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Henry Rauche: Die Kaliindustrie im 21. Jahrhundert.

Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

Mit dem vorliegenden Buch, das den Untertitel „Stand der Technik bei der Rohstoffgewinnung und der Rohstoffaufbereitung sowie bei der Entsorgung der dabei anfallenden Rückstände“ trägt, greift der Autor ein aktuelles Thema auf. Kalium ist neben Phosphor und Stickstoff für die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung von essentieller Wichtigkeit. Gedanken einer nachhaltigen Entwicklung, gestützt auf die Säulen Technik/Wirtschaft, Umwelt und Soziales spielen in diesem Kontext eine wichtige Rolle. Zudem steht die Kaliindustrie häufig im Focus öffentlicher Diskussionen, insbesondere im Zusammenhang mit Genehmigungsverfahren meist mit Blick auf Fragen von Umweltauswirkungen und -verträglichkeit. Letzteres gilt nicht nur für Deutschland, sondern für wesentliche Teile der internationalen Kalidüngemittelindustrie. Darüber hinaus ist die Rohstoffindustrie geprägt von einer großen Dynamik bei Investitionsvorhaben und einem raschen Auf und Ab der Preise, die für entsprechende (Düngemittel-)Produkte auf dem Weltmarkt erzielt werden können.

Fest steht, dass es sich um komplexe Sachverhalte und deren Wechselwirkungen unter weltweit höchst unterschiedlichen, standortbedingten Randbedingungen handelt. Deren unterschiedliche Ausprägung hat Konsequenzen auf die zur Anwendung gelangenden Ausprägungen der Produktionsweisen. Ziel des vorliegenden Buchs ist es, die Kaliindustrie unter den genannten Aspekten in einer umfassenden Gesamtschau darzustellen.

Das Buch umfasst 580 Seiten, einschließlich Beschreibungen aller internationalen Standorte der Kalidüngemittelindustrie sowie einen Anhang mit Abkürzungsverzeichnis, Glossar und Angabe einer beeindruckenden Zahl von 1.159 Quellen. Es gewinnt durch die Einschaltung von Infoboxen im Text, in denen ausgewählte Sachverhalte anschaulich, vertiefend oder beispielhaft behandelt werden.

Einleitend erfolgen im ersten Kapitel Begriffsbestimmungen sowohl mit internationalem als auch darüber hinaus mit deutlichem Bezug zu deutschen Regelwerken. Auf den Begriff der nachhaltigen Entwicklung wird in diesem Zusammenhang eingegangen, um hiernach die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung des Buches darzulegen. Datengrundlage und Datenverfügbarkeit werden angesprochen, ebenso wie die prozesskettenbeeinflussenden Randbedingungen.

In Kapitel 2 folgt eine Darstellung des Ursprungs und der historischen Entwicklung der industriellen Produktion von Kalidüngemitteln.

Dem Kaliverbrauch und der Kaliproduktion ist Kapitel 3 gewidmet. Insbesondere die Notwendigkeit der Kalidüngemittel-produktion, die besonderen Triebkräfte für den Kalimarkt und Entwicklungstrends werden hervorgehoben. Der Autor trifft Aussagen für die nähere Zukunft hinsichtlich Produktionskapazitäten und bezüglich internationaler Brownfield- und Greenfield-Projekte. Darüber hinaus erfolgen Feststellungen zu Anforderungen an Kaliprodukte und deren handelsübliche Spezifikationen.

Besonders hervorgehoben werden in Kapitel 4 die vorerwähnten Randbedingungen der Kalidüngemittelproduktion. Sie haben unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidungen, ob spezifische Methoden und Verfahren für die Rohstoffgewinnung und -aufbereitung sowie die Produktveredlung an einem bestimmten Standort technisch und wirtschaftlich machbar sowie ökologisch vertretbar sind. Das Kapitel umfasst eine Abschätzung globaler Ressourcen und Reserven fester Kalirohsalze und gewinnbarer kaliumhaltiger Lösungen. Der Einfluss klimatischer Verhältnisse – vor allem auf die Aufbereitungsprozesse und das Rückstandsmanagement – und in Konsequenz das Ausmaß des notwendigen Primärenergieeinsatzes für entsprechende Prozesse werden erläutert.

In Kapitel 5 erfolgt die Darstellung international angewandter Methoden, Verfahren und Anlagen zur Gewinnung von Kalirohstoffen. Der Verfasser geht auf die bergmännische und soltechnische Gewinnung fester Kalirohsalze sowie die Gewinnung natürlicher, wertstoffarmer Lösungen an oder nahe der Erdoberfläche ein. Er beschreibt die historische Entwicklung unter besonderer Bezugnahme auf gebirgsmechanische Eigenheiten der anzutreffenden Salzgesteinsarten. Umfangreich abgehandelt werden Erfahrungen und Schadensereignisse, die mit Rückbau und Versatz in Zusammenhang stehen. Hervorzuheben ist ein historischer Abriss zur Entwicklung der Abbauverfahren in den drei großen Kalibergbauregionen der nördlichen Hemisphäre. Angaben zu Abbauverlusten der einzelnen Verfahren geben Auskunft über die Nachhaltigkeit der Lagerstättennutzung.

In Kapitel 6 werden Methoden, Verfahren und Anlagen zur Aufbereitung von Kalirohstoffen sowie zur Veredlung, Speicherung und zum Transport von Fertigprodukten besprochen. Zunächst geht der Verfasser auf die grundlegenden Aufbereitungsverfahren fester Kalirohsalze ein. Hierbei stehen die Hauptprozesse zur Anreicherung des Kaliumwertstoffs aus festen Kalirohsalzen – Flotation, Heißverlösung und Kristallisation sowie elektrostatische Sortierung – im Vordergrund der Ausführungen. Hiernach folgt die Darstellung der Aufbereitung von technischen Lösungen, die aus der soltechnischen Gewinnung von festen Kalirohsalzen resultieren, und danach wird die Aufbereitung von natürlichen Lösungen erläutert.

Der Autor stellt nachfolgende Schritte auf dem Weg zum verkaufsfähigen Kalidüngemittel dar, nämlich die Erzeugung von Zwischenprodukten, die weiter angereichert, entwässert und getrocknet werden müssen. Speicherung, Verladung und entsprechende Transportmittel werden ebenfalls, wenn auch nur im Überblick behandelt. Darüber hinaus werden verwendete Maschinenarten, Verfahrens- und Prozessschemata, Energieverbräuche, mineralische und die daraus folgenden chemischen Rohsalzzusammensetzungen sowie K2O-Bilanzen aufgeführt. Anschließend erfolgt ein zusammenfassender Vergleich der Aufbereitungsverfahren für feste Rohsalze. Masse-Volumen-Bilanzen der Kalidüngemittelproduktion und eine umfassende Diskussion der Möglichkeiten und Grenzen zur Erzeugung verkaufsfähiger Nebenprodukte runden das Kapitel ab.

Welche oftmals komplexen Wechselwirkungen einzelner Randbedingungen unmittelbar auf das Rückstandsmanagement einwirken, wird anhand der Darstellung und Diskussion von Methoden, Verfahren und Anlagen zur Entsorgung der festen und flüssigen Aufbereitungsrückstände und bei der Aufhaldung der festen Aufbereitungsrückstände dargelegt. Der Autor testiert hier einen grundsätzlich geringen Spielraum zur Erzeugung verkaufs-fähiger Nebenprodukte, da in der modernen Kaliindustrie ohnehin allgemein bereits hohe Wertstoffausbeuten erzielt werden und diese auch eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Position im weltweiten Wettbewerb sind. Er nimmt auch Stellung zu Fragen der ökonomischen und ökologischen Sinnhaftigkeit von Eindampfung flüssiger Aufbereitungsrückstände.

Das 8. Kapitel ist den Methoden, Verfahren und Anlagen zur Entsorgung von Rückständen aus der Gewinnung und Aufbereitung von Kalirohstoffen zu Kalidüngemitteln gewidmet. Drei große Bereiche werden angesprochen: die Beseitigung fester Gewinnungs- und Aufbereitungsrückstände als Versatz, trocken oder mit Hilfe von Trägerflüssigkeiten in die Abbauhohlräume eingebracht, die Beseitigung der festen Aufbereitungsrückstände durch Aufhaldung sowie die Beseitigung flüssiger Aufbereitungsrückstände und die Entsorgung der durch die Aufhaldung der festen Aufbereitungsrückstände anfallenden Salzlösungen. Die Entwicklung der Haldenkörper und deren struktureller Bau, Auswahl und Vorbereitung des Haldenstandorts, Haldenbewirtschaftung und Haldenmonitoring sowie Abdeckung und Begrünung des Haldenkörpers ergänzen dieses Kapitel.

Eine zusammenfassende Diskussion zum Stand der Technik bei der Kalidünge-mittelproduktion folgt in Kapitel 9. Hier greift der Verfasser Darlegungen der vorangegangenen Kapitel in Form einer vergleichenden Analyse heute praktizierter Betriebsweisen auf. Er definiert den Stand der Technik, geht u. a. auf die öffentliche Diskussion zum Rückstandsmanagement bei der Kalidüngemittelproduktion ein, trifft mit Blick auf Nachhaltigkeit Aussagen zum erreichbaren Gewinnungsgrad von Lagerstätten sowie zum Wertstoffausbringen bei der Aufbereitung und liefert Aussagen zu typischen Masseverhältnissen von unvermeidbar zur Beseitigung anfallender Rückstände zur Menge der verkaufsfähigen Fertigprodukte.

In Form eines Addendums folgen im letzten Kapitel 10 „Steckbriefe“ für alle 71 weltweiten Standorte der Kalidüngemittelindustrie. Jeweils mit Übersichts-Luftaufnahmen und Bildern zu den Produktionsanlagen versehen, werden umfangreich Daten zu den Standorten aufgeführt.

Das vorliegende Buch bietet mehr als nur einen Abriss des Stands der Technik der Kaliindustrie im 21. Jahrhundert. Vielmehr werden international angewandte Verfahren und Vorgehensweisen bei der Kalidüngemittelproduktion nicht nur aufgeführt, sondern in den Kontext der sie beeinflussenden natürlichen und menschbedingten Randbedingungen gestellt und diskutiert. Dabei werden auch die Grenzen des Machbaren und Vertretbaren unter gegeben Randbedingungen aufgezeigt.

Das vorliegende Buch hat das Potential, ein Standardwerk des Stands der Technik, der Darlegung des Umfelds und der kontextualen Bewertung angewandter Verfahrensweisen der Kalidüngemittelindustrie zu werden. Mit seiner Fülle an Informationen über die weltweite wie insbesondere auch über die deutsche Kaliindustrie bietet es sich zur Lektüre und als Nachschlagwerk weit über die unmittelbare Fachwelt hinaus an. Es ist empfehlenswert für alle, die sich mit Fragen der Kaliindustrie im Besonderen und der Rohstoffindustrie im Allgemeinen auseinandersetzen. Das gilt gleichermaßen für Vertreter von Industrie, Behörden, Wissenschaft und Forschung wie für interessierte Laien.

Rezension: Prof. Dr.-Ing., Dipl.-Wirt.-Ing. Per Nicolai Martens

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