Home » Archiv Kurznachrichten » Kurznachrichten 2019 » Kurznachrichten Ausgabe 06_2019 » Starres Auslaufregime gefährdet Versorgungssicherheit

Starres Auslaufregime gefährdet Versorgungssicherheit

Steinkohlenkraftwerke können die Aufgabe der Systemstabilisierung übernehmen. Dies zeigte die im Auftrag des Vereins der Kohlenimporteure e. V. (VDKi), Berlin, erstellte Deloitte-Studie „Untersuchung der Flexibilität von Steinkohlekraftwerken zur Integration erneuerbarer Energien in Deutschland“ (Deloitte Finance, November 2019), mit einer „Was wäre wenn Rechnung“. Der bestehende Kohlekraftwerkspark in Deutschland (2018) könnte aus rein technischer Sicht wachsende Anteile variabler erneuerbarer Energien von 50 %, 60 % oder 70 % aufnehmen und integrieren, ohne die Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu gefährden. Die durchschnittliche Auslastung des bestehenden Steinkohlenkraftwerksparks (2018) würde allerdings im Szenario 50 % erneuerbare Energien auf etwas über 30 % und im Szenario 60 % bzw. 70 % erneuerbare Energien auf rd. 20 bzw. 15 % sinken.

  • In „Dunkelflauten“, d. h. Perioden mit begrenzter Leistung aus Wind- und Solaranlagen, mit einer Dauer von ein bis drei Tagen, erzeugen Kohlekraftwerke doppelt so viel Strom wie an einem durchschnittlichen Tag, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien 50 % beträgt, und dreieinhalbmal mehr Strom, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien 70 % beträgt.
  • Deutschland wird während der „Dunkelflauten“ zum Nettoimporteur. Der Spielraum für den Ausgleich durch höhere Importe wird durch die Verfügbarkeit von disponiblen Anlagen in den Nachbarländern Deutschlands und die Überlastung der Interkonnektoren eingeschränkt.
  • Fast drei Viertel des installierten Kraftwerksparks erzeugen gleichzeitig Wärme und Strom (KWK). Die meisten KWK-Anlagen können flexibel zwischen Wärme und Strom wechseln, solange die Stromerzeugung nicht durch den Wärmebedarf in der Kältezeit eingeschränkt ist. Nachrüstungen von Wärmespeichern können die betriebliche Flexibilität von Kohlekraftwerken verbessern.

Die Studie setzte nicht auf sehr niedrige Gaspreise für Kraftwerke. Das derzeitige Preisniveau wird nach Aussage von Experten langfristig nicht so bleiben. Nach derzeitiger Markteinschätzung der Gaswirtschaft seien für bestehende rein stromgeführte Gaskraftwerke keine geeigneten Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb über den Herbst 2020 hinaus gegeben. Der Untersuchungsrahmen der Deloitte-Studie war auf eine „Was-wäre-wenn-Rechnung“ begrenzt. Darüber hinaus ist festzustellen, dass nur hocheffiziente GuD-Kraftwerke im Rahmen der KWK gefördert werden sollten. Zwar kämen offene Gasturbinen und Gasmotoren derzeit neben Kohlekraftwerken zur Flankierung des weiteren Ausbaus der erneuerbaren Energieträger bei Dunkelflauten und in der Kältezeit infrage, doch sind moderne Steinkohlenkraftwerke im Hinblick auf die Emissionen günstiger zu beurteilen als offene Gasturbinen. Betrachtet man die Emissionen über die gesamte Wirkungskette vom Bohrloch/Bergwerk bis zum Kraftwerk ist die Steinkohle mindestens gleichauf mit Erdgas, wie aktuelle Studien zeigen. Deshalb sollten nur dort, wo aus netztechnischen Gründen Kraftwerksleistung benötigt wird, die nicht von vorhandenen Steinkohlenkraftwerken erbracht werden kann, offene Gasturbinen oder Gasmotoren gebaut werden. Der VDKi appelliert deshalb an alle politischen Akteure, die Fähigkeiten der flexiblen Steinkohlenanlagen in der Systemstabilisierung und damit der Integration der erneuerbaren Energien im Rahmen der Energiewende zu nutzen und eine Beendigung der Kohleverstromung entsprechend zu gestalten. (VDKi/Si.)

Online_Abonnement