Im Januar richteten die Europaabgeordneten Dr. Christian Ehler und Prof. Jerzy Buzek den ersten europäischen Round Table zum Thema Kohle des neu gewählten EU-Parlaments aus. EU-Parlamentarier aus allen Mitgliedsstaaten fanden sich ein, um die Kohle und deren Beitrag zu einer sicheren und zuverlässigen Energieversorgung besser zu verstehen: 28 % des elektrischen Stroms in der EU werden aus Kohle erzeugt.
Prof. Buzek gab seiner Freude Ausdruck, erneut mit der Kohleindustrie zusammenzuarbeiten. Er erinnerte daran, dass ihn bei seinem Eintritt in das Europäische Parlament im Jahr 2004, seine erste Mission in Brüssel außerhalb des Parlaments zu einem Treffen der Europäischen Kommission mit EURACOAL führte. Für ihn sei die heimische Kohleproduktion immer wichtig gewesen, aber nur im Gleichschritt mit technologischem Wandel zur Verbesserung der Effizienz. Er sei stolz darauf, dass es ihm gelungen ist, die sauberen Kohletechnologien im F&E-Rahmenprogramm zu halten. Heute aber fordere er von den politischen Entscheidern ein Umdenken im Sprachgebrauch: eine emissionsarme Zukunft ist machbar, aber eine kohlenstoffarme ist es nicht, denn die Welt wird auch weiterhin stark von fossilen Brennstoffen einschließlich Stein- und Braunkohle abhängig sein. Im Vorfeld der COP-21 in Paris warnte Prof. Buzek, dass die EU nicht „im Alleingang“ vorauslaufen könne. In diesem Zusammenhang dürfe nicht zugelassen werden, dass Änderungen am Emissionshandelssystem ETS der Wirtschaft schaden. Daher müssten Emissionszertifikate wieder in das System zurückgeführt werden können und Maßnahmen zur Verhinderung von Carbon Leakage müssten fortgeführt werden, sagte er. Dabei kam er noch einmal auf den Sprachgebrauch zurück: Für die Öffentlichkeit höre sich „CO-Verlagerung“ (Carbon Leakage) harmlos an, aber in Wirklichkeit gehe es dabei auch um „Arbeitsplatzverlagerung“, ein Begriff, der wesentlich deutlicher ist und jeden betrifft.
Prof. Klaus-Dieter Borchardt hielt die Grundsatzrede, in der viele der wichtigsten den Energiesektor betreffenden Themen angeschnitten wurden, so wie sie sich aus seiner Position als Direktor für den Energiebinnenmarkt der Europäischen Kommission darstellen. Die Aussage „Kohle ist ein Brennstoff der Vergangenheit“ sei falsch, sagte er; die „Kohle ist wieder da“ mit einem führenden und noch wachsenden Anteil an der Stromerzeugung. In Europa bietet Kohle Flexibilität und Sicherheit – dies ist Prof. Borchardt durch Besuche von modernen Kohlekraftwerken klar geworden. Er stellte fest, dass die Erneuerbaren zwar zunehmen, aber nicht wirtschaftlich sind. Aus diesem Grund würde die Kommission die Erzeuger erneuerbarer Energien gerne in einen Markt integriert sehen, in dem sie Bilanzkreisverantwortung übernehmen, angemessene Netzentgelte zahlen und nicht länger von vorrangigen Einspeisetarifen profitieren. Er forderte die Kohleindustrie dazu auf, proaktiver vorzugehen und die jetzt festgelegten Ziele für 2030 zu erreichen; darüber hinaus stünde die Notwendigkeit von CCS für ihn außer Frage, dennoch läge Europa ohne ein groß angelegtes Demonstrationsprojekt dieser Technologie derzeit hinter anderen Regionen zurück. Er wünschte sich einen Rahmen, in dem die Kohle Teil in einem ausgeglichenen Energiemix ist, so dass Europa von einer sicheren und konkurrenzfähigen Energieversorgung profitieren könne, während der Anteil der volatilen Erneuerbaren zunimmt.
Der kürzlich gewählte Präsident von EURACOAL, Dr. Zygmunt Łukaszczyk, der auch Präsident der Katowicki Holding Węglowy S.A., einem der größten Bergbauunternehmen in Polen, ist, warnte, dass – genau wie für Brüssel – auch für die Kohleindustrie in Europa die “Alarmstufe Gelb” gelte. Niedrige Ölpreise bedeuteten, dass die Kohlepreise für viele Kohleproduzenten auf ein inakzeptables Niveau gefallen seien und dass die Aussichten für die heimische Kohle durch die Geopolitik und nicht durch fehlende Nachfrage beschädigt worden seien. Es sei daher wichtig für die Industrie, die richtigen Botschafter zu haben. In diesem Zusammenhang begrüßte er sehr die Arbeit von Dr. Ehler und Prof. Buzek und erwähnte die von ihnen eingebrachten Abänderungsanträge bezüglich der Mitteilung der Kommission zur Energiesicherheit. Er sprach von der glorreichen Vergangenheit der Kohle und äußerte sich zuversichtlich dahingehend, dass ihr ebenfalls eine glorreiche Zukunft bevorstünde, aber nur dann, wenn die Politiker der wirtschaftlichen Entwicklung den Vorrang einräumen würden. Wenn das richtig angegangen werde, sei jeder gerne bereit, strenge klima- und umweltpolitische Zielsetzungen zu unterstützen. Ohne Arbeitsplätze jedoch sei jeder Fortschritt unmöglich, sagte er. Dr. Łukaszczyk beobachtete ein Übermaß an Wahlkampfdenken dort, wo Europa eigentlich visionäre und entschlossene Staatsmänner bräuchte – die Kohlerunde wurde von Staatsmännern geleitet – und sagte, dass er sich schon darauf freue, zusammen mit dem Parlament an Lösungen für die kommenden Herausforderungen zu arbeiten.
Dr. Ehler schloss das Treffen mit einigen positiven Aspekten. Er begrüßte die Bereitschaft von Prof. Borchardt, mit aktiver Unterstützung der Industrie an einem „Masterplan für die Kohle“ zu arbeiten. Er lobte die Kommission für ihre Entscheidung, einen Kohlereferenten zu ernennen. Der erfolgreiche Bewerber wäre vom ersten Tag an voll beschäftigt. Er äußerte seine Zuversicht, dass die neue Kommission unter Präsident Juncker ihre Prioritäten unter dem Einfluss derjenigen Mitgliedsländer, die sich realen Risiken in ihrer Gasversorgung ausgesetzt sehen, auf Wirtschaftswachstum und Sicherheit ausrichten würde. Insgesamt gesehen war sich Dr. Ehler sicher, dass die Technologien für saubere Kohle nach zehn Jahren harter Arbeit ihren Platz in den Forschungsprogrammen der Kommission behalten würden. Die nächste Herausforderung sei jetzt ihre stärkere Umsetzung in der EU. Dies gelte insbesondere, wenn man sieht, dass Japan und andere Länder ihre Technologien ohne zu zögern vorantreiben. (EURACOAL)