Home » Archiv Kurznachrichten » Kurznachrichten 2022 » Kurznachrichten Ausgabe 02_2022 » RAG-Stiftung und Quinoa Bildung setzen sich für mehr Bildungsgerechtigkeit ein

RAG-Stiftung und Quinoa Bildung setzen sich für mehr Bildungsgerechtigkeit ein

Die RAG-Stiftung, Essen, und die Quinoa Bildung gGmbH, Berlin, eröffnen zum Schuljahr 2022/23 die Quinoa-Schule in Herne. Die beiden Partner leisten damit einen wichtigen Beitrag für mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche im Ruhrgebiet.

Noch immer hängen in Deutschland Bildungschancen und Lebensperspektiven stark von der familiären Herkunft ab. Kinder und Jugendliche, die in einem bildungsfernen, sozial benachteiligten Elternhaus aufwachsen und/oder einen Migrationshintergrund haben, werden im deutschen Bildungssystem nicht ausreichend gefördert. Die Folge: Viele von ihnen brechen die Schule ab, verweigern sie oder scheitern an deren Anforderungen. Seit Jahren steigt in Deutschland die Zahl der Jugendlichen, welche die Schule ohne einen Schulabschluss verlassen: Im Jahr 2014 waren es 5,8 %, im Jahr 2018 bereits 6,8 % (s. Nationaler Bildungsbericht). In Herne betrifft dies ebenfalls viele junge Menschen. Im Jahr 2020 haben 7,4 % der Schülerinnen und Schüler das Bildungssystem ohne Abschluss verlassen. Die Corona-Pandemie hat die Problematik noch verschärft. Die Risikofaktoren für schulischen Misserfolg sind in Herne besonders ausgeprägt. Das zeigt sich zum einen in einer hohen Quote an Jugend-lichen, die in Haushalten mit Transfer-bezügen aufwachsen. Zudem haben mehr als 30 % der Herner Bevölkerung einen Migrationshintergrund.

Die Partnerschaft der RAG-Stiftung und der Quinoa Bildung basiert auf der gemeinsamen Überzeugung, dass verstärkt dafür gesorgt werden muss, dass alle Jugendlichen in Deutschland einen Schulabschluss und -anschluss erreichen. Als einer der größten Bildungsförderer im Ruhrgebiet initiiert und unterstützt die RAG-Stiftung zahlreiche Bildungsprojekte und trägt damit maßgeblich zur Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche bei. „Bei dem Bestreben, kein Kind zurückzulassen, müssen auch neue Wege beschritten werden. Das erfordert Pioniergeist. Wir als RAG-Stiftung sind es gewohnt, auch kreative Ansätze zu verfolgen, wenn sie vielversprechend sind und es darum geht, besonderen Herausforderungen in der Bildungsarbeit zu begegnen“, so Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Mitglied im Vorstand der RAG-Stiftung, und weiter: „Vom Quinoa-Konzept sind wir überzeugt. Dabei wird unsere Überzeugung auch vom Ergebnis unserer gemeinsam mit Quinoa Bildung in Auftrag gegebenen Studie zum sogenannten „Social Return on Investment“ getragen, der aussagt, wie viel gesellschaftlicher Mehrwert aus einem Projekt entsteht. Deshalb bringen wir uns hier gerne nicht nur finanziell, sondern auch mit unserer ganzen Expertise bei der Förderung chancenbenachteiligter Kinder und Jugendlicher ein.“ Der Aufbau der Quinoa-Schule Herne wird durch die RAG-Stiftung mit rd. 1,5 Mio. € über drei Jahre unterstützt.

Das Quinoa-Bildungskonzept ist speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen in schwieriger Lage ausgerichtet. Die Säulen des Bildungskonzepts beinhalten individuelle Förderung, Beziehungsarbeit, Sprachförderung, Identitätsbildung, Familienarbeit, Digitalisierung, Berufsorientierung und Anschlussbegleitung. „Wir möchten auch im Ruhrgebiet mit unserem Bildungskonzept dazu beitragen, die Startbedingungen für benachteiligte Kinder und Jugendliche zu verbessern. Im Jahr 2018 verließen im Regionalverband Ruhr knapp 1.710 Schüler die Schule ohne Abschluss. Hier besteht nicht nur ein erheblicher Bedarf, sondern auch eine große Chance“, bekräftigt Ulrike Senff, Geschäftsführerin von Quinoa Bildung.

Das Quinoa-Bildungskonzept wird bereits seit 2014 erfolgreich an der Quinoa-Schule in Berlin umgesetzt: Im Jahr 2018 haben 88 % der Schüler der 10. Klasse einen Real- oder Hauptschulabschluss erreicht, im Jahr 2019 waren es 92 %, im Jahr 2020 sogar 100 und 2021 94 %. Im Vergleich zu anderen Schulen im Berliner Bezirk Mitte erreichen Schüler der Quinoa-Schule mehr Abschlüsse (durchschnittlich 9 %) und signifikant höhere Abschlüsse (durchschnittlich ca. 48 %). Das Konzept ist so angelegt, dass es bei ähnlichen Strukturen auf andere Städte übertragbar ist.

Eine von der RAG-Stiftung geförderte Machbarkeitsstudie zur Ansiedlung einer Quinoa-Schule in Herne hat dem Projekt eine positive Wirkung bescheinigt. In der Studie fand der international etablierte Ansatz des Social Return on Investment (SROI) Anwendung. Dieser trifft nach eingehenden Berechnungen von Kosten und Wirkungen Aussagen zum gesellschaftlichen Mehrwert eines Projekts. Ist das Ergebnis größer als eins, erzielt ein Projekt einen positiven gesellschaftlichen Mehrwert, der höher ist als die getätigten Investitionen. Die prognostizierte Sozialrendite für eine Quinoa-Schule in Herne übertrifft diesen Wert deutlich. Er liegt bei 2,03 bis 4,63 € pro investiertem Euro – eine Investition in die Zukunft, die sich lohnt.

Die Gründung einer Quinoa-Schule in Herne ist also nachweislich ein bedeutsamer Beitrag zur Chancengerechtigkeit und wird sich positiv auf die Bildungswege und -abschlüsse der Schülerinnen und Schüler auswirken – unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft. Der Besuch der privaten Quinoa-Schule wird kostenfrei für alle Schülerinnen und Schüler sein. Als Schule in freier Trägerschaft erhält sie öffentliche Zuschüsse durch das Land Nordrhein-Westfalen nach der Ersatzschulfinanzierungsverordnung (FESchVO). Diese Finanzierung ist eine gute Basis, reicht jedoch allein nicht aus, um das innovative und anspruchsvolle Bildungskonzept erfolgreich umzusetzen. Eine individuelle Förderung und enge Begleitung der Schülerinnen und Schüler erfordern u. a. einen erheblichen personellen und damit auch finanziellen Aufwand. Die Quinoa-Schule wird im August 2022 mit einer 5. und einer 7. Klasse an den Start gehen. In den folgenden Jahren werden sukzessive neue Klassen aufgenommen, bis die Schule vollständig ausgelastet ist. (RAG-Stiftung/Si.)

Online_Abonnement