht neu eingeführt (8). Alle anderen Impfungen basieren auf Empfehlungen der ständigen Impfkommission. Diese Freiheit der Selbstbestimmung bei gleichzeitig recht hoher Impfquote und das Nichterleben direkter Wirkungen von solchen Erkrankungen führte und führt anscheinend in zunehmendem Maß zur Hinterfragung einer Impfung überhaupt und einer Impfflicht im Speziellen mit eigentlich vergleichsweise geringen „Nachteilen“, wie einer Hautrötung oder einem Druckgefühl, die aber nur kurze Zeit anhalten. Als letztes wird von Impfgegnern immer wieder die Zahl der Toten durch eine Impfung angeführt. Doch wie hoch ist diese wirklich? Der Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (9) gibt – neben anderen Organisationen weltweit – an, dass 106.835 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen bei 74.871.502 Impfungen bis zum 30. Juni 2021 gemeldet wurden, interessanterweise mehr als 2,5-mal mehr bei Frauen als bei Männern. Davon – je nach Impfstoff – nur 0,1 bis 1,1 % tödliche Verläufe, das sind rd. 1,4 pro 100.000 Personen oder 0,0014 %. Im Vergleich dazu ist die Zahl der Toten durch Alkohol in Deutschland (ca. 74.000/a, (10)) rund 65-mal höher. Ohne Impfmöglichkeit, aber schon mit drastischen Eindämmungsmaßnahmen, sind in Italien 33.200 Menschen in den Monaten März bis Mai 2020 an Corona gestorben. Das wären im Vergleich – trotz Schutzmaßnahmen wie totales Ausgangsverbot – über 160-mal mehr Tote.

Die Bilder aus Italien gingen um die Welt. Der Ruf nach einem zuverlässigen Schutz wuchs. Mittlerweile zeigten Ausgangs- und Kontaktverbot Wirkung. Ärzte in der ganzen Welt lernten dazu, fanden erste Behandlungsmöglichkeiten. Die ersten Impfstoffe wurden getestet und freigegeben. Die Anzahl der Toten sank, ebenso die Anzahl von Personen mit schweren Verläufen. Die Sehnsucht nach Öffnungen wuchs stetig. Pädagogen warnten vor Auswirkungen der Corona-Beschränkungen auf Schüler und Studenten. Es darf doch nicht sein, dass durch die Corona-Pandemie Lerndefizite auftreten, mentale Probleme zunehmen oder zwischenmenschliche Beziehungen leiden. Keine Generation darf Nachteile haben. Mütter müssen ihre Kinder in die Betreuung geben können. Menschen müssen sich wieder treffen dürfen.

Zweifelsohne berechtigte Sorgen, aber auch berechtigte Forderungen? Haben wir es verlernt auszuharren, bis zu einem Punkt, wo es sicherer ist? Setzen wir falsche Prioritäten? Verhinderung von Lerndefizit auf Kosten von mehr Ansteckung und mehr Toten? Das sind äußerst komplexe Fragen, die schwierig zu beantworten sind. Egal, wie man reagiert, gibt es in unserer schnellen informationshungrigen Welt immer ein „aber“. Ein Hineindenken in die Argumentationen anderer wird mit zunehmender Zeit schwieriger. Man will die anderen Argumente nicht mehr hören. Wie also aus diesem Dilemma herauskommen, wie in dieser Situation entscheiden: Lehre online oder in Präsenz? Weniger Kontakte oder doch in den Hörsaal? Praktika auf engem Raum? Viele von uns werden erkennen: Natürlich wollen wir unsere Freiheiten zurück. Aber wer darf entscheiden, wieviel Risiko noch akzeptabel ist? Hören wir einfach ein bisschen mehr auf die Wissenschaft und akzeptieren, dass es eine Pandemie ist und Pandemie ist Krieg. Im Krieg kann man nicht alle Freiheiten haben. Im Krieg gibt es Auswirkungen auf die Psyche, die Bildung leidet und muss auf anderem Weg erfolgen oder nachgeholt werden. Der Unterschied der Pandemie zum Krieg ist: Im Krieg sieht man die Auswirkungen direkt (Tabelle 1).

Table 1. Comparison of the effects of World War I with those of the corona pandemic. // Tabelle 1. Vergleich der Auswirkungen des 1. Weltkriegs mit denen der Corona-Pandemie. Source/Quelle: Weyer

Folgen für die Lehre am Institut für Bergbau und Spezialtiefbau der TU Bergakademie Freiberg

Die Pandemie führte dazu, dass mit dem 16. März 2020 auch die TU Bergakademie Freiberg, Freiberg, zunächst in den Standby-Modus wechselte, die Einrichtungen sicherte und direkt anstehende Prüfungen verschob. Am 17. März 2020 wurden die Präsenzlehre mindestens bis zum 4. Mai 2020 ausgesetzt und sämtliche Gebäude der TU geschlossen. Die Bibliothek wurde bereits am 14. März und die Mensa am 19. März 2020 geschlossen. Zeitgleich wurden erste Maßnahmen zum E-Learning genannt und die Voraussetzungen für die Umsetzung erarbeitet. Tutorials wurden erarbeitet und bereitgestellt, Werkzeuge geschaffen, z. B. über die Plattform OPAL, Hinweise auf mögliche Lehrformen gegeben. In Abhängigkeit von den Vorkenntnissen der Lehrenden wurden Möglichkeiten aufgezeigt, wie im April das Semester beginnen könnte. Das reichte vom virtuellen Klassenzimmer über Streaming, Videoübertragung, das Scannen von Foliensätzen und deren Bereitstellung, Fragestunden über das Internet und mehr. Besonders intensiv wurde an der Bereitstellung der Hard- und Software gearbeitet. Gerade für Übertragungen aus den Hörsälen gab es logischerweise nur zahlenmäßig begrenzte Möglichkeiten. Die Frage von Online-Konferenzen als Lehrform, Fragestunde oder Mitarbeitermeeting war vor allem aufgrund sicherheitlicher Fragen zunächst unklar. Mitarbeiter wurden ins Home-Office geschickt und mussten von einem zum anderen Tag Kommunikationswege mit den anderen Kollegen und Lehrkräften finden. Das fing mit Fragen der telefonischen Erreichbarkeit an, führte aber auch schnell zur Frage, wie Dokumente ausgetauscht werden können und wie man sich in Gruppen absprechen kann. Am 6. April 2020 konnte dann das Semester einerseits planmäßig, andererseits ausschließlich als Online-Veranstaltung starten. Natürlich verlief das sehr unterschiedlich. Während einige Vorlesende den Vorlesungsbeginn verschoben oder nur Lehrmaterial austeilten, gingen andere in den Hörsälen online oder nahmen Vorlesungen auf, um sie dann einspielen zu können.

Auch im Institut für Bergbau und Spezialtiefbau gab es unterschiedliche Ansätze. Für den Bereich der Lehre im Bergbau unter Tage innerhalb der Professur für Rohstoffabbau und Spezialverfahren unter Tage ging es bereits am ersten Tag als Online-Vorlesung los. Zwischenzeitlich waren noch die eine oder andere Web-Cam oder ein Zeichen-Tablet angeschafft und die Handhabung verschiedener Programme und Tools getestet und erlernt worden. Positiv wirkte sich aus, dass heutzutage jeder Ingenieur mit dem Computer umgehen kann, was insbesondere auch auf den Bergbausektor und die Lehre im Bergbau zutrifft. Bergbauplanungs- oder Wetternetzprogramme sind das Handwerkszeug des heutigen Bergbauingenieurs. Die Bereitstellung von Unterlagen und PowerPoint-Präsentationen in Vorlesungen sind State of the Art in der Lehre. So waren bereits vor Corona so gut wie alle Vorlesungen in digitaler Form vorhanden, wenn auch nicht auf eine Online-Version abgestimmt. Ob eine vorhandene Power-Point-Präsentation besser ist als einige Folien mit Anschreiben und Entwickeln von Abhängigkeiten an der Tafel, soll hier nicht diskutiert werden. Wissenschaftler haben über Jahrzehnte festgestellt, dass man sich Dinge besser merkt, wenn man sie sieht, hört und aufschreibt oder auch anfassen kann. Letzteres fällt bei PowerPoint-Präsentationen mit bereitgestellten Folien weg und der Eindruck, dass sich (nicht nur) die Studenten immer weniger merken und sich mehr auf Handy und Internet verlassen, steht da schon deutlich im Raum. Dennoch machen es einfache Dinge wie ein preiswertes Grafik-Tablet möglich, in einer Online-Vorlesung Dinge zu ergänzen, Texte zu unterstreichen, einfache Skizzen direkt zu malen oder eine leere Seite wie eine Tafel zu benutzen (Bild 1).

Fig. 1. Demonstration example for inserting text/graphics into a running PowerPoint presentation from the home office. // Bild 1. Demonstrationsbeispiel für das Einfügen von Text/Grafik in einer laufenden PowerPoint-Präsentation aus dem Home-Office. Photo/Foto: Weyer

Solche Ergänzungen oder Änderungen können dann auf Wunsch gespeichert oder auch verworfen werden. Aber es ist natürlich auch ein Unterschied, ob man vor den Studenten im Hörsaal steht und PowerPoint-Folien zeigt und erläutert, auf die Reaktionen achtet, die Mimik beobachtet, die Aufmerksamkeit einschätzt, auf Fragen antwortet oder auch selbst mal eine Frage stellt, die Tafel als Werkzeug mitnutzt, Anschauungsbeispiele zeigt, wie z. B. Bohrköpfe, Psychrometer, Anemometer, Versatzproben usw., oder ob man aus dem Home-Office oder später dem Dienstzimmer die Vorlesung komplett digital halten muss. Insofern waren vor allem in der Anfangszeit auch Anpassungen der vorhandenen Präsentationen erforderlich. Neue Beispiele wurden aufgenommen, Bilder ergänzt, Texte erweitert, Erläuterungen angepasst. Als Plattformen kristallisierten sich das angebotene BBB (Big Blue Button) und auch ZOOM für ein Video Hosting heraus. Für ersteres standen zunächst nur sehr begrenzte Kapazitäten zur Verfügung (Anzahl der Räume und Anzahl der Teilnehmer pro Raum), woraus die Befürchtung erwuchs, dass man nicht alle Vorlesungen und Seminare halten kann. Diese Befürchtung zerschlug sich aber sehr schnell. Einerseits wurden die Zeiträume für Vorlesungen bis 20:00 Uhr ausgedehnt, andererseits fanden sich in der Anfangszeit nicht genügend Vorlesende, die diese Möglichkeit nutzen wollten oder konnten. Damit konnten alle Lehrveranstaltungen zum untertägigen Bergbau angeboten und gehalten werden.

Dazu wurde nicht nur BBB, sondern nach Klärung rechtlicher und vor allem sicherheitlicher Fragen auch das Videokonferenzsystem ZOOM genutzt. Im Gegensatz zu Anfangsschwierigkeiten mit BBB war Zoom auch bei vielen Teilnehmern und mit Video stabil. Unterbrechungen wegen Netzausfall oder schlechter Netzqualität gab es kaum, in den meisten Vorlesungen gar nicht, zumindest nicht auf Seiten des Lehrenden. Ob es erwähnenswerte Ausfälle auf Seiten der Studenten gab, kann nicht sicher gesagt werden, zumindest gab es dazu keine nennenswerten Rückmeldungen oder sichtbare Ausfälle.

Präsenzvorlesungen und Prüfungen unter Einhaltung der Hygieneregeln wurden wieder in kleinen Gruppen ab dem 4. Mai 2020 möglich, ebenso Hybridveranstaltungen (Präsenz und digital gleichzeitig). Am 15. Mai 2020 konnte auch die Mensa teilweise wieder geöffnet werden. Für Vorlesungen war neben dem Tragen einer Maske oder eines Gesichtsschilds – je nach Entfernung zu den Vorlesenden – auch das Lüften vorgeschrieben, wobei die Fenster und Türen ständig geöffnet waren. Praktika und Exkursionen konnten ebenso unter Einhaltung bestimmter Regeln durchgeführt werden. Gleiches galt mit dem Beginn des Wintersemesters bis zum zweiten Lockdown. Für einige vorhersehbar wie das Aufgehen der Sonne am Morgen, führten Reisen und Kontakte im In- und Ausland sowie das Nichteinhalten der Hygieneregeln Einiger zu wieder ansteigenden Infektionszahlen. Die meisten Bergbaupraktika und Exkursionen konnten mit den bekannten Hygienemaßnahmen noch durchgeführt werden, wenige wurden in das kommende Semester verschoben, ausfallen musste keines. Nicht notwendige Prüfungen wurden allerdings verschoben.

Schon im Sommer 2020 wurden erste Erfahrungen mit Online-Klausuren gesammelt. Damit nicht jeder Einzelne sich separat einarbeiten muss, übernahmen vor allem zwei Mitarbeiter innerhalb der Professur die Vorbereitung von Online-Prüfungen über das am Institut neue System Onyx. Sie arbeiteten sich intensiver ein und standen jedem zur Hilfe bereit. Das nutzte vor allem in den ersten Monaten des Jahres 2021, in denen auch einige Klausuren/Prüfungen bevorstanden.

Wie läuft eine Online-Klausur ab? Dazu gibt es eine Reihe von Regeln, vor allem geht es um die Frage der Vertraulichkeit (Datensicherheit) und den Nachweis, dass der Studierende nicht betrügt. Jeder weiß, es gab und gibt immer Möglichkeiten, man muss nur alles soweit einschränken, dass man sich sicher sein kann, dass alles vergleichbar mit „normalen“ Anwesenheitsklausuren ist. Grundlegend ist dabei, dass alle Studierenden ihre Kamera einschalten müssen. Sollte jemand keine haben – Laptops haben heute alle eine – kann ein Arbeitsplatz bereitgestellt werden, was für die Bergbaustudierenden nicht erforderlich war und auch sonst wohl die Ausnahme bleiben wird. Die Vorbereitung der Prüfung erfolgt über Opal/Onyx. Hier können die verschiedensten Prüfungsszenarien erstellt werden. Aus der großen Vielzahl der Möglichkeiten seien nur genannt: Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten (Einfach- oder Mehrfachantwort), Antwortmöglichkeiten in Textform, es können Bilder eingefügt werden und vieles mehr. Die Prüfung kann vom Studierenden gestartet werden, der Prüfende bestätigt dann und erst ab diesem Zeitpunkt läuft die Zeit. Der jeweilige Stand wird gespeichert, unterbricht die Verbindung, kann sich der Studierende neu einwählen, die Zeit wird unterbrochen und er kann da fortsetzen, wo er gerade war. Ist er fertig, kann er alles nochmals durchlesen und abgeben, wenn diese Form vom Prüfer gewählt wurde. Der Prüfer wertet dann aus. Alternativ gibt es Möglichkeiten, bei denen die Prüfung gleich durch das Programm ausgewertet wird. Durch die eingeschaltete Kamera und natürlich auch die Art der Fragen sowie eine mögliche Zeitbeschränkung kann weitestgehend sichergestellt werden, dass die Nutzung unzulässiger Hilfsmittel – wie bei Präsenzprüfungen – unterbunden wird. Diplom- und Studienarbeiten und auch Literaturarbeiten, die aber nicht zeitkritisch sind, sind zu verteidigen. Hier ist bis jetzt eine Präsenz erforderlich, da der Studierende einen Vortrag mit entsprechenden Folien (PowerPoint) halten muss. Im konkreten Fall ist daher ein Gutachter oder Betreuer in Präsenz erforderlich, alle anderen sind passwortgeschützt online zugeschaltet, ebenso natürlich betriebliche Betreuer. Unter Einhaltung der Hygieneregeln findet dann die Verteidigung in hybrider Form statt.

Ein weiterer Aspekt in der bergmännischen Ausbildung sind Praktika der Studierenden in der vorlesungsfreien Zeit oder auch vor oder während der Anfertigung ihrer Graduierungsarbeiten. Bei Graduierungsarbeiten gab es im letzten Jahr keine Probleme, die Betriebe haben unter Einhaltung gültiger Regeln diese Praktika ermöglicht. Durch die Einhaltung der Hygiene-Regeln sind auch in den Betrieben Mehraufwendungen und Abstimmungen nötig, z. B. in Hinblick auf Unterkünfte.

Allgemein sei aber daran erinnert, dass die Situation für einige Studierende und in manchen Fachrichtungen schwierig war und ist. Das begann mit der Schließung der Mensa. Nicht jeder war auf eine vollständige eigene Versorgung eingestellt oder hatte nur begrenzte Möglichkeiten. Nebenjobs wie Aushilfskellner, Arbeiten in der vorlesungsfreien Zeit oder studienbegleitend waren plötzlich nicht mehr möglich, die Finanzierung des Studiums damit für einige Studierende in Gefahr. Einige Studierende gerieten in Not. Es wurde zu Spenden aufgerufen und ein Sonderfond durch den Verein der Freunde und Förderer der TU Bergakademie Freiberg e. V. bei der Sparkasse Mittelsachsen eingerichtet. Andere Probleme hatten ausländisch Studierende. Teils erhielten sie kein Visum für die Einreise. Vorlesungen über das Internet liegen dann – je nach Region – mitten in der Nacht, falls das Internet überhaupt funktioniert, Strom vorhanden ist und man einen Laptop oder Rechner zur Verfügung hat.

Fig. 2. Anemometer measurement in a tunnel. // Bild 2. Anemometermessung an einer Rösche. Photo/Foto: Weyer

Das Wintersemester 2021/22 sollte dann möglichst in Präsenz stattfinden. Für den Bereich Bergbau mit einer überschaubaren Anzahl von Studierenden war das auch unter Einhaltung von Mindestabstand und Maskenpflicht während der Vorlesung problemlos möglich. Dann stiegen die Sieben-Tage-Inzidenzen wieder auf ein Rekordhoch. Auch aufgrund neuer Erkenntnisse bezüglich der Wirksamkeit einzelner Maßnahmen und sinkender Hospitalisierungsraten trotz hoher Inzidenzen wurde das bis zum Ende des Semesters so weiterverfolgt. Dennoch hatte sich jeder darauf vorzubereiten, bei Bedarf sofort auf Online-Veranstaltungen oder Online-Prüfungen umzuschwenken. Bisher ist das nicht erforderlich geworden. Eine Vielzahl von Praktika und Exkursionen konnte ebenfalls nachgeholt werden, natürlich mit einer gewissen Anpassung an die Corona-Situation und sicher auch geringen Corona-bedingten Abstrichen. So wurde beispielsweise das Untertagepraktikum „Wettermessung“ nach Übertage verlegt. Dazu war zwar ein mehrere Kilometer langer Fußmarsch zu einer Rösche erforderlich, was aber den Vorteil brachte, auf dem Weg Zeugen der Bergbaugeschichte zu zeigen und zu erläutern. Außerdem war damit eine Maske nur erforderlich, falls man den Abstand von 1,5 m nicht einhalten konnte. Ein paar Meter in der Rösche fand dann eine Anemometermessung statt (Bild 2), vor dem Gitter kein optimaler Ort, aber tauglich für ein Praktikum. Die übrigen Studierenden standen 10 m entfernt auf dem Weg und sollten die Messung beobachten und kommentieren, bis sie an der Reihe waren. Weitere Exkursionen sind im Sommer 2022 geplant.

Resümee

Insgesamt hat somit die Lehre im Bereich Bergbau gut funktioniert. Vorlesungen und Seminare fanden statt, ebenso die meisten Exkursionen und Praktika. Die wenigen fehlenden Exkursionen und Praktika werden nachgeholt. Oft diskutiert wird, ob denn Online-Vorlesungen besser oder schlechter als Präsenzveranstaltungen sind. Vor allem für die Schulen und insbesondere für die ersten Klassen wird ein starker negativer psychischer Effekt erörtert. Beim Studium hat man es mit Erwachsenen zu tun, die zweifel-los auch Auswirkungen spüren. Wie groß diese sind oder ob es auch Vorteile gibt, lässt sich nicht so leicht beantworten und wäre Stoff für eine gesonderte Untersuchung nach der Corona-Krise. Einige Punkte bezüglich Online-Lehre seien dennoch ohne Wertung genannt:

  • Mehr freie Zeit zwischen den Einzelvorlesungen, aber Vorlesungen bis 20:00 Uhr.
  • Wegfall der Wegezeiten von Hörsaal zu Hörsaal, damit für einige weniger Stress.
  • Mehr Zeit für Mahlzeiten.
  • Bei Vorlesungen ist das Ausschalten des eigenen Videos und Mikrofons möglich, damit auch „legere Kleidung“ sowie Essen und Trinken nebenbei.
  • Anrufe können entgegengenommen werden.
  • Der Vorlesende sieht nicht, wenn man sich langweilt oder etwas anderes macht.
  • Man kann nebenbei umherlaufen.
  • Der Vorlesende kann die Reaktion der Studierenden schlechter einschätzen und erklärt manches vielleicht zu ausführlich oder auch zu kurz, obwohl die Studierenden Fragen stellen können und dies auch tun.
  • Fehlende direkte Kontakte führen zu psychischen Belastungen.
  • Der Zwang, zu Hause zu bleiben nervt, gemeinsame Unternehmungen sind nicht möglich.
  • Gemeinsames Lernen ist nur ohne gegenseitigen Kontakt möglich.
  • Die Nutzung der Bibliothek ist schwieriger geworden (Ausleihe nach Anmeldung).

Die Liste ließe sich fortführen. Es bleibt zu hoffen, dass durch die Maßnahmen der Bundesregierung bald wieder zu einer neuen Normalität zurückgekehrt werden kann. Sinkende Infektionszahlen im Sommer geben Hoffnung, sinkende Temperaturen im Herbst erzeugen neue Unsicherheit.

Author/Autor: Dr.-Ing. Jürgen Weyer, Institut für Bergbau und Spezialtiefbau, Professur für Rohstoffabbau und Spezialverfahren unter Tage, TU Bergakademie Freiberg, Freiberg

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