„Wir wollen mit Politik, Wissenschaft und Gewerkschaften gemeinsam daran arbeiten, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die heimische Braunkohle weiter ihre Rolle für die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit von Strom in dem angestrebten Umbau der deutschen Stromversorgung ausfüllen kann,“ erklärte der Vorsitzende des Vorstands des Deutschen Braunkohlen-Industrie-Vereins (DEBRIV), Matthias Hartung, auf dem diesjährigen Braunkohlentag in Potsdam. Die Braunkohle ist, so Hartung weiter, in den Revierländern Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg sozial und politisch gut verankert. Die Braunkohle werde als Arbeitgeber geschätzt und als Wirtschaftsfaktor anerkannt. Die energie- und strukturpolitische Bedeutung der Braunkohle in Deutschland und in den betroffenen Bundesländern müsse bei den energiepolitischen Entscheidungsprozessen ausgewogen berücksichtigt werden. Dabei könne und müsse die Kohle auch ihren Beitrag zu den nationalen und europäischen Klimaschutzzielen leisten. Einseitigen Forderungen nach einem raschen Kohleausstieg erteilte Hartung vor diesem Hintergrund eine klare Absage.
Die Transformation des deutschen Stromsystems ist nach Ansicht der deutschen Braunkohlenindustrie ein langfristiger, über mehrere Jahrzehnte angelegter Prozess. Infolge des Kernenergieausstiegs und trotz des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energien werden im Jahr 2025 etwa 55 bis 60 % und im Jahr 2035 noch 40 bis 45 % des Strombedarfs aus anderen Energiequellen gedeckt werden müssen. Für die Schließung dieser Stromlücke sind Kraftwerkskapazitäten auf der Grundlage von Braun- und Steinkohle sowie Erdgas ebenso unverzichtbar wie für den Ausgleich witterungs- und tageszeitlich bedingter Produktionsschwankungen der Wind- und Photovoltaik-Anlagen. Damit lägen Versorgungssicherheit und Netzstabilität noch für eine lange Frist in den Händen des konventionellen Kraftwerksparks. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beitrag der Braunkohle bis zum Jahr 2023 im Zuge der beschlossenen Sicherheitsbereitschaft um etwa 15 % sinken und bei etwa 140 TWh pro Jahr liegen wird. Diese Absenkung wird der deutschen CO2-Bilanz zugute kommen. Ausgehend vom Jahr 1990 hat die deutsche Braunkohle ihre CO2-Emissionen insgesamt um gut 50 % vermindert und damit einen der größten Einzelbeiträge geleistet. Um die Energiewende erfolgreich zu gestalten, braucht es noch auf lange Sicht ein Miteinander aus erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken, bei dem sich die Marktanteile zugunsten der Erneuerbaren Schritt für Schritt verschieben. Damit dies auf Dauer sicher und belastbar bleibt, braucht es allerdings ein Marktsystem, das den verschiedenen Energieträgern ökonomische Zukunftsperspektiven bietet. Die derzeit niedrigen Großhandelspreise zeigen, dass das heutige System hier an seine Grenzen stößt.
Die Teilnehmer des diesjährigen Braunkohlentags sprachen sich für eine absolut gewaltfreie Energie- und Umweltdebatte aus. Massive Gewalttaten hatten Mitte Mai im Lausitzer Revier ein neues Ausmaß an krimineller Energie mit dem Feigenblatt des Klimaschutzes offenbart. Auch im Umfeld einzelner Tagebaue und Kraftwerke war es zuletzt vermehrt zu Angriffen auf Mitarbeiter und zu zahlreichen Sachbeschädigungen durch Braunkohlengegner gekommen. Wenn selbsternannte Klimaschützer durch Besetzungen das Ziel verfolgten, aktiv in das deutsche Stromversorgungssystem einzugreifen, dann dürfe es dafür keine politische oder juristische Legitimation geben, so die Meinung der Teilnehmer des Braunkohlentags.
(DEBRIV/Si.)