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Versorgungssicherheit und Energiepreise sind von vorrangiger Bedeutung

Der VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V., Berlin, sieht im Krieg der russischen Staatsführung unter Wladimir Putin gegen die Ukraine eine außen- und sicherheitspolitische Zäsur. Deshalb fordert der VIK in einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier zur Sicherung einer unterbrechungsfreien Energieversorgung in Deutschland eine vorbehaltlose Prüfung aller in Frage kommenden Optionen. Neben dem gesteigerten Ausbau der erneuerbaren Energien, die jedoch erst mittel- bis langfristig nennenswerte zusätzliche Kapazitäten in den Markt bringen werden, müsse kurzfristig und vorübergehend auch wieder verstärkt auf konventionelle Erzeugung zurückgegriffen werden können. Sofern für die Versorgungssicherheit nötig, sollten daher Kohlekraftwerke aus den Reserven und Bereitschaften befristet für die Dauer der Krise aktiviert werden. Weitere Stilllegungen konventioneller Kapazitäten seien zu überprüfen, ggf. Wiederinbetriebnahmen ins Auge zu fassen. Politisch müssten hierfür die notwendigen regulatorischen Vorgaben modifiziert bzw. vorübergehend angepasst werden, so der VIK.

Auch bei den Energiepreisen gebe es hohen Handlungsbedarf, da sie sich auf Rekordniveau bewegen. Mit Blick auf staatlich induzierte Preisbestandteile und Kosten sollten umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um private wie auch industrielle Verbraucher spürbar zu entlasten und die Märkte zu beruhigen. Der VIK schlägt deshalb die Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz rückwirkend zum 1. Januar 2022 vor, die Befreiung industrieller Stromverbraucher von weiteren Umlagen (KWK/Offshore), die Verlängerung der Verordnung Abschaltbare Lasten über den 30. Juni 2022 hinaus und die Erhöhung des Ausschreibevolumens, die gesetzliche Garantie der Strompreiskompensation bis 2030 und das Aussetzen des BEHG für die Dauer der Krise. Eine vorübergehende, konditionierte zeitliche Streckung des Ausstiegs aus der konventionellen Stromerzeugung könnte außerdem auch dämpfend auf die Preise wirken, da im Markt verbleibende Stromerzeugungskapazitäten das Angebot vergrößern. Zudem wird einer verstärkten Nachfrage nach Erdgas entgegengewirkt.

Auf europäischer Ebene fordert der VIK zudem ein Aussetzen der Marktstabilitätsreserve (MSR) und die Entnahme von 400 Mio. t aus der MSR und ihre Auktionierung bis Ende 2022. Ein Höchst- bzw. Mindestpreis für CO2-Zertifikate (Preiskorridor) würde darüber hinaus sofort disruptiven Preisentwicklungen entgegenwirken und zudem die Wettbewerbsfähigkeit und den Trend zu klimafreundlichen Technologien absichern. Außerdem schlägt der VIK die Rücknahme der Einschränkungen aus den neuen Beihilfeleitlinien (KUEBLL) und die Ausweitung des Begünstigtenkreises und -umfangs vor, den Verzicht auf Verschärfungen im Rahmen weiterer ETS-Reformen, die großzügige Ausgestaltung der Kriterien zur Erzeugung „grünen“ Wasserstoffs, eine testweise CBAM-Einführung nur auf freiwilliger Basis sowie die Prüfung der Einführung eines europäischen Industriestrompreises zur Transformation und Gewährleistung internationaler Wettbewerbsfähigkeit.

Zur Sicherung der Versorgung der Industrie mit Erdgas schlägt der VIK schließlich die kurzfristige Fortschreibung des Notfallplans Gas vor. Die Versorgung der Bevölkerung und wichtiger Infrastrukturen, z. B. Krankenhäuser, habe Priorität und sei daher bereits geregelt. Auch die Industrie benötige jedoch eine Notversorgung mit Erdgas, sonst drohten massive und teils irreparable Schäden mit schwerwiegenden Folgen für Produktion und Wertschöpfung am Standort Deutschland. Hier könne eine unverzüglich einzuberufende Task Force unter Beteiligung auch der Industrie ihren Beitrag leisten, um die Kompensation möglicherweise ausfallender Gaslieferungen aus Russland und die Mobilisierung neuer Erdgaskapazitäten vorzubereiten. (VIK/Si.)

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