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Deutscher Nachbergbau als Vorbild für die Entwicklungen in China

Aufgrund der jüngsten Ankündigung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, bis 2060 klimaneutral zu werden, steht China vor einem großen Umbruch. In China ist die Stromerzeugung der größte Kohleverbraucher und Kohle bleibt auch zukünftig eine wichtige Energiequelle. Im bevorstehenden Zeitalter der erneuerbaren Energien und des Klimaschutzes hat auch der Übergang zu einem nachhaltigeren Energieversorgungssystem begonnen. Daher hat der Kohlebergbau in China derzeit eine Phase der Stagnation erreicht. Dies impliziert eine beschleunigte Rolle des Nachbergbaus und beinhaltet das integrierte Verständnis des bergbaulichen Lebenszyklus und der berücksichtigten Auswirkungen. Die wichtigsten Herausforderungen sind der Grubenwasseranstieg, langfristige und ewige ökologische Aufgaben, das Geomonitoring und Markscheidewesen sowie die Reaktivierung und Transition von Brachflächen. Das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum nutzt dabei sein Wissen sowie umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen Disziplinen. Eine integrierte nachbergbauliche Analyse des Bergbaulands China in Technologie, Politik und Wirtschaft hat ergeben, dass sich der Prozess dort noch in der Entwicklung befindet. Angesichts der Breite der damit verbundenen interdisziplinären Aufgaben sind geeignete Lösungen und Empfehlungen erforderlich. Das langjährige umfassende Fachwissen und die Erfahrung des FZN können als Vorbild für eine nachhaltige Entwicklung des Nachbergbaus in China eingesetzt werden.

Authors/Autoren: Julia Tiganj B. A., Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, Prof. Dr. Jürgen Kretschmann, Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, Prof. Dr. Kai van de Loo, Prof. Dr. Tobias Rudolph, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum

1  Einleitung

Die vollständige Umstellung auf erneuerbare und andere Energien, z. B. Atomkraft, und die Schließung aller Steinkohlenbergwerke in China liegen noch in ferner Zukunft. Bisher ist China der mit Abstand größte Kohleproduzent weltweit – es konzentriert die Hälfte der weltweiten Produktion – und blickt auf 20 Jahre rascher Ausweitung des Kohlebergbaus und des Kohleverbrauchs zurück. Da China durch kohlebefeuerte Stromerzeugung weitgehend auf eine stabile Energieversorgung (Versorgungssicherheit) angewiesen ist, wird dieser Umwandlungsprozess wahrscheinlich einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen (1). Obwohl der Kohlebergbau immer noch eine herausragende Rolle spielt, hat er derzeit eine Phase der Stagnation erreicht. Trotzdem hat China bereits Erfahrungen mit der Schließung von Bergwerken an bestimmten Standorten, in bestimmten Regionen und hinsichtlich deren nachbergbaulicher Entwicklung gesammelt. Dennoch steht Chinas Status in Bezug auf den Nachbergbau am Anfang. Daher kann es hierfür hilfreich sein, die Marktentwicklungsphasen nach Heuss (2) zu betrachten. Das Modell kombiniert eine eingehende Betrachtung der Marktzyklen und ihrer idealen Lebensphasen mit den zu erwartenden unternehmerischen Merkmalen (3). Nach Kretschmann (4) kann diese Darstellung eines Lebenszyklus auch auf den Bergbausektor angewendet werden. Dafür ist es erforderlich, dass folgende Kriterien erfüllt sind: Zum einen darf das betreffende Bergbausegment nur eine geringe Anzahl von Produktgruppen aufweisen, zum anderen muss der Absatzmarkt klar definiert sein. Dies ist vor allem bei Rohstoffen der Fall, die in diesem Beispiel die Kohleproduktion beschreiben (4).

Dieses Modell eines Bergbaulebenszyklus kann dazu beitragen, den aktuellen Entwicklungsstand in China im Hinblick auf die Steinkohlenproduktion zu klassifizieren. Es beschreibt den idealen typischen Verlauf, den Bergbauregionen normalerweise während ihrer Lebensdauer durchlaufen (Bild 1).

Fig. 1. The life cycle model for mining (after (4)). // Bild 1. Das Lebenszyklusmodell für den Bergbau (nach (4)).

Auf China angewendet, können so Rückschlüsse auf die aktuelle bergbauliche Phase und die daraus resultierenden Zukunftsaussichten des Bergbaus und des Nachabbaus gezogen werden.

Wie aus dem Modell hervorgeht, durchläuft der Bergbau vier verschiedene Phasen:

  • Aufstockung bzw. Einführung,
  • Wachstum,
  • Plateau (Stagnation) und
  • Rückgang.

Dem Rückgang folgt die Schließung und Stilllegung von Bergwerken. Diese Phasen sind abhängig von der Zeit sowie von der Produktionsrate und dem Marktpreis (4). Für die Anwendung in China kann auf eine lange Wachstumsphase zurückgeblickt werden. Erst kürzlich konnte festgestellt werden, dass der chinesische Steinkohlenbergbau sein Plateau (Stagnation) erreicht hat und somit kein weiteres Wachstum oder keine signifikante Expansion mehr verzeichnet wird (5, 6). Diese Stagnation bedeutet nicht eine absolute Stagnation oder einen Rückgang auf nationaler Ebene in den nächsten Jahren, sondern eher ein langsameres Produktionswachstum (stabile Plateau-Produktion) und einen verringerten Anteil von Kohle am nationalen chinesischen Energiemix. Seit der Neuausrichtung Chinas hinsichtlich des Klimaschutzes und nachhaltiger Maßnahmen in den vorangegangenen Fünfjahresplänen wurden aktive Arbeiten durchgeführt, um den Steinkohlenbergbau schrittweise durch die Integration erneuerbarer und anderer Energien zu ersetzen (5). Eine solch tiefgreifende Veränderung braucht jedoch Zeit, um die Veränderungen in der Kohleversorgung besser zu verstehen. Eine Analyse der historischen und aktuellen Produktionsdaten in Kombination mit dem Lebenszyklusmodell wurde durchgeführt.

Die letzte Phase des Rückgangs und der Schließung von Bergwerken ist somit noch nicht vorhanden, da der Bergbau dort gerade seine Hochplateau-Phase erreicht hat, die sich über einen langen Zeitraum erstrecken kann (1).

Der chinesische Bergbaulebenszyklus weist seit der Einführung des Steinkohlenbergbaus und insbesondere in und seit den 1990er Jahren ein starkes Wachstum auf (Bild 2).

Fig. 2. The life cycle model for the Chinese mining industry (after (4) and (7)). // Bild 2. Das Lebenszyklusmodell für die chinesische Bergbauindustrie (nach (4) und (7)).

Seit etwa 2011 ist eine Verlangsamung des Wachstums zu verzeichnen, begleitet von Energiesparplänen und den Fünfjahresplänen der Regierung (8). Seitdem hat sich die Produktion auf geschätzte 4 Mio. t/a eingependelt. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) wird ein leichter Anstieg des Kohleverbrauchs nach 2020 prognostiziert, der sich jedoch bis 2025 zurückbilden soll. Eine Erklärung dieser Prognosen basiert auf den politischen Veränderungen der letzten Jahre, insbesondere den Fünfjahresplänen zur Energieeinsparung und einem stärkeren Umweltbewusstsein (9).

2  Die chinesische Energie- und Bergbaupolitik

Energie ist ein wichtiger Motor für die wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere in China, wo energieintensive Industrien eine Schlüsselrolle spielen (10). Sie positioniert sich an dritter Stelle der förderbaren Kohlevorkommen und macht einen Anteil von 13 % an den gesamten weltweiten Reserven aus (11). Dennoch hat die chinesische Regierung bereits mit dem Übergang auf ein kohlenstoffarmes Energiesystem begonnen und entwickelt strategische Alternativen zu einem rein kohlebasierten System. Um den Übergang erfolgreich zu gestalten, sollten die Politiker diese Alternativen innerhalb eines ausreichenden politischen Rahmens und einer künftigen Strategie zur Umsetzung entwickeln, wie aus dem China Renewable Energy Outlook 2017 (12) hervorgeht. Insbesondere der letzte, von der chinesischen Regierung eingeführte 13. Fünfjahresplan (2016 bis 2020) enthält erhebliche Beiträge zur Energieeinsparung. Ziel der Regierung ist es, eine stabile Wachstumsphase zu erreichen und gleichzeitig die schädlichen CO2-Emissionen zu reduzieren. Der aktuelle Plan führt daher zu weiteren Energieeinsparungen und umweltfreundlicheren Entwicklungen (8). Erst kürzlich, am 22. September 2020, gab Präsident Xi Jinping auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen klare Erklärungen zu den chinesischen Zielen für die kommenden Jahre ab. Insbesondere in Zeiten des Corona-Virus weist er darauf hin, dass ein tiefgreifender Wandel zu einer grünen Wirtschaft für den Fortbestand und das Leben in der Umwelt von wesentlicher Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang ist es z. B. wichtig, die Wiederherstellung von Ressourcen sicherzustellen und in ihre Erhaltung zu investieren. Aus diesem Grund hat sich China zum Ziel gesetzt, bis 2030 den Höhepunkt seiner CO2-Emissionen zu erreichen und bis 2060 CO2-Neutralität sicherzustellen. Dies sollte die nachhaltige Entwicklung weltweit unterstützen und andere Länder ermutigen, dies in China auch zu tun (13).

Die Sicherung der Stromversorgung des Landes bleibt eine Herausforderung beim Übergang auf ein kohlenstoffarmes Energiesystem, da erneuerbare Energien in großem Umfang integriert werden müssen, ohne die stabile Stromversorgung zu gefährden. Es ist mehr Flexibilität erforderlich als derzeit möglich (1). Bestehende Kohlekraftwerke sind nach wie vor eine Notwendigkeit, um eine barrierefreie Integration schwankender erneuerbarer Energien zu erreichen, da die Kohleerzeugung immer als Grundlast, zur Spitzenproduktion und zur Versorgungssicherheit im Stromerzeugungssystem dient (1). Obwohl die Kohlereserven mit einer „Reserves Replacement Ratio“ (RRR) von über 1 hoch sind und Kohle weiterhin die Hauptquelle für die Stromerzeugung darstellt, ist die Anzahl der zusätzlich installierten Kohlekraftwerke in den letzten Jahren zurückgegangen (1). Darüber hinaus ist die Verbrennung von Kohle maßgeblich für CO2-Emissionen, Luftverschmutzung und Staub in China und damit für weitreichende Gesundheitsrisiken verantwortlich, die Umweltverschmutzungen verursachen (14). Darüber hinaus verursacht die Kohleproduktion die Verschmutzung des Wassers sowie die Zersetzung des Bodens und der Landnutzung (12).

Zunehmende Herausforderungen bestehen im Rückgang der Verfügbarkeit hochwertiger Kohlevorkommen, in der Zunahme der Gewinnungsteufe, großen Entfernungen von den Bergwerken zu den Märkten und in der Notwendigkeit der Verbesserung der Sicherheitsstandards sowie der Verfügbarkeit geschulter Arbeitskräfte oder Arbeitsalternativen für die Arbeitnehmer (10). Aus historischer Sicht wurde der Umwelt lange Zeit keine hohe Priorität eingeräumt. Die Industrialisierung, Urbanisierung, Mobilisierung und der zunehmende Wohlstand der Bevölkerung hatten in den letzten Jahren negative Auswirkungen auf die Umwelt (10). In den Bergbaugebieten sind die Umweltauswirkungen der Kohleproduktion daher massiv und erfordern neue und innovative Ansätze für die Risikovorsorge, die Minderung der Auswirkungen und die Revitalisierung für eine zukünftige Verwendung. Hier müssen die im Rahmen des Nachbergbau-Programms entwickelten Methoden eingesetzt und übernommen werden.

Die Entwicklung der chinesischen Kohleproduktion ähnelt der historischen Entwicklung der deutschen Kohleproduktion. Deutschland befindet sich derzeit in der Phase des Nachbergbaus (Bild 1). Wenn es China jedoch gelingt, seine versprochenen Zielvereinbarungen zur CO2-Neutralität bis 2060 einzuhalten, kann dies als relativ kurze Umsetzungsfrist bezeichnet werden. Es bleiben noch rd. 40 Jahre, um dieses Ziel zu erreichen, und im direkten Vergleich zum Niedergang des Steinkohlenbergbaus und seiner Stilllegung ist dies sehr schnell. Deutschland hat dafür etwa 60 Jahre benötigt. In Bezug auf den oben eingeführten Lebenszyklus des Bergbaus sind geschätzt ein bis zwei Jahrzehnte pro Phase und das Erreichen der nächsten Phase innerhalb des Zyklus zu erwarten. Da China jedoch ein viel größeres Bergbauland als Deutschland ist und größere Kohlemengen verbraucht, ebenso wie es größere Mengen an Kohle verbrennt, wird diese Änderung in China viel anspruchsvoller sein. Die frühzeitige Berücksichtigung und Einbeziehung von Maßnahmen nach dem Bergbau ist deshalb so wichtig, um dieses Ziel tatsächlich zu erreichen und eine sinnvolle Umgestaltung und Rekultivierung von Bergbaugebieten zu gewährleisten. Der Wissenstransfer aus Deutschland kann einen konkreten Beitrag leisten und für beide Seiten einen Mehrwert schaffen.

3  Das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN)

Um Exzellenz im Nachbergbau zu erzielen, müssen Motivation und Fähigkeiten an erster Stelle stehen. Forschung und Entwicklung sind für diesen Bereich unerlässlich, um geeignete Fähigkeiten sowie nachhaltige und langfristige Visionen zu verwirklichen (15). Basierend auf diesem Paradigma und in Kombination mit der Entscheidung, sich 2018 – nach Jahrzehnten des Niedergangs und entsprechenden Erfahrungen mit sozialer, regionaler und ökologischer Übernahme – vollständig aus dem Steinkohlenbergbau in Deutschland zurückzuziehen, wurde im Jahr 2015 das Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) an der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA) in Bochum gegründet (16). Das FZN entwickelt Lösungen für eine Vielzahl von Aufgaben von der Schließung von Kohlebergwerken bis zur zukunftsorientierten Überwachung und zum Risikomanagement. Es arbeitet im Allgemeinen interdisziplinär, ist jedoch in verschiedene Einheiten gegliedert, die sich den jeweiligen Themen widmen. Diese Einheiten bestehen aus fortwährenden ökologischen Aufgaben in den Bereichen Grubenwassermanagement, Geomonitoring und Markscheidewesen, Materialwissenschaften sowie Reaktivierung und Transition (Bild 3) (17).

Fig. 3. Research areas of the Research Center of Post-Mining at the TH Georg Agricola University (17). // Bild 3. Forschungsschwerpunkte des Forschungszentrums Nachbergbau an der TH Georg Agricola (17).

So wurden beispielsweise die Grubenwasseranstiegsprozesse für das Ruhrgebiet, das Saarland, Ibbenbüren und andere deutsche Steinkohlenbergbaugebiete sowie für die europäischen Nachbarländer detailliert analysiert und in Form eines Projektberichts veröffentlicht (18). Geomonitoring wiederum zielt auf technische Datensätze und Informationen innerhalb des Lebenszyklus eines Bergbaustandorts ab, um die Umstände umfassend zu bewerten. Aus diesem Grund kommt das Konzept des „digitalen Zwillings“ ins Spiel, das einen industriellen Prozess in seiner Gesamtheit (Idee, Implementierung, Wartung, Überwachung und Demontage) digital aufzeichnet. Mithilfe dieser Aufnahme kann dann ein Zwilling erstellt werden – ein digitales Bild des Orts. Dies ermöglicht wiederum die Bearbeitung von nachbergbaulichen Aufgaben, die Bewertung zukünftiger und fortwährender Aufgaben sowie die Bewertung der damit verbundenen Risiken und Kosten (19). Zusammengefasst ist das Layout des FZN eng mit der ganzheitlichen Betrachtung des gesamten Bergbaulebenszyklus verknüpft (20).

4  Deutscher Nachbergbau als mögliche Unterstützung für China

Da sich der Nachbergbau in China noch entwickelt, können Implikationen und Erfahrungen aus Deutschland hilfreich sein. Dies spart Zeit, Budget und mögliche Risiken für Umwelt und Gesellschaft.

Der Nachbergbau sollte daher als mehr als nur die Durchführung vorbeugender und korrigierender Maßnahmen angesehen werden. Er sollte vielmehr einen nachhaltigen Prozess abbilden, der auf der Kombination von Risikomanagement und dem Ergreifen von Chancen basiert. Ein rechtlicher Rahmen in Form von Regierungsrichtlinien kann Anreize schaffen sowie Forschung und Entwicklung fördern (16). Nachbergbau bedeutet, ein integriertes Expertenteam auszubilden und aufzubauen, das über Fachwissen, Erfahrung in Geologie, Hydrogeologie und Hydrochemie sowie über die Sanierung von Bergbaustandorten und Gesteinsmechaniken verfügt. Bereiche wie rechtliche und zivile Verwaltung, Management und das Verständnis sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Aspekte sind ebenfalls von wesentlicher Bedeutung. Die Verfügbarkeit von Ingenieuren mit den erforderlichen Qualifikationen wird in der Zukunft unverzichtbar. In diesem Zusammenhang bietet das FZN Schulungen an, um Projekte zur Schließung von Bergwerken, zur Implementierung eines integrierten Geomonitorings sowie zur Wiederverwendung und Sanierung von Bergbauregionen durchzuführen.

Die China University of Mining and Technology in Peking ist ein hervorragendes Beispiel. Sie ist eine wichtige nationale Universität unter der direkten Aufsicht des Bildungsministeriums (21) und befasst sich mit der Bedeutung von bergbaulichen Fragestellungen. An der China University of Mining and Technology ist man sich der Notwendigkeit zum Umgang mit den Folgen des Kohlebergbaus bewusst und erkennt hierbei auch die Bedeutung des Nachbergbaus. In Zusammenarbeit mit der China University of Mining and Technology haben die THGA und das FZN kürzlich die Veröffentlichung der Anthologie „Done for Good – Challenges of Post-Mining“ (22) in die chinesische Sprache übersetzt. Zudem wird sie derzeit auch von der Science Press Beijing in China veröffentlicht (23). Dies ist ein wichtiger Schritt, um das diesbezügliche Wissen zu erweitern und den Umgang mit den Herausforderungen zu verbessern.

Ein Beispiel für einen verantwortungsvollen Umgang mit bergbaulichen und nachbergbaulichen Herausforderungen ist die Provinz Shanxi. Die Energiesparpolitik, die insbesondere seit dem 12. und 13. Fünfjahresplan Ziel der chinesischen Regierung ist, wurde hier erfolgreich umgesetzt (24). Zu diesem Zweck wurde 2007 ein „Fonds für die nachhaltige Entwicklung von Kohle“ eingerichtet. Seitdem wurden alle Kohleexporte besteuert und die erzielten Einnahmen zur Unterstützung von Energiesparinitiativen und -projekten gegen Kohle verwendet. Dieser Fonds wurde geschaffen, um die Interessen der Provinz in Bezug auf ihre Bedenken hinsichtlich des Kohlebergbaus mit den Anreizen aus der Energiesparpolitik zu verbinden. Die Exportsteuer hat hier mehrere Funktionen und stellt ein perfektes Beispiel für den Beginn der Implementierung von Initiativen und Aktivitäten des Nachbergbaus dar. Die sozialen und wirtschaftlichen Folgen, welche die Provinz durch den Kohlebergbau hat, sollen dadurch verringert werden. Die Steuer garantiert weiterhin, dass Provinzen, die Kohle aus Shanxi importieren, unabhängig vom Preis für reine Kohle auch die Kosten tragen. Ein Nebeneffekt dessen ist, dass die erhöhten Exportkosten die Ressourcen so weit wie möglich in der eigenen Provinz halten sollen. Dies kann ein größeres Bruttoinlandsprodukt (BIP) generieren und somit die regionale Entwicklung fördern, was sich wiederum auf den Wohlstand Shanxis auswirkt (24). Das Beispiel der Provinz Shanxi lässt sich mit den deutschen Nachbergbau-Aktivitäten vergleichen. Mit der Umsetzung eines Rechtsrahmens wird die Grundlage geschaffen, um die unterschiedlichen technischen, wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Steinkohlenproduktion zu verringern. Die Provinz Zhejiang kann ebenfalls deutliche Fortschritte in dieser Richtung erzielen. Da der dortige Bergbau erheblich zum Wohlstand der Region beiträgt, sollte er weiterhin entsprechend genutzt werden können. Trotzdem sind die Folgen für die Umwelt präsent, sodass dort unterschiedliche Methoden angewendet werden. Dies umfasst die Verguss-, Füll- und Punktsäulenmethoden sowie die Neutralisierung von saurem Abwasser und die Nutzung von Abfallressourcen, aber auch die Entwicklung sogenannter Zechenparks (25). In einer chinesischen Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2020 wurde ferner untersucht, inwieweit es möglich ist, stillgelegte Steinkohlenbergwerke in unterirdische Pumpspeicherkraftwerke umzuwandeln. Dies sollte einerseits die Kosten minimieren und andererseits wirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile bieten. Die Studie konnte zeigen, dass dies grundsätzlich machbar ist und dass die Standortwahl und die Wiederverwendung ehemaliger Bergwerke als Referenz dienen können (26). Es gibt zudem bereits wissenschaftliche Artikel über mögliche Strategien, die sich mit der Umwandlung und Neunutzung ehemaliger Berggebiete und/oder Regionen befassen. Ein Beispiel wäre der Artikel von Liang et al. aus dem Jahr 2018 (27). Dies impliziert die politischen und wirtschaftlichen strategischen Zusammenhänge in Bezug auf die Entwicklung und Nutzung stillgelegter Kohlebergwerksressourcen sowie eine Strategie für den neuen Normalzustand der Kohlevorkommen.

Fig. 4. Comparison of existing hard coal mines in China (after (30)). // Bild 4. Vergleich bestehender Steinkohlenbergwerke in China (nach (30)).

Da China lange Zeit um Energie gerungen hat, um mit seiner rasant wachsenden Wirtschaft Schritt zu halten und mit der eingeschränkten Auswahl an Energieressourcen auszukommen, stützte sich das Land in erster Linie auch auf kleine Kohlebergwerke. Sowohl Einzelpersonen als auch Kommunalverwaltungen durften kleine Kohlebergwerke und Fabriken errichten, während der Staat sich um die Realisierung großer Bergwerke bemühte. Diese Entwicklung führte zu einer großen Beliebtheit des Kleinbergbaus und damit zu einem wilden Bergbau, der schwer zu kontrollieren war (28). Es gab viele kleine Bergwerke, die entweder in Privatbesitz waren oder illegal betrieben wurden (29). Wie in Bild 4 zu sehen ist, gab es allein im Jahr 2014 noch 1.642 kleine Bergwerke. Dem stehen 394 große und 403 mittelgroße Kohlebergwerke gegenüber (30).

Es ist ratsam, den Kleinbergbau und damit den wilden, schwer zu kontrollierenden Bergbau so weit wie möglich herunterzufahren. Viele dieser kleinen Bergwerke arbeiten informell und eine wirksame Kontrolle ist kaum möglich, aber eine wirksame Überwachung des Schließungsprozesses selbst, sowie Geomonitoring-Maßnahmen sind erforderlich. Daher sollte die Regierung sich bemühen, kleine Bergwerksbetriebe zu schließen, um die Risiken zu minimieren (29). Dies könnte die Umstellung auf erneuerbare Energien fördern. Insbesondere die Schließung von kleinen Bergwerken verdeutlicht die Bedeutung eines zu implementierenden Nachbergbau-Rahmens.

5  Fazit

Aufgrund des überwiegend aktiven Bergbaus in China erreicht der Nachbergbau dort noch nicht den Stellenwert wie in Deutschland, wo der Steinkohlenbergbau bereits eingestellt wurde und der Nachbergbau zunehmend Beachtung findet. Das FZN an der THGA in Bochum hat in den letzten Jahren bereits Erfahrungen gesammelt und integrierte sowie angewandte Lösungen entwickelt. Außerdem hat Deutschland das Bundesberggesetz, in dem alle gesetzlichen Regelungen zum Bergbau und zum Nachbergbau enthalten sind. Die Situation in China ist völlig anders. Die Anzahl der Kohlebergwerke ist um den Faktor 100 höher als in Deutschland, und es gibt kein vergleichbares Bergbaugesetz, das die Schließung von Bergwerken und die Nachbergbau-Aktivitäten regelt. Obwohl der Bergbau in den kommenden Jahren weiterhin eine führende Rolle in der Energiestrategie des Lands spielen wird, ist der Kohlebergbau in die Phase der Stagnation eingetreten, und erste Entwicklungen in Richtung des Nachbergbaus sind beispielsweise in der Provinz Shanxi zu beobachten. Angesichts der Breite der damit verbundenen interdisziplinären Aufgaben sind geeignete Lösungen und Empfehlungen erforderlich. Das Fachwissen und die Erfahrung aus Deutschland, insbesondere das FZN, können hierbei als Vorbild für eine nachhaltige Entwicklung des Nachbergbaus in China fungieren.

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei Prof. Peter Goerke-Mallet vom Forschungszentrum Nachbergbau der TH Georg Agricola für seine Unterstützung und die Bereitstellung von Literatur. Ein weiterer Dank geht an Prof. Jörn-Carsten Gottwald von der Sektion Politik Ostasiens der Ruhr-Universität Bochum, der maßgeblich an der Idee für diesen Beitrag beteiligt war.

References/Quellenverzeichnis

References/Quellenverzeichnis

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Authors/Autoren: Julia Tiganj B. A., Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, Prof. Dr. Jürgen Kretschmann, Technische Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum, Prof. Dr. Kai van de Loo, Prof. Dr. Tobias Rudolph, Forschungszentrum Nachbergbau (FZN) der Technischen Hochschule Georg Agricola (THGA), Bochum
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