Bild 1. Die STEAG-Zentrale in Essen mit neuem Corporate Design. Foto: STEAG

STEAG zeigt sich gut erholt

Die STEAG GmbH, Essen (Bild 1), kann zum Ende des dritten Quartals des laufenden Geschäftsjahres mit ermutigenden Kennzahlen aufwarten. So liegen Umsatzerlöse und das operative Ergebnis EBIT des Konzerns über dem Vorjahres-niveau. Noch 2020 hatte das Energieunternehmen bedingt durch außerordentliche Belastungen aus dem Kohleausstieg und einen selbst angestoßenen Transformationsprozess ein schwieriges Jahr zu meistern.

Die aktuellen Geschäftszahlen bestätigen die gute Entwicklung des traditionsreichen Energieunternehmens nach einer in mehrfacher Hinsicht herausfordernden Phase der Neuausrichtung. Neben den allgemeinen wirtschaftlichen Verwerfungen aufgrund der Corona-Pandemie hatte die STEAG insbesondere die Auswirkungen des 2020 gesetzlich geregelten Ausstiegs aus der Energieerzeugung aus Kohle in Deutschland zu bewältigen sowie die Kosten für ein tiefgreifendes Restrukturierungsprogramm zu verkraften. Insgesamt gehen dadurch in den nächsten Jahren rund 1.000 qualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland verloren.

Bereits Ende 2019 hatte die STEAG begonnen, sich grundlegend neu aufzustellen und auf die Wachstums- und Fokusmärkte der Energiewelt von morgen auszurichten: „Wir haben uns auf unsere traditionellen Stärken in Energietechnik und Energiewirtschaft fokussiert“, sagt Joachim Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG. So konzentriere man sich künftig vor allem auf Industriekundenlösungen bei der Planung, Umsetzung und dem Betrieb komplexer Anlagentechnik und Dekarbonisierung sowie auf erneuerbare Energien, Wasserstoff und digitale Energiedienstleistungen.

Die STEAG ist erst jüngst einem internationalen Kooperationsverbund beigetreten, der sich um den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in der „Grande Region Hydrogen“ im Saarland, in Luxemburg und in der angrenzenden französischen Region Lothringen bemüht. „Die Teilprojekte, die die Partner hier gemeinsam rund um das Thema Wasserstoff angehen, zielen darauf ab, bis 2030 umweltschädliche CO2-Emissionen von rd. 980.000 t/a einzusparen“, erläutert Ralf Schiele, der als Geschäftsführer der STEAG die Bereiche Markt und Technik verantwortet. Für Wasserstofferzeugung und dazugehörige Transportinfrastruktur werden die Kooperationspartner Investitionen von rd. 600 Mio. € tätigen, darunter etwa 74 Mio. € für den Bau des „HydroHub Fenne“ im saarländischen Völklingen.

Damit steht der traditionsreiche STEAG-Standort beispielhaft für den tiefgreifenden Wandel des Energiekonzerns. Denn wo ab Mitte des Jahrzehnts mit der Wasserstoffproduktion ein neues Kapitel für Energiewirtschaft und Industrie im Saarland anbricht, endet voraussichtlich im kommenden Herbst für die STEAG das Kapitel Steinkohle. „Bis spätestens Ende Oktober 2022 wird mit Walsum 10 im nordrhein-westfälischen Duisburg nur noch ein Steinkohlenkraftwerk der STEAG in Deutschland am Markt sein. Damit werden wir unseren eigenen Kohleausstieg weitaus schneller vollziehen, als viele uns zugetraut haben“, so Rumstadt. Insofern sei die STEAG auch von einem möglicherweise auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg, wie er derzeit von der Bundesregierung in Betracht gezogen wird, nicht betroffen.

Denn die STEAG hat seit Ende 2020 mehrfach erfolgreich an den Stilllegungsauktionen nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) teilgenommen. Dabei waren insgesamt vier Kraftwerksblöcke des Unternehmens bezuschlagt worden. Zudem prüft die STEAG für den letzten verbleibenden Kraftwerksblock Walsum 10 technische und wirtschaftliche Optionen für einen Brennstoffwechsel von Steinkohle auf Biomasse oder auch Erdgas.

Ferner findet der zeitnahe Abschied von der Steinkohle bei der STEAG jenseits der Kraftwerksstilllegungen auch im Verkauf der bisherigen Tochtergesellschaft Power Minerals seinen Ausdruck, die auf die Vermarktung von Kraftwerksnebenproduktion spezialisiert ist. Im Frühjahr 2021 hat die STEAG die bisherige Konzerntochter an den tschechischen Konzern EPH verkauft. „Dies war nicht nur ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung der strategischen Neuausrichtung der STEAG, sondern der neue Eigentümer bietet unseren scheidenden Kolleginnen und Kollegen eine aussichtsreiche Berufsperspektive“, zeigt sich STEAG-Personalgeschäftsführer und Arbeitsdirektor Andreas Reichel zufrieden. Hier, vor allem aber auch im Fall der künftig wegfallenden Arbeitsplätze an den Kraftwerksstandorten, sei es gelungen, gemeinsam mit Arbeitnehmervertretung und Gewerkschaft bestmögliche Lösungen für die ausscheidenden Beschäftigten im Rahmen von Einzelinteressenausgleichen zu finden. „Betriebsbedingte Kündigungen konnten wir bisher vermeiden“, unterstreicht Reichel.

Auch dies trägt dazu bei, der STEAG neue Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu verschaffen. Neben dem optionalen Brennstoffwechsel beim einzigen verbleibenden Steinkohlenblock Walsum 10, ist am selben Standort ebenfalls eine Wasserelektrolyse von bis zu 500 MW geplant, die einen relevanten Beitrag zur Dekarbonisierung von Europas größtem Stahlstandort Duisburg leisten soll. Einige Kilometer weiter östlich in Herne wird 2022 eines der weltweit modernsten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) in Betrieb gehen. „Diese Anlage erzeugt nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung nicht nur Strom, sondern auch Wärme und sichert die Fernwärmeversorgung im mittleren Ruhrgebiet für die kommenden Jahrzehnte“, sagt Schiele.

Zudem ist am Kraftwerksstandort Herne mit dem Umstieg vom bisher genutzten Energieträger Steinkohle auf Erdgas auch ein signifikanter Rückgang der CO2-Emissionen um mehr als die Hälfte verbunden. „Diese Emissionsreduzierung kann in Zukunft auch noch höher ausfallen, weil das neue GuD technisch bereits in der Lage ist, zu einem gewissen Anteil Wasserstoff mit zu verbrennen“, so Schiele. Langfristig sei auch eine technische Ertüchtigung der Anlage denkbar, um diese dann vollständig auf Wasserstoffbasis zu betreiben. Ferner rüstet die STEAG den 2022 außer Betrieb gehenden Steinkohlenblock Herne 4 zu einem erdgasbefeuerten Heizkessel um, der künftig der Fernwärmebesicherung dienen wird.

All diese zukunftsweisenden Projekte tragen dazu bei, die STEAG auch wirtschaftlich zukunftsfest zu machen. Denn auch die mit den laufenden Projekten verbundenen Zukunftsperspektiven hatten ihren Anteil daran, dass die STEAG dank einer klaren Transformationsstrategie mit ihren Gläubigern vor wenigen Wochen eine Anschlussfinanzierung bis Ende 2023 abschließen konnte. „Dies verschafft uns den notwendigen finanziellen Spielraum, um den erfolgreich eingeschlagenen Transformationspfad entschlossen weiterzugehen“, sagt Ralf Schmitz, Chief Transformation Officer der STEAG und in dieser Funktion auch verantwortlich für den Finanzbereich des Unternehmens. Die komplexen Finanzierungsverhandlungen sind auch der Grund, warum der Jahresabschluss 2020 erst Ende November 2021 veröffentlicht werden konnte.

Ablesbar ist die positive Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr auch an einigen einschlägigen Kennzahlen. Das Eigenkapital der STEAG konnte auch im schwierigen Geschäftsjahr 2020 stabil bei 478,3 Mio. € gehalten werden. Das Konzerneigenkapital nach IFRS, das im Geschäftsjahr 2020 noch einen Wert von minus 108,9 Mio. € aufwies, wird am Ende des Geschäftsjahres 2021 wieder positiv sein. Für diese erfreuliche Entwicklung sind vor allem Einmaleffekte verantwortlich, die sich jedoch anders als 2020 im laufenden Geschäftsjahr positiv ausgewirkt haben. Dazu zählen die vertragliche Einigung mit dem österreichischen Energiekonzern EVN über den Ausstieg aus der Betreibergesellschaft des jungen Steinkohlenkraftwerks Walsum 10 sowie die erfolgreiche Teilnahme an den Stilllegungsauktionen für Steinkohlenkraftwerke gemäß KVBG. Diese positiven Einmaleffekte ermöglichten es, die Finanzverschuldung des STEAG-Konzerns bis zum Ende des dritten Quartals 2021 um mehr als 300 Mio. € und damit mehr als ein Fünftel zurückzuführen.

Erste schnelle Erfolge aus der eingeschlagenen Strategie zeigen sich ferner beim Konzernumsatz. Dieser liegt nach den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs mit 1,6 Mrd. € um 12,9 % über dem Vorjahr. Auch das EBIT des STEAG-Konzerns nach IFRS zeigt sich mit 137,9 Mio. € gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 7 % verbessert. Es liegt auch deutlich über den Erwartungen zu Beginn des laufenden Geschäftsjahres. Angesichts positiver Rahmenbedingungen dürfte sich die positive Ergebnisentwicklung im vierten Quartal 2021 fortsetzen.

„Grundsätzlich können wir mit der aktuellen Entwicklung der STEAG zufrieden sein“, bilanziert Schmitz. So habe die angestoßene Transformation des Unternehmens deutlich früher als noch vor einem Jahr kalkuliert Erfolge gezeitigt: „Daran wollen wir anknüpfen und unseren Weg in den kommenden Jahren entschlossen und mit wachsendem Erfolg fortsetzen.“

Bild 2. Neuer Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG ist Andreas Reichel (r.). Er folgte auf Joachim Rumstadt (l.), der zum Jahresende 2021 auf eigenen Wunsch als Vorsitzender der Geschäftsführung abtrat. Foto: STEAG

Nach 13 Jahren gab es einen Wechsel an der Spitze der STEAG: Joachim Rumstadt trat zum Jahresende 2021 auf eigenen Wunsch als Vorsitzender der Geschäftsführung ab. Er möchte nach rd. 25 Jahren in Diensten des Energieunternehmens eine Auszeit nehmen und sich dann neuen Aufgaben zuwenden. Sein Nachfolger wurde STEAG-Geschäftsführer Reichel (Bild 2). (STEAG/Si.)

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