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Energieverbrauch verzeichnet deutlichen Rückgang

Das sich spürbar abschwächende Wirtschaftswachstum, eine milde Witterung sowie deutliche Energieeinsparungen vor dem Hintergrund kräftig steigender Preise haben im 1. Halbjahr des laufenden Jahres zu einem Rückgang des Energieverbrauchs in Deutschland um 3,5 % geführt. Nach vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen), Berlin, erreichte der inländische Primärenergieverbrauch im 1. Halbjahr 2022 eine Höhe von 5.950 PJ beziehungsweise 203,0 Mio. t SKE (Bild 1).

Bild 1. Entwicklung des Primärenergieverbrauchs
1. Halbjahr 2022, Veränderungen in Prozent, gesamt 5.950 PJ oder 203,0 Mio. t SKE.
Quelle: AG Energiebilanzen

Die AG Energiebilanzen geht davon aus, dass die hohen Energiepreise einerseits zu kurzfristig wirkenden Energieeinsparungen geführt haben, andererseits aber auch langfristig wirkende Einsparungen auslösen, weil sich Investitionen in die Senkung des Energieverbrauchs stärker lohnen. Das im 1. Halbjahr auf 1,5 % gefallene Wirtschaftswachstum hatte nur noch einen geringen verbrauchssteigernden Effekt. Ohne den verbrauchssenkenden Effekt der milden Witterung wäre der Energieverbrauch nach Berechnungen der AG Energiebilanzen nur um 0,5 % gesunken. Unter Berücksichtigung des Temperatureffekts sowie der weiter verringerten Vorräte bei den Verbrauchern wäre der Energieverbrauch im 1. Halbjahr sogar leicht gestiegen. Vom Wirtschaftswachstum und der Demografie gingen positive Impulse aus, die von den preisgetriebenen Einspareffekten überkompensiert wurden.

Der Verbrauch von Mineralöl war in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres insgesamt um 7,3 % höher als im Vorjahreszeitraum. Alle Mineralölprodukte verzeichneten Zuwächse: Der Verbrauch von Ottokraftstoff stieg um 5,7 %, beim Dieselkraftstoff gab es einen Zuwachs um 3,5 %. Der Absatz von Flugkraftstoff stieg kräftig um mehr als 60 % und die Lieferungen von Rohbenzin an die chemische Industrie erhöhten sich um mehr als 6 %. Der Heizölabsatz verzeichnete einen Zuwachs von etwas über 10 %. Der Anstieg des Mineralölverbrauchs insgesamt, insbesondere jedoch die Zuwächse beim Absatz von Flugkraftstoff und Heizöl, beruhen größtenteils auf einem statistischen Basiseffekt, da der Absatz im 1. Quartal 2021 u. a. pandemiebedingt kräftig eingebrochen war.

Der Erdgasverbrauch verminderte sich im 1. Halbjahr des laufenden Jahres deutlich um knapp 15 %. Hauptursache für diese Entwicklung war die mildere Witterung sowie das hohe Preisniveau. Zudem verringerte sich der Einsatz von Erdgas zur Stromerzeugung, weil die erneuerbaren Energien – vor allem im 1. Quartal – höhere Beiträge lieferten.

Der Verbrauch an Steinkohle nahm insgesamt um 9,2 % zu. Der Einsatz von Steinkohle in Kraftwerken erhöhte sich um 26 %. Einfluss auf diese Entwicklung hatten die geänderte Wettbewerbssituation auf dem europäischen Strommarkt. Die Eisen- und Stahlindustrie verringerte ihre Nachfrage um 5 %.

Der Verbrauch von Braunkohle lag um 10,6 % über dem Niveau des Vorjahreszeitraumes, aber um etwa 5 % unter dem Vergleichswert von 2019 und folgt somit weiter dem längerfristigen Reduktionspfad. In den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres sorgte die hohe Produktion von Strom aus Windanlagen für einen Rückgang bei der Braunkohlenverstromung, von März bis Juni stieg der Bedarf von Strom aus Braunkohlenkraftwerken hingegen deutlich an, da weniger Strom aus Windenergieanlagen ins Netz eingespeist wurde. Außerdem ersetzte Strom aus Braunkohlenkraftwerken einen Teil der Stromerzeugung aus den Ende 2021 abgeschalteten Kernkraftwerken und trug zur Versorgungssicherheit auf dem europäischen Strommarkt bei.

Die Stromerzeugung aus Kernenergie verringerte sich im Berichtszeitraum verglichen mit dem 1. Halbjahr des Vorjahres um gut die Hälfte. Der starke Rückgang ist auf die Stilllegung der Anlagen in Grohn-de, Brokdorf und Gundremmingen und der damit verbundenen Verminderung der installierten Leistung von 8.113 auf 4.055 MW zurückzuführen.

Der Beitrag der erneuerbaren Energien stieg im 1. Halbjahr 2022 um 4,7 %. Bei außergewöhnlich guten Windverhältnissen insbesondere im Februar steigerten die Windenergieanlagen ihren Beitrag im 1. Halbjahr um 18 %. Die Wasserkraftwerke lieferten dagegen 1 % weniger Strom als im Vorjahreszeitraum. Die Solarenergie konnte um 20 % zulegen. Bei der Biomasse, die mehr als die Hälfte des erneuerbaren Energieverbrauchs liefert, kam es witterungsbedingt insgesamt zu einem leichten Rückgang um 2 %.

Die energiebedingten CO2-Emissionen nahmen im 1. Halbjahr nach vorläufigen Berechnungen der AG Energiebilanzen um rd. 1 % zu, da die Rückgänge bei der Stromerzeugung aus Kernenergie sowie beim Einsatz von Erdgas zur Stromerzeugung vornehmlich durch Stein- und Braunkohle ausgeglichen wurden. (AG Energiebilanzen/Si.)

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