Die Steinkohle gehört mit einem Anteil von 18 % an der Stromerzeugung zu den wichtigsten Energieträgern in Deutschland. Der Löwenanteil der verbrauchten Steinkohle kommt aus dem Ausland, rd. 16 % davon aus Kolumbien. Damit ist das südamerikanische Land nach Russland und den USA drittgrößter Lieferant. Die kolumbianische Kohleindustrie steht jedoch wegen Umweltvergehen und Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Vor diesem Hintergrund engagiert sich die Technische Hochschule Georg Agricola (THGA) für mehr Nachhaltigkeit. THGA-Präsident Prof. Dr. Jürgen Kretschmann und der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Alfred Niski trafen dazu bei einer Kolumbienreise Fachkollegen, Studierende und Industrievertreter.
Die THGA ist seit November 2015 Partnerhochschule der Universidad National de Colombia (Nationale Universität Kolumbiens, UNAL), deren Bergbaufakultät in Medillín Ziel der Reise war. Kretschmann und Niski informierten dort Studierende über das Hochschulsystem in Deutschland und Möglichkeiten, an der THGA zu studieren. Den wissenschaftlichen Austausch zu intensivieren war auch Ziel der Regionalkonferenz der Society of Mining Professors (SOMP), die ebenfalls in Medillín stattfand (Bild 1). Die weltweit wichtigste Vereinigung der Rohstoffwissenschaftler hatte erstmals nahezu alle Bergbauhochschulen Lateinamerikas versammelt. Die beiden Bochumer waren neben Vertretern aus Spanien einzige europäische Teilnehmer.
Beim anschließenden Nationalkongress der kolumbianischen Bergbauindustrie waren die beiden THGA-Professoren als Experten in Sachen Nachhaltigkeit gefragt. Während Kretschmann in seinem Vortrag vor allem auf die Themen Arbeits- und Umweltschutz sowie Risikomanagement in der Steinkohlenproduktion einging, zeigte Niski Möglichkeiten zum nachhaltigen Konfliktmanagement auf. „Die kolumbianische Kohleindustrie wird von internationalen Konzernen beherrscht, die zu wenig Rücksicht auf die Rechte der lokalen Bevölkerung nehmen. Konflikte werden zum Teil mit Waffengewalt ausgetragen, Eigentumsrechte oder die Traditionen der indigenen Bevölkerung werden massiv missachtet. Eine nachhaltige Lösung kann nur darin bestehen, alle Beteiligten in einen gleichberechtigten Dialog zu bringen und dabei vor allem Rücksicht auf die Schwächsten zu nehmen,“ so Niski.
„Ich sehe uns als Botschafter für eine nachhaltige Rohstoffgewinnung in Südamerika“, sagt dazu THGA-Präsident Kretschmann. „Menschenrechte, Umweltschutz und Arbeitsschutzstandards, wie sie die Internationale Arbeitsorganisation ILO aufgestellt hat, müssen auch in der kolumbianischen Kohleindustrie gelten. Darauf haben bereits NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis hingewiesen. Unsere heimische Stromversorgung darf nicht zu Lasten von Mensch und Umwelt andernorts gehen. Darum möchten wir unsere Fachkollegen an der UNAL gerne weiter unterstützen und den Wissenstransfer weiter intensivieren.“ (THGA/Si)