Der Bergbau in Brasilien ist nicht nur ein wichtiger Rohstofflieferant für die deutsche Industrie, er bietet Unternehmen aus Deutschland auch Chancen für Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dies gilt nicht nur für die Zusammenarbeit in Großprojekten, sondern auch für Projekte mit kleineren, aufstrebenden brasilianischen Bergbauunternehmen. Allerdings muss das Land dazu mehr Anstrengungen unternehmen, die Qualität der Ausbildung von Technikern und Facharbeitern zu verbessern, sagte der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. (VDMA) Dr. Reinhold Festge auf der ersten Deutsch-Brasilianischen Bergbaukonferenz, die am 9. und 10. August in Belo Horizonte im Bundesstaat Minas Gerais stattfand (Bild 1). Brasilien müsse beginnen, sich als Exportnation zu verstehen, resümierte Festge.
Antônio Castello Branco, Direktor der Gesellschaft für wirtschaftliche Entwicklung des Bundesstaats Minas Gerais (CODEMIG), betonte die großen Anstrengungen, die sein Bundesstaat unternehme, um die dort vorhandenen Rohstoffe in einer komplexen Wertschöpfungskette zu verarbeiten. Er appellierte in diesem Zusammenhang auch an deutsche Zulieferer und Industriepartner, sich den Projekten der CODEMIG anzuschließen. Dies gelte vor allem hinsichtlich der Entwicklung einer Wertschöpfungskette rund um Permanentmagnete, die u. a. für die Stromerzeugung von Windkraftanlagen eine zentrale Rolle spielen. Die CODEMIG betreibt eigene Bergwerke, in denen die zugrundeliegenden Rohstoffe (Seltene Erden) gewonnen werden.
Die Bergbauindustrie Brasiliens ist breit aufgestellt. Fast 8.900 Unternehmen inkl. Steine und Erden-Sektor sind darin registriert. Allein die als „mittelgroß“ geltenden 1.233 Unternehmen produzieren jährlich jeweils zwischen 100.000 und 1 Mio. t Material. Das Projektportfolio beschränkt sich nicht auf das klassische Exportgut Eisenerz, sondern umfasst auch Gold, Bauxit, Phosphat, Mangan, Kupfer, Diamanten, Blei, Seltene Erden und Zink.
Nach Ansicht von Rolf Fuchs, Gründer der in Belo Horizonte ansässigen Beratungsfirma integratio, ist es daher höchste Zeit, sich auch um die kleinen und mittleren Bergbauunternehmen zu kümmern. Deren Aufträge haben zwar nicht die Dimension von Großprojekten, sie entfalten aber trotzdem Nachfrage nach Technologieinvestitionen.
Sven-Uwe Schulz von der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hob die Nachfrage der deutschen Industrie hervor, die in sehr großem Maß von Rohstoffimporten abhängt. Allein aus Brasilien importierte Deutschland im Jahr 2015 Rohstoffe im Wert von 2,13 Mrd. €. Darunter befanden sich Eisenerz (1,35 Mrd. €), Kupfer, Graphit, Edelsteine, Niob, Magnesit, Zinn und Mangan. Hier liegen Potentiale für brasilianische Lieferanten, ihren Anteil am deutschen Import von Rohstoffen und Vorprodukten auszubauen.
Der deutsche Botschafter Dirk Brengelmann betonte, dass die deutsche Aufmerksamkeit für Brasilien sich nicht auf den Investitionsstandort São Paulo beschränken sollte. Er äußerte die Hoffnung, dass die Bergbau- und Rohstoffkonferenz in Zukunft regelmäßig in Belo Horizonte stattfindet, vielleicht sogar eingebettet in ein bilaterales Rahmenabkommen. Thomas Timm, Hauptgeschäftsführer der AHK São Paulo, zeigte sich ebenfalls optimistisch: „Jetzt ist die Zeit, um über künftige Projekte zu sprechen.“
Insgesamt bestätigten die 130 Teilnehmer der Konferenz den großen Bedarf an einem intensiven Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Brasilien und Deutschland. Die nächste Deutsch-Brasilianische Bergbaukonferenz findet im kommenden Jahr erneut in Belo Horizonte statt. (VDMA/Si.)