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Bild 1. STEAG-Kraftwerk Bexbach. Foto: STEAG

STEAG bringt 2,5 GW zusätzliche Kraftwerksleistung zurück an den Markt

Die STEAG GmbH, Essen, bringt seine beiden Steinkohlenkraftwerke Bexbach und Weiher im Saarland aus der Netzreserve zurück an den Markt. Mit einer Netto-Nennleistung von 726 MW ist das Kraftwerk Bexbach (Bild 1) das größte STEAG-Kraftwerk in Deutschland, das Schwesterkraftwerk Weiher verfügt über eine Leistung von 656 MW. Beide Anlagen können rechnerisch bis zu vier Millionen Haushalte zuverlässig mit Strom versorgen. Außerdem hat die STEAG beschlossen, die Kraftwerke Bergkamen(717 MW) im Ruhrgebiet und die Blöcke MKV(179 MW) und HKV (211 MW) im saarländischen Völklingen-Fenne, die ursprünglichalle zum 31. Oktober 2022 vom Netz hätten gehen sollen, weiterhin am Markt zu lassen. Darüber hat das Energieunternehmen die Bundesnetzagentur und den Übertragungsnetzbetreiber Amprion informiert. Ebenfalls erfolgte eine Mitteilung an die Strombörse EEX.

„Wir können als Unternehmen in der aktuellen Krise einen wesentlichen Beitrag zur Einsparung von Erdgas und damit zur Vermeidung einer echten Erdgasmangellage leisten“, unterstreicht Andreas Reichel, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG. Insgesamt verfügen die jetzt an den Markt zurückkehrenden STEAG-Kraftwerke im Saarland und im Ruhrgebiet, für welche die Ausnahmeregelungen des Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetzes (EKBG) gelten, über eine gemeinsame Netto-Nennleistung von knapp 2.500 MW.

„Unsere Kraftwerke können rechnerisch etwa ein Drittel des 2021 in Gaskraftwerken erzeugten Stroms ersetzen“, ergänzt Ralf Schiele, Geschäftsführer Markt und Technik der STEAG. Das entspreche nicht ganz 4 % der 2021 in Deutschland insgesamt erzeugten Strommenge.

Als erster der vier Standorte kehrte am 28. Oktober 2022 das saarländische Kraftwerk Bexbach an den Markt zurück und erfüllt damit die ihm in der aktuellen Versorgungskrise zugedachte Aufgabe: Erdgas bei der Stromversorgung einzusparen. Das Schwesterkraftwerk Weiher, gelegen in der saarländischen Gemeinde Quierschied, folgte zum 31. Oktober 2022. Die beiden ursprünglich zur Stilllegung vorgesehenen Kraftwerke in Bergkamen und Völklingen-Fenne blieben über den 30. Oktober 2022 hinaus am Markt. Voraussichtlich werden alle vier Kraftwerke im Rahmen des EKBGbis Frühjahr 2024 im Marktbetrieb verbleiben.

Dass dies möglich ist, ist vor allem den intensiven Bemühungen zur Sicherstellung einer hinreichenden Brennstoffversorgung zu danken. „Die zurückliegenden Wochen waren für unsere Beschäftigten anstrengend und herausfordernd“, bilanziert Reichel. Gemeinsam mit Logistikdienstleistern und der Bundesregierung habe man Lösungen zur Überwindung der bestehenden Transportengpässe auf der Schiene gefunden. „Im Ergebnis“, so Reichel, „sind wir sehr erleichtert, dass die Bundesregierung hier buchstäblich die richtigen Weichen gestellt hat.“

Die Regelung sieht vor, Brennstofftransporten auf der Schiene immer dann Vorrang gegenüber anderen Schienenverkehren zu gewähren, wenn ansonsten der dauerhafte Betrieb eines Kraftwerks nicht mehr gewährleistet werden kann. Seit Anfang Oktober kann die STEAG die für eine Marktrückkehr benötigten, im Vergleich zum Reservebetrieb wesentlich höheren Brennstoffvorräte anlegen.

Ursprünglich war dafür im EKBG sogar eine Menge vorgeschrieben, die ausreichen würde, um die Anlagen insgesamt 30 Tage unter Volllast zu betreiben. Diese nach Ansicht von Kraftwerksbetreibern praxisferne Mindestbevorratungspflicht hat die Bundesregierung inzwischen deutlich gelockert. Denn nach der Verabschiedung des EKBG im Juli waren erst zwei Steinkohlenkraftwerke an den Markt zurückgekehrt.

„Ohne die bedarfsabhängige Vorrangregelung für Steinkohlentransporte gegenüber anderen Schienenverkehren wäre die frühere Rückkehr des Kraftwerks Bexbach an den Markt kaum möglich gewesen“, fasst Schiele die schwierige logistische Ausgangslage für die Kraftwerke zusammen.

Tatsächlich war das Transportsystem Schiene nach der im Jahr 2020 gesetzlich verankerten Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland auf ein Wiederhochfahren der Steinkohlenkraftwerke nicht vorbereitet. „Transportunternehmen und Eisenbahnunternehmen hatten ihre Kapazitäten an Loks, Lägern und Waggons der neuen Marktlage angepasst. Auch an Lokführern besteht infolgedessen derzeit ein Mangel. Entsprechend anspruchsvoll war und ist die Aufgabe, in der aktuellen Energiekrise eine verlässliche Brennstoffversorgung für die zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit dringend benötigten Steinkohlenkraftwerke zu organisieren“, erklärt Stephan Riezler, der die Handelsabteilung der STEAG leitet und in dieser Funktion für das Brennstoffmanagement verantwortlich ist.

Erschwerend kam hinzu, dass etwa mit Blick auf den Kraftwerksstandort Bergkamen, der per Schiff beliefert wird, die niedrigen Pegelstände der Flüsse bis in den Herbst hinein ebenfalls für eine angespannte Versorgungslage gesorgt haben. „Auch bei der Binnenschifffahrt stand nach dem Entscheid zum Kohleausstieg zuletzt weniger Transportkapazität zur Verfügung. Dankenswerterweise hat sich hier die Lage aber auch wegen der zuletzt wieder steigenden Flusspegel entsprechend entspannt“, so Riezler. Die Versorgung der per Schiff belieferten Kraftwerksstandorte der STEAG sei insofern gesichert.

Die Sicherstellung einer verlässlichenTransportlogistik von den Überseehäfen Rotterdam und Amsterdam zu den Kraftwerksstandorten im Saarland war allerdings nur eine von gleich mehreren Herausforderungen, welche die STEAG vor einem weiteren Marktbetrieb der Kraftwerke in den zurückliegenden Wochen zu meistern hatte.

So mussten insbesondere die Kraftwerke Bergkamen und Völklingen-Fenne einerseits technisch überholt werden. Andererseits galt es sicherzustellen, dass auch über das designierte Stilllegungsdatum hinaus an diesen Standorten genügend Personal zur Verfügung steht, um die Kraftwerke wie benötigt betreiben zu können. „Es wurden Ruhestände verschoben, wir haben Kollegen, die sich beruflich umorientiert hatten, zum Bleiben bewegen können und wir haben – soweit am Arbeitsmarkt verfügbar – neues Personal eingestellt“, so Reichel, der bei der STEAG auch die Funktion des Arbeitsdirektors innehat.

Dank dieser Maßnahmen konnte der Weiterbetrieb der Kraftwerke Bergkamen und Völklingen-Fenne auch personell gesichert werden. Allerdings lässt der Personalstand am Standort Völklingen-Fenne keinen Doppelblockbetrieb zu. „Daher wird am Standort Völklingen-Fenne jeweils nur einer der beiden Blöcke am Netz sein“, so Schiele.

Dass die Marktrückkehr von Bexbach und Weiher sowie der Marktverbleib von Bergkamen und Völklingen-Fenne trotz aller organisatorischen Widrigkeiten nun pünktlich zum Beginn der Heizperiode gelingt, ist das Ergebnis einer geschlossenen Mannschaftsleistung der STEAG-Belegschaft. „Auf diesen Erfolg“, ergänzt Reichel, „sind die STEAG und ihre Beschäftigten zurecht stolz.“ (STEAG/Si.)

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